Aua1281P: Ralf Hewelcke (11): Shira – nur drei qualvolle Tage von der Hundepension bis in den Tod

 

{TS-Kritik]    [DNPA erschienen: 24.03.14; online verfügbar ab: 06.05.14]

 

Die Hundefreundin G.G. kennt Ralf Hewelcke und die Hundepension Sirius seit 17 Jahren, als sie ihm am 3. Juni 2013 ihre sechs Jahre alte Boxer-Hündin Shira für 15 Tage als Pensionsgast anvertraut. Doch als sie ihren Liebling am 18. Juni 2013 wieder abholte, traute sie ihren Augen nicht. Shira kam ihr abgemagert und völlig abgeschlagen entgegen, wie G. G. berichtet. Das Vorderbein sei stark geschwollen gewesen. Der Hund habe gehumpelt.

Nach Darstellung von Fr. G. habe Ralf Hewelcke sie bei der Abholung darüber informiert, dass ihre Hündin am 13. Juni 2013 wegen einer Umfangsvermehrung am linken Ellbogen von dem Tierarzt T. mit Arzneimitteln behandelt worden sei. Danach wäre es trotz der Behandlung zu einer zunehmenden Schwellung des Vorderbeins gekommen. Deshalb habe er am 14. Juni den Tierarzt S. hinzugezogen. Seit heute, dem Tag der Abholung von Shira aus der Hundepension Sirius (18.06.13), hätte sich die Schwellung auf das gesamte Vorderbein und die Brust ausgeweitet. Die „Scheuerstelle“ im Achselbereich sei eine Folge des Verbandes.

Ralf Hewelcke soll in diesem Gespräch auch zugegeben habe, dass er selbst Shira punktiert habe, weil er annahm, dass die Schwellung unter dem Vorderbein durch Wasser entstanden sei.

Er tat das zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm schon bekannt gewesen sein musste, dass es sich um eine sogenannte Phlegmone (Definition) handelt. Bei gegebener Sachkunde schließen sich die Diagnose Phlegmone und die Vermutung von „Wasseransammlungen“ eigentlich gegenseitig aus.

Weiter berichtete er der völlig entsetzten Hundebesitzerin, er habe sich dann gewundert, dass so viel Eiter ausgeflossen sei. Nach Angabe von Frau G. habe Ralf Hewelcke das alles kommentiert mit: „Es sieht schlimmer aus, als es ist.“

 

Fotoaufnahme Boxerhündin Shira am 18. Juni 2013, dem Tag der Abholung aus der Hundepension Sirius des Ralf Hewelcke: Für das geübte Auge sieht das schon nicht sehr gut aus! Von einer „kleinen Scheuerstelle“ jedenfalls, wie Ralf Hewelcke der Hundebesitzerin erklärt, kann wohl kaum die Rede sein. Im Übrigen lag die Wahrheit im krassen Gegenteil seines Statements: Es war wesentlich schlimmer, als es aussah.

Foto: G. G.

 

 

Phlegmone mit ödematöser Schwellung

Sehr besorgt fuhr Frau G. mit Shira sofort zu ihrem Tierarzt K. Der diagnostiziert eine Phlegmone mit ödematöser Schwellung und Entzündungssymptomen in einer Ausdehnung von der Achselhöhle bis zum Handwurzelgelenk sowie mehrere schon nekrotische Hautareale.

Nekrosen sind abgestorbene Zellen und physiologische Bereiche (Haut, Organe, Glieder).

Eine Phlegmone ist eine eitrige, sich diffus ausbreitende Infektionserkrankung der Weichteile zumeist aufgrund einer Hautverletzung, durch die dann Keime einwandern. Bei unzureichender Behandlung besteht Lebensgefahr aufgrund von Blutvergiftung.

Der Haus-Tierarzt von Frau G. bestätigt ausdrücklich in seinem schriftlich vorliegenden Befund, an der gesamten Gliedmaße von Shira keine Stellen mit geschorenem Fell vorgefunden zu haben, wie es üblicherweise dort anzutreffen ist, wo unter professionellen Bedingungen punktiert wird.

Der Tierarzt bereitet Frau G. auf das Schlimmste vor. Grund dafür ist die Großflächigkeit der Erkrankungszonen am linken Vorderbein und die drohende Ausdehnung sowie die Nekrosetendenzen an der Vorderbrust und am rechten Vorderbein.

 

Laien-Punktion trotz bekannter Phlegmone-Diagnose

Auch der von Ralf Hewelcke am 14. Juni 2013 hinzugezogene Tierarzt hatte die Phlegmone schon diagnostiziert, wie er in einer E-Mail an G. schriftlich bestätigt. Zur Behandlung war ein Angussverband mit Rivanol verschrieben worden.

Nach Recherchen der Hundebesitzerin hat Shira aber nach dem 14. Juni 2013 trotz zunehmender Verschlechterung der Wunde keinen Tierarzt mehr gesehen, bis sie vier Tage später von ihrer Besitzerin abgeholt wurde.

