Aua1269: Thanks, PETA Deutschland: Schlachthof Bad Bramstedt des DTB-Partner VION wegen des Verdachts der Tierquälerei geschlossen

 

{TS-Kritik}

 

Der Skandal läuft schon eine Weile. Betroffen sind Millionen von Tieren. Aber die Vorgänge um den inzwischen geschlossenen Schlachthof in Bad Bramstedt werden vom Mainstream-Tierschutz im Internet mit keiner Silbe erwähnt.

Stattdessen verbeißen sich die selbsternannten Vorzeige-Tierschützer der Nation in den Hype um den Hundeprügler Tom Jan. H., obwohl der betroffene Hund schon lange in Sicherheit ist (Aua1264, Aua1265).

Die Parallelität von dem Skandal in Bad Bramstedt und dem Hype um den Hundeprügler Tom Jan H. zeigt anschaulich den Kern der Doggennetz.de-Kritik: Wirklicher Tierschutz in Deutschland findet gar nicht mehr statt. Sogenannte Tierschützer beschäftigen sich fast ausschließlich mit Hunden und Katzen und der Tierschlepperei aus dem Ausland.

Auf der anderen Seite stehen die sogenannten Tierrechtler und Veganer, die den Fleischkonsum grundsätzlich ablehnen und sich auch deshalb nicht um die Zustände in den Schlachthöfen kümmern.

Dabei könnten Tierschützer und Tierrechtler dort zumindest Verbesserungen für Millionen von Tieren auf ihrem letzten Weg erreichen! (Siehe Beispiele unten.)

Einzig PETA-Deutschland e. V. macht im Fall Bad Bramstedt eine elegante Figur (hier). Denn die Tierrechtsorganisation hatte die Missstände ebendort und die Fehlbetäubungen schon 2012 strafangezeigt. Die jetzt erfolgte Großrazzia führt sie auf die genannte Anzeige und die schon damals vorgelegten Beweise zurück.

 

Betreiber VION ist Partner des Deutschen Tierschutzbundes

Der Betreiber des Schlachthofes in Bad Bramstedt ist der Nahrungsmittelkonzern VION. VION ist auch der Partner des Deutschen Tierschutzbundes e. V. (DTB). bei dem sogenannten und scharf kritisierten „Tierschutzlabel“ in der Fleischproduktion. VION selbst wirbt weiterhin mit dem DTB (hier).

Es handelt sich im aktuellen Fall zwar um einen anderen Schlachthof, aber um denselben Konzern!

Dieses DTB-Label war schon kurz nach seiner Markteinführung von den Medien und den Tierrechtlern scharf kritisiert worden (vgl. report Mainz und Aua893).

 

Das Problem mutmaßlich vieler Schlachthöfe

Das Problem in Bad Bramstedt ist eines, das nach erfahrungsfundierter Einschätzung dieser Redaktion auf mutmaßlich sehr viele Schlachthöfe in Deutschland zutrifft: die nicht funktionierende Betäubung des Schlachtviehs! DN verfügt zu diesem Thema über eigene Expertise, die aus gegebenem Anlass unten weiter ausgeführt wird.

Bei einer Razzia im Schlachthof Bad Bramstedt des DTB-Partners VION wurden 74 Rinderköpfe sichergestellt, die entweder mehrere Bolzenschüsse oder keine aufwiesen. Das bedeutet: die dazugehörigen Rinder mussten mehrfach mit dem Bolzenschussapparat geschossen werden beziehungsweise die Rinder gingen unbetäubt in die Schlachtung!

Der NDR berichtet fortlaufend über den Skandal (hier). Auch die Fachpresse (hier und hier) sowie die Zeitungen in Norddeutschland verfolgen den Fall, der auf höchster Ebene verhandelt wird.

Bezeichnenderweise – und die Kritik von DN damit bestätigend – sind an der Aufdeckung dieser Missstände mit Bedeutung für Millionen von Tieren außer PETA keine Tierschützer beteiligt; zumindest werden keine in der Berichterstattung erwähnt.

