TL59/15: Europäischer Tier- und Naturschutz e. V. (ETN): Befremdlicher Spendenaufruf für die Ost-Ukraine – Tierschützer kennen dort „Umwege“?

 

[18.02.15]

{sachlich beginnend, der Megalomanie des ETN folgend zunehmend ironisch}

 

Keine Frage: Was sich derzeit in der Ukraine abspielt, liegt jenseits von allem, was die Nachkriegsgenerationen in Europa kennen. Alle global und europäisch agierenden Nationen, Institutionen und einflussreiche Politiker versuchen verzweifelt, eine Lösung für die Menschen dort zu finden. Die ganze Welt schaut angststarr auf die Ukraine.

Dort kann man derzeit alles gebrauchen, bloß keine größenwahnsinnigen Tierschützer!

Was aus all den Spendengeldern deutscher Tierfreunde geworden ist, die in den vergangenen Jahren und ganz besonders im spendenträchtigen Umfeld der Fußball-Europameisterschaft 2012 in die Ukraine geflossen sind, ist jeden Abend in den Nachrichten zu bestaunen.

Mitten in das für den Weltfrieden aktuell gefährlichste Chaos hinein positioniert sich der Europäische Tier- und Naturschutz e. V. (ETN) als Retter und Fürsprecher jeder Kreatur dort, die unter diesem furchtbaren Krieg zu leiden hat. Ohne dem potenziellen Spender auch nur ansatzweise darzulegen, wie Geld oder Sachleistungen überhaupt ihr Ziel im Krisengebiet Donetsk erreichen sollen, fordert der ETN in einem Newsletter vom 12. Februar 2015 zu Spenden auf.

Der Newsletter liegt dieser Redaktion bisher nur über Tierschutzverteiler vor. DN zumindest kann ihn weder auf der ETN-Webseite noch auf dem Facebook-Account finden. Auf der Hompage finden sich nur die älteren Spendenaufrufe für die Tierheime in der Ukraine, die jetzt vermutlich schon in Schutt und Asche liegen. 

 

Schön gehört? Krieg in Europa!

Zum Brüllen ist der Texteinstieg: „Sie haben es sicher in den Nachrichten gehört: Im Osten der Ukraine toben die Kämpfe zwischen Separatisten und ukrainischer Armee in den letzten Wochen stärker denn je“ (ETN-Newsletter 12.02.2015: „Schwerste Kämpfe in der Ost-Ukraine“). Will der ETN die Tierfreunde vereimern? Halb Europa ist, berechtigt oder nicht, in Kriegsangst wegen der Vorgänge dort und dieser Verein, der beim Transparenzcheck der Stiftung Warentest in die allerunterste Kategorie eingeordnet wurde (hier), muss die Kenntnis von dieser größten Nachkriegskatastrophe in Europa erst unterstellen?

 

„Insbesondere das Wohlergehen der Tierschützer“

Bei nachfolgendem Satz sollte der Vielleicht-Nachrichten-Hörer und Fernsehzuschauer die allabendlichen Bilder von völlig verängstigten oder apathischen Familien mit Kindern in den Kellern der Häuser in der Ostukraine besser ausblenden, damit ein Zynismus-Verdacht gar nicht erst entsteht:

              

Angesichts dieser neuerlichen Verschärfung der Situation sind wir in großer Sorge um die Menschen und Tiere der Region und insbesondere um das Wohlergehen der Tierschützer, die wir seit Jahren unterstützen, und die noch immer unter Lebensgefahr bei ihren Tieren ausharren.

(ibid.; Hervorheb. d. DN-Red.)

              

Wie stehen denn nun die Aussichten, dass die vom ETN vereinnahmten Spenden für das Kriegsgebiet Ukraine dort auch ankommen?

So:

              

Das Tierheim Gorlovka hat es besonders schwer getroffen. Die Straßen zum Tierheim sind vermint oder werden von Separatisten blockiert, niemand kann zurzeit zum Tierheim durchdringen. Im Tierheim verharren zwei Mitarbeiter, die sich um die insgesamt 300 Hunde kümmern, doch mittlerweile werden Lebensmittel und Futter für die Tiere knapp. Zweimal wurde das Tierheim in den letzten Wochen bereits von Granaten getroffen. Ein Haus in der Nachbarschaft wurde zerbombt, ein altes Ehepaar starb bei dem Angriff. Die Angriffe beginnen jeden Tag um vier Uhr morgens, die Menschen des Tierheims und der umliegenden Ortschaft verbringen die Nächte nur noch in ihren Kellern. Wir hoffen sehr, dass wir bald wieder eine Möglichkeit finden, Spenden nach Gorlovka zu schicken, denn im Moment leben die Mitarbeiter und Tiere des Tierheims nur noch von dem Weizen, der über die ETN-Hilfsaktion gekauft werden konnte.

