Wenn der Vater nicht der Vater ist …

Entgegen der nun wirklich grob bösartigen Behauptung, die Vereinsnachrichten „unsere Deutsche Dogge“ (uDD) des Deutschen Doggen Clubs (DDC) würden abends in deutschen Altersheimen als „sanfte“ Alternative zu chemischen Sedativa verteilt, vermag der wirklich interessierte Leser diesem aufregendem Blatt permanente Statusmeldungen über den wahren Zustand der Doggen-Zucht zu entnehmen. Sei es der analytische Blick auf Deck- und Wurfmeldungen oder die kleinen feinen Verlautbarungen des Zuchtbuchamtes („-amt“ – klingt so offiziös und korrekt, finden Sie nicht?) oder so unterhaltsame Hinweise, dass es einem demokratisch gewählten Landesverbandsvorstand untersagt wird, seines Amtes zu walten, seien es Wettbewerbsverstöße wie Werbeartikel von Arznei- oder Futtermittelherstellern, die nicht als solche gekennzeichnet und dem Leser so als redaktioneller Beitrag verkauft werden – das uDD hat immer etwas zu bieten!

Und im letzten halben Jahr topt ein publizistischer Höhepunkt den nächsten. Erst werden im uDD 11/2003 ganze zwei Seiten dem Doggenschutz und seinen Irrungen gewidmet. Unter dem Titel „Ein ganz besonders schwerer Fall von ‚Doggen in Not'“, berichtet ein unbekannter und weder zu Anfang noch am Ende des Artikels benannter Ich-Erzähler das eher schlecht recherchierte Schicksal des gestohlenen Doggenrüden „Lumpi“. Die Polemik gegen den Doggenschutz kam klar rüber (und von Polemik versteh‘ ich schließlich etwas……). Der Informationsgehalt tendierte für nicht eingeweihte Leser mit all den abgekürzten Buhfrauennamen gegen Null. Imponierend geschickter verfuhr zu diesem Fall die Redaktion der Vereinsnachrichten der Kynologischen Gesellschaft für Deutsche Doggen (KyDD), in dem sie der einzigen Person, die wirklich etwas zu berichten hat, Stimme gab: der rechtmäßigen Besitzerin des armen Doggenrüden!

Kaum hatte man sich davon erholt, bricht das uDD 03/2004 mit einer uralten Tradition und lichtet erschreckend plötzlich und wundersam zeitgleich zu der im Internet schwelenden Diskussion in einer Züchteranzeige lauter Grautiger ab (uDD03/2004 S. 23).

„Leute, abonniert das uDD!“, kann man da nur jenen zurufen, deren Leben vielleicht schlapp und ereignislos vor sich hin plätschert. Die freilich haben jetzt schon wieder die nächste Sensation verpasst, die ganz arglos auf Seite 6 uDD 04/2004 unter der Überschrift „Elternschaftskontrolle“ daherkommt. „Kontrolle“ ist immer gut, denkt man und assoziiert hier ein offiziöses Vorgehen wie bei der gleichfalls regelmäßig publizierten und in ihren Ergebnissen erstaunlicherweise immer gleich lautenden „Zwingerkontrolle“. Doch was liest der geneigte Leser? Erst kommt eine Wurfmeldung und danach der Schock: „Durch Elternschaftskontrolle wurde nachgewiesen, dass XXX [Name des Doggenrüden wurde von mir aus rechtlichen Gründen entfernt] nicht der Vater der Welpen ist. Das Vatertier ist YYY [Name entfernt]“. WIE??? Der Vater ist nicht der Vater??? Also der in Deck- und Wurfmeldungen zunächst behauptete Vater ist es gar nicht? Wer will denn da wieder keine Alimente zahlen? Und Welpenkäufer blättern teures Geld für Papiere auf den Tisch und mithin für eine bestimmte Abstammung, die frei erfunden ist? Der richtige und im Nachhinein als verantwortlich ermittelte Vaterrüde klingt vom Zwingernamen her arg verwandschaftlich zur Mutter des Wurfs! Leider ist der „under cover“ gezeugt habende Doggenrüde nicht im ATA (Ahnentafelarchiv auf www.great-dane.org) verzeichnet; das für Außenstehende daraus resultierende Nichtwissen über den tatsächlichen Inzuchts- und Ahnenverlustkoeffizienten dieses Wurfs könnte nervenschonend für uns Inzuchtskritiker sein!

Naja, es menschelt halt überall, will man sich trösten und liest voll Hoffnung weiter. Als nächstes wird eine Wurfmeldung aus uDD 11/2003 zitiert. Es folgt der erschütternde Nachsatz: „Durch Elternschaftskontrolle wurde nachgewiesen, dass XXX [Name entfernt] nicht der Vater der Welpen ist. Das Vatertier ist unbekannt.“ Ein unbekanntes Vatertier? Wie geht das denn? Laufen im DDC die angekörten läufigen Hündinnen frei in der Botanik herum und suchen sich ihre Rüden selber aus – ihre Doggenrüden? Wer kann oder will da warum nicht sagen, welcher Rüde tatsächlich zum Zuge kam? Wieder für den Inzuchtskritiker fast tröstlich, dass der zunächst angegebene Rüde in diesem Fall nicht der Vater ist. Er wurde im vergangenen Jahr – zumindest gemäß offizieller Deckmeldungen – ohnehin 19 Mal eingesetzt, und damit nur 1 Mal weniger, als überhaupt erlaubt ist (siehe Artikel „Championzucht 2003“ v. 17.12.03).

Zustände wie im alten Rom! Der bei Insidern Rückfragende stößt dort nur auf maliziöses Lächeln und den resignativen Hinweis, dass „so etwas“ (also für Ahnentafel „erfundene“ Elterntiere) doch gang und gäbe wäre und nur in den Fällen auffliege, wo Realisten oder Zoffsuchende die angegebene Elternschaft per Vaterschaftstest überprüfen lassen.

Sofort fällt mir die Äußerung eines hohen Verbandsfunktionär im Doggenclub ein, der anläßlich der Einführung der www.great-dane.org und des dort einsehbaren Ahnentafelarchivs verständnislos den Wert von Abstammungsnachweisen wie folgt taxierte: „Was soll das denn bringen? Das weiß doch jeder, dass die Ahnentafeln vorne und hinten nicht stimmen!“

Frage an einen privaten Doggenhalter, wie er solche Eisbergzipfelchenmeldungen wie die zitierten bewerte. Zum Zwecke des Leumundsschutz für den DDC haben wir die justiablen Begriffe ausgext: „Das ist ja Xxx, Xxxxxx, Xxxxxxxx und eine riesen Xxxxxxxerei!“