Auch in den aktuellen Pressemeldungen des DTB findet sich das Stichwort Bad Bramstedt und VION nicht.

 

Das hier ist nur die halbe Miete: Kein richtiger „Tisch“, um den Rinderkopf zu fixieren. Der Kopfschlächter hat den Bolzenschuss schon angesetzt. Wenn das Rind jetzt den Kopf plötzlich zur anderen Seite zieht, geht der Bolzenschuss daneben! Da gibt es bessere Lösungen, die den Rinderkopf auf einen schräg nach unten laufenden „Tisch“ besser fixieren und somit verhindern, dass der Bolzenschuss durch eine plötzliche Kopfbewegung daneben geht!

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von © PETA Deutschland e. V.

 

DN-Kritik: Hunde-Katzen-Getue verhindert effizienten Tierschutz

Diese Redaktion nimmt den vorliegenden Fall zum Anlass etwas zu tun, was Karin Burger sonst streng vermeidet: aus der eigenen Erfahrung und 26 Jahren aktiver Tierschutzarbeit zu berichten. Dafür wechselt die DN-Redaktion auch in die Berichtsform „ich“.

Von jeher richtete sich ein Teilaspekt der Kritik der (früheren) Tierschützerin Karin Burger gegen die Konzentration des etablierten Tierschutzes und der regional verwurzelten Tierheime nur auf Hunde und Katzen.

 

1990 avantgardistisch: TSV Konstanz an Schlachthofplanung beteiligt

In meiner aktiven Zeit als zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins Konstanz hatte ich mich – zusammen und in Absprach mit dem damaligen Gesamtvorstand – deshalb auch um tierschutzrelevante Einrichtungen vor Ort gekümmert: die damaligen Tierversuchsanlagen des damaligen Pharma-Riesen BYK Gulden und der Universität Konstanz sowie um den Schlachthof Konstanz.

Hier bot sich vor mehr als 20 Jahren die einmalige Gelegenheit, den Tierschutz bei der Planung einer neuen Schlachtanlage von Anfang an ins Gespräch zu bringen (vgl. Artikel Südkurier Nr. 1 ungefähr aus den Jahren 1989 oder 1990, Anhang „Schlachthof Konstanz“). Das geschah seinerzeit sogar unter fachmännischer Begleitung des Deutschen Tierschutzbundes e. V., der heutzutage mit Karin Burger nicht einmal mehr kommuniziert und dieser Redaktion Presseanfragen grundsätzlich nicht beantwortet.

Am grünen Tisch klappte die Kooperation zwischen Tierschützern und Schlachthofbetreibern noch ganz gut.

In der Praxis war es dann die Katastrophe: Mehrtägig bei der Schlachtung anwesend, stellte ich als damalige zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins Konstanz schwere Missstände und üble Tierquälerei fest (vgl. Südkurier-Artikel Nr. 2 vom 20.04.1991; Anhang „Schlachthof Konstanz“). Das Hauptproblem war – wie jetzt in Bad Bramstedt – die Betäubung, die vor allem bei den Schweinen vorne und hinten nicht funktionierte.

Allerdings: So bequem wie Tastatur-Tierschutz heute war es seinerzeit nicht, etwas für die Tiere zu erreichen. Zum einen muss man die Anblicke in einem Schlachthof auch erst einmal aushalten. Und vor allem: Um diese überhaupt bewerten zu können, muss der beobachtende Tierschützer alle diesbezüglichen EU-Normen auf seiner geistigen Festplatte haben. Dazu gehören viele technische Daten, um etwa beurteilen zu können, ob eine Betäubungszange die notwendige Stromstärke aufweist und in der vorgeschriebenen Dauer angesetzt wird.

Umfassender Sieg: Durch den harten und kompromisslosen Einsatz des Tierschutzvereins Konstanz 1991 wurde dann die vorübergehende Schließung des neuen Schlachthofes erreicht (gleicher Artikel). Die Anlage musste umgebaut werden. Doch auch danach kam es noch zu tierschutzrelevanten Missständen, denen dann aber gleichfalls durch Engagement des örtlichen Tierschutzvereins abgeholfen werden konnte (vgl. Südkurier-Artikel Nr. 3 vom 20.06.1991; Anhang „Schlachthof Konstanz“).

