Aua1178: Hinter den DN-Kulissen (24): Erneute Abmahnung vom ETN

 

{TS-Kritik}

 

In Aua1075 hatte die DN-Redaktion über Hitler-Bilder und Amerika-Hetze berichtet, die über Tweets eines als ETN bezeichneten Twitter-Accounts zu erreichen waren, und dies mit entsprechenden Screenshots belegt.

Am 4. Oktober 2013 erhielt die DN-Redaktion daraufhin eine Abmahnung des Europäischen Tier- und Naturschutz e. V. (ETN)  über die Promi-Rechtsanwaltskanzlei Höcker in Köln.

 

Anwaltskanzlei mit Peitschen-Kompetenz

Der Kölner Rechtsanwalt Dr. Ralf Höcker ist nicht zuletzt durch seine Bücher über populäre Rechtsirrtümer sowie Auftritte im Fernsehen bekannt. Durch Presseverfahren für Jörg Kachelmann erlangte er weitere Bekanntheit.

Allerdings äußern sich nicht alle Kollegen begeistert über den smarten Medienrechtsanwalt. Sein Kollege Markus Kompa geht in seinem Blog zum Medienrecht im Kontext des Falls Günter Wallraff scharf mit Höcker ins Gericht, was (auch) Kompa gemäß dessen Berichterstattung eine Abmahnung vom Kollegen einbrachte (hier und hier).

Auf seiner Webseite listet Höcker in der Rubrik „Fachveröffentlichungen“ folgenden interessanten Titel: „Schlechte Presse, kritische Blogger, nörgelnde Kunden und motzende Mitarbeiter: Wie Unternehmer etwaige Rufschädiger mit der juristischen Peitsche stoppen, wenn das Zuckerbrot der Unternehmenskultur nicht mehr hilft“.

Als „kritische“ Bloggerin ist jetzt auch die DN-Redaktion in den Genuss dieser juristischen Peitsche geraten! So zumindest versteht sie die inzwischen vier, mehrere Seiten umfassenden Schreiben der bekannten Kanzlei nach Sauldorf.

 

ETN betreibe gar keinen Twitter-Account

Die Abmahnung informiert darüber, dass die beiden DN-Artikel Aua1075 und Aua1077 einen rechtswidrigem Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte des ETN darstellen, weil „unser Mandant gar keinen Twitter-Account betreibt“.

 

Bildzitat Screenshot Google-Suche am 08.10.2013 auf die Suchbegriffe „Europäischer Tier- und Naturschutz Twitter“. Das Google-Suchergebnis wirft schon an zweiter Stelle den Hinweis auf die ETN-Facebook-Präsenz aus, der werbend den Hinweis auf Twitter benennt.

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 Ausschnitt aus Bildzitat Screenshot am 08.10.2013 aus dem Info des ETN-Facebook-Accounts, der ausdrücklich darauf hinweist, dass der ETN „auch auf Twitter zu finden“ sei.

 

Der Abmahnung lag eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bei,

 

es bei einer zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von € 5.500,00 zu unterlassen, in Bezug auf den Europäischen Tier- und Naturschutz e. V. zu behaupten und/oder zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten […], dieser betreibe einen Twitter-Account, unter dem er u. a. nationalsozialistische und antiamerikanische Inhalte einstelle.

(Zitat aus der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Abmahnung des ETN via Kanzlei Höcker an Karin Burger vom 04.10.2013)

Außerdem war der Abmahnung eine Anwaltsrechnung in Höhe von € 1.430,38 hinzugefügt, welche die Herausgeberin von Doggennetz.de nach Unterzeichnung der Erklärung binnen einer Woche zu begleichen habe.

 

Oder so: „Ohne Wissen, ohne Auftrag“

Nach einem entsprechenden Antwortschreiben der DN-Anwälte erhielten diese mit Datum vom 22. November 2013 ein weiteres Schreiben der Kanzlei Höcker in der oben genannten Angelegenheit. Darin heißt es jetzt:

 

auf Ihr Schreiben vom 10.10.2013 hat unser Mandant weiter recherchiert und festgestellt, dass wohl in der Tat ein Twitter-Profil im Namen unseres Mandanten angelegt und dieses mit der Homepage unseres Mandanten verknüpft wurde.

Dies geschah allerdings ohne Wissen und ohne Auftrag der Verantwortlichen unseres Mandanten durch dessen ehemaligen Anwalt, Herr Erik M. [Name von der DN-Red. abgekürzt], der auch Ihrer Mandantin gut bekannt sein dürfte.

(Schreiben der Kanzlei RA Höcker an die DN-Anwälte Schön & Reinecke vom 22.11.2013)

Bemerkenswert: Erst nach der erfolgten Abmahnung wird „weiter recherchiert und festgestellt“. Die DN-Redaktion hätte eher vermutet, dass ein angeblich in seinen Rechten verletzter Mandant so etwas VOR so drastischen Schritten wie einer Abmahnung tut?

 

Seit Januar 2012 mit Wissen und Wollen des ETN ?

Daraufhin richtete die DN-Redaktion eine Presseanfrage an den früheren ETN-Anwalt Erik M. Der antwortet schriftlich wie folgt:

 

Der Twitter- Account wurde im Januar 2012 von mir mit Wissen und Wollen  des ETN beantragt.

