Aua785: Novellierung Tierschutzgesetz (7): Tierärztliche Vereinigung Tierschutz PRO Erlaubnispflicht

 

{TS-Kritik}

 

Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) gibt eine ganze Reihe informativer Merkblätter zu allen wichtigen Tierschutzthemen heraus. In der Rubrik Hunde/Katzen zum Beispiel finden sich:

– Tierschutzwidriges Zubehör
– Zum Einsatz von Alleinfuttermitteln
– Kastration von Hunde und Katzen
– Tierschutz oder Hundehandel?
– Maulkorbgewöhnung
– Verhalten beim Aufeinandertreffen mit einem freilaufenden Hund
– Empfehlungen zur Haltung von Katzen
– Tierheimordnung, Muster

Zum aktuellen Thema Hundeimporte aus Süd- und Osteuropa – Hundehandel unter dem Deckmantel des Tierschutzes hat die TVT gerade ein aktualisiertes „Merkblatt“ herausgegeben. Unter Federführung von Dr. Sylvia Heesen und Dr. Burkhard Wendland leistet das Papier die tierschutz- und tierseuchenrechtliche Bewertung (der Einfuhren), benennt Krankheitsrisiken und artikuliert ethische Bedenken.

Auch nach telefonischer Rücksprache dieser Redaktion mit Dr. Heesen ist die Position der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz ein eindeutiges PRO der in dem Novellierungsentwurf zum Tierschutzgesetz vorgesehenen Erlaubnispflicht .

 

Hundehandel unter dem Deckmantel des Tierschutzes

Ganz eindeutig bewerten die Tierärzte die vorliegenden Fakten des Auslandstierschutzes: Bei den eingeführten Hunden falle die hohe Anzahl an Welpen und Junghunden auf sowie der zunehmende Trend zum importierten Rassehund. 

(Zu Rassehund-Importen vgl. die Aktivitäten des Vereins Retriever in Not / Liberty for Dogs z. B. Aua665, Aua696, Aua721, Aua767, Aua775, Aua783).

Insbesondere im Abgleich mit den tierschützerischen Aktivitäten im Ausland vor Ort kommen die Tierärzte zu der Einschätzung

              

Die importierten Hunde erfreuen sich in der Regel großer Beliebtheit bei den Hundehaltern. Sie sind häufig von mittlerer Größe, zeigen ein unproblematisches Sozialverhalten gegenüber Artgenossen und vermitteln dem neuen Halter das Gefühl, mit der Aufnahme des Hundes etwas Gutes getan zu haben.

Die offensichtlich einfache Vermittlung der oft noch sehr jungen Hunde aus den Tierheimen eröffnet einen Markt, der regelmäßig weiter aus dem Ausland bedient wird. Ob die in Deutschland für den Hund erhaltene „Schutzgebühr“ tatsächlich, wie von den Tierschützern in der Regel dargestellt, wieder in vollem Umfang der „Rettung“ weiterer Hunde aus dem Ausland zu Gute kommt oder in Kastrationsprojekte vor Ort investiert wird, bleibt unklar. Die zunehmenden Zahlen von Hunden, die regelmäßig aus dem süd- und osteuropäischen Ausland nach Deutschland kommen, lassen jedoch den Eindruck entstehen, hier wird unter dem Deckmantel des Tierschutzes mit Hunden gehandelt.

(Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V., Merkblatt „Hundeimporte aus Süd- und Osteuropa – Hundehandel unter dem Deckmantel des Tierschutzes?“, aktualisierte Version Oktober 2012; als pdf abrufbar hier; Hervorhebung d. Red.)

