Aua1383: Ukraine-Krise erreicht den Tierschutz: Fellbeisser Presseverteiler multipliziert russische Propaganda

 

{TS-Kritik}

[15.08.2014]

 

Die Ukraine-Krise ist auch so schon beunruhigend genug. Aber wenn die Konfliktparteien es jetzt sogar für nötig erachten, eine quantitativ so unbedeutende und im Kern politisch desinteressierte Zielgruppe wie Tierschützer und Tierrechtler propagandistisch auf Linie zu bringen, fängt diese Redaktion dann doch an, Tabak und Kaffee zu hamstern.

Was ist das denn? Da geht über den Fellbeisser Presseverteiler vom 14. August 2014 ein pro-russischer Propaganda-Text übelster Machart, der mit den Fellbeisser-Themen so viel zu tun hat wie Veganismus mit Tierleidminderung.

 

 
Bildzitat Screenshot Fellbeisser Tierschutznachrichten vom 14. August 2014 mit übelster prorussischer Propaganda ohne jeden thematischen Zusammenhang zu Tierschutz und Tierrecht!

 

Am Ende all der Tages-Meldungen über sterbende Mäuse und sterbende Lämmer, über Mord mit dem Jagdgewehr und über von Windrädern bedrohte Fledermäuse, Status-Meldungen zu den Tätigkeiten von PETA, das Fischsterben in der Uckermarck und die Abschaffung der Jagd spaziert ein völlig themenfremder Russischer Appell an die Deutschen daher.

 

Grob zusammengenagelte Propaganda

Darin wendet sich ein Jegor Proswirnin, Chefredakteur der russischen Webseite sputnikpogrom.com, an die Deutschen mit einem zweieinhalb DIN-A4-Seiten umfassenden Text unverhüllt manipulativer Diktion. Quintessenz des Textes nach diesseitigem Verständnis: Die Deutschen haben sich in der Vergangenheit gegenüber den Russen schuldig gemacht und sollten jetzt mal schön aufpassen, dass sie den Fehler nicht wiederholen. Und das heißt: In der Ukraine-Krise haben die Deutschen sich an der Seite Russlands einzufinden – schon aus historischen Gründen.

Ständig geht es in dem Text um „Werte“, „Geschichte“, „Hoffnung“, „Vergangenheit“, in der zweiten Stufe dann um „Untermenschen“, „Blut“, „Nazis“, „Ghetto“, „Morde“ und „Mörder“.

Für eine seriöse Redaktion verbietet sich ein solcher Text allein schon aufgrund seines unverhüllt manipulativen Inhalts und fehlender Quellenangaben. Nicht jedoch für den Fellbeisser.

Diese Redaktion ist für den politischen Themenbereich kein Fachmann, aber dieser Text scheint ihr doch eindeutig in die Kategorie der Querfront-Strategie zu fallen.

 

Melodram und Unterstellungen

Ein solcher Text wie das Propaganda-Stück von Proswirnin könnte bei den Tierschützern und Tierrechtlern, deren sonstige Diskussionen nicht gerade von Lese-, Text- und Medienkompetenz zeugen, auf fruchtbaren Boden fallen. Denn Emotionalisierung, Manipulation, Meldodram, Halbwahrheiten und nicht belegte Behauptungen gehören dort zum Tagesgeschäft.

Kostproben aus dem Proswirni-Machwerk:

              

Es wurde klar, dass die Russen erneut Untermenschen sind, die man ungestraft von den Seiten der deutschen Presse niedermache kann, gegenüber denen man vom Rednerpult des Bundestages zu Sanktionen und Vergeltung aufrufen kann, ohne dass Widerspruch zugelassen wird. Es wurde klar, dass die ukrainische Regierung ungestraft die russische Sprache verbieten, russische Aktivisten einkerkern und Wohnbezirke mit Artillerie beschießen darf, wobei tausende russischer Zivilisten sterben – und all dies ist normal, all dies ist demokratisch, Deutschland ist zufrieden, weil die Russen Untermenschen sind, deren Blut für die Deutschen ohne Bedeutung ist. Mehr sogar, für den Versuch, sich zu verteidigen, für den Versuch, den ukrainischen Einsatzkommandos die Stirn zu bieten, müssen die Russen mit Sanktionen und öffentlicher Hetze bestraft werden, durch die ihr Widerstandswille gebrochen wird, um die Russen in ein internationales Ghetto zu treiben.

