Aua918: Das Veterinäramt Euskirchen, der Systemfehler und die Lösung

 

{TS-Kritik}

 

In ihrer Sendung vom 24. Februar 2013 hatte sich die WDR-Sendung Tiere suchen ein Zuhause am Beispiel Euskirchen mit dem Problem untätiger Veterinärämter auseinandergesetzt (vgl. Aua916).

So lobenswert es ist, wenn der WDR abseits seiner durchgehenden Auslandstierschlepper-Propaganda einmal zu den wirklichen Sachthemen findet, der hinter der Untätigkeit mancher Veterinärämter stehende Systemfehler wurde leider nicht angesprochen. Für den mit der Thematik nicht vertrauten Zuschauer müssen solche Ausfallerscheinungen der untersten Fachbehörden für Tierschutz dann als bedauerliche Einzelfälle erscheinen, womöglich noch verbunden mit einer gewissen Bockigkeit der leitenden Veterinäre.

Dem ist nicht so. Dahinter steht ein unnötiger Systemfehler!

 

Tierschutz belastet verarmte Kommunen

In welchen kapitalen Finanznöten viele Kommunen stecken ist inzwischen hinlänglich bekannt. Tierfreunden weniger geläufig jedoch dürfte die Tatsache sein, dass der konsequenter Einsatz von Veterinärbehörden für tierschützerische Belange unter Umständen dramatische Konsequenzen für den betreffenden Landkreis haben können.

Dienstherr der Veterinärbehörde ist der Landkreis. Leider auch ist es der Landkreis, der die Kosten für praktizierten Tierschutz tragen muss. Seien es Beschlagnahmungen von Tieren, seien es Rechtsstreitigkeiten mit Tierhaltern, die sich gegen behördliche Auflagen wehren – immer muss der Landkreis in Vorlage treten. Auch wenn rein rechtlich der betroffene Tierhalter für die Kosten haftet, de facto bleiben viele Landkreise auf diesen Kosten sitzen. In dieser handlungsunfähigen Position können sie sich dann in Ruhe die eidesstattliche Versicherung (i. e. „Offenbarungseid“) ihrer Schuldner betrachten oder der Liquidität ihrer Gläubiger mit über die dänische Grenze marschierenden Sachspenden hinterherwinken (= Insiderwitz!).

Tierschützerisch engagierte Veterinäre geraten dabei blitzartig in die Zwickmühle: Wer sich bei seinem Dienstherrn (Landrat) nicht absichtlich unbeliebt machen und damit auch seiner eigenen Karriere im Wege stehen möchte, sollte sich mit teuren Beschlagnahmungen oder behördlichen Verfügungen, die jahrelange Gerichtsverfahren durch alle Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach sich ziehen könnten (vgl. Extremfall Gnadenhof Momo), zurückhalten.

Jeder Amtstierarzt unterliegt beim Thema Tierschutz gerade bei möglichen Beschlagnahmungen und zu erwartenden Widersprüchen, Feststellungsklagen (vgl. Aua887) zwei sich widerstreitenden Ansprüchen: die verwaltungsrechtlich für die Tiere erreichbaren Verbesserungen versus dem kommunalen Zwang zur Kostenminimierung. Wer sich der Sympathien seines ebenfalls tierliebenden Landrats nicht ganz sicher sein darf, wird den konfliktärmeren Mittelweg suchen.

 

Lösung: Tierschutz-Länderfonds

Doggennetz.de wäre nicht Doggennetz.de, hätte es nicht einmal wieder eine Lösung parat: Diese Zwickmühlen-Situation der Amtstierärzte und die schicksalhafte Belastung mancher Landkreise mit Ausgaben für den Tierschutz ließen sich relativ einfach beseitigen bzw. ließe sich ein Ausgleich schaffen. Dies wäre möglich durch die Einrichtung von entsprechenden Fonds auf Länderebene.

Die Landkreise schließlich können nichts dafür, wenn sich in ihrem Zuständigkeitsgebiet massiert viele Animal-Hoarder niederlassen oder besonders viele Auslandstierschlepper ihren Vereinssitz dort haben und ihre illegalen Transporte abwickeln.

Deshalb könnte eine Lösung darin bestehen, auf Länderebene Fonds einzurichten, in die alle Landkreise einen zu diesem Zweck zu ermittelnden und gleich hohen Betrag einzahlen. Aus diesem „Tierschutz-Länderfonds“ dann würden die hohen Kosten für Tier-Beschlagnahmungen und damit verbundene Gerichtsverfahren bezahlt. Das würde die Landkreise selbst von dem unmittelbaren Kausalnexus zwischen praktiziertem Tierschutz und kommunalem Kostendruck befreien. Amtstierärzte bräuchten bei ihren behördlichen Maßnahmen keine Rücksicht mehr auf die Finanzsituation ihres Landkreises und die Bereitschaft ihres Dienstherrn, von dem Wenigen viel für den Tierschutz auszugeben, Rücksicht zu nehmen.

 

Noch ungelöst: Beschlagnahmungen wohin?

Ein Problem bleibt allerdings nach wie vor bestehen: Häufiger als der Laie vielleicht erwartet, sind Amtstierärzte zur Beschlagnahme bereit. Aber dazu müssen auch entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten für die Tiere bestehen. Bei großen Quantitäten beschlagnahmter Hunde kommt da so mancher Veterinär schon in Schwierigkeiten, denn die Tierheime sind voll. Fast unmöglich wird die behördliche Tierwegnahme bei verwilderten Hauskatzen, weil der Expertenkonsens festlegt, dass verwilderte Hauskatzen nicht tiergerecht kaserniert werden können. Noch schlimmer ist es bei Exoten und Zirkustieren. Selbst bei Nutztieren sind dem behördlichen Tierschutzwillen ganz schnell durch Tierseuchenrecht und andere Bestimmungen enge Grenzen gesetzt.

Allerdings: Mit Veterinären wie Diana Pagel und ihren vielen Kollegen, die seit Jahren und immer enger mit den Tierschützern zusammenarbeiten, werden sich da Lösungen finden. Mit einem Amtsleiter wie dem in Euskirchen jedoch –betrachtet man dessen arrogantes und ignorantes Auftreten in der zitierten Sendung (vgl. Aua916) – wird das eher nicht möglich sein.