1.2 Zeit

Wie viel Zeit täglich brauche ich für einen Hund? Wie viel Zeit täglich brauche ich für meine Dogge? Hier überhaupt irgendwelche Vorgaben zu machen, entzündet in der Regel flammendste Diskussionen und Streitereien unter den Hundehaltern. Die Variabilität in der täglichen Praxis ist groß. Sicherlich aber lassen sich bestimmte Extremformen des Zeitmanagements von vornherein ausgrenzen, was nachstehend versucht werden soll.

Grundlegende Orientierung bei der Bewertung auch dieser Frage können nur die artgemäßen Ansprüche sein. Der Hund und mithin auch unsere Dogge ist ein Rudeltier und deshalb für sein Wohlbefinden notwendig auf den Sozialkontakt angewiesen. Für den Welpen etwa bedeutet Alleinsein eine völlig unnatürliche Situation, die ihn in Todesangst versetzen kann, weil er in freier Wildbahn in der Tat in Lebensgefahr schweben würde. Mit so vermenschlichenden Kategorien wie „das muss er früh lernen“ greift man völlig daneben und richtet unter Umständen nicht wieder gutzumachenden Schaden an.

Die Idealform der Hundehaltung, in unserer heutigen Gesellschaft vermutlich nur noch selten zu erreichen, ist das 24-stündige Zusammenleben mit dem Hund. Unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen erfordern hier aber Kompromisse zu Lasten unserer caninen Begleiter. Grober Konsens im Doggenschutz etwa sind vier, maximal fünf Stunden täglich, in denen der erwachsene, psychisch stabile und gesunde Hund allein gelassen werden kann. Dabei ist „allein“ ungleich Abwesenheit der menschlichen Gruppenmitglieder. In einer Mehrhunde-Haltung etwa ist der einzelne Hund ja nicht wirklich allein, sondern mit seinem Kumpel zusammen. Die Abwesenheit des oder der Menschen ist dann z. B. vergleichbar der Abwesenheit einzelner Rudel-Artgenossen zum Zwecke der Jagd. Und für den Doggenhalter empfiehlt es sich, auf der „Jagd“ (= Broterwerb) erfolgreich zu sein, denn die Dogge kostet (s. u.).

Völlig ausgeschlossen, will man die Leitorientierung einer artgerechten Hundehaltung nicht gänzlich aufgegeben, ist die reguläre 8-stündige Abwesenheit des/der Hundehalter. Und dieses Verdikt gilt auch für den Fall, dass mittags immer jemand eine halbe Stunde Zeit hat, um nach dem Hund zu sehen. Wer voll berufstätig und ohne Betreuungsperson im Haushalt ist, muss dann eben auf die Hundehaltung verzichten. Alles andere wäre eine Kompromissverteilung zu Lasten des Hundes, die nicht mehr vertretbar ist.

Um dieses Betreuungsproblem herum gibt es in der Praxis eine ganze Reihe von den Tierschützern als Harakiri-Konstruktionen benannte Scheinlösungen: die Dame des Hauses arbeitet regulär Frühschicht, der Herr der Familie Spätschicht, und in dieses ja nun auch nicht für alle Ewigkeiten festgeschriebene Schichtenmodell klemmt man dann noch eine Dogge. Und bei der ersten Umstrukturierungsmaßnahme in einem der beiden beteiligten Betriebe ändert sich diese wackelige Lösung; das Betreuungskonzept bricht zusammen und die Dogge muss abgegeben werden. Alltag im Doggenschutz.

Und es ist ja nicht nur die pure Anwesenheit, die eine vernünftige Hunde- und Doggenhaltung ausmacht. Hunde sind intelligente Wesen, die in unserer Zeit und Gesellschaft ohnehin schon darunter leiden, dass sie geistig nicht mehr gefordert und ausgelastet sind. Deshalb braucht nicht nur der junge Hund sinnvolle Beschäftigung und Herausforderungen durch Spiel, Sozialkontakte, Ausbildung, wechselnde Umweltreize etc. In der Summe täglich etwa 2 Stunden (für die ausgewachsene gesunde Dogge) Spaziergang bzw. Bewegung und Action an der frischen Luft zu jeder Jahreszeit sind unabdingbar für Gesundheit, Wohlbefinden und Ausgeglichenheit des Lauftiers Hund, der Deutschen Dogge inklusive.