Aua859: Schweine-Gulag statt Kühlhäuser: EU erwägt Subventionen für Rüsselheim e. V.

 

{TS-Satire}

 

Noch an Silvester kam es zu einer Sondersitzung der EU-Agrarkommission, nachdem diese von der lobotomierten Rettungsaktion einiger sogenannter Tierschützer für 128 Schweine im zu recht dunkleren Teil von Deutschland gehört hatte. Der Kommissionssprecher Dr. Hackepeter Cordonbleu gegenüber der DN-Redaktion: „Wir haben sofort die Marktentlastungsperspektiven erkannt, welche in der für uns völlig unerwarteten Schützenhilfe der Tierschützer für unsere Agrar- und Fleischpolitik liegt.“

Cordonbleu gibt sich hocherfreut über den Sinneswandel der Tierschützer und deren ganz praktische Hilfe an die EU bei der Verwaltung der enormen Überkapazitäten. „Entscheidend ist hier die Marktentnahme ohne Konsum, die in Sachsen-Anhalt erfolgt ist“, erklärt der EU-Agrarsprecher. „Bisher lagern wir die Überproduktion für viel EU-Geld in Kühlhäuser ein. Das ist ein teurer Spaß für Millionen von Tonnen Fleisch, die der Markt gar nicht aufnehmen kann.“

 

Marktkonform und aufgehübscht

In einer Sondersitzung wurde noch vor dem Jahreswechsel beschlossen, Gutmenschenzusammenrottungen wie Rüsselheim e. V. attraktive Subventionen dafür anzubieten, dass sie die konsumfreie Marktentnahme überproduzierten Schweinefleisches vollständig übernehmen und dabei auch noch ethisch aufhübschen. Die Lösung sei ideal, wenn auch teilweise in der Finanzabwicklung rechtlich nicht ganz einwandfrei, was aber ja das Problem der Vereine sei.

Die für die EU entscheidenden Phasen seien: Der Produzent (Landwirt) erhalte sein Geld. Die Kontingente würden dem Markt entnommen. Dadurch blieben die Fleischpreise stabil. Das heize die Produktion weiter an. „Jeder Schweine-, Rinder- oder Hühnerstall, den die überambitionierten Tierschützer leer räumen, stabilisiert das üppig subventionierte EU-Fleischproduktionssystem und beschleunigt den Trend der Produktionsstättenkonzentration“, erklärt auch eine aktuelle Pressemitteilung der Kommission.

Um mehr Schweinekopfhautverkäuferinnen zu diesen EU-konformen Marktinterventionen zu motivieren, hat die Kommission schon einen Vorentschluss für finanzielle Anreize an deutsche Tierschutzvereine gefasst.

 

Vorzeigeprojekt für erkaltete Herzen

Auf das Hammerargument  eines Vorzeigeprojektseffekts angesprochen, womit die Aktivisten ihre windige Spendensammlungsaktion verbrämen,  krümmt sich Cordonbleu vor Lachen:

              

Schauen Sie: Wer glaubt denn so etwas? Den solchen Dummfug verblasenden Damen und Herren sei  noch einmal Bertolt Brecht empfohlen mit seinem <Erst kommt das Fressen, dann die Moral>! Der Verbraucher hat doch inzwischen Hornhaut auf dem Herzen: Schokolade, in deren Süße Kinderarbeit steckt; billige Kleidung, in deren Fasern verbrannte Näherinnen eingewebt sind. Der Konsum beider ist ungebrochen. Dem Verbraucher ist doch schon der Mensch scheißegal; wie viel mehr denn bitte ein Nutztier?

