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Aua779: Marla Elan: Reflexionen anlässlich des Wetten-dass-Toypudel-Exitus‘

 

{TS-Kritik}

 

Nach einer langen und offensichtlich kreativen Pause freut sich die Doggennetz.de-Redaktion, wieder einmal einen Beitrag der geschätzten Gastautorin Marla Elan veröffentlichen zu dürfen. Anlass ihrer aktuellen Reflexionen über die Graduierungen deutscher Hundeliebe sind die Hysterianfälle von PETA und Deutscher Tierschutzbund zum Tode des Toypudels bei der ZDF-Show Wetten, dass … vom vergangenen Samstag (vgl. Aua776).

Oliver Welkes Hypothese

Übrigens hat der just mit dem Hans-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnete Journalist und Satiriker Oliver Welke in der heute show vom 12. Oktober 2012 eine hochplausible  neue Hypothese zur Todesart des Pudels aufgeworfen. Welkes Erklärung dürfte derjenige sofort zuzustimmen geneigt sein, der das Wetten, dass-Debüt von Markus Lanz in voller Sendelänge durchleiden musste. Welke: Ob der Hund nicht vielleicht an Langeweile gestorben sei?

Woran auch immer – hier Marla Elans Gedanken zum Thema:

              

Hundeliebe

– die ungestillte Sehnsucht nach Normalität

von Marla Elan


Der handwerklich schlampig zusammengeschusterte Skandal um den verunglückten Hund bei „Wetten, dass…“ zeigt exemplarisch, wie es um den deutschen Hund bestellt ist. Extrem!

Extrem heißt, wir haben in diesem Land auf der einen Seite eine extreme – ich sage der Einfachheit halber mal – Hundeliebe, die schon an Hysterie grenzt.

Diese Hundeliebe bedeutet nicht, die Freiheit zu besitzen, mit seinem Hund spazieren zu gehen, die Natur zu genießen oder gar Produkte zu konsumieren, die einem selbst gefallen. Diese Hundeliebe bedeutet, man kauft entweder das teure Deutsche-und-Dänische-Doggen-Bio-Supervitaminglukosaminchondroitinspirulina-Trockenfutter-für-urbane-junge-Erwachse oder man BARFT. Frisches Futter reicht nicht mehr.

 

Luftschutzbunker und Kopftransplantationen
 
Nur Geschirre sind für Hunde tragbar, alles andere schädigt. Außerdem sind Hunde nur etwas für Nichtraucher, sonst raucht der Hund ja passiv! Der Vorschlag eines Kommentators, Luftschutzbunker für Hunde einzurichten, falls ein Gewitter droht und man dem Hund Stress ersparen will, ist hervorragend. Und keineswegs darf man vergessen, dem Hund niemals zu sagen, was er nicht darf. Erlaubt ist nur die Arbeit mit Belohnungen, alles Fehlverhalten ist zu ignorieren.

Ein einsamer Befürworter einer kleinstädtischen Hundefreilauffläche machte kürzlich in einer Zeitung den Vorschlag, die Fläche so einzuzäunen, dass keinesfalls Wild die natürlichen Instinkte der Hunde wecken kann, sowie die Sicherstellung, dass niemand eine läufige Hündin auf diese Fläche führt. Sicher ist sicher.

Außerdem gebietet die Liebe zum Hund, alles zu tun, um sein Leben zu verlängern, und wenn das eine Kopftransplantation erfordert! Wer liebt, der gibt.

 

Gespaltene Gesellschaft mit identischen Merkmalen

Im anderen Lager sind die – Achtung, Vereinfachung! – Hundehasser. Dort befinden sich vom Über-Regulierer, der Hunde am liebsten in der Wohnung der Besitzer einem Leinenzwang unterstellen möchte, bis zum Hundehasser, der vor Giftattacken auf Nachbarhunde nicht zurückschreckt, all jene, die Hunde offenbar überflüssig finden. Diese nutzen jede Gelegenheit, Hundebesitzer zurechtzuweisen oder die Hunde selbst zu schädigen, oder es finden sich ordnungspolitische Mittel wie Gefahrhundeverordnungen, um es den Viechern und ihren überkandidelten Besitzern endlich heimzuzahlen. Für manche Leute sind Hunde nur schmutzig, laut und gefährlich. Kein Wunder, für manche Hundebesitzer sind die Hunde anderer Leute nur schmutzig, laut und gefährlich.

Preisfrage: Worin unterscheiden sich die beiden Lager? Auf beiden Seiten finden sich Regulierungswut, Besserwisserei, Egoismus und Intoleranz. Der eine Egoist hat einen Hund an der Seite, der andere nicht.

 

Unerreichbar: Normalität?

Neulich fand ich zufällig in einem Forum einen älteren Beitrag, der die Sehnsucht nach Normalität im Umgang mit Hunden ausdrückt. Die Schreiberin berichtet von einem kleinen Vorfall, den sie in Kanada beobachtete. Ein fremder Junghund stürmt auf ein kleines Kind zu. Die Mutter nimmt ihren Fuß zu Hilfe, um den Hund in der Richtung zu korrigieren. Ja, das könnte man tatsächlich einen Tritt nennen. Weg ist er. Fertig. Aus. Danach malt sich die Schreiberin aus, welche Implikationen ein solches Geschehen in Deutschland gehabt hätte. Wohl wahr! Wahrscheinlich hätten beide Lager versucht, Kapital daraus zu schlagen. Ist das wirklich nötig?

  

              

 

  Aua779Tacco  
Und es ist nicht so, dass man beim Deutschen  Tierschutzbund e. V. keine Pudel kennt! Von diesem – allerdings NUR Klein-, nicht Toypudel – ist verbürgt, dass er einmal persönlich auf dem Schoß des früheren DTB-Präsidenten Wolfgang Apel saß!
Im Übrigen sind Pudel wohl auch nicht mehr das, was sie mal waren. Dieses Exemplar jedenfalls hat sogar den Sturz von einem Pferd überlebt, auf dem er zur Erheiterung des Publikums in einem Zirkus reiten musste. Okay, den Sturz hat er mit seinem rechten Auge bezahlt!
Ansonsten besagt die Pudel-Expertise dieser Redaktion, dass jene, sofern frisch geschoren, sich mit nämlicher Begeisterung auf – bitte:  geteerten – Wegen wie an Orten, wo ihnen maximale Bewunderung gewiss, bewegen!
Foto: Karin Burger

 

Weitere Gastbeiträge von Marla Elan:

Aua35 / Aua275 (meist gelesen!!!) / Aua337Aua345