 

Das hier scheint schon eine der besseren Lösungen zumindest für die Schweine-Betäubung zu sein. Wie zu sehen werden die Schweine in eine spezielle Halterung/Fall getrieben, wo dann mutmaßlich die Betäubungszange zum Einsatz kommt. Das ist die tierschonendere Variante gegenüber Schlachthöfen, in denen mehrere Schweine in eine Buch getrieben werden, wo der Kopfschlächter dann im Rodeo-Stil herumturnt, um sich einzelne Tiere mit der Zange „herauszugreifen“! Nachteilig an dieser Lösung im Hinblick auf die Schweine ist sicherlich die Tatsache, dass die noch lebenden Schweine ihren ausblutenden Artgenossen direkt ins Auge blicken. Anders als Rinder etwa reagieren Schweine weitaus sensibler auf diese Umgebung und solche finalen Eindrücke!

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von © PETA Deutschland e. V.

 

Der Tierschutzverein Konstanz hat übrigens nach dem Power-Vorstandsduo Witt-Burger und nach 1992 nie mehr zu einer solchen gesamtethischen Effizienz gefunden. Er beschränkt sich heute auf die Vermittlung von Hunde und Katzen, wie die seit mehr als 20 Jahren amtierende (!!!) erste Vorsitzende im pampigen Telefonat mit der DN-Redaktion erklärt. Selbst so Gesetzesverstöße wie ein fehlendes ordnungsgemäßes Impressum auf der Webseite des Vereins betrachtet sie als Marginalie. Das passt, denn der Tierschutzverein Konstanz hatte schon zu Zeiten von CharityWatch.de ein schlechtes Bild abgegeben, als er sich einem Porträt dort verweigerte.

Zurück zum Tierschutz: Vegane Lippenbekenntnisse sind wohlfeil, Tierschutz-Demos billig! Aber wenn sich regional verwurzelte Tierschutzvereine in die örtlichen Schlachthöfe begeben und dort wenn auch vielleicht nur kleine Veränderungen (nachstehendes Beispiel) erreichen können, profitieren davon Millionen von Tieren!

Ein sogenannter Tisch an der Rinder-Betäubungsfalle etwa ermöglicht es dem Kopfschlächter, den Kopf des Rindes besser zu fixieren und damit den Bolzenschuss exakt zu setzen. Welcher örtliche Tierschutzverein weiß denn schon, ob es einen solchen im nächstgelegenen Schlachthof gibt und wie lang die Ausblutstrecke dort für Schweine ist und ob die Transportdauer auf dieser sicherstellt, dass die Schweine nur tot ins Brühbad fallen?

In Konstanz haben ich Schweine gesehen, die vor Schmerzen schreiend, weil noch lebend, ins Brühbad gefallen sind und dort so getobt haben, dass sie teilweise sogar aus diesem entkamen und mit eröffneter Kehle durch den Schlachthof galoppierten.

 

Karin Burger hat die heute geltenden EU-Vorschriften nicht mehr parat. 1991 war für die damalige Anlage in Konstanz gerade erst die Liegend-Schlachtung für Schweine vorgeschrieben worden. Das bedeutete: Den Schweine wurden in liegender Position die Kehle zum Ausbluten eröffnet. Der Laie macht sich keinen Begriff davon, welche Schwierigkeiten Kopfschlächter haben, die jahrelang hängend gestochen haben, sich dann auf denselben Vorgang am liegenden Tier einzustellen! Nach meinen persönlichen Erfahrungen ist die Hängend-Schlachtung sicherer, weil der Mitarbeiter das Tiere exakt vor sich hat und den Schnitt punktgenau ansetzen kann.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von © PETA Deutschland e. V.

