Aua1471: Kritik am D.O.Q.-Test® (2): Prüfungskandidaten werden verhöhnt und mit Verneinungen in der Fragestellung verwirrt

 

{TS-Kritik}

[22.12.2014]

Der Artikel setzt übergangslos den vorangegangen Beitrag Aua1470 fort.

 

Hohn statt Sachkunde

Aus dem umfangreichen Fragenkatalog hat die DN-Redaktion eine Frage beim PRO-Test (Hundetrainer) ausgewählt, die symbolisch für die vielen Mängel des D.O.Q.-Testes® steht und deshalb zur Illustration und zur Abstützung der Argumentation vollständig zitiert wird:

 

 

Welche Fähigkeit braucht eine / ein Hundetrainerin/Hundetrainer nicht?

 

   a. Beratungskompetenz.

   b. Pünktlichkeit.

   c. Profilierungssucht.

   d. Ein gepflegtes Äußeres.

 

 

Die Frage ist wörtlich mitsamt der fehlerhaften Interpunktion zitiert.

Beim PRO-Test ist nur eine Antwort richtig (Single Choice). Die einzige korrekte Antwort ist: „c. Profilierungssucht.“

Es ist für jeden rasch erkennbar, dass diese Frage nichts mit Sachkunde zu tun hat. Nach Meinung dieser Redaktion drückt sie zuvorderst tiefste Missachtung gegenüber Hundetrainern aus, die nach Auffassung der Urheber dieses Testes so dermaßen dumm sind, dass sie mit einem kostenpflichtigen Online-Test über ihre Charakterdefizite belehrt werden müssen

Hinzu kommt, dass „Profilierungssucht“ eher selten als „Fähigkeit“ verstanden wird. Die Deutsche Enzyklopädie kategorisiert das dazugehörige Adjektiv als abwertende Bezeichnung: „[zu] sehr darauf bedacht, das eigene Profil herauszustellen, das eigene Ansehen zu verbessern“ (Quelle).

Diese Frage aus dem D.O.Q.-Test® PRO ist auch kein Ausrutscher. Ein vergleichbarer Übergriff auf die Persönlichkeit des Prüflings findet sich im IMP-Test.

Um nicht schon zu Beginn der Artikelserie das Zitatrecht nach § 51 Urheberrecht zu sehr zu strapazieren, sei für diesen Fall auf das Zitat der konkreten Fragestellung verzichtet. Inhaltlich bezieht sich die D.O.Q.-Test® -Frage auf die besonderen Ansprüche von Auslandshunden im Hinblick auf ein Leben in Deutschland. Eine nicht zutreffende Antwortoption zu dieser Frage verhöhnt die „Profilierungssucht“ mancher Tierschützer (Hervorhebg. d. DN-Red.):

 

 

d. Man wird mich bewundern, weil ich einen armen vernachlässigten Hund aufgenommen habe. Da ich sein Verhalten sowieso nicht mehr ändern kann, spare ich mir die Kosten für eine Hundeschule oder Verhaltensberatung und es bleibt genug Geld für gutes Futter und tierärztliche Behandlungen.

 

 

Was bitte haben solche Fragen und Antwortoptionen mit einer Sachkundeprüfung zu tun? Warum wird den Absolventen des D.O.Q.-Testes® zugemutet, Geld dafür bezahlen zu müssen, sich von einer ihnen offensichtlich moralisch überlegen wähnenden Tierärzteschaft, welche diesen Test entwickelt hat, beleidigen zu lassen?

Solche flotten Sprüche und pauschalisierenden Verurteilungen kann sich ein Blog und eine Satirikerin erlauben. Für ein bundesweit von den Behörden eingesetzten Test ist das ein No-Go!

 

En masse: Verneinungen in der Fragestellung

Die oben aus dem D.O.Q.-Test® PRO zitierte Frage trägt noch ein weiteres wichtiges Merkmal, das insbesondere in den Test-Varianten PRO und IMP massenweise zu finden ist: Verneinungen in der Fragestellung.

Viele Beispiele dafür aus dem IMP wurden schon in der Presseanfrage an die TAG-H und die Firma Data Parc Ltd. gelistet und in Pav16 zitiert:

              

– „Was ist u. a. in der [Name der Verordnung für die Veröffentlichung gelöscht] nicht geregelt?“

– „Welche Dokumente muss ich bei einem 18 Stunden dauernden Straßentransport [weitere Details der Frage für die Veröffentlichung gelöscht] nicht mitführen?“

– „Ein Welpe oder ein Kind ist einem Hund gegenüber sehr aufdringlich. Welche [weitere Details dieser Frage des D.O.Q.-Test® IMP für die Veröffentlichung gelöscht] … ist nicht gerade hundetypisch?“

– „Was passiert selten, wenn man versucht, [weitere Details der Frage für die Veröffentlichung dieser Presseanfrage zum Schutz der Urheberrechte der Firma Data Parc Ltd. gelöscht] … zu beruhigen?“

– „ Was kommt beim [Definition des Verhaltens für die Veröffentlichung gelöscht] Verhalten nicht vor?“

– „Welche Verhaltensweisen zeigt ein Hund nicht, der … [weitere Fragedetails für die Veröffentlichung gelöscht]?

