Aua1508: Tellerrandexkursionen (1): Olympia-Satire auf Metronaut.de – Berlin fällt jetzt schon hinter die Liberalität der Nazis zurück!

 

[12.02.15]

Aus dem Leser-Navi wegen Themenabweichung

Nichts setzt die DN-Redaktion so zuverlässig in Betrieb wie Einschüchterungsversuche und anwaltliche Abmahnungen gegen Blogger. Guckst du: Aua971 / Aua972 / Aua973 / Aua974 / Aua981 / Aua984 / Aua1096 / Aua1178 / Aua1215 / Aua1227 / Aua1250 / Aua1262 / Aua1284 / Aua1319 / Aua1342 / Aua1358 / Aua1379 / Aua1394 / Aua1405 / Aua1422 / Aua1423 / Aua1444

Duracellmäßig wird diese Inbetriebnahme, wenn sich die Abmahnungen – unabhängig vom Adressaten – auch noch gegen Satire richten. Deshalb müssen die thematisch fixieren DN-Leser die nachstehende Tellerrandexkursion erleiden. So etwas kommt auf diesem Blog künftig häufiger vor (q. e. d.: neue Serie!).

Gleichzeitig und mit freundlicher Genehmigung des Rechteinhabers veröffentlicht DN die Plakatmotive des politischen Blogs Metronaut.de. Selbst für Nur-Tierfreunde erhebt sich daraus ein imposanter Spannungsbogen, geht DN damit doch das nicht unerhebliche Risiko ein, ebenfalls wie die Kollegen hier abgemahnt zu werden.

So viel kostet Solidarität, um nicht das nach vier Wochen schon fast abgeschmackte „Je suis Metronaut.de“ zu bemühen.

 

{der satirische Kommentar}

 

Dieses und alle nachfolgenden Plakate mit freundlicher Genehmigung des Blogs Metronaut.de.

 

Zahlenmystiker haben es ja gleich gesagt und es kann auch kein Zufall sein: Exakt 88 Jahre nach der Olympiade 1936 soll Berlin erneut Austragungsort eines von oben durchgesetzten Projekts im Interesse der herrschenden Eliten einer Weltsportveranstaltung sein. 88? Hallo, jemand zu Hause?

88!

 

Deutschland 2015 ist viel weiter!

Dabei kann man nun nicht behaupten, dass sich Deutschland seit 1936 und der damaligen Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Berlin nicht weiterentwickelt habe. Alle historischen Quellen dazu berichten einheitlich von der gezielt inszenierten Weltoffenheit im Vorfeld der Spiele (Wikipedia).

Diese Liberalität hat Deutschland 2015 längst hinter sich gelassen: Jede Woche ziehen tausende von Bürgern auf die Straßen großer und präferiert ostdeutscher Städte, um dort für die ganze Welt wahrnehmbar Nationalismus, Rassismus, Intoleranz und Dämlichkeit zu demonstrieren. Parallel zu den Vorbereitungen für die Olympia-2024-Bewerbung Berlins finden sowohl mit schockierender Regelmäßigkeit als auch mit deutlich steigender Tendenz Brandanschläge auf Flüchtlings- und Asylbewerberheime statt. Da raucht er dann, der olympische Geist!

Die gute alte nationalsozialistische Zurückhaltung in der Verfolgung von Was-auch-immer-Minderheiten in der Zeit vor der Olympiade sind – man muss es so ehrlich sagen: tempi passati!

Wenn Kritiker der Spiele also mit Gewalt Parallelen zu 1936 hochwuchten wollen, sind sie schon widerlegt. Es ist kaum vorstellbar, dass das liberale Klima vor den Nazi-Spielen 1936 noch einmal …

Selbst in eine so vorübergehende Camonflage wie die Entfernung des Hetzblatts Stürmer aus dem Verkauf unmittelbar vor den Spielen 1936 muss sich Deutschland heute nicht mehr zwingen. Stattdessen gehen die Behörden und Verantwortlichen 2015 rigoros und mit anwaltlichem Drohszenario gegen kritische Presse beziehungsweise satirische arbeitende Kritiker vor. Wegen einiger satirischer Plakatmotive des Blogs Metronaut.de zur Berliner Olympia-Bewerbung 2024 verschickten erst eine Privatperson, dann das Land Berlin i. e. der Berliner Senat Abmahnungen mit strafbewehrter Unterlassungserklärung bei extrem sportlicher Fristsetzung an die Blogger.

Das hätte sich Hitler damals gar nicht getraut! Und Goebbels hätte ihm bestimmt auch abgeraten.

 

Hier hat der Künstler pointiert die kommunikative Energie von anwaltlichen Abmahnungen mit strafbewehrter Unterlassungserklärung an Olympiakritiker und kritische Blogger eingefangen.

 

 

Staatsterror war gestern

Aus eigenen Studien im Rahmen akademischer Pflichtübungen von Prägraduierten kann die Autorin bezeugen, dass sich die Diktion der bekannten „Presseanweisungen“ des NS-Propagandaministeriums durch eine Libertinage und Gefälligkeit auszeichneten, von denen Empfänger anwaltlicher Bloggerabmahnungen aus den bekannten Promi-Abmahn-Kanzleien in Berlin und Köln nur träumen können.

Und nicht zuletzt waren Erstgenannte kostenlos … Für so einen Höcker-Ritt etwa legt ein mittelloser Blogger ganz rasch einmal über 1.400 Euro auf den Kanzleitisch, wenn das anwaltliche „Buh!“ funktioniert (hier).

 

Gut getroffen: Da staunt der Blogger, der in der Regel und bekanntermaßen mit seiner wichtigen publizistischen Arbeit so gut wie nichts verdient, wenn ihm eine solche anwaltliche Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung und beigefügter Anwaltsliquidation im vierstelligen Bereich auf den Redaktionstisch flattert!

