Aua1400P: Goldrausch Sachkundeprüfung (2): Willi Wollmatingen bringt es wohltuend auf den Punkt

 

{TS-Kritik}

[im DNPA erschienen: 07.09.14; online verfügbar ab: 12.11.14]
[Wichtige Aktualisierung zur Freischaltung am 12.11.14 siehe Ende vom Text]

 

Auch einmal schön, wenn der DN-Redaktion einzelne To-do-Punkte von der Arbeitsliste abgenommen werden. So geschehen jetzt auf dem satirischen (!) Blog Willy Wollmatingen® – Aus dem Leben eines knallharten Killerrüden.

Wollmatingen ist ein Ortsteil von Konstanz (*love*), dem Standort der Hundeschule mit dem reichlich sperrigen Namen nicht nur Hund – Hundeschule Willy Wollmatingen von der Hundetrainerin und Bloggerin Carolin Hoffmann.

Die beschäftigt sich in ihrem Blog-Eintrag „Das neue Gütesiegel Hundetrainer – der Sachkundenachweis für Hundetrainer nach § 11 T[ier]SchG:)“ mit dem neuen Prüfungsphänomen und dessen, was dieses an naiven Kinderglauben hervorzubringen vermag, im Abgleich mit den Fakten wie etwa schlicht fehlerhafte Fragen im Theorieteil sowie der offensichtlichen Usurpation sowohl des Themas wie der dazugehörigen Einkommensquelle durch die Tierärzteschaft.

Der Blog-Eintrag schafft ein weiteres schönes Gegengewicht zu der an Volksverdummung kaum zu überbietenden Pressemitteilung der Bundestierärztekammer (vgl. dazu Aua1388).

 

Die Chance, fett Kohle zu machen

Der Killerrüde also beobachtet sein Frauchen bei den Vorbereitungen zu dieser in ihrer praktischen Auswirkung völlig und gezielt überhöhten Sachkundeprüfung. Er sieht dies:

              

Fraule sitzt hier und bereitet sich auf die Prüfung vor. Etwas schlecht gelaunt, muss ich sagen. Und dabei spielt nur eine untergeordnete Rolle, dass Fraule bereits zertifiziert ist, was aber natürlich nicht anerkannt wird.

Dass sie eine Ausbildung zur Hundetrainerin absolviert hat, die die Bereiche Kynologie, Ethologie, Neurobiologie, Recht und Gesundheit umfasst und auf Grundlage der modernen Wissenschaften basiert und von namhaften Ausbildern aus Deutschland und der Schweiz durchgeführt wird.

Es ist ihr auch fast egal, dass sie für diese Ausbildung mehrere Tausend Euro bezahlt hat. Ist doch nur Geld. Grumpf.

(Willi Wollmatinger, 04.09.14: „Das neue Gütesiegel Hundetrainer“)

              

Die „mehrere Tausend Euro“ für die Ausbildung sind mutmaßlich an den Schweizer Ausbilder Cumcane familiari® geflossen.

(„Mutmaßlich“ deshalb, weil Carolin Hoffmann aufgrund Abwesenheit wegen Urlaubs zur Abklärung dieser Fragen der DN-Redaktion telefonisch bis zum Redaktionsschluss des Artikels nicht zur Verfügung stand. Und – Aktualisierung vom 12.11.14 – sich auch danach nicht veranlasst sah, der Bitte um Kontaktaufnahme mit dieser Redaktion nachzukommen.)

Cumcane familiari gehört zu den Unterstützern der Initiative für gewaltfreies Hundetraining.

 

Die Kühe werden gebeten, sich beim zuständigen Veterinäramt selbst zum Melken anzustellen.
Foto: Harry Hautumm / pixelio.de

 


Weder Bestandsschutz noch staatliche Fürsorgepflicht

Auf den Punkt bringt der Killerrüde Willi seine Kritik mit dem Hinweis auf staatliche Pflichten:

              

Als verantwortungsvoller Vertreter des Staates könnte man das [die Klärung, welche Ausbildungen etwas taugen und welche nicht – Anmerkg. d. DN-Red.] natürlich herausfinden, wenn man seine Aufgabe ernst nehmen würde und Gerechtigkeit walten lassen wollte, indem man einfach die handvoll deutscher Ausbildungsstätten auf Inhalte überprüft. Aber, hach, gut. Gerechtigkeit. Wen juckt das schon, wenn man gerade auf die Schnelle die Chance hat, fett Kohle zu machen mit tausenden Hundetrainern, die mit ihrem Job als Trainer in der Regel eh kaum über die Runden kommen, so dass sich manche guten, aber mittellosen Trainer bereits überlegen, wie sie das Geld zusammen bekommen oder nicht lieber doch gleich in den Sack hauen sollen.