– „Was sind [Bezeichnung der Hunderasse für die Veröffentlichung gelöscht] … grundsätzlich nicht?“

  

              

Im PRO kommen diese Verneinungen zwar nicht so häufig vor wie im IMP, aber entgegen aller Standards für Prüfungsfragen werden sie auch hier verwendet: 

              

„Ein Hund … [Beschreibung des Verhaltens für die Veröffentlichung gelöscht]. Welche Aussage trifft nicht zu?“

„Welche Aussage zu … [benannter Funktionskreis für die Veröffentlichung gelöscht] trifft nicht zu?“

  

              

 

Wissenschaftliche Standards für Prüfungsfragen nicht erfüllt

Nicht nur in dieser Hinsicht verstößt der D.O.Q.-Test® gegen alle wissenschaftlichen Standards für Prüfungsfragen, wie sie sich ganz einfach im Internet recherchieren lassen. Die DN-Redaktion zitiert aus der Fülle derer beispielhaft die „Fragenleitlinien“ der Charité aus einer den Tierärzten benachbarten Disziplin: der Humanmedizin:

              

Bitte formulieren Sie keine Negativfragen wie: Was trifft nicht zu? Welche Aussage ist falsch? Vermeiden sie [sic!] auch negativ formulierte Antwortmöglichkeiten wie: Chemotherapie ist nicht indiziert.

Negative Antwortmöglichkeiten erschweren die Beantwortung der Fragen unnötig und prüfen zusätzlich zur Dimension Wissen z.b. [sic!] die Dimension Verständnis. Dies beeinträchtigt die psychometrischen Kennwerte der Frage beträchtlich und verringert ihre Validität. Zudem ist es für den Lernerfolg problematisch eine Falschaussage als „nicht richtig“ zu markieren und die anderen korrekten Aussagen als “nicht falsch“.

(Charité Universitätsmedizin Berlin: Leitfaden zur Erstellung von Multiple Choice Fragen für den Progress Test Medizin; Seite 5; Hervorheb. d. DN-Red.)  

              

 

Verneinungen in Prüfungsfragen haben also weitreichende Folgen:

1. Sie erschweren die Beantwortung der Fragen.
2. Sie prüfen – statt der Sachkunde – die Dimension „Verständnis“, also Textkomptenz, ab.
3. Sie beeinträchtigen die psychometrischen Kennwerte der Frage.
4. Sie verringern die Testvalidität.
5. Sie haben problematische Auswirkungen auf den Lernerfolg.

Der D.O.Q.-Test® wurde von Tierärzten, also Akademikern, entworfen. Warum kann man von diesen nicht einmal verlangen, dass sie für einen Test, der bundesweit von den Behörden verwendet werden soll, minimalste Standards an die Frageformulierung erfüllen?

Wie die folgenden DN-Artikel belegen werden, bedient der D.O.Q.-Test® zu viele dieser Mindeststandards nicht. Dazu gehört,

>>> dass die Fragen oft ohne Kenntnis der Antwortoptionen gar nicht zu beantworten sind;

>>> dass der Test laufend versteckte Lösungshinweise gibt;

>>> dass die Antwortoptionen inhomogen sind;

>>> dass die Ausnahme geprüft wird statt der Regel;

>>> dass Antwortoptionen geboten werden, die nicht zur Frage passen;

>>> dass veterinärmedizinische Fachausdrücke verwendet werden, die weder Tierschützer noch Hundetrainer kennen müssen (homoitherm; Adipositas; Tularämie; Konvektion; Cortex; Heritabilität; Phänotyp; Genotyp; Salmonellose; Influenza; Poliomyelitis; Chlamydiose; Listeriose; Toxocara canis; Brucellose; Leukose; Leukämie; Babesia canis; Polydypsie; binokulares Gesichtsfeld etc.)

>>> dass insbesondere die Test-Variante IMP einige gravierende sachliche Fehler aufweist.

 

Am Ende dieser DN-Artikelserie wird die Check-Liste zur Fragenstellung, wie sie von der Charité entwickelt wurde, auf die drei D.O.Q.-Test®-Varianten angewendet.

Weitere Infos zum Thema Formulierung von Prüfungsfragen: hier und hier.

 

Weitere DN-Artikel zum Thema:

Kritik am D.O.Q.-Test®: Aua1470 / Aua1471 / 

Goldrausch SachkundeprüfungAua1388 / Aua1400P /Aua1449 / Aua1450 / Aua1461 / Aua1467 / Aua1469 /

Sachkundeprüfung Tierschutzgesetz:
Aua1360 / Aua1362 / Aua1364 / Aua1378 / Aua1381 / Aua1384/ Aua1385 / Aua1393 / Aua1406 / Aua1463

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