Aua1468: Sachkundeprüfung Tierschutzgesetz (11): Realsatire aus dem Bayerischen Staatsministerium – Hundesachverständige sind nicht sachkundig!

 

{TS-Kritik}

[16.12.2014]
[Aktualisierung vom 17.12.2014]

 

HINWEIS: Die DN-Berichterstattung zu diesem Thema erfüllt nicht mehr die Kriterien unabhängiger Bereichterstattung, da der „Goldrausch Sachkundeprüfung“ inzwischen auch diese Redaktion in seinen Sog gezogen hat. Siehe dazu Infokasten in Aua1461. Die Dozentin Karin Burger bietet „Textbeistand“ für die Korrespondenz mit Veterinärämtern sowie Telefontraining zur Vorbereitung auf den Online-Test der Sachkundeprüfung sowohl für Hundetrainer wie für Tierschützer an (siehe auch „Eigenwerbung“ Aua1450).    

 

Es ist nicht verwunderlich, dass einige DN-Leser immer wieder ihre Schwierigkeiten bekunden, auf diesem Blog vollernste von satirischen Texten zu unterscheiden. (Obwohl ÜBER jedem Text die {Kategorisierung} in geschweiften Klammern extra noch einmal angegeben ist.)

Wenn die DN-Redaktion nachfolgend zu Berichtendes nicht ausdrücklich als „TS-Kritik“ kennzeichnen und dessen Faktizität durch das Originalschreiben unten im Anhang belegen würde, wäre es dem flüchtigen Leser zu verzeihen zu denken: „Die macht doch bloß wieder Witze!“

Denn bei der Ansage „Hundesachverständige (in Bayern) sind nicht sachkundig“ MUSS ein Bürger, der diesen Staat mehrheitlich noch ernstnehmen möchte, sich zwangsläufig an die Birne langen!

 

„Öffentlich bestellte und beeidigte Sachverständige für das Hundewesen“

Was ist denn nun so ein „Hundesachverständiger“ – über das vielleicht schwammige Begriffsverständnis jener hinaus, die mit dieser Expertengruppe noch nicht en detail zu tun hatte?

Die DN-Redaktion wählt für die Erklärung willkürlich (also wie bei den Behörden) eine bayerische Hundesachverständige aus und zitiert deren Qualifikationen:

             

Aufgrund der besonderen Sachkunde und Absolvierung der entsprechenden Prüfungen in den kynologischen Bereichen wie Rassekenntnisse, Verhalten, Erziehung, Krankheiten bei Haushunden und Grundlagen der entsprechenden Gesetzestexte wurde ich 2004 von der Regierung von Mittelfranken als öffentlich bestellte Sachverständige vereidigt und bin seither als selbständige Gutachterin tätig.

Fachgebiet: Verhalten von Hunden im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren.

Erstellen von Gutachten zur Hundehaltung für kommunale Behörden und Gerichte gemäß Art. 18 und Art. 37 LStVG.

Gutachterliche Tätigkeit bei so genannten „Kampfhunden“ der Kategorie I und II zur eventuellen Erlangung einer Haltergenehmigung oder eines Negativzeugnisses.

Gutachterliche Tätigkeit bei Sicherheitsstörungen und Schadensereignissen nach Hundeangriffen, sowohl außergerichtlich als auch in gerichtlichen Hauptverfahren.

Durchführung von Wesenstests für Hunde aller Rassen und Mischlingen mit Erstellen eines Gutachtens zur Vorlage bei Gemeinden, Sicherheitsbehörden, Veterinärämtern und Versicherungen.

(Selbstporträt der Hundesachverständigen Erika Sebastian; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

Man könnte also durchaus den Eindruck gewinnen, hierbei handele es sich um kynologisch hochkompetente Menschen, die – zumindest in der Vergangenheit – über das Wohl und Wehe dieses und jenen Hundes, der ihm unter Umständen begegnenden Gesellschaft wie auch der betroffenen Hundehalter entscheiden.

 

Staatsminister Dr. Marcel Huber: nicht ausreichend qualifiziert als Hundetrainer

Bitte stellen Sie Ihre Rückenlehnen senkrecht, schnallen Sie sich an und stellen Sie das Denken ein. Denn nun kommt der (frühere) bayerische Landwirtschaftsminister Dr. Marcel Huber und teilt mit, dass diese Experten noch nicht einmal das „Mindestmaß an Sachkunde“ (ursprüngliche Intention des Gesetzgebers zur Novellierung von § 11 Absatz 1 Satz 1 diverse Nummern) für die Tätigkeit als Hundetrainer aufweisen!

