Aua778: Novellierung Tierschutzgesetz (4): Stellungnahme zur Erlaubnispflicht von PETA

 

{TS-Kritik}

 

Der vorliegende Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes sieht eine revolutionäre Regelung hinsichtlich der Einfuhr, Verbringung und Vermittlung von Auslandstieren (Nicht-Nutztiere) vor: eine generelle Erlaubnispflicht. Das würde alle Tierschutzorganisationen zwingen, ihre Einfuhren öffentlich zu machen, Sachkunde nachzuweisen, die nötigen Genehmigungen zu beantragen, jeden Transport ordnungsgemäß über TRACES zu melden und vor allem: einen Nachweis über den Verbleib der importierten Tiere zu erbringen.

Doggennetz.de hat zu diesem für die Qualität des Auslandstierschutzes enorm wichtigen Thema eine eigene Artikelserie eröffnet. In Aua772 wurde generell zum Thema eingeführt und auf die Contra-Erlaubnispflicht-Publikationen des Europäischen Tier- und Naturschutz e. V. (ETN)  sowie des Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. (bmt) verwiesen und verlinkt.

Aua774 zitierte aus dem gleichfalls offenen Brief des Tierschutzduos Tierhof Straelen und Charity für Tiere e. V.

Die Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e. V. ist als einzige der Tierschutz-Großorgas professionell genug, Presseanfragen von Doggennetz.de zu beantworten, auch wenn dieser Blog oft herbe Kritik an dem Verein übt. Deshalb freut sich die Redaktion, nachstehend eine Stellungnahme von PETA Deutschland e. V. zum Thema der geplanten Erlaubnispflicht im Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes veröffentlichen zu können.

              

Wir von PETA Deutschland e.V. können nachvollziehen, dass Organisationen und Privatpersonen Tiere aus dem Ausland mitbringen, wenn ihnen dort ein leidvolles Leben oder möglicherweise ein grausamer Tod bevorgestanden hätte. Auch einige Mitarbeiter von PETA haben, als Privatpersonen, bereits Tieren aus dem Ausland ein neues Zuhause geschenkt. Doch auf diese Art und Weise können wir das Problem nicht lösen, denn es kann zwar einzelnen Tieren geholfen werden, das grundlegende Leiden der heimatlosen Tiere bleibt jedoch bestehen. In vielen süd- und osteuropäischen Ländern müssen unzählige Hunde auf den Straßen leben und leiden. Häufig ist es gängige Praxis, heimatlose Tiere zu töten, um sich ihrer zu entledigen.

Weder die Vermittlung einzelner Tiere noch die massenhafte Tötung hat einen nachhaltigen Einfluss auf die Populationsdichte heimatloser Hunde, da immer neue Tiere geboren werden. Die einzig zukunftsfähige und tierwürdige Lösung zur nachhaltigen Populationskontrolle sind flächendeckende Kastrationsprogramme vor Ort in den jeweiligen Ländern, wofür PETA sich stark macht. Die „Neuter & Release“-Methode sieht vor, heimatlose Tiere behutsam einzufangen, zu kastrieren, tierärztlich zu versorgen, zu impfen sowie anschließend in das vertraute Revier zurückzusetzen. Dort müssen sie dann weiter versorgt werden. Flankierend sollten gesetzliche Maßnahmen wie eine Kastrations- und Registrierpflicht für tierische Mitbewohner in Privathaltung geschaffen werden. PETA führt diesbezüglich eine langfristige Kampagne in Deutschland durch, mittlerweile haben bereits über 170 Städte und Gemeinden ein Kastrationsgebot für Freigänger-Katzen eingeführt. Darüber hinaus sollten gesetzliche Bestimmungen zur Einschränkung der Zucht und ein Verkaufsverbot von Tieren auf Märkten und in Zoohandlungen zum Schutz der Tiere erlassen werden. Ebenso muss das Aussetzen von Tieren verboten sein.

Obwohl die Tierheime auch in Deutschland voll sind, entscheiden sich leider viele Menschen für den Kauf von Welpen. Solange die Nachfrage besteht, wird es auch das Angebot geben, und skrupellose Händler und Züchter werden auf Kosten der Tiere Profit erwirtschaften. Erst wenn alle Tierfreunde verantwortlich handeln und Tiere nicht mehr wie Ware betrachten, kann sich die Lage für Hunde und andere Tiere verbessern.

Auch in Deutschland entspricht die Zucht häufig nicht den Ansprüchen des Tierschutzgesetzes – so konnte PETA bereits in verschiedenen Recherchen schlimme Zustände in Zuchtanlagen aufdecken, von denen einige dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) angehören. Die Hunde wachsen unter katastrophalen Umständen und schlecht sozialisiert auf. Viele Hündinnen werden als Gebärmaschinen ausgebeutet und müssen ihr Leben lang leiden.

Zusätzlich boomt der Handel mit billigen Welpen aus dem Ausland, die meist in „Massenzuchtanlangen“ unter tierschutzwidrigen Bedingungen „produziert“ werden. Die Welpen werden oft viel zu früh der Mutter entrissen, was schwerwiegende physische und psychische Folgen für ihr ganzes Leben haben kann. Außerdem fehlt es den Welpen und ihren Müttern oft an tierärztlicher Grundversorgung, sodass viele Tiere häufig krank, unterernährt und nicht geimpft oder entwurmt sind. Alle Tierfreunde müssen sich deutlich machen, dass jeder einzelne Kauf diese Bedingungen fördert.

Wir appellieren an alle Tierfreunde, niemals ein Tier bei einem Züchter, in einer Zoohandlung, im Internet oder auf einem Tiermarkt zu kaufen – auch nicht aus Mitleid!

PETA spricht sich ausdrücklich für die Adoption von heimatlosen Tieren und gegen den Kauf aus – jedes Tier, das neu geboren wird, nimmt einem heimatlos gewordenen Tier im Tierheim die Chance auf ein liebevolles Zuhause.

Die Aufnahme von Hunden aus dem Ausland – auch im großen Stil – ist eine kurzzeitige, aber keine langfristige Hilfe. Die Überpopulation und das damit verbundene Leiden der Tiere in den Ursprungsländern kann nur durch konsequente Kastrationsprogramme behoben werden. Deswegen ist es wichtig, die politische Arbeit der ausländischen Tierschutzorganisationen zu unterstützen.

PETA Deutschland e. V.

Dr. sc. agr. Edmund Haferbeck
Wissenschaftlicher Berater

              

 

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