So bestätigt das auch Ralf Hewelcke in einem Schreiben vom 29. Juli 2013 an den Rechtsanwalt von G.

Alle Befunde, E-Mails und Schreiben liegen der DN-Redaktion vor.

Trotz der bedrohlichen Diagnose Phlegmone hat Ralf Hewelcke am 17. Juni 2013, einen Tag vor der Abholung und offensichtlich ohne Rücksprache mit einem Tierarzt, Shira eigenhändig punktiert. Wie oben schon erwähnt, wurde dazu mutmaßlich noch nicht einmal das Fell rasiert, denn der Haustierarzt kann am 18. Juni 2013 keine Hautstellen mit geschorenem Fell vorfinden.

Ralf Hewelcke fühlt sich zu solchen Eingriffen berechtigt, wie er in einem Schreiben an die Anwältin der Hundebesitzer erklärt:

              

In diesem Zusammenhang komme ich zu dem Vorwurf, dass ich die Hündin nicht hätte punktieren dürfen, da ich kein Tierarzt sei. Auf Grund meiner Ausbildung, Sachkunde und Erfahrung bin ich dazu in der Lage, denn die Punktierung hat der Hündin sichtliche Erleichterung gebracht. Auf Grund meiner Ausbildung bin ich sogar berechtigt Tiere zu töten oder – was meistens Tierärzte noch nicht mal dürfen, mit Narkosewaffen zu beschießen.

(Ralf Hewelcke an die Rechtsanwältin der Hundebesitzerin in einer Stellungnahme vom 29.07.2013; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

 

Trotz aller Bemühungen des vertrauten Tierarztes war der Krankheitsverlauf bei Shira galoppierend:

 

Wundsituation am 20.06.2013: Man sieht, wie großflächig die Wunde ist und wie rasch sich die Haut ab- und auflöst.

Foto: G. G.

 ***

 

Diese Aufnahme entstand nur einen Tag später: 21.06.2013. Der Krankheitsverlauf ist rasant; die Antibiose greift nicht – wie auch bei multiresistenten Keimen! Welche Schmerzen Shira bei all dem gehabt haben muss, lässt sich nur vermuten!

Foto: G. G.

 

Drei Tage nach Abholung aus der Hundepension Sirius musste Shira eingeschläfert werden.

 

 

Die Infektion war nicht mehr beherrschbar. Shira musste am 21.06.2013 von ihren Leiden erlöst werden. Das Foto zeigt die Boxerhünin im toten Zustand.

Foto: G. G.

 

Laborbefund: multiresistente Keime

Der zentrale Vorwurf der Hundebesitzerin an Ralf Hewelcke bezieht sich auf die Laien-Punktion unter mutmaßlich nicht sterilen Bedingungen (keine rasierte Hautstelle vom Haustierarzt auffindbar). Wie oben zitiert, weist Ralf Hewelcke diesen Vorwurf weit von sich.

Wie der Laborbefund von dem Diagnostikdienstleister Laboklin belegt, fanden sich in der Wunde multiresistente Keime. Multiresistent bedeutet dabei: gegen viele Antibiotika resistent. Eine medikamentöse Behandlung ist dann nur noch mit solchen Antibiotika möglich, für die keine Resistenzen vorliegen. Wird diese Resistanz nicht getestet und ein Antibiotikum eingesetzt, gegen das die Keime resistent sind, führt eine Behandlung nicht zum Erfolg.

Nachgewiesen wurden bei Shira Escherichia coli („mäßiger Gehalt“) mit besonders hoher Multiresistenz sowie der Erreger Staphylococcus pseudointermedius („mäßiger Gehalt“) mit ebenfalls Multiresistenz.

Escherichia coli (E-coli) ist ein in der menschlichen und tierischen Darmflora vorkommendes (und nur dort hingehörendes) Bakterium.

Staphylococcus pseudointermedius kommt typischerweise auf Hunden vor.

Beide dieser multiresistenten Keime gehören nicht zu dem, was klassischerweise unter dem Kürzel „MRSA“ bekannt ist: Bei MRSA handelt es sich um den methicillin-resistenten Erreger Staphylococcus aureaus. Beim Wundabstrich von Shira jedoch wurde der Staphylococcus pseudointermedius nachgewiesen (= MRSP). Allerdings weiß die Literatur, dass auch Menschen an MSRP erkranken können (hier).

Doch schon bei MRSP-Erkrankungen des Hundes sind die Therapieaussichten so schlecht, dass günstig verlaufende Fälle begeistert berichtet werden (hier und hier).

Hinsichtlich der E-coli-Besiedelung besteht eine Gesundheitsgefahr auch für Menschen, die üblicherweise an Infektionen des Urogenital- (Blase/Nieren) und Gastrointestinaltraktes (Magen/Darm) erkranken (hier und  hier). Der gefürchtete Erreger EHEC etwa ist eine E-coli-Variante.