(Jegor Proswirnin: „Russischer Appell an die Deutschen“ über Fellbeisser Presseverteiler am 14.08.14; Hervorhebg. d. DN-Red.)

 

              

Oder:

              

Wir sind erneut Unmenschen, wir sind erneut Tiere, die ungestraft von ukrainischen Nazis umgebracht werden dürfen, um eine russenfreie Ukraine zu schaffen. Alleine nach Angaben von Human Rights Watch, alleine im Juli wurden im Osten der Ukraine EINTAUSENDEINHUNDERTFÜNFZIG russische Zivilisten umgebracht, und die Morde gehen jeden Tag weiter. Wo sind eure Proteste, Deutsche? Wo sind eure Sanktionen gegen die Ukraine? Wo bleibt euer gerühmter Humanismus, den ihr angeblich nach 1945 erworben habt, während ihr die Fehler der Vergangenheit aufgearbeitet habt?

(ibid.)

              

 

Wer übrigens bei Human Rights Watch nach einer entsprechenden Meldung sucht und sie findet, gibt dieser Redaktion bitte Bescheid, die dazu lediglich diese Angaben gefunden hat: hier und hier.

 

Bildzitat Screenshot aus einem seit kurzem nicht mehr verfügbaren Video auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=1ZgHqbwOV1o vom 16.08.2012 Copyright (wie im Screenshot auch angegeben): Ps Record Kleve. Herr Pascal Walterfang, Inhaber der Firma und der o. g. Quelle Ps Records, ist nach eigenen Angaben Urheber des Videos, aus welchem das per Screenshot festgehaltene Bild stammt.
Hier präsentierte sich der sehr populäre und vom Privatfernsehen VOX  promotete  „Tierschützer“ Ralf Seeger mit Schusswaffen. Im Zuge eines Gerichtsverfahrens des Rechteinhabers gegen die DN-Redaktion wurde das Video dann von YouTube entfernt. Die DN-Redaktion hat den dazugehörigen Prozess gewonnen (vgl. Aua1358). Gewaltverherrlichung und die Präsentation mit Schusswaffen sind also auch im karitativen Tierschutz relevant und verbreiten auch dort ihre politische Botschaft.

 

 

Deutsche „Erinnerungskultur“ als schlechter Witz

Aber der Autor greift noch tiefer ins Propaganda-Mus und schreckt nicht davor zurück, jene, die er doch zu überzeugen vorgibt, aufs übelste zu beschimpfen:

              

Erneut werden unbewaffnete Russen zu Tausenden umgebracht, und ihr diskutiert darüber, ob man den Mördern der Russen nicht Waffen liefern sollte, damit diese mehr Russen töten können. Eure gesamte „Erinnerungskultur“ und das „Lernen aus der Vergangenheit“ sind nicht mehr als ein schlechter Witz, wenn vor euren Augen unbewaffnete Menschen ermordet werden, während ihr applaudiert und den ukrainischen Mördern neue Kredite versprecht.

Ihr Deutschen habt nicht gelernt, was Humanismus bedeutet. Ihr habt nicht gelernt, was Verantwortung bedeutet. Ihr habt nicht gelernt, dem Bösen entgegenzutreten und dem Bösen zu entgegnen: „Nein, ihr seid Mörder, ich werde euch nicht helfen, ihr müsst sofort mit dem Morden aufhören“. Ihr habt nicht gelernt, was es heißt, verantwortungsbewusste, selbstständige und freie Menschen zu sein, die Güte mit Güte vergelten.

