Aua627: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verbietet Tierschützern Handel mit Straßenhunden

{TS-Kritik}

 

Bauklötze staunen möchte der, welcher beobachtet, wie der Internationale Tierschutzverein Grenzenlos (ITV) und die beigeordnete Interessensverbände derzeit das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg (vgl. Aua605) feiern und quasi als allgemeingültig ausrufen.

Dafür gibt es überhaupt keinen Anlass, denn das Urteil gilt zunächst einmal nur für den ITV Grenzenlos. Und die von diesem erhobene Behauptung, eine Berufung sei nicht zugelassen, ist auch nicht zutreffend. Wörtlich heißt es in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils (Az.: 6 A 63/10):

              

Rechtsmittelbelehrung

Gegen das Urteil ist die Berufung statthaft, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts,

des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend

gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(Verwaltungsgericht Lüneburg Az.: 6 A 63/10 Urteil vom 19.04.2012; Auszug aus Rechtsmittelbelehrung)

              


Überdies gibt es mehrere  anderslautende Urteile und Beschlüsse (vgl. Aua605) zum Streitpunkt der Gewerbsmäßigkeit von Tierimporten durch Tierschutzorganisationen. .

 
Korrekt benannt: „Handel“ mit Straßenhunden!!!

Auslandstierschützer sollten sich nicht von dieser völlig unberechtigten Euphorie des ITV Grenzenlos in die Irre und vor Gericht treiben lassen. Es könnte schief gehen.

Diese Erfahrung hat aktuell auch ein Tierhilfeverein in Marl gemacht, der unter anderem aus Portugal und Ungarn Hunde importiert habe. Die Dorstener Zeitung berichtet über das VG-Urteil unter der Überschrift: Tierhilfeverein gestoppt: Richter verbieten Handel mit Straßenhunden. Die Pressestelle des VG Gelsenkirchen bestätigt das Urteil gegenüber der DN-Redaktion.

In diesem Fall urteilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen – wie zuvor schon das VG Schleswig – , dass es sich durchaus um gewerblichen Tierhandel handele.

 
Rechtsunsicherheit verstärkt sich weiter

Unterm Strich ist es aber für alle Beteiligten, ob sie jetzt pro oder contra Gewerbsmäßigkeit eingestellt sind, ein unerträglicher Zustand, dass es mehrere und teilweise widersprüchliche Urteile zu dieser Frage gibt. Dass ein Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen pro Gewerbsmäßigkeit entscheidet, harmoniert innerhalb dieses Bundeslandes wenigstens mit den Vorgaben des Verbraucherschutzministeriums (vgl. Aua377) für die Veterinärbehörden.

Auf der Strichliste bundesweiter Urteile und Beschlüsse pro und contra Gewerbsmäßigkeit steht es damit jetzt 2: 1:

Pro Gewerbsmäßigkeit:

1 x Urteil VG Schleswig (nicht rechtsgültig; Revision vor OVG Schleswig anhängig)

1 x Urteil VG Gelsenkirchen

2 Beschlüsse: VG Koblenz und Finanzgericht Baden-Württemberg

Contra Gewerbsmäßigkeit:

1 x Urteil VG Lüneburg

Das Urteil ist gerade erst gefallen. Nach Auskunft der Pressestelle des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen liegt die schriftliche Version noch nicht vor; von der anonymisierten und damit veröffentlichungsfähigen ganz zu schweigen. Doggennetz.de hat die anonymisierte Version angefordert und wird sie nach Erhalt sofort online stellen.

Aktualisierung vom 14.05.2012:

Das Sonntagsblatt Marl aktuell nennt den Namen des betroffenen Vereins und der agierenden Tierschützerin: Yvonne Döring und Tier-Welt-Hilfe Nordrhein-Westfalen. Der Artikel berichtet darüber hinaus noch einige interessante Details …

Aktualisierung vom 25.05.2012:

Die Volltextversion des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen finden Doggennetz.de-Leser in Aua651.