 

Zumindest die Kanzlei Höcker (auch hier tätig gewesen) bekennt sich dabei ganz offen zur brachialen Gewalt und versucht seine Mandanten mit dem süßen Versprechen zu ködern, gegen kritische Blogger „die juristische Peitsche“ einzusetzen.

Staatsterror war gestern. In Ländern, die bei Reporter ohne Grenzen ohnehin nur auf Platz 12 rangieren, wird über die Legislative ein Gesetzesapparat geschaffen, vermittels dessen Abmahnanwälte weit mehr zu leisten imstande sind. Persönlichkeitsrechte heißt das Zauberwort mit den Gummiqualitäten. Und die eifrigen Söldner der wahren Machthaber vermögen selbst einem Zäpfchen die mutwillige Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Einführenden an den Schmelzfalz zu argumentieren. Auch bei bestimmungsgemäßen Gebrauch (des Zäpfchens). Quatsch: Gerade bei bestimmungsgemäßen Gebrauch! Da schwellen Schriftsätze im Verfahren schnell mal auf 150 Seiten an!

 

Nichtbetroffene können sich vielleicht nur schwer vorstellen, wie ein mittelloser Blogger das Rudern kriegt, wenn ihm von den einschlägigen Promi-Medienrechtsanwälten eine (2, 3, 4 …) Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung zuzüglich der vierstelligen Anwaltsliquidation auf den Schreibtisch plotscht.

 

 

Repressionen gegen Kritiker und Presse sind olympische Disziplin

Deutschland braucht sich bei seinen frühzeitigen Druck auf kritische Stimmen auch gar nicht mehr an den liberalen Nationalsozialisten zu orientieren. Das ist alles (Feind-)Propaganda Unfug. Längst sind Repressionen gegen Kritiker und Presse weltweit exerzierte olympische Disziplin geworden. Berlin 2015/2024 muss da nicht abweichen von Peking 2007: „Nichtregierungs-Organisationen prangern die zunehmende Kontrolle von Bürgern und Medien durch die chinesischen Behörden im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking an“. Das Stichwort <Kontrolle von Bürgern> übertragen auf Deutschland 2014 hier. Das Stichwort <Medien> übertragen auf Deutschland 2015: hier!

Und der Vergleich mit den Zuständen in Deutschland unter den Nationalsozialisten ist nachgerade lächerlich, denn die Nazis können nur neidvoll auf die effizient gefeilten Repressionsapparate wie in Peking 2008 oder in Soshi 2014 blicken!

Das ewige Starren in die Geschichte mit Fixierung auf die obsoleten Methoden der Nazis ist nicht nur lächerlich, sondern gefährlich. Zwischen den identischen Handlungsmotiven damals vs. jetzt und den nämlichen repressiven Effekten damals und heute liegt das weitaus elegantere Werkzeug: Abmahnanwälte!

Der Journalist Sebastian Heiser hat das gestern in der taz gar trefflich auf den Punkt gebracht:

              

Die Abmahnung des Senats ist ein Vorgeschmack auf das, was in den nächsten Jahren blüht: Die Interessen des Internationalen Olympischen Komitees gehen über alles. (…) Das IOC hat totalitäre Vorstellungen von den Spielen. Alles soll im rechten Licht erstrahlen, niemand soll stören, vor allem nicht beim Geldverdienen. Es will die absolute Kontrolle über alles, was mit den Spielen zusammenhängt. Die ansonsten geltenden Regeln gelten nicht. (…) Man muss es so deutlich sagen: Die Olympischen Spiele, so wie das IOC sie sich vorstellt, sind für rechtsstaatliche Demokratien einfach ungeeignet.

(Sebastian Heiser, taz 11.02.2015: Olympia über alles)

              

 

Quot erat demonstrandum: Olympia 1936 nach Nazi-Deutschland, das passte, denn der Austragungsort war keine rechtsstaatliche Demokratie. Olympia 2024 nach Berlin, das passt nicht und die rechtsstaatliche Demokratie mit so Luxusgedöns wie Presse- und Meinungsfreiheit steht dabei saublöd im Weg rum!

 

Die wahren „Sieger“ heutiger weltweiter Sport-Massenveranstaltungen sind weniger am Lorbeer als am schwellenden Portmonee zu erkennen!

 

 

Von ganz oben auf Charlie Hebdo geschissen

Metronaut.de hat seine satirische Provokation just in time geliefert. Die Asche von Stéphane Charbonnier und seinen Karikaturisten-Kollegen ist noch nicht kalt, da ergibt sich für Deutschland die Gelegenheit zur nach unten gerichteten (sozialhierarchisch) Botschaft und im Kontext Olympia 2024 zur ersten Presseanweisung: Das gesamte inszenierte Charlie-Hebdo-Gewese der Politiker war doch nicht so gemeint. Meine Güte, da kann man doch mal sonntags nach Paris fliegen und andere Großmeister der Unterdrückung und Repressionen gegen Presse- und Meinungsfreiheit bildgewaltig unterhaken – ganz unverbindlich? Das heißt doch nicht, dass man in Deutschland keine vier Wochen später Satire zulässt … wenn sich diese gerade mal nicht gegen Moslems richtet!

Was bitte ist daran denn so schwer zu verstehen: Satire gegen Moslems = fully okay und Ausdruck von Meinungs- und Pressefreiheit! Satire gegen Olympia: Krawumm! Vorerst wird nur anwaltlich kostenpflichtig abgemahnt. Vorerst …

 

Dieses wie alle vorherigen Plakatmotive in diesem Artikel mit freundlicher Genehmigung von Metronaut.de.