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

Willi weiß auch, dass das ganze System bisher noch von reiner Willkür dirigiert wird, wenn Prüflinge in jenen Bundesländern 700 Euro für die Sachkundeprüfung abledern müssen, in anderen aber mit 80 Euro rauskommen. Reine Glücks- beziehungsweise Standortsache. Ohne (die nötige) Bewertung verweist der begabte Killerrüde auch auf die Eigenartigkeit, das lediglich die Ausbildung des Hundeerziehers IHK (BHV) anerkannt ist.

Was mit Ausbildungsträgern und deren Dozenten geschieht, die diesem privilegierten Kreis nicht angehören, wurde in Aua1393 thematisiert. Da stemmen sich dann Veterinäroberrätinnen persönlich ins Geschirr, um solche nichtswürdigen Mitbewerber vom Markt zu fegen.

 

Usurpation von Thema und Knete durch die Tierärzte

Ganz besonders zu danken ist dem Hund aus Wollmatingen dafür, dass er der DN-Redaktion endlich eine tragende Metapher für die skurrile Unverschämtheit liefert, dass Tierärzte meinen, etwas von Hundetraining zu verstehen:

              

Es ist ihr auch egal, dass die einzige Ausbildung, die anerkannt wird, die des Hundeerziehers IHK (BHV) ist oder dass die sogenannten „Sachverständigen“ Tierärzte mit der Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie sind. Ich meine, wir alle wissen doch, dass ein Tierarzt automatisch auch ein super Hundetrainer ist, oder? So wie ein Kinderpsychologe in jedem Fall auch ein toller Grundschullehrer ist.

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

Der Grundschüler unterrichtende Kinderpsychologe, der Hunde trainierende Tierarzt! Phantastisch!

 

Wie flach genau ist die Scheibe Erde?

Die spannende Frage jetzt wäre, ob der bei Willis Frauchen zum Einsatz kommende Test wieder dieser unsägliche D.O.Q.-Test ist? Diese Frage, wie gesagt, lässt sich im Moment aufgrund urlaubsmäßiger Abwesenheit von Carolin Hoffmann nicht klären. DN reicht diese Information ggf. nach.

Dass die D.O.Q.-Test-Variante IMP gravierende Mängel aufweist, darauf hat DN schon in den diversen Artikeln hingewiesen. Wie es allerdings um die für Hundetrainer zum Einsatz kommende Testversion PRO steht, dazu liegt bisher (zumindest der DN-Redaktion) noch keine Expertise vor. Zwar wurde einem anerkannten, sehr bekannten und regelmäßig publizierenden Experten eigens zu diesem Zwecke die entsprechende Testversion zugeleitet, der jedoch hielt es bisher noch nicht einmal für angebracht, sich dafür zu bedanken; von einer Bewertung ganz zu schweigen. Mit solchen Ungezogen- und Unhöflichkeiten geht die DN-Redaktion inzwischen allerdings gans loße um.

[Aktualisierung vom 12.11.14 zur Onlineschaltung des Artikels: Die Aussagen im obigen Absatz wurde inzwischen durch Aua1406 überholt.]

Halten wir uns lieber an Willi:

              

Was aber wirklich dem Unterfangen den Stempel „Farce“ aufdrückt, sind die teilweise immer noch veralteten Fragen zum Thema Rudelführung und Ranghierarchien, die sich die „Experten“ – und die Vermutung liegt nahe, dass mit Experten die gemeint sind, die seit Jahrzehnten Lobbyarbeit auf dem Gebiet betreiben, nicht aber unbedingt ihre Zeit damit verbracht haben, sich selber weiterzubilden – für den Test ausgedacht haben.

Fraule wird also dort sitzen und mit gesträubten Nackenhaaren gezwungen sein, Antworten anzukreuzen, von denen sie weiß, dass sie schlichtweg falsch oder nur halbwahr sind. Sie wird möglicherweise den Test bestehen, wohlwissend, dass die Antworten zum Teil falsch sind, aber in Expertenkreisen als richtig angesehen werden. Das ist in etwa das Gleiche, als müsse man im Erdkundetest die Frage „Wie flach ist die Erde“ beantworten: a) Flach wie eine Scheibe, b) Flach wie eine dicke Scheibe, c) Wie eine viereckige Scheibe oder d) Flach wie eine dicke, viereckige Scheibe.

Wie aussagekräftig mag eine solche Qualifikation sein?

(ibid.)