So zumindest verlautbarte sich seine Herrlichkeit am 10. September 2014 in einer Stellungnahme zu einer schriftlichen Anfrage des Landtagsabgeordneten Thomas Mütze (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 08.08.2014. Diese nun schon einige Monate alte Stellungnahme ist der DN-Redaktion erst jetzt zugeschickt worden (siehe Anhang).

Die vollständige Frage lautete:

              

1. Warum sind öffentlich bestellte und beeidigte Sachverständige Hundewesen – Verhalten von Hunden im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren – als Sachverständige in der neuen Verordnung nicht mehr genannt?

(Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in einer schriftlichen Stellungnahme an den Bayerischen Landtag vom 10.09.2014)

              

Die vollständige Antwort lautet:

              

Die öffentlich bestellten Sachverständigen zur Beurteilung des Verhaltens von Hunden im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren sind von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe nicht als ausreichende Qualifikation für die Tätigkeit als Hundetrainer eingestuft worden. Sie sind deshalb im angesprochenen Schreiben des StMUV nicht aufgeführt.

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

 

Auf deutsch: Wer so fundierte Sachkunde besitzt, dass er über die Gefährlichkeit von sogenannten Listenhunden oder solchen mit Verhaltensproblemen für Behörden, Gerichte und Versicherungen Gutachten erstellen darf, der ist nach Auffassung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe noch nicht einmal qualifiziert, als Hundetrainer zu arbeiten!

Es ist übrigens dieselbe Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die den – nach Meinung dieser Redaktion – durch und durch unseriösen D.O.Q.-Test® fast allen Veterinärämtern der Republik als Online-Sachkundetest im Rahmen der Sachkundeprüfung aufs Auge gedrückt hat!

 

Diese Lachnummer soll angeblich revidiert worden sein

Okay. Die denkbar saftige Blamage des Ministers, vor der ihn offensichtlich auch die Ministerialrätin Dr. Ulriche Marschner vom zuständigen Referat Tierschutz nicht bewahren konnte (oder wollte?) und die doch sonst immer alles so sauber einfädelt, sei inzwischen revidiert, wie die DN-Redaktion aus valider Quelle der Hundesachverständigenszene erfährt. Einen öffentlich nachlesbaren Beleg dieser „Revision“ des sensationellen Fehlurteils seitens des Bayerischen Staatsministeriums allerdings sei nicht verfügbar.

Die DN-Leser nehmen diesen Hinweis aber immerhin zur Kenntnis!

Für Huber spielt dieser unterhaltsame Lapsus ohnehin keine Rolle mehr. Wie in Bayern und anderen Diktaturen nicht unüblich wurde er nach oben weggelobt. Nachdem die frühere Chefin der Bayerischen Staatskanzlei Christine Haderthauer im Zuge der sogenannten Modellauto-Affäre ihren Sessel räumen musste, hat der Bayern-König flugs zitierten Herrn Huber an seine Seite gerufen.

Dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz steht jetzt Staatsministerin Ulrike Scharf vor. Ob ihr vom Referat Tierschutz im Hause dann etwas sorgfältiger zugearbeitet wird, ist bis dato noch nicht bekannt …

 

Stellungnahme beinhaltet noch mehr Highlights

Doch die Stellungnahme hat noch viel mehr an „Ungenauigkeiten“ zu bieten:

               5. Die Überprüfung der Sachkunde soll mittels DOQ Test Pro, Fachgespräch und praktischem Teil erfolgen. Wie hoch ist im DOQ Test Pro der Anteil der medizinischen Fragen und wie werden diese gewichtet?                 

Antwort:

              

Der D.O.Q.-Test Pro enthält keine „medizinischen“ Fragen, sondern nur solche nach den körperlichen Funktionen wie z. B. Puls oder Atmung von Hunden, die jeder verantwortungsvolle Hundehalter kennen sollte. Diese Fragen betragen zwischen fünf und 10 Prozent, ihre Gewichtung ist im Punktesystem sehr gering im Vergleich zu Fragen aus Lernbiologie oder Tierschutz.

(ibid.; Hervorheb. d. DN-Red.)

              

Die DN-Redaktion weiß nicht, wer dem armen Minister diesen Unfug erzählt hat. Aber wenn Fragen wie die nach den Erfordernissen eines korrekten Pfotenverbandes, den Besonderheiten des hündischen Appendix, den Übertragungsweg von Krankheiten wie Borreliose, Babesiose und Ehrlichiose sowie den Besonderheiten des zweiten Halswirbels beim Hund keine (veterinär-)medizinischen Fragen sind, dann schenkt DN Herrn Huber zu Weihnachten ein Kohlrouladen-Mobile.