Ihr seid Sklaven, die Güte für Schwäche halten.

(ibid.)

              

An kritischen Informationen über die Ukraine-Krise abseits der Mainstream- und Leitmedien interessierten DN-Lesern seien die Nachdenkseiten.de empfohlen. Dort etwa findet sich der Artikel „Separatisten in der Ost-Ukraine – die Geister, wie wir riefen“ von Jens Berger, der den politischen Hintergrund einiger prominenter Separatisten aufdröselt. Oder der dem Mainstream entgegengesetzte Beitrag von Wolfgang LiebNie wieder Krieg in Europa – aber gegen Russland oder sonst wo auf der Welt soll man schon über Militäreinsätze nachdenken“.

 

Bekannte Kritik an Fellbeisser

Die politische Verortung von Fellbeisser ist in der Tierschutz- und Tierrechtsszene bekannt und wird von dieser Redaktion stets im Dreisprung Helmut KaplanWissensmanufaktur – Andreas Popp assoziiert.

Auch die Tierrechtsbewegung selbst leidet am Fellbeisser:

              

Wie unfassbar konsequent-tolerant die „Hauptsache für die Tiere“-Einstellung jedoch sein kann, zeigte sich im Frühjahr dieses Jahres, als ein eindeutig rechtsextremistisches Magazin ein Interview mit einem namhaften Tierrechtler machte und die Fellbeißer Tierschutznachrichten dieses Interview mit Verweis auf dieses Magazin ebenfalls veröffentlichte. Trotz der Information darüber, dass es sich um einen Multiplikator, einen Verbreiter rechtsextremer Ideologien handle, dem man mit seinen strategischen Absichten (mehr dazu unten) zuspiele, wenn man auf seine Seite verlinkt.

(Tierbefreiung – Das aktuelle Tierrechtsmagazin: Emil Franzinelli: Hauptsache für die Tiere? Wie unkritisch und unpolitisch dürfen die Tierrechtsbewegung und ihre Repräsentierenden sein?“ 2010)

              

 

Unter oben genannter Wahrnehmungsperspektive der DN-Redaktion sind dann auch solche Phänomene folgerichtig:

              

Hauptsache für die Tiere?

Ein Tierrechtler fragte beim Fellbeißer nach, weshalb sie auf ihrer Seite ein Interview aus einem Nazimagazin (inklusive dem Link zu der Neonazi-Seite) veröffentlichten. Dadurch würde die Verbreitungsstrategie der Rechtsextremen unterstützt. Ob sie nicht wenigstens den Link entfernen könnten. Die Frage wurde an Kaplan weitergereicht, so dass von Kaplan gleich noch eine zweite Antwort mitgeliefert wurde. Der Fellbeißer-Herausgeber Volker Wöhl schrieb, dass es relativ bedeutungslos sei, wer Kaplans Tierrechtsbeiträge veröffentlichen würde. Wichtig sei allein, dass seine Beiträge einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht würden, und zwar von wem und wo auch immer

(ibid.)

  

              

Nun gut, wie unter dem Motto „Hauptsache für die Tiere“ im Tierschutz und in der Tierrechtsszene versucht wird, rechtsextremistische Ideologie zu verbreiten ist bekannt und ein wichtiges Thema auf diesem Blog (vgl. Artikelserie Rechtsextremismus im Tierschutz; Linkliste am Ende vom Text).

Welche Bedeutung dabei Kaplan und dem Presseverteiler Fellbeisser zukommen, thematisiert Franzinelli ebenfalls in seinem Artikel aus dem Jahr 2010:

              

Integration von Nazis?