 

Strittig und unstrittig

Frau G. ist bis heute nicht über den tragischen Verlust ihrer Boxerhündin Shira hinweggekommen. Ihr zentraler Vorwurf an Ralf Hewelcke bezieht sich auf die nach ihrer Ansicht nicht autorisierte Punktion sowie die Tatsache, dass Shira nach dem 14. Juni 2013 bis zur Abholung am 18. Juni 2013 keinen Tierarzt mehr gesehen habe.

Akribisch hat sie alle Befunde und Aussagen gesammelt und einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche gegenüber Ralf Hewelcke eingeschaltet. Zu einer Klage jedoch kam es aufgrund der ungünstigen Prozessaussichten nicht.

Es ist unstrittig, dass die Hündin während des Aufenthalts in der Hundepension Sirius erkrankt ist. Es ist des Weiteren unstrittig, dass es sich bei den gefundenen um multiresistente Keime handelt, für die jegliche Therapieaussichten begrenzt sind.

Ralf Hewelcke weist in seinem Schreiben an die Anwältin darauf hin, dass die Hundepension Sirius keine Schuld für die Erkrankung der Hündin treffe. Man habe auch die Anweisungen der Tierärzte befolgt. Zum Ende seiner Stellungnahme kündigt er an, sich zu dem Vorgang nicht mehr weiter zu äußern. Man sehe sich dann vor dem Richter.

Ganz abgesehen von den juristischen Fakten fragt sich, ob das ein geschickter und das menschliche Leid anerkennender Umgang mit einer Kundin ist, die auf tragische Weise ihren Hund verloren hat.

 

Die DN-Redaktion hat diesen Fall zum Anlass für eine Presseanfrage an das Veterinäramt Oberhavel genommen. Eine Antwort liegt inzwischen auch vor und wird mit dem nächsten Artikel dieser Serie veröffentlicht und kommentiert.

 

Doggennetz.de-Senf:

Unzweifelhaft kann man der ganzen Geschichte das Etikett des tragischen Verlaufs aufkleben. Eine Schuldzuweisung ist jedoch kaum möglich. Zwar fragt es sich, wie es überhaupt zu der Hautverletzung bei Shira gekommen ist, über welche dann die Keime einmarschieren konnten. Aber grundsätzlich können dafür schon leichteste Kratzer ausreichen. Von dem Zeitpunkt an, als die multiresistenten Keime die Infektion ausgelöst und die Phlegmone bewirkt hatten, standen die Karten für Shira furchtbar schlecht.

Das Problem ist ja weniger die Existenz der festgestellten Keime als deren Multiresistenz. Und woher die kommt, lässt sich nicht feststellen.

Die obige Angabe von Ralf Hewelcke, man habe die Anweisungen der Tierärzte befolgt, ist so nicht ganz richtig. Denn eine Punktion, die von dem Bezirksschornsteinfeger ohne tierärztliche Assistenz oder Weisung ausgeführt wurde, gehörte eben nicht zum Therapieplan.

Hinzu kommen die vielen Berichte ehemaliger Mitarbeiter, die alle übereinstimmend die unzureichenden hygienischen Bedingungen in der Tierhaltung von Ralf Hewelcke beschreiben: Aufgrund von Personal- und Zeitmangel seien nur rudimentäre Reinigungsarbeiten möglich. Es stehe kein warmes Wasser zur Verfügung. Von Desinfektionsmitteln etc. ist überhaupt nicht die Rede. Die Mitarbeiter berichten, auf Anweisung von Hewelcke Putz- und Trinkwasser aus Regensammeltonnen entnommen zu haben.

Inzwischen liegt der DN-Redaktion auch die Information vor, dass es einen weiteren Fall mit multiresistenten Keimen in der Tierhaltung Ralf Hewelcke geben soll. Bisher jedoch fehlen zu diesem weiteren Fall Belege und Dokumente.

Die DN-Redaktion hat mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung hinsichtlich potenzieller Gefahren durch diese multiresistenten Keime bei Hewelcke gesprochen; dies besonders auch unter dem Aspekt, dass aus dieser Tierhaltung mindestens das Restaurant „Taubenschlag“ mit Fleisch und Eiern beliefert wird, das übrigens mit dem Neuland-Siegel wirbt. Doch die Wissenschaftler sehen durch den Nachweis von multiresistenten Keimen keine Gesundheitsgefahr deshalb, weil davon auszugehen sei, dass die Lebensmittel vorher gekocht und/oder gebraten werden, was die Keime nicht überleben.

Ganz unabhängig von einzelnen Bewertungen und der Schuldfrage im Fall Shira ist es in der Tierhaltung Ralf Hewelcke einfach die Fülle der Fälle und Vorkommnisse, die auch dem Shira-Fall besonderes Gewicht geben. Und G. ist ja nicht die erste Kundin, die sich über die Hundepension Sirius beklagt. 

 

 

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Außerhalb der Serie auch: Aua1262 /

Von Ralf Hewelcke verweigerte Presseauskünfte: Pav4 / Pav5 / Pav6 /
Vom Landkreis Oberhavel verweigerte Stellungnahme: Pav7
Vom zuständigen Verbraucherschutzministerium Brandenburg verweigerte Stellungnahme:
Pav8