(ibid.)

              

Klarer Fall: Der ETN hat Kommunikationskanäle mitten ins Krisengebiet, über welche der Rest der politischen und militärischen Welt leider nicht verfügt. Für Presse- und Nachrichtendienste ist es schier unmöglich, irgendwelche verlässlichen Informationen aus dem Kriegsgebiet zu bekommen, aber der ETN weiß, dass die Mitarbeiter dort im Moment den ETN-Weizen mümmeln.

Bitte: die Mitarbeiter dort! Nicht womöglich die Separatisten!

Warum nochmal hat der ETN keinen Sitz im UN-Sicherheitsrat?

Wie naiv oder unverfroren müssen eigentlich Tierschützer sein, die Spender tatsächlich glauben machen wollen, in dieser Situation als irrelevanter deutscher kleiner Pimpampel-Großmaul-Tierschutzverein in der Ukraine IRGEND ETWAS verrichten zu können?

Weiter geht der Horrorbericht über das Tierheim „Give a paw“ in Lugansk, wo die Situation nicht besser sei. Mehr noch: „Von den Tierschützern in Pervomajsk haben wir seit Wochen keine Nachricht mehr erhalten“.

Das sind ja die optimalen Voraussetzungen für eine Spendenaktion!

 

Bitte Frau Merkel, sprechen Sie mit dem ETN!

Die europäischen Nationen und alle humanitären Hilfsorganisationen arbeiten unter Hochdruck daran, den Menschen in der Ostukraine irgendeine Hilfe zukommen zu lassen. Vielleicht sollten die NATO, Frau Merkel und der Rest der Welt einmal mit dem ETN sprechen. Der verfügt offensichtlich noch über Möglichkeiten?

              

Die Situation vor Ort wird immer schwieriger; Sach- und Geldspenden können wir den Tierschützern nur noch über Umwege schicken. Dennoch stehen wir den Menschen und Tieren im Osten der Ukraine auch weiterhin bei, denn momentan sind Spenden aus dem Ausland die einzige Hoffnung für die Tierschützer vor Ort.

(ibid.; Hervorheb. d. DN-Red.)

              

Wie jetzt: Der ETN kann Sach- und Geldspenden „über Umwege“ in die Ukraine fließen lassen? Donnerwetter!

Es ist (nur) die persönliche Meinung der DN-Redaktion, aber diese möchte den ETN schon fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat, für wen er sich eigentlich hält und ob er womöglich das unfassbare Leid von allen Lebewesen in der Ostukraine für eine Spendenakquise instrumentalisiert, deren Plausibilität jenseits aller Kriegsrealitäten liegt.

 

Vielleicht nur vergessen?

Um die potenziellen Russisches-Roulette-Spender nicht unnötig mit Informationen zu belasten, hat der ETN vielleicht nur vergessen, in seinem Newsletter darauf hinzuweisen, dass nach den Informationen der Deutschen Botschaft in Kiew mit Stand April 2014 (also noch VOR dem Krieg) jede Form von humanitärer Hilfe ein besonderes Genehmigungsverfahren durchlaufen muss (Näheres hier).

Es ist der DN-Redaktion enorm wichtig, dass die Leser die ETN-Formulierung „auf Umwegen“ nicht dahingehend missverstehen, dass diese Genehmigungsverfahren womöglich unterlaufen werden und der ETN sich in die Kriegshandlungen vor Ort dadurch einmischt, dass er gar nicht sicherstellen kann, wen die Zuwendungen überhaupt erreichen! Wenn die DN-Redaktion die täglichen Nachrichten richtig versteht, wechseln die Besatzer und Machthaber einzelner Gebiete quasi stündlich. Wer heute noch Person A das Haus mit Nahrungsmitteln füllt, füttert morgen unter Umständen die Separatisten.

Welcher potenzieller ETN-Ukraine-Spender jedoch Gewissheit darüber erlangen möchte, ob und welche „Chancen“ Hilfssendungen jedwelcher Art in die Ukraine in der augenblicklichen Situation haben und welche “