Aua1097P: Der Mythos deutscher Tierbordelle macht Karriere bei Österreichs Rechten

 

{TS-Kritik} 

[erschienen im DNPA: 24.09.13; aus Aktualitätsgründen vorzeitig online verfügbar ab: 16.10.13]

 

Durch einen Leser-Hinweis wird die DN-Redaktion auf interessante Vorgänge in Österreich (!) aufmerksam gemacht: Dort berichtet News.at Ende August 2013 von der Aufdeckung einer geheimen Facebook-Gruppe „Wir stehen zur FPÖ!“. Alle Mitglieder dieser geheimen Facebook-Gruppe sollen nach Informationen der Zeitung inzwischen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden sein.

Für DN-Leser vielleicht eher weniger überraschend dabei ist die Tatsache, dass ein Thema in dieser problematischen FB-Gruppe auch die angeblichen deutschen Tierbordelle, für deren Existenz es bisher in keinem einzigen Fall einen behördlichen Nachweis gibt, gewesen seien.

Zu diesen habe sich vor allem die Imster Gemeinderätin Marion S., die in besagter Gruppe bis August aktiv gewesen sein soll, geäußert. Ihr Posting wird in News.at anonymisiert veröffentlicht. DN zitiert den Text:

              

OK, … dass ich mich für Tiere einsetze hat mittlerweile sicher Jeder mitbekommen.. Aber: wir, die FPÖ, sind die Aufklärerpartei mit unangenehmen Themen.. zB Thema: in DE sind „Tierpuffe“ legal … dH, Hunde, Katzen, Schafe, .. stehen zur Verfügung … Kunden: 90 Prozent sind Moslems, da diese ja vor der Ehe keinen Sex haben sollen dürfen /außer mit „Ungläubigen Huren und Tieren“ Ich frage mich – wie kann das eine deutsche Regierung eigentlich hinnehmen??

(Facebook-Posting einer österreichischen Gemeinderätin, zitiert in der Originaldiktion nach News.at: Seltsame Freunde, 25.08.2013; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

DN-Leser erkennen sofort den propagandistischen Eskalationsumfang, den das bisher unbestätigte Niedermohr-Tierbordell-Gerücht auf dem kurzen Weg in die benachbarte Alpenrepublik genommen hat: Wahrheitswidrig wird behauptet, in Deutschland seien Tierbordelle „legal“. Und die Kunden sind jetzt auf einmal „90 Prozent […] Moslems“!

Davon hat hier noch nie jemand gehört!

Die desinformierende angebliche „Tierfreundin“ soll nach Berichten von News.at ihrem Posting ein Bild des Propheten Mohammed mit einem kleinen Kind beigefügt haben.

In Österreich verstößt das wohl gegen Paragraf 188 des Strafgesetzbuchs als „Herabwürdigung religiöser Lehren“. Das soll der österreichischen Mythos-Tierbordell-Verteidigerin eine „Sachverhaltsdarstellung“ wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen diesen sowie wie einen weiteren Strafgesetzbuchparagrafen eingebracht haben.

 

Das „Tierbordell Niedermohr“ gebe es wirklich

News.at berichtet dann ausführlich, wie sich die beschuldigte Gemeinderätin von den vorgeworfenen Straftaten distanziert:

              

Marion S. [Name von DN-Red. gekürzt] teilte zur Berichterstattung über die Gruppe „Wir stehen zur FPÖ“ Folgendes mit: Aus ihrer Sicht gibt es dieses „Tierbordell“ Niedermohr wirklich. Auch gäbe es mehrere Petitionen gegen diese tierquälerische Einrichtung. Heuer wäre bereits ein weiteres „Tierbordell“ in Deutschland ausgehoben und geschlossen worden.

Die „Kunden“ solcher Einrichtungen würden aus allen Kulturbereichen kommen. Sie habe sich hierbei leider auf eine falsche Information verlassen in der ihr mitgeteilt worden sei, dass „fast 90 % der Kunden Muslime seien.

Sie wollte mit diesem Statement keine Volksgruppe beleidigen und laut eigenen Angaben nur auf das Leiden der Tiere aufmerksam machen. Es sei nicht ihre Absicht gewesen gegen die Muslime aufzuhetzen. Von den gewalttätigen Postings und Gewaltphantasien nehme sie Abstand, denn diese seien abstoßend.

Zum geteilten Mohammed-Bild teilte Frau S. mit, dass Sie mit diesem Foto darauf aufmerksam machen wollte, dass in bestimmten Ländern, wie zB Pakistan, noch vereinzelt Mädchen im Kindesalter verheirat werden. In unser Anschauung sei es eben sehr „fremd“ dass bereits 12-jährige Mädchen verheiratet würden. Auch dies habe nichts mit Hetze zu tun, da dies in Europa, Amerika und vielen anderen Ländern auf der Welt, als Kindesmissbrauch angesehen würde.

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

 

Attraktivität der Tierbordell-These für Rechtsextremisten

In null Komma haste nicht gesehen wird der Mythos Tierbordell Niedermohr von den Rechten im Ausland adaptiert, mit weiteren Unwahrheiten ergänzt und bedarfsgerecht aufgehübscht: 90 Prozent der Kunden seien Moslems.

Daran kann man die enorme Attraktivität der These für Rechte, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten ablesen.

„Erfinder“ des angeblichen Tierbordells Niedermohr ist Carsten Thierfelder. Der wiederum wird verlinkt und gelobt von Thomas I., der bis vor einigen Jahren noch das ausländerfeindliche Portal www.no-go-area-europe.de betrieb (vgl. Aua1047P, Aua1048P).

Thomas I. wiederum tritt im Internet gern gemeinsam mit der österreichischen „Tierschützerin“ Rosa Hackl von der Facebook-Gruppe DogNews auf (vgl. auch Aua1041).

Wenn Carsten Thierfelder und seine Kampfhyänen irgendwo analog öffentlich auftreten, begeistert das deutsche rechte Parteien so derartig, dass sie gleich die ganze Veranstaltung für sich reklamieren (Aua1039).

Beeindruckend jedoch ist, dass österreichische Politiker wie im zitierten Fall noch nicht einmal die Basisfakten überprüfen. Zum einen offenbart sich jedem Halbblinden und Volltauben die Webseite von Carsten Thierfelder als durch und durch unseriös und damit als Quelle obsolet. Zum anderen waren „Tierpuffs“ in Deutschland als angemeldete Gewerbebetriebe noch nie „legal“. Und nicht zum letzten wurde der sexuelle Umgang mit Tieren mit dem neuen deutschen Tierschutzgesetz ohnehin strafbar.

Aber genau weil der Mythos Tierbordell so variable Verwendungsmöglichkeiten für die Propaganda von Rechten, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten im In- und Ausland bietet, wird sie von deren Vätern bis aufs Blut verteidigt, auch wenn bisher jede behördliche Bestätigung für deren Existenz fehlt.