Aua887: SOS Colliehilfe Tierschutzhof Collie und Co.: Noch eine Verwaltungsgerichtsklage
{TS-Kritik}
Auch dieses Phänomen gehört ins weite Feld der Unfassbarkeiten im Tierschutz:
Obwohl jetzt schon mehrere Verwaltungs- und mindestens ein Finanzgericht pro Gewerbsmäßigkeit der Einfuhr von Tieren durch Tierschutzorganisationen geurteilt haben (vgl. Aua308, Aua312, Aua322, Aua627),
obwohl gerade im Dezember das durchaus aussagekräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig dazu fiel (Aua831),
obwohl der Entwurf für das neue Tierschutzgesetz die Gewerbsmäßigkeit ohnehin vorsieht (vgl. div. Aua ab Aua772 fff),
obwohl die Tierärztliche Vereinigung Tierschutz sich expressis verbis für den Schutz der Tiere durch den Status der Gewerbsmäßigkeit ausspricht (vgl. Aua785) und
obwohl die Gewerbsmäßigkeit in Nordrhein-Westfalen schon seit 2011 durch das LANUV festgeschrieben wurde (Aua377),
macht sich erneut ein Tierschutzverein auf den verwaltungsrechtlichen Weg, alle diese juristischen Urteile und Bewertungen anzufechten.
So berichtet es das Mindener Tagblatt.
Hier klagen keine Unbekannten!
Es ist allerdings kein „unbekannter“ Verein: SOS Collie Hilfe e. V. Dieser führt – auch so ein verwirrendes Phänomen – jetzt auch noch den Namen „Tierschutzhof Collie und Co.“. Verantwortlich und erste Vorsitzende ist Yvonne Henke. Auch in einem anderen Kontext kam es über diesen Verein zur Zeitungsberichterstattung.
Es ist auch kein unbekannter Anwalt, der den Verein vertritt und im Mindener-Tagblatt-Artikel eigens genannt wird: Lars-Jürgen Weidemann. Er vertrat unter anderem auch Barbara B., frühere Betreiberin des Gnadenhof Momo, die inzwischen gerichtlich mit einem Tierhaltungsverbot belegt worden ist (vgl. Aua674 und Aua777 mit der Linkliste dort).
Schon die von Weidemann dem Mindener Tageblatt gegenüber angegebene Begründung für das Abbiegen auf den Gerichtsweg verwirrt:
Auch ihr Anwalt, Lars-Jürgen Weidemann aus Mülheim an der Ruhr, ist überzeugt davon, dass seine Mandantin nicht gewerbsmäßig handelt und auf Gewinnerzielung aus ist. (Mindener Tagblatt 29.01.2013: Rahden: Tierheimleiterin verklagt Kreis Minden-Lübbecke) |
Sie verwirrt deshalb, weil der größere Teil der länglichen Urteilsbegründungen der vielen Pro-Gewerbsmäßigkeit-Urteile die Gewinnerzielungsabsicht schon längst vom Charakter des gewerbsmäßigen Handelns entkoppelt haben.
Verräterisches Hundealter
Eventuell vom Autor des Mindener Artikels nicht beabsichtigt, aber doch irgendwie auch – nach Meinung dieser Redaktion – verräterisch, prangen die zitierten Altersangaben der angebotenen Hunde: „Balu, das ‚sensible Colliejunge‘“, „Hannah, das ‚aufgeweckte Hundebaby“ …
Ein Leckerli fürs Veterinäramt im Kreis Minden-Lübbecke
Der Fall zeigt noch etwas: Es ist nicht verwunderlich, wenn manche Veterinärämter mit Untersagungsverfügungen gegen Tierschutzorganisationen hinsichtlich ihres gewerbsmäßigen Handelns mit Auslandstieren relativ zurückhaltend umgehen. Und wenn noch so viele Verwaltungsgerichte inzwischen die Gewerbsmäßigkeit bestätigt haben, und wenn das Finanzgericht Baden-Württemberg die Einkünfte aus diesem gewerbsmäßigen Handeln dem vollen Umsatzsteuersatz unterwirft, und wenn das Oberverwaltungsgericht Schleswig in einer ausführlichen Urteilsbegründung die Gewerbsmäßigkeit bestätigt, und wenn einzelne Bundesländer schon längst die Gewerbsmäßigkeit zur Verwaltungspraxis erhoben haben – sie klagen immer noch! Die Tierschützer! Und klagen und klagen und klagen und klagen.
Nun ja – es kostet sie ja nichts – außer Spendengelder!
Doch nicht jeder Landrat und nicht jeder Kreisjustiziar ist begeistert, wenn seine Veterinäre vor den Kadi gezerrt werden. Aufwand, Zeit und Geld kostet das (den Steuerzahler!!!) auf jeden Fall. Je nachdem, wie sich das Verhältnis des Veterinäramts zu seinem Kreis gestaltet, wie geschlossen dieser hinter der Fachbehörde steht, mit welchem Neigungs- oder Steigungsgrad die Karriere des Amtsleiters gerade verläuft, bleibt es nachvollziehbar, wenn dieser oder jener Veterinär das Klagerisiko gar nicht erst eingeht.
Deshalb an dieser Stelle ein Lob für das Veterinäramt im Kreis Minden-Lübbecke! Und wenn der Herr Justiziar eben dort noch Munition braucht: das Doggennetz.de-Lager ist pickepackevoll mit schönen Urteilen und fundierten Gutachten (guckst du hier)!
Um dieses redundante Klagerisiko ein für alle Mal vom Tisch zu kriegen, ist der Gesetzgeber gefordert! Die Erlaubnispflichtigkeit für die Einfuhr von Tieren qua Gesetz wäre ein Segen für die Tiere, für die Veterinärämter, hinsichtlich der Verwendung von Spendengeldern und zur Schonung der Kasse des Steuerzahlers.
Ein richtiges Geschenk von Doggennetz.de
Und da sich kein Kreisjustiziar von obiger netter Geschenk-Grafik etwas kaufen kann, hier etwas Handfesteres für das Verfahren selbst. Nehmen Sie diese Henke-Aussage aus dem Zeitungsartikel:
Wie viele Hunde sie 2012 vermittelt hat? „Weniger als hundert“ seien es auf jeden Fall gewesen. |
Und dazu diesen aktuellen Screenshot von dem Tierverkaufsportal Tiervermittlung.de:
Bildzitat Screenshot von www.tiervermittlung.de auf den Suchbegriff „Tierschutzhof Collie“. Allein zum aktuellen Zeitpunkt hat der Verein dort 78 Anzeigen eingestellt. Die Herkunft der angebotenen Tiere zu überprüfen, dürfte der Fachbehörde mit Zugriff auf ein hoffentlich vorhandenes Tierbestandsbuch nicht schwerfallen … |
Behördenvertreter könnten die Herkunftsbestimmung der angebotenen Tiere überpüfen und mit dem Datum einer eventuell bestehenden Untersagungsverfügung vergleichen … und so.
Den Deckungsgrad bestehender Angaben zu bestimmen, kann man dann dem Richter überlassen …