Unmittelbar nach dem dieser Account angelegt wurde, wurden die Daten an  die beim ETN für Sozial Network zuständige Frau Jana D. [Name von der DN-Red. abgekürzt] weitergereicht.

Diese legte dann auch für sich ein neues Passwort an.

Ich sende Ihnen als Nachweis hierzu eine Mail vom 31.Januar 2012 an Frau Jana D [wie oben]. Aus dem Betreff ist ersichtlich, dass Frau Jana D. [wie oben] die Aufgabe hatte, diese Informationen bei facebook und twitter zu verbreiten.

Der Unterzeichner hatte spätestens ab diesem Zeitpunkt keinerlei Einfluss auf den Account und auch nicht auf das, was dort verbreitet wurde.

(Presseantwort des früheren ETN-Anwalts Erik M. an die DN-Redaktion vom 26.11.2013; Hervorhebg. d. DN-Red.)

Der frühere ETN-Anwalt fügt dieser Presseauskunft als Beweis eine E-Mail von ihm an die besagte ETN-Mitarbeiterin vom 31. Januar 2012 bei, deren Betreff die ETN-Mitarbeiterin auffordert, die angefügte Meldung („Der ETN e. V. kämpft für artgerechte Tierhaltung auch in Wesseling!“) mit Verlinkung auf einen WDR-Beitrag vom 23.01.2012 „bei facebook und twitter“ zu verbreiten.

Der ETN legt Wert auf …

Des Weiteren legt der ETN gemäß Schreiben der Kanzlei Höcker Wert auf die Feststellung, dass er unmittelbar nach Kenntnisnahme der Inhalte von Aua1075 bei Twitter die Löschung des bezeichneten Accounts veranlasst habe.

Die Löschung des Gesamtaccounts jedoch war bis zum 11. September 2013, 14.00 Uhr, offensichtlich nicht erfolgt, wie der Screenshot aus Aua1077 belegt. Inzwischen allerdings ist dieser Twitter-Account nun vollständig verschwunden.

DN übertrumpft Stiftung Warentest!

Die Stiftung Warentest berichtet in ihrem test-Heft 12/2013 unter dem Titel Alles für die Katz? die Untersuchungsergebnisse eines Tests von 46 Organisationen aus den Bereichen Tier-, Natur- und Artenschutz sowie Umwelt (vgl. Aua1163). Noch jenseits der Vereine, zu denen die Stiftung Warentest rät, „sich eine Geldspende sehr gut [zu] überlegen“, kommt der ETN in der Rubrik der Organisationen vor, die jede Auskunft gegenüber der Stiftung verweigerten. Beim ETN heißt es im test-Heft: „Trotz Nachfragen keine Rückmeldung“.

Da steht die DN-Redaktion aber weit besser da, denn statt „keine Rückmeldung“ kann sie inzwischen auf mehrere Anwaltsschreiben des ETN über die Promi-Kanzlei Höcker verweisen, jedes dieser viele Seiten lang!

Fortgang spannend!

Auf Anraten der DN-Anwälte hat die Redaktion inzwischen die beiden strittigen Auas mit einem Hinweis versehen, dass nach Angaben des ETN der Twitter-Account ohne sein Wissen und Wollen eingerichtet worden sei und verantwortlich hierfür der frühere ETN-Anwalt Erik M. sei, der dies seinerseits bestreitet. Auch die Veranlassung der Löschung des Gesamtaccounts wird wunschgemäß erwähnt.

Des Weiteren wird in Aua1075 und Aua1077 auf diesen Text der Artikelserie Hinter den DN-Kulissen verwiesen.

Man darf gespannt sein, wie diese Auseinandersetzung weitergeht! Denn neben all den oben gelisteten Widersprüchen kommt eine weitere Pikanterie hinzu: Der frühere ETN-Anwalt Erik M. ist nach seinen Angaben der DN-Redaktion gegenüber am 14. Juni 2013 beim ETN ausgeschieden. Wie der Screenshot in Aua1075 jedoch belegt, stammt der Tweet mit dem Link auf das Hitler-Bild vom 9. September 2013. Auch die anderen gelisteten Tweets datieren nach dem Ausscheiden des Erik M.

 

Weitere Artikel dieser Serie:

Darunter auch weitere Abmahnungen des ETN (Aua971 / Aua972 / Aua973) an die DN-Redaktion sowie eine Strafanzeige (Aua974) und die Einstellung des dazugehörigen Verfahrens (Aua1009).

Es ist vielleicht nicht unerheblich darauf hinzuweisen, dass DN auf die oben aufgezählten Abmahnungen hin WEDER die geforderten Textänderungen vorgenommen NOCH die beigefügten Unterlassungserklärungen unterzeichnet NOCH die beigefügten Anwaltsrechnungen bezahlt NOCH zu den inkriminierten Passagen einstweilige Verfügungen erhalten hat NOCH zu den inkriminierten Passagen/Artikeln verklagt wurde.

Aua931 / Aua932 / Aua933 / Aua934 / Aua935 / Aua941 / Aua952 / Aua971 / Aua972 / Aua973 / Aua974Aua979 / Aua981 / Aua984 / Aua997 / Aua999 / Aua1009Aua1037 / Aua1050 / Aua1058 / Aua1096 / Aua1132 /Aua1140 /