(Dr. Hackepeter Cordonbleu, Sprecher der EU-Agrarkommission im Gespräch mit DN am 31.12.2012) 

              


Im Übrigen, so zumindest sei er über die Situation im deutschsprachigen Raum informiert, könne der sich ja schon vor „Vorzeigeprojekten“ kaum noch retten mit all den Gut Aiderbichls und Kuhaltenheimen

 

Die Mücke an der Windschutzscheibe des 40-Tonners

Trotzdem bat Doggennetz.de den Kommissionssprecher, die moralische Außenwirkung des melodramatisch mit „Dead or alive“ überschriebenen Aktionismus einzuschätzen. „Messgeräte für einen derart geringen Ausschlag sind leider nicht verfügbar“, bedauert Cordonbleu und ersetzt die Zahl durch ein anschauliches Bild: „Der Effekt dürfte in ungefähr bei dem Impakt einer Mücke liegen, die an der Windschutzscheibe eines über die Autobahn bretternden 40-Tonners atomisiert?“

Off records verrät Cordonbleu: „Solange diese naiven Rüsselfetischisten nicht begreifen, dass in einem tier- und menschenverachtenden Kapitalismus der Markt die oberste Priorität besitzt, der dank der EU-Subventionsmilliarden von den üblichen Marktmechanismen wie Angebot und Nachfrage entkoppelt ist, stabilisierten diese mit solchen  Aktionen lediglich das System.“

 

Der Schweine-Gulag

Außerdem sehe er eine späte, dafür aber mehr als verdiente Rechtfertigung der von Tierschützern und Tierrechtler lange verleumdeten Massentierhalter in der EU. Denn nach den ihm vorliegenden Informationen würde die 128 Schweine der Tierschützer derzeit weitab aller tierschutz- und tierseuchenrechtlichen Vorschriften gehalten. Bisher gäbe es ja wohl keine gesicherten Belege, dass die Tiere wenigstens ausreichend Nahrung, Wasser und Luft erhalten und nicht in ihren eigenen Ausscheidungen verblubbern. Mit gewisser Häme verwies der Kommissionssprecher auch darauf, dass sich ein Schwein das Bein erst bei den Tierschützern, nicht aber im Mastbetrieb gebrochen habe.

Das alles könne er auch beweisen, denn ihm lägen Postings vom Schweinepflegepersonal in Stapen vor, von einem „TierFreundBeiderArbeit“, der gar nicht  bei den Schweinen arbeite, sondern sinnfreie Texte im Internet poste.

 

Volkswirtschaftlicher Segen

Dennoch verwies er ausdrücklich auf den volkswirtschaftlichen Segen, welche diese ganze Aktion möglicherweise noch nach sich ziehen werde. Deshalb seien solche Schwachsinnsprojekte auch unter diesem Aspekt förderungswürdig:

              

Allein was die Tierärzte an der Chose verdienen werden! Auch die Bau- und Baumittelwirtschaft erhält wichtige Impulse, wenn Tierschützer erst anfangen, notwendige Stalleinrichtungen zu bauen, nachdem die Schweine schon da sind. Wir sehen einen Aufschwung im Tiertransportgewerbe, wenn die Schweine-Deutschlandrundreisen erst richtig losgehen, nachdem die Tiere angeblich ja nicht in Stapen bleiben sollen.“

(ibid.)  

              


Überdies seien weitreichende Impulse für den gesamten Justizapparat zu erwarten, nachdem sich die Aktivisten jetzt untereinander schon mit Anzeigen und Strafverfahren bedrohen, führt Cordonbleu weiter aus. Und da einige der Beteiligten privatwirtschaftlich so desaströs aufgestellt sind, dass sie kein Konto mehr haben, und die flauschige Alimentierung des Gulagbetriebes aus Spendengeldern nicht dem regulären Geldfluss folgen könne, profitiere auch noch Western Union.de.

Zu seinen Spekulationen für den Fall der amtlich angeordneten Keulung, die nach Expertenmeinungen für dieses Desaster auch nicht mehr auszuschließen ist, möchte Cordonbleu aber nicht zitiert werden. Davon ausgehend, dass der Bestand sicherlich nicht der Tierseuchenkasse gemeldet sei, habe sein Taschenrechner bei dem Versuch, die Kosten für die Tierkörperbeseitigung von 128 Schweinen auszurechnen, leider Feuer gefangen.

    
Grafik: Paloma Picassa

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