Ein wichtiger Punkt ist der Brückenschlag, der Schulterschluss von Repräsentierenden der Tierrechtsbewegung mit Repräsentierenden der rechtsextremen Bewegung. Es ist nicht lediglich so, dass der Fahnenträger von sich aus das Tierrechtsgedankengut von Kaplan verbreitet. Sondern Dr. Helmut F. Kaplan, laut Interview „wohl der bekannteste Vordenker und Verfechter der Tierrechtsethik im deutschsprachigen Raum“, hat sich mit einem bekannten und expliziten rechtsextremen Medium und einem NPD-Funktionär als Interviewer auf jenes Interview eingelassen, das nicht nur in deren rechtsextremen Kreisen veröffentlicht wird, sondern auch völlig schamlos unkommentiert in Tierschutz- und Tierrechtskreisen. Das Nazi-Medium wird zum einen in neuen Kreisen bekannt gemacht, zum anderen anerkannt. Ich kannte den Fahnenträger zuvor noch nicht. Aber wunderbar, ich komme über das Interview beim Fellbeißer bequem mit einem Klick auf deren Seite.

(ibid.)

               

 

Sprung auf die Ebene internationaler Politik

Für mehr oder häufig auch weniger unterschwellig rechtsextremistische Propaganda aus bestimmten Bereichen der Tierrechtsszene sind nicht wenige Tierfreunde inzwischen sensibilisiert (vgl. dazu auch den Klassiker zum Thema von dem dieser Redaktion ansonsten querliegenden Colin GoldnerDer braune Rand der Tierrechtsbewegung“).

Wenn sich jedoch die bekannten Gruppierungen, Akteure und Internetmultiplikatoren der Tierrechtsszene jetzt so lautstark und in ihrer Position unverhüllt in die aktuellen Krisen einschalten, wie sich das mit diesem Propaganda-Text über Fellbeisser ankündigt, ist noch mehr Aufmerksamkeit und Skepsis geboten. Der Fellbeisser-Presseverteiler hat nach Meinung dieser Redaktion damit seine Unschuld verloren und bedarf künftig der besonderen Beobachtung.

Und politisch noch nicht markierte Autoren dort wie etwa der Tierarzt Dr. Dirk Schrader möchten dann doch bitte ein Statement dazu abgeben, wo sie sich in dieser politischen Agitation verortet sehen möchten!

 

Bildzitat Screenshot; Originalartikel Aua1193: Seit Jahren wird auch die karitative Tierschutzszene auf Menschenverachtung und Gewalt eingestimmt. Ebenfals unter der Leitorientierung „Hauptsache für Tiere“ werden hier seit Jahren irgendwelche Minderheiten ausgerufen, auf die dann mit allen faschistoiden Mitteln Jagd gemacht wird. (Sieh dazu DN-Artikelserie: Zoophilenhetze außerhalb von Recht und Gesetz). Wer bei solchen ausufernden Hetzjagden Menschenrechte und demokratische Grundsätze anmahnt, wird praktischerweise mit dem MIttel der sexuellen Denunziation überzogen und gleich der gejagten Zielgruppe (in dem Fall: Zoophile) zugeschlagen!

 

 

Vorab-Stellungnahme von Volker Wöhl

Die DN-Redaktion hat beim Herausgeber des Fellbeissers, Volker Wöhl, nachgefragt, was obiger Text denn bitte mit Tierschutz und Tierrecht zu tun habe und warum sich der Fellbeisser zum Multiplikator derart plumper pro-russistischer Propaganda mache. Wöhl gibt an, erst heute von dem Vorgang erfahren zu haben. Offensichtlich wurde der Text durch einen anderen Mitarbeiter eingestellt und verlinkt. Wöhl will zunächst mit diesem Rücksprache halten.

Die DN-Redaktion hat ihm angeboten, diesen Artikel dann entsprechend zu aktualisieren, wenn er sich einen Überblick über die Vorgänge in seinem Presseverteiler verschafft hat.

 

DN-Artikelserie <Rechtsextremismus im Tierschutz>:

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