Aua799: Novellierung Tierschutzgesetz (10): Vollbremsung, Pfusch und Eilverfahren
{TS-Kritik}
Die News lag zunächst nur in einer Meldung der aho-Redaktion vor: Es treten Verzögerungen bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes ein. Zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzes soll es nach dieser Meldung nicht kommen. Die Novelle sei völlig überraschend am 6. November 2012 von der Tagesordnung des Sitzung des Ernährungsausschusses genommen worden. Streitpunkt ist wohl die betäubungslose Ferkelkastration. Ein anvisierter Kompromiss werde, so die aho-Meldung, durch die Verschiebung der zweiten und dritten Lesung in Frage gestellt.
Andere Medien (hier), die ebenfalls über diese Verzögerung berichten, beziehen sich bzw. zitieren auch nur die oben genannte aho-Meldung:
Etwas präziser wird top agrar online:
Dem Vernehmen nach hat die CSU in der sogenannten Kauder-Runde unter Leitung des Fraktionsvorsitzenden der Union gegen die vorgesehenen Änderungen opponiert. Offenbar gibt es in der Landesgruppe Befürchtungen, die geplante Korrekturen des Regierungsentwurfs mit der weiteren Zulassung des Schenkelbrands beim Pferd und der Verschiebung des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration auf den 1. Januar 2019 könnten Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner beschädigen. Noch am Dienstagvormittag hatten sich die Fachpolitiker von Union und FDP auf einen gemeinsamen Änderungsantrag für den vorliegenden Gesetzentwurf verständigt. (AgE) (Quelle) |
Agrar-Europe ergänzt durch das Statement eines FDP-Sprechers:
Der tierschutzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hans-Michael G o l d m a n n , sprach von einer bedauerlichen Entwicklung. Er verwies auf noch notwendigen Abstimmungsbedarf mit den Ländern. Es mache keinen Sinn, so Goldmann, „ein Tierschutzgesetz in Berlin zu verabschieden, das dann nicht vom Bundesrat mitgetragen wird.“ AgE (Quelle) |
DTB spricht von „verpfuschtem“ Tierschutzgesetz
In einer Pressemitteilung vom 7. November 2012 kritisiert der Deutsche Tierschutzbund e. V. (DTB) die eingetretene Verzögerung, deren Gründe sowie ingesamt das „Hauruck-Prinzip“, mit dem das Gesetzgebungsverfahren betrieben werde.
Deutliche Worte findet DTB-Präsident Thomas Schröder:
„Schon der Entwurf einer Änderung des Tierschutzgesetzes von Bundesministerin Ilse Aigner zementiert im Wesentlichen bestehende Missstände statt endlich Schutz von Tieren zu verbessern“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Die Koalitionsfraktionen im Bundestag ruinieren das Gesetz mit ihren Änderungsvorschlägen endgültig. Dass die Regierungsfraktionen z. B. den Schenkelbrand bei Pferden, und damit Verbrennungen dritten Grades, weiter zulassen wollen, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Huftritt für den Tierschutz.
Was wir gerade erleben, ist die vollständige Ignoranz wissenschaftlicher Untersuchungen und auch eine schallende Ohrfeige für Bundesministerin Ilse Aigner, die das Verbot des Schenkelbrandes gefordert hat. Jetzt soll das Gesetz noch hastig diese Woche in die 2. und 3. Lesung im Bundestag, um das neue alte TierNUTZgesetz festzuschreiben“, so Schröder. (Deutscher Tierschutzbund, Pressemitteilung vom 07.11.12: „Verpfuschtes Tierschutzgesetz soll nun auch noch im Eilverfahren beschlossen werden“; Hervorhebung d. Red.) |
Die Kritik des Tierschutzdachverbandes kulminiert in der Forderung, den vorliegenden Entwurf abzulehnen!
By the way: DTB findet zu neuen Werbeformen
Übrigens hat der Deutsche Tierschutzbund e. V. im Kontext der Novellierung des Tierschutzgesetzes eine sensationelle Foto-Kampagne aufgelegt. Mit ästhetisch ansprechenden Bildern, welche die Botschaft transportieren, ohne Tierleid reißerisch und schockierend darzustellen, versucht der Dachverband, den Betrachter zur Empathie zu verführen. Beeindruckend ist die Professionalität der Fotos.
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Zur betäubungslosen Ferkelkastration gibt es ein phantastisches DTB-Video hier!