              

Unverständlich bleibt den Experten auch, warum sich manche Tierschutzorganisationen so derart gegen die geplante generelle Erlaubnispflicht der Einfuhr, Verbringung und Vermittlung von Auslandstieren sperren. Dabei sehen sie im Grundsatz auch gar keinen Unterschied zu oben genannten Aktivitäten in Bezug auf Inlandshunde. Das führt dann zu:

              

In der derzeitigen Diskussion um eine Erlaubnispflicht für Tierheime sowie Tierschutzvereine und Pflegestellen nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 b des Tierschutzgesetzes als „Hundehändler“ wird häufig emotional argumentiert. Viele Tierheime befürchten, in den Verruf des unseriösen Hundehandels zu kommen. Allerdings ist die Vermittlung von aufgenommenen Fund- oder Abgabehunden gegen Entgelt an Dritte, unabhängig davon, ob die Tiere aus dem Ausland oder aus dem Inland kommen, von der bisher vorliegenden Tierheimerlaubnis schlichtweg nicht erfasst. Gewerbsmäßiger Handel mit Hunden im Sinne des § 11 Tierschutzgesetz bedeutet tierschutzrechtlich lediglich, dass die genannte Vermittlungstätigkeit selbstständig, planmäßig, fortgesetzt und mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt wird. Auch die Absicht der Gewinnerzielung läuft damit nicht der Seriosität der Tierschutztätigkeit zuwider, da mit den entstehenden Vermittlungseinnahmen die Kosten für die Unterbringung und Versorgung aufgenommener Tiere zumindest anteilig gedeckt werden können.

Es sollte also im Interesse seriös arbeitender Tierheime und tierheimähnlicher Einrichtungen sein, mit einer Erlaubnis als Tierheim und für den gewerbsmäßigen Handel mit Wirbeltieren auch für die Behörden transparent jedwede Vermittlungstätigkeit darlegen zu können.

(ibid.; Hervorhebung d. Red.)

              

Bitte diese Definition von Seriosität vormerken!

Regelmäßige Doggennetz.de-Leser sind gebeten, sich diese Definition von „seriös arbeitenden“ Tierschützern gut zu merken! Diese Redaktion wird gelegentlich auf dieses klärende Verständnis von Seriosität im Tierschutz zurückkommen.

 

Plus Votum für sachkundegeprüfte Pflegeplätze

Auch wenn die Paragraph-11-Voraussetzung für Pflegeplätze leider und auf Betreiben bestimmter Tierschützer gekippt wurde, setzt sich die TVT mit guten Gründen dafür ein, auch Pflegeplätze wieder der Paragraph-11-Genehmigung zu unterstellen. Und argumentiert:

              

Tierheime, Pflegestellen und sonstige Vermittlungsstellen unterliegen der Aufsicht der zuständigen Kreisordnungsbehörde, d. h. sie werden in regelmäßigen Abständen routinemäßig durch Tierärzte des Veterinäramtes überprüft (siehe § 16 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes i.g. F.). Überprüfungen werden in der Regel unangemeldet vorgenommen. Der Betreiber einesTierheimes bzw. einer Pflegestelle hat die Überprüfung zu den üblichen Geschäftszeiten zu dulden und die überwachenden Personen bei der Durchführung ihrer Tätigkeit zu unterstützen.

Neben der Überprüfung der Räumlichkeiten können geschäftliche Unterlagen eingesehen, Hunde untersucht, Proben, insbesondere Blut-, Harn-, Kot- und Futterproben entnommen sowie Verhaltensbeobachtungen an Hunden auch mittels Bild- und Tonaufzeichnungen durchgeführt werden (§ 16 Abs. 3 Tierschutzgesetz).

(ibid.)

              

Bisher sieht die Realität leider noch ganz anders aus!

Es steht zu hoffen, dass der Gesetzgeber diesem für den Auslandstierschutz bzw. den Auslandstierimport so wichtigem Statement der Tierärzte die gebührende Aufmerksamkeit schenkt.

Hinweis:

Dr. Sylvia Heesen wird auf dem 58. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Kleintiermedizin vom 18. bis 21. Oktober in Düsseldorf vor dem berufspolitischen Forum der Tierärztekammer Nordrhein  einen Vortrag zum Thema halten: Hundeimporte aus Süd-  und Osteuropa – tierschutzrechtliche Bewertung: Ein Plädoyer für die staatliche Kontrolle (Ankündigung hier auf Seite 2 unten).

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