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Aua546: Stefan Hack: EINE Wahrheit über Hunde in der Ukraine (3)

 

{TS-Kritik}

[09.03.2012]

 

Dies ist der dritte Teil der Artikelserie Stefan Hack: EINE Wahrheit über Hunde in der Ukraine.

Den so genannten „Vorsenf“  (Kommentar der DN-Redaktion) lesen Sie in Aua543; Teil 1 des Berichts von Stefan Hack in Aua544.

Um den Text von Stefan Hack unzweideutig kenntlich zu machen, ist er blau gesetzt. Alle Fotos stammen ebenfalls von ihm; die Bildunterschriften jedoch wurden von der DN-Redaktion getextet. Es handelt sich um den Originaltext von Stefan Hack, der von dieser Redaktion lediglich leicht redigiert, mit Absätzen und Zwischenüberschriften versehen wurde. Auch die Stellen mit den aktiven Links wurden so vom Gastautor definiert.

Die Ukraine: eine hundetolerante Gesellschaft

Ein weiteres schönes Erlebnis hatte ich in Simferopol. Zusammen mit gut und gerne einhundert Menschen wartete ich vor einer Ampelanlage am Hauptbahnhof auf Grünlicht. Etwa 10 Meter von mir entfernt ein Junge. Ich schätzte ihn so auf 13 oder 14 Jahre.

Er hatte sichtlichen Spaß mit einer kleinen Promenadenmischung. Der Hund war zu früheren Zeiten wohl mal in einen Unfall verwickelt, denn sein linkes Hinterbein baumelte recht nutzlos und leicht abgeknickt hinter ihm her und er selbst schien sehr geübt darin, auf drei Beinen zu laufen. Der Hund hüpfte an dem Jungen auf und ab, ließ sich kraulen und bekam hier und da einen Bissen von dem Sandwich ab, das der Junge gerade aß. Dann schaltete die Ampel um und der Junge ging los. Irgendwie hatte der Hund das verpasst, denn als der Junge schon auf der anderen Straßenseite war, rannte er ziellos und scheinbar suchend auf und ab.

Der Junge drehte sich um und pfiff auf den Fingern. Augenblicklich rannte der Hund in diese Richtung. Dabei achtete er auf gar nichts, er wollte scheinbar nur zu „seinem“ Menschen. Jedenfalls lief er einem älteren Herrn so vor die Füße, dass der ihn unweigerlich trat. Das Tier schrie auf, dachte aber nicht daran stehen zu bleiben. Der Herr hingegen stolperte dermaßen, dass er erst einmal zu Boden fiel. Einige Passanten halfen ihm hoch, und auch wenn ich kein Wort verstand von dem, was gesprochen wurde, so kann ich sagen, dass die ganze Situation sehr fröhlich und mit sehr viel Lachen von statten ging.

Auch ich hatte ein Lächeln im Gesicht. Zum einen wegen der naturgegebenen Komik der Situation und zum anderen, weil ich mich für den Hund freute, dass der Junge wohl doch etwas mehr als eine Zufallsbekanntschaft für ihn war. Ich wünsche den Beiden von Herzen eine glückliche Mensch-Hund-Beziehung.

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Die Ukraine ist, folgt man den Berichten von Stefan Hack, eine gegenüber Hunden weitaus tolerantere Gesellschaft: Ein Straßenhund bringt einen Mann zu Fall und alles lacht. Ein unangeleinter Hund im Bus – na und? Hunde liegen vor Geschäften, in Eingängen, auf Plätzen – und keiner stört sich daran. Auch dieser Straßenhund scheint den Ukrainern zu vertrauen, sonst würde er sich nicht so entspannt und tief schlafend in der Wartehalle des Bahnhofs Simferopol hinlegen. Dieselbe Szene auf einem deutschen Bahnhof würde auf gar keinen Fall so entspannt ablaufen.
Foto: Stefan Hack

 


Auch Ukrainer beweinen ihre toten Hunde

Ein weiteres Erlebnis, von dem ich berichten möchte, ereignete sich in Sevastopol. Ich folgte mit meinem Hund dem Bahndamm. Rechterhand war ein Mann damit beschäftigt, ein Loch zu buddeln. Neben ihm, in eine Decke eingepackt, lag etwas Großes, an dem mein Hund nun schnüffelte. Der Mann unterbrach seine Arbeit und versuchte meinen Hund zu verscheuchen. Nicht etwa durch Steine werfen oder treten, nein eher mehr mit Gestik und der russischen Variante des deutschen „kusch, kusch“. Ich rief mein Tier zurück und als ich näher kam, sah ich, was dort in der Decke eingewickelt war. Ein toter Hund! Es schauten nur der Schwanz und eine Pfote aus der Decke heraus. Der Mann schaufelte ein Grab und ich erkannte deutlich, dass er, genau wie ich damals, als ich das Gleiche tun musste, Tränen in den Augen hatte.

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Welche „Tierliebe“ verlangt mehr Einsatz: Mit einem schnellen Mausklick einer Orga XYZ ein paar Euros überweisen, die man im Idealfall noch nicht einmal selbst verdienen musste? Oder Hundefreunde, die selbst nichts haben und sich trotzdem überlegen, mit welchen Mitteln sie Straßenhunden das Leben ein klein wenig leichter machen, ihnen eine etwas geschütztere Unterkunft einrichten können? Wer kriegt hier keine Gänsehaut angesichts von Menschen, die sich im Rahmen ihrer mehr als bescheidenen Möglichkeiten so derart bemühen, den Straßenhunden Rückzugsräume zu ermöglichen? Haben diese Menschen nicht unserer Unterstützung, unsere Hochachtung und unsere Wertschätzung verdient … an Stelle pauschalisierender Verurteilung, Vorurteilen und den blanken Hass?
Foto: Stefan Hack


Es sind Menschen – sie haben Geschichten

Bei einem weiteren Erlebnis weiß ich nicht so genau, ob es sich um einen Tierfreund oder um einen Betrüger handelt. Ein Herr Mitte 40 spazierte über die Uferpromenade Sevastopols. Aus einer Umhängetasche schaute der Kopf eines kleinen Welpen. Der Herr sprach mich an und bettelte nach Geld. Angeblich für Hundefutter. Jetzt bin ich hier [der Autor meint: auf Doggennetz.de] nicht so bekannt, wie auf meiner eignen Seite, deswegen möchte ich kurz erklären, dass ich selber nichts habe. Ich finanziere mich durch Pfandflaschen, Gelegenheitsjobs und durch die Einnahmen meiner Homepage. Das ist zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig.

Diese Tatsache erklärte ich auch dem Herrn, welcher einige Brocken Englisch sprach. Ich bat ihn, sein Tier auf den Boden zu setzen, damit es dem meinem einmal Guten Tag sagen kann. Das tat der Mann. Augenblicklich machte das Welpentier ein großes Geschäft und für mich als erfahrener Hundehalter war es unschwer zu erkennen, dass der Kleine total verwurmt war.

Geld für Futter gebe ich keines, niemals! Ich weiß ja nicht, was davon in Wirklichkeit gekauft wird. Aber ich bat den Mann, mir zu folgen. An meinem Wagen angekommen, versorgte ich das Hundekind mit einer Wurmtablette und verschenkte ca. 1,5 Kilogramm Trockenfutter. Nun war der Herr mein Freund und wir verbrachten zwei Tage miteinander. Nach Geld wurde ich nie wieder gefragt, dafür erhielt ich eine Stadtführung und bekam einige wissenswerte historische Hintergründe über die Geschichte der Stadt erklärt. Der Umgang des Mannes mit seinem Welpen war in jeder Weise liebevoll. Angeblich habe ihn der Tod und die Beerdigung seiner vor wenigen Wochen viel zu früh und überraschend verstorbenen Tochter in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Er habe viel getrunken, da er das Erlebnis nicht verarbeiten konnte, und jetzt wisse er nicht mehr ein noch aus. Das Wichtigste sei ihm das Tier, der einzige Freund, der ihm geblieben sei.

Ich weiß nicht, ob ich die Geschichte glauben soll oder nicht. Eins ist schließlich Fakt: „Mit einem Welpen auf dem Arm bettelt es sich gut.“ Um zu erfahren, was geschieht, wenn der Welpe kein Welpe mehr ist, dazu reichte meine Zeit nicht und so war meine Ansicht über den Herrn die ganze Zeit über ein wenig zwiespältig. Ich hoffe zu Unrecht. Denn das die sozialen Systeme im Ausland nicht so gut greifen wie in Deutschland, das ist mir wohl bekannt.

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Er ist hier zu Hause! Und er sieht prima aus. Er vertraut dem Land, in dem er lebt, sonst würde er sich nicht an diesem Ort in der Nähe der Menschen so vertrauensvoll zum Schlafen niederlegen. Er muss gelernt haben, dass er hier schlafen darf. Ob er in einer Fußgängerzone der Bundesrepublik Deutschland so unbehelligt seine Pause pflegen könnte, darf füglich bezweifelt werden. Er muss – vermutlich „will“ er auch gar nicht – „gerettet“ werden. Stefan Hack beschreibt überzeugend, dass die ukranische Gesellschaft ihre Straßenhunde im Kollektiv betreut. Und deutsche Tierschützer können nicht alle Straßenhunde dieser Welt hierher karren! Kastriert ihn, impft ihn – und dann lasst ihm bitte seine Freiheit!
Foto: Stefan Hack

 


Freie Bahn für einen Straßenhund

Einfach nur süß ist folgendes Ereignis:

Ich ging durch einen Baustellenbereich. Arbeiter waren damit beschäftigt, mit schweren Abbruchhämmern die Asphaltdecke aufzureißen. In Deutschland wäre dieses Gebiet für Fußgänger gesperrt gewesen und eine Hilfsampel hätte den Verkehr geregelt. In der Ukraine hingegen muss der rüstige Fußgänger einfach über den entstandenen Straßengraben hüpfen und sich seinen Weg durch die Arbeiter bahnen. Jedenfalls beobachtete ich einen kleinen schwarzen Hund. Ängstlich stand er auf dem Gehweg oder auf dem, was davon übrig war. Vor ihm stand ein Arbeiter mit Presslufthammer und neben ihm war die stark befahrene Hauptstraße. Der Hund wollte da vorbei, aber er traute sich nicht. Als der Arbeiter den Hund erblickte, schaltete er sein Werkzeug aus, verbeugte sich vor dem Tier und suggerierte ihm mit einer Armbewegung vorbeizulaufen. Kaum hatte der Hund die Arbeitsstelle passiert, knatterte wieder der Abbruchhammer. Einfach süß!

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In irgendeinem Wir-nähren-uns-von-eurem-Wohlstand-Luxus-Tierzubehör-Shop ein imposantes Hundebett zu kaufen, das ist keine Leistung! Aber darüber nachzudenken, wie man aus einem alten Schränkchen einen Rückzugsort für Straßenhunde basteln kann, es innen geräumig zu machen, eine nicht zu große Öffnung hinzusägen, als Tritthilfe davor einen großen Stein zu legen, es nach oben hin abzudecken, in bequemer Reichweite davor einen Futterplatz einzurichten – DAS ist eine Leistung! DAS ist Tierliebe! Respekt!
Foto: Stefan Hack

 

Fully okay und gratis: ein unangeleinter Hund im Bus

Erzählenswert wären vielleicht noch die Erlebnisse einer Busfahrt. Ich befand mich mit einem Freund und natürlich mit meinem Hund auf dem Weg zu einer alten Atombunkeranlage aus dem Kalten Krieg. Mein Freund kannte einen unverschlossenen Eingang und wollte mir die alten Anlagen zeigen. Um dort hinzugelangen, nutzten wir einen öffentlichen Bus. Ich hatte Bedenken, denn ich kannte es aus anderen Ländern, dass der Transport von Hunden in öffentlichen Verkehrsmitteln untersagt ist. „Kein Problem“, meinte mein Kollege. Du musst ihn nur anleinen. Also geißelte ich mein Tier mit diesem blöden Strick und dann betraten wir den Bus.

Man darf sich so einen Bus jetzt nicht so vorstellen wie in Deutschland. Im Grunde sieht er ähnlich aus, nur älter. Aber die Chancen, einen Sitzplatz zu ergattern, liegen bei etwa Null. Dafür kostet ein Ticket, um die ganze Stadt zu durchqueren, auch nur umgerechnet 15 Cent. Der vierbeinige Begleiter fährt, je nach Lust und Laune des Busfahrers, gratis. Der Bus war überfüllt. Fahrräder, Kinderwagen, riesige undefinierbare Gepäckstücke der Fahrgäste. Etwa drei Minuten hatte ich meinen Hund an der Leine. Er verkrümelte sich unter eine Sitzbank und zwar unter eine auf der anderen Seite des Busses als dort, wo ich einen Stehplatz gefunden hatte. Es stolperten mehr Menschen über die Leine als über den Hund. Also leinte ich ihn ab. Niemand nahm Anstoß daran. Keine Maulkorbpflicht wie in Deutschland, kein Theater. Der Hund war einfach da und gut. Später stieg dann eine Frau mit so etwas wie einem Yorkshire Terrier zu. Mein Tier ging neugierig guten Tag sagen, holte sich auf dem Weg einen Snack von einem Salzstangen futternden Herrn ab, ließ sich ein wenig streicheln und legte sich dann in den Fußraum zu dem Salzstangenesser. Der reine Anblick meines Tieres zauberte ein Lächeln in die Gesichter aller Anwesenden.

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Lasst euch mit eurem Kindchen-Schema-Köpfchen ja nicht bei den deutschen Tierschützern blicken! Das geht schief! 
Dass die zwei Kerlchen hier sich aber von den zur Auswahl stehenden Unterkünften eindeutig die stabilste ausgesucht haben, werden die Tierschützerdamen in ihrer Hysterie vermutlich nicht zu würdigen wissen. Auch das ganz offensichtlich mit Bedacht hingelegte Brett, das auf fürsorgende Ukrainer verweist, wird als wichtiges Zeichen ungelesen bleiben. Und für die behauptete Fürsorge spricht auch, dass auch diese Junghunde ganz offensichtlich in einem akzeptablen Ernährungszustand sind. Fraglich ist lediglich, ob dabei das Kalzium-Phosphor-Verhältnis immer ausgewoegen ist und ob die zwei auch ausreichend Grünlippmuschelkalk erhalten haben? Wenn nicht: ab in die BRD?
Foto: Stefan Hack

Fortsetzung: Aua549.