              

 

Die Zertifizierung ist eben kein Gütesiegel

Ein Test, der falsche Antworten verlangt! Sich selbst nominierende Expertenkreise, die keine Fragen beantworten (vgl. Aua1362). Und und und. Wenn diese Hinkebeine am Tausendfüßler schon ein Hund am Bodensee bemerkt, lässt sich auf das erste Verwaltungsgerichtsverfahren warten:

              

Dass diese Prüfung in Gestaltung, Ausführung und Kosten allerdings eher fragwürdig erscheint, ist der Haken an der Sache. Dass also zukünftig alle zertifizierten Trainer auch wirklich qualifiziert sein werden, bleibt Wunschdenken. Es wird auch weiterhin Inkompetenz herrschen in vielen von Deutschlands Hundeschulen, in denen auch zukünftig Leinenruck und Alpharolle anempfohlen und Chef und Rudelführung gepredigt werden wird. Und ganz Hartgesottene werden auch ganz sicher immer noch fest überzeugt davon sein zu kommunizieren statt zu konditionieren.

Das trübe Fazit: Die Zertifizierung sagt NICHTS darüber aus, mit welchen lerntheoretischen Werkzeugen ein Trainer Hunde ausbildet und wie qualifiziert er ist. Die Zertifizierung ist KEIN Gütesiegel für Hundetrainer!

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

 

               

Hoffmann diktiert ihrem Hundesekretär zum Schluss den ebenfalls berichtigten Hinweis darauf in die Pfote, dass das neue Gesetz für Vereinsmeier (Trainer, die unter dem Deckmantel des Ehrenamts in entsprechenden Hundesportvereinen weiter ungeprüft wüten dürfen) nun ausgerechnet nicht gilt.

 

Oder machen wir es kurz: von vorne nach hinten Murks!

Die DN-Redaktion dankt Willi Wollmatingen für seine Ausführlichkeit. Das Gesetz, die fehlenden Ausführungsbestimmungen, die derzeit herrschende reine Willkür der Behörden sowie das beschämend geldgeile Auftreten der Tierärzteschaft lassen sich aber auch in einem Wort zusammenfassen: MURKS! Allerdings: kapitalistisch verwertbarer Murks. Und das ist keine Contradictio in adiecto, sondern in heutigen Zeiten ein marktgängiges Conditio sine qua non!

 

Das Fenster in eine qualifiziertere Zukunft von Hundetrainern wurde leider durch einen schlampig regulierenden Gesetzgeber sowie die kommerziellen Interessen der Lobbyverbände final blockiert.
Foto: La-Liana / pixelio.de

 

[Aktualisierung zur Freischaltung des Artikels am 12.11.14]
Ideologische Grabenkämpfe statt gemeinsame Gegenwehr gegen Behördenwillkür

Inzwischen gibt es einen weiteren interessanten Beitrag von Willi Wollmatingen zum  Thema: Irrationale Angst – Die Verschwörungstheorien zum § 11 TSchG„. Interessant ist der deshalb, weil er sich expressis verbis gegen den bekannten Hundetrainer Thomas Baumann richtet und weil hier eine faszinierende Verschiebung von der gemeinschaftlichen Gegenwehr der Hundetrainer gegen eine mit heißer Nadel gestrickte und im Vollzug dem Prinzip der Willkür gehorchende Behördenmaßnahme auf die ideologischen Grabenkämpfe der konkurrierenden kynologischen Lager erfolgt! Wandte Wollmatingen sich oben noch mit spitzer Schnauze gegen jene, die sich – implizit – untereinander verschworen haben, um „fett Kohle zu machen“, ist es jetzt das ideologische Feindeslager, welches den Verschwörungstheorien huldigt! Wurde oben „diese Prüfung in Gestaltung, Ausführung und Kosten“ als „fragwürdig“ bewertet, erfolgt jetzt der Aufruf:

              

Aber pass uff, alter Knabe, ich hätte da mal einen heißen Tipp:

Statt Lobbyismus und Verschwörung zu unterstellen und Unfrieden zu stiften, einfach mal Klappe halten, hinsetzen und lernen – so wie das zur Zeit bundesweit hunderte, wenn nicht tausende Trainer und Trainerinnen tun, die ebenfalls nicht das Glück hatten, ihre Ausbildung – so sie denn eine haben – anerkannt bekommen zu haben.

(Willy Wollmatingen, 11.11.2014: Irrationale Angst – Die Verschwörungstheorien zum § 11 Tsch[sic!]G

              

Das sieht jetzt irgendwie nicht so gut aus? Denn „einfach mal Klappe halten, hinsetzen und lernen“ war der Berichterstattungsanlass für diesen DN-Artikel und Wollmatingens Auslassungen oben nun gerade NICHT?

Fallen die Verlautbarungen von Willi Wollmatingen dann doch eher in die Kategorie: „Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“

 

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