 

Beispiel Schlachhof Singen

Der Triumph im Schlachthof Konstanz war furios. Aber auch bei der Neueröffnung des Schlachthofes im benachbarten Singen konnte ich als damalige Tierschützerin etwas für die Schlachttiere erreichen. Zu dem Zeitpunkt leitete ich meine eigene und „vereinsfreie“ Organisation VITS, ein etwas schräges Akronym in der Bedeutung Vereinsfreie Initiative Tierschutz Steißlingen.

Der Ärger fing schon bei der Einweihung des neuen Schlachthofes an, wo es galt, einen tierquälerischen Zuschauerwettbewerb zu stoppen (vgl. Südkurier-Artikel 1 vom 28.06.1993 und Artikel 2 vom 30.06.1993; Anhang „Schlachthof Singen“). Der damalige Betreiber versuchte sich mit einer Einladung an mich aus der Bredouille zu bringen, den regulären Schlachtbetrieb zu besichtigen. Er hatte wohl eher nicht damit gerechnet, dass ich diese Einladung annahm.

Die entsprechende Besichtigung des laufenden Betriebes beförderte eine ganze Reihe von Missständen zu Tage (vgl. Südkurier-Artikel 2 und 3 vom 30.06.1993, Anhang „Schlachthof Singen“). Neben einer relativen, nur für die Schweine enorm wichtigen Kleinigkeit (Verletzungsgefahr durch einen ungesicherten Gulli-Deckel) waren es selbstverständlich wieder Mängel bei der Betäubung der Schlachttiere, die feststellbar waren (vgl. Pressemitteilung der VITS; Anhang „Schlachthof Singen“).

Das Beispiel Singen zeigt des Weiteren, wie spielentscheidend das Auftreten als regionaler und eingetragener Tierschutzverein ist. In Konstanz hatte der Verein durch öffentlichen Druck den Betreiber zu entsprechenden Maßnahmen motivieren können. Das war als „vereinsfreie Initiative“ in Singen selbstverständlich nicht mehr möglich. Nach der einmaligen Erlaubnis, dem Schlachtbetrieb beizuwohnen, und den sich daraus ergebenen Folgen für den Betreiber hatte ich nie mehr Gelegenheit, den Schlachthof zu betreten.

Und der örtliche Tierschutzverein Singen griff das wichtige Thema nicht auf.

Ob, wann und wie die Missstände im Schlachthof Singen 1991 wirklich behoben wurden, konnte von sachkundiger Tierschützerseite nie mehr überprüft oder bestätigt werden.

 

Heute ganz andere Chancen!

Selbst der sogenannte karitative Tierschutz hat heute einen völlig anderen Stellenwert als noch vor 20 Jahren, als ich mich für das Thema Schlachthöfe engagierte. Wenn sich regional etablierte Tierschutzvereine (also keine Auslandsschlepper-Orgas) für die tierschutzrelevanten Einrichtungen in ihrer Region interessieren würden, fände das heute und angesichts einer erstarkten Vegetarier- und Veganer-Bewegung eine ganz andere Resonanz.

Mit geschickter Publizistik ist es kein Problem, für die Schlachthof-Betreiber so viel Druck herzustellen, dass auch nicht verbeamtete Tierschützer, allerdings diese mit der entsprechenden Sachkunde, sich im laufenden Schlachtbetrieb davon überzeugen können, dass die wichtigsten Tierschutzbestimmungen eingehalten werden. Denn das auf die Veterinäre im Schlachthof kein Verlass ist, das zeigen die Beispiele Konstanz, Singen und Bad Bramstedt eindrücklich!

Wie viele regional etablierte Tierschutzvereine kennen Sie, die sich für den nächstgelegenen Schlachthof und dort für weniger kuschelige Tiere als Hund und Katze interessieren?

Eben!

Und wer, wenn nicht die Tierschutzkritik (also: DN), thematisiert den Zusammenhang zwischen dem DTB, VION und den Vorgängen in Bad Bramstedt? Aber weder Schweine noch Rinder dort werden jemals so viel Aufmerksamkeit, Engagement und Aktionismus bekommen wie der von Tom Jan H. in Betzdorf geprügelte Hund.

DAS ist Tierschutz heute!