 

Schwindelunfug Nr. 2: Gewichtung

Doch die ministerielle Märchenstunde war auch da noch nicht zu Ende:

              

8. Werden die drei Teile der Prüfung gleich gewichtet, falls nein, welche Gewichtung wird angewendet?

(ibid.)

              

Wie zuvor (Lehne, Rauchen, Denken):

              

Bei der Auswertung der Prüfung wird eine Gesamtschau aller Prüfungsteile ohne starre Gewichtung erstellt. Insbesondere bei Defiziten in der theoretischen Prüfungbesteht die Möglichkeit, diese in der nachfolgenden praktischen Prüfung auszugleichen.

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

Lüge ist jetzt ein sehr hartes Wort, kommt aber der Wahrheit schon ziemlich nahe. Denn bisher liegen Erfahrungsberichte von geprüften Hundetrainern vor, die über den D.O.Q.-Test® PRO gar nicht hinausgekommen sind. Soll heißen: Der D.O.Q.-Test® PRO wird bei vielen/einigen/manchen (?) Veterinärämtern (nicht nur in Bayern) den anderen Prüfungsteilen vorangestellt. Wer diesen – nach Meinung der DN-Redaktion – vollkommen unseriösen und fehlerbehafteten Test nicht besteht, wird gar nicht erst zu den anderen Prüfungsteilen zugelassen.

Soviel zur „Gesamtschau“ ohne „starre Gewichtung“ und der Möglichkeit, „bei Defiziten“ diese auszugleichen!

Oder in der ungeschminkten DN-Diktion: Mit dieser schriftlichen Antwort baut der Ex-Minister den Abgeordneten des Bayerischen Landtags aber komische Modellautos …

 

[Aktualisierung vom 17.12.14]: Leserzuschrift

Zu obigem Artikel erreicht die DN-Redaktion nachfolgende Leserzuschrift. Der Verfasser möchte aufgrund vorliegender Erfahrungen von Nachstellungen seitens der Firma Data Parc Ltd., Rechteinhaber des D.O.Q.-Testes®,   ungenannt bleiben:

              

Sehr geehrte DN-Redaktion!

Sie schreiben:

Lüge ist jetzt ein sehr hartes Wort, kommt aber der Wahrheit schon ziemlich nahe. Denn bisher liegen Erfahrungsberichte von geprüften Hundetrainern vor, die über den D.O.Q.-Test® PRO gar nicht hinausgekommen sind. Soll heißen: Der D.O.Q.-Test® PRO wird bei vielen/einigen/manchen (?) Veterinärämtern (nicht nur in Bayern) den anderen Prüfungsteilen vorangestellt. Wer diesen – nach Meinung der DN-Redaktion – vollkommen unseriösen und fehlerbehafteten Test nicht besteht, wird gar nicht erst zu den anderen Prüfungsteilen zugelassen.

Genau so ist es, wie sich auch eindeutig aus der Internetseite der Landeshauptstadt München ergibt. Dort heißt es:

„Das Fachgespräch im Städtischen Veterinäramt besteht aus einer theoretischen und einer praktischen Prüfung: Zunächst wird mit einem Fachfragentest am PC (D.O.Q.-Test PRO) geprüft, ob die erforderlichen theoretischen Kenntnisse vorhanden sind. Das Bestehen dieses Single-Choice-Testes ist Voraussetzung für die Teilnahme am mündlichen und am praktischen Prüfungsteil.

 

[…]

 

Zum Bestehen des Online-Tests müssen Sie mehr als 75 Prozent aller Fragen richtig beantworten.

 

Danach werden einzelne Fachthemen in einem mündlichen Fachgespräch vertieft erörtert. Neben einem Amtstierarzt des städtischen Veterinäramtes nimmt hier auch ein externer Sachverständiger teil.

 

Abschließend werden in einer praktischen Prüfung die praktischen Fähigkeiten beurteilt .“


(
Stadt München
; Hervorh. vom Leserbriefschreiber)

Also nix „Ausgleich möglich“, wie der Minister in seinem Brief vom 10.09.2014 behauptet.

Weitere Infos hier!

(Leserzuschrift an die DN-Redaktion vom 16.12.14; der Schreiber möchte nicht genannt werden (Angstklima))

  

              

 

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