Aua1091: Hinter den DN-Kulissen (21): Kein einstweiliger Rechtsschutz gegen die K9-News-Krüppelhäme

 

{TS-Kritik}

[19.09.2013]

 

Die DN-Leser werden es wohl bemerken: Im Moment tobt der Szene-Bär so dermaßen, dass auch diese Redaktion mit den Berichten kaum hinterher kommt. Nachdem dem tierschutzrelevanten Thema <Rumänien> auf DN in den letzten Tagen der Vorrang eingeräumt wurde, wartet nun ein ganzer Berg von Artikeln der Serie Hinter den DN-Kulissen auf Veröffentlichung.

DN kann und wird nicht auf alle permanent durchs Netz gehetzte Lügen reagieren, denn das ist das Ziel derer, die sie in die Welt setzen. Damit soll die eigentlich relevante Berichterstattung wie derzeit etwa über die Hintergründe zu den Vorgängen in Rumänien unterdrückt werden.

Trotzdem sollen die DN-Leser informiert bleiben über den extremen und schier unerträglichen Druck auf diese Redaktion in den Bereichen, wo dieser Druck und die dabei angewandten Methoden Aussagen über Strukturen im Tierschutz oder auch die Verwendung von Spendengeldern – etwa für illustre Promi-Kanzleien, die kritischen Bloggern die „juristische Peitsche“ androhen – machen.

 

AG Merseburg urteilt anders als das Bundesverfassungsgericht

Aus medienrechtlichen Gründen hätte DN selbst nichts über das Urteil des Amtsgericht Merseburg (Az. 6 C 278/13) vom 23.08.2013 im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen den Betreiber von K9-News veröffentlicht. Gegenstand des Verfahrens war ein Antrag auf einstweilige Verfügung von Karin Burger gegen Thomas I. wegen der Krüppel-Häme auf K9-News (vgl. Aua986).

Das Gericht wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen diese Verbalbeleidigung auf K9-News zurück.

Da aber sowohl Verfahren wie Urteil vom Verfügungsbeklagten selbst schon und leider unvollständig und mithin nach Meinung dieser Redaktion für die Leser nicht nachvollziehbar im Internet veröffentlicht wurden, reicht DN den Tatbestand und wichtige Aspekte der Entscheidungsgründe nach. Eine anonymisierte und markierte Version des Urteils finden Interessierte im Anhang.

Aus Sicht der DN-Redaktion besonders bemerkenswert ist die Bewertung des Amtsgerichts Merseburg hinsichtlich der Bezeichnung als „Krüppel“. Im Urteil heißt es dazu:

              

Der Klägerin steht aber derzeit kein Anspruch auf die begehrte Untersagung zu.

Es kann offen bleiben, ob der Beklagte durch die Verlinkung des Wortes ,,Krüppel“, mit oder ohne seine Definition, in einer kränkenden ehrverletzenden Absicht gegen die Klägerin eine Beleidigung bereits begangen hat. Wollte man dies annehmen, wäre in der Verwendung des Wortes ,,Krüppel“ eine Verbalbeleidigung der Klägerin zu sehen.

(AG Merseburg, Az. 6 VC 278/13, Urteil vom 23.08.2013; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

Dass diese Bewertung in ihrem ehrverletzenden Charakter gemäß laufender Rechtsprechung nicht offen bleiben kann, das besagt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 514/90) aus dem Jahr 1992, pikanterweise aus einem Verfahren gegen die Satire-Zeitschrift TITANIC:

              

2. Anders steht es um den Beitrag im Juli-Heft 1988, in welchem der Kläger als „Krüppel“ angeredet worden ist, was das Oberlandesgericht als Formalbeleidigung beurteilt. Seine Wertung, die unmittelbare Anrede des Behinderten mit dieser Bezeichnung bringe dessen Mißachtung zum Ausdruck und verletze ihn schwer in seinem Persönlichkeitsrecht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden und läßt insbesondere keine Fehlgewichtung zu Lasten der Meinungsäußerungsfreiheit erkennen.

Mit der Bezeichnung „Krüppel“ ist nicht nur der in seiner Bewegungsfähigkeit auf Dauer behinderte Mensch mit Mißbildungen oder fehlenden Gliedmaßen gemeint (vgl. etwa Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1978, S. 1592). Der Begriff wird auch nicht nur wie in früheren Jahrhunderten als Beschreibung eines mißgebildeten körperlichen Zustandes gebraucht (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1984, Sp. 2472 ff.). Heute wird die Anrede eines Menschen mit dem Wort „Krüppel“ als Demütigung verstanden. Er wird damit zum minderwertigen Menschen gestempelt. Der Bedeutungswandel zeigt sich besonders darin, daß er auch gegenüber dem körperlich Gesunden benutzt wird, um diesen zu beschimpfen und in seinem Ansehen herabzusetzen. Diese Bedeutung verliert die Bezeichnung nicht dadurch, daß das Bemühen des Klägers, als körperlich Behinderter gleichwohl Dienst bei der Bundeswehr zu verrichten, kritisiert wird. Im Zusammenhang mit Kriegs- und Unfallopfern hat das Wort „Krüppel“ zwar auch heute noch einen eher mitfühlenden Sinn. Aus dem gesamten Inhalt des „Briefes an die Leser“ ergibt sich aber, daß der Kläger durch diese Anrede persönlich getroffen werden sollte.

(Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 1992, Az.: 1 BvR 514/90; Hervorhebg. d. DN-Red.) 

              

 

Für DN nicht akzeptabler Vergleichsvorschlag

In den Waagschalen des Amtsgerichts Merseburg lagen die Krüppel-Häme auf der einen und die Bezeichnung des K9-News-Betreibers als politisch sehr weit rechts zu verortet auf der anderen Seite.

Das Gericht wog beide Zuweisungen gegeneinander auf.

Der Vergleichsvorschlag des Richters, mit dem sich Karin Burger das Ende der schon vom Bundesverfassungsgericht als ehrverletzend bewertete Krüppel-Häme hätte erkaufen können, lautete gemäß der Diktion des DN-Anwalts: Thomas I. verzichtet auf die Krüppel-Häme, wenn Karin Burger darauf verzichte, ihn „in die rechte Ecke“ zu stellen.

Die Wendung „in die rechte Ecke“ stellen trägt nach Auffassung dieser Redaktion sehr stark wertenden Charakter. Überdies bringt sie ein aktives Handeln zum Ausdruck. Nach Ansicht der DN-Redaktion wird Thomas I. nicht „in die rechte Ecke gestellt“, sondern es wird die Ecke beschrieben und mit vielen Dokumenten belegt (vgl. Artikelserie ab Aua1047P), aus der er kommt.

Da die Berichterstattung und Dokumentation äußerst rechter bis rechtsextremistischer politischer Haltungen von Akteuren im Tierschutz zu den zentralen Themen von Doggennetz.de gehört, war dieser Vergleichsvorschlag für Karin Burger nicht akzeptabel; auch nicht um den Preis, dafür von der nach Bundesverfassungsgericht ehrverletzenden Bezeichnung als „Krüppel“ durch den Betreiber von K9-News befreit zu werden.

DN wird weder heute noch in Zukunft davon abweichen, Akteure mit entsprechend nachgewiesener politischer Gesinnung und den dazu gehörigen Methoden zu benennen und die Belege für die dazugehörige Verortung vorzulegen. Die Leser dieses tierschutzkritischen Blogs können dann immer noch für sich entscheiden, ob ihnen die von der Redaktion vorgelegten Belege und Dokumente und Zitate und Bilder etc. für diese Kategorisierung ausreichen. Oder auch nicht.

 

Nachweis der Behauptung nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren

Deshalb ist auch die Schlussbemerkung des Amtsgerichts Merseburg in der Urteilsbegründung auf Seite 4 wichtig und wurde in untenstehenden Anhang entsprechend rot markiert:

              

Daraus folgt, dass der Klägerin solange der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zusteht, solange sie ihrerseits den Beklagten weiter als rechtsextrem bezeichnet.

Dies mag dann anders sein, wenn die Behauptung einer rechtsradikalen Gesinnung oder einer Nähe zu Personen mit rechtsradikaler Gesinnung erweislich wahr wäre. Dann mag womöglich diese Behauptung durch Wahrheitsbeweis ihren ehrverletzenden Charakter verlieren.

Ob dies der Fall ist, kann in einem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht geprüft werden.

Mit den Erkenntnismöglichkeiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist ein solcher Wahrheitsbeweis nicht zu führen. Überdies fehlt es auch an entsprechendem Sachvortrag hierzu.

(AG Merseburg Urteil vom 23.08.13 wie oben; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

In einem Hauptverfahren, in das Karin Burger jedoch nicht einsteigen wird, könnte man diesen Nachweis unter Umständen führen.

Hier stoßen eben einstweilige Verfügungsverfahren auch an ihre bestimmungsgemäßen Grenzen, wie das Zitat oben selbst ausführt.

 

DN-Konzentration auf das Wesentliche

Zu dem Zeitpunkt, als die DN-Redaktion den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Betreiber von K9-News stellte, waren ihr die Hintergründe der K9-News-Hetze noch nicht bekannt.

Ganz abgesehen von der juristisch eindeutigen Bewertung – zumindest durch das Bundesverfassungsgericht – gibt die Verwendung von Krüppel-Häme, wie zahlreiche Zuschriften an die DN-Redaktion belegen, moralisch eine derart klare Standortbeschreibung dessen wieder, der sie benutzt, dass dazu keine weiteren Autoritäten aufgerufen werden müssen.

Außerdem zeigt die Leser-Resonanz inzwischen, dass ein einziges Satirisches Freitags-Saugut jede Krüppel-Häme, die Unterstellung von Dokumentenfälschungen, den Textdiebstahl und alle weiteren Übergriffe von K9-News gegen die DN-Redaktion so suffizient bedient, dass der Rechtsweg demgegenüber doch erheblich an Attraktivität verliert.

Alle Wegen … führen zur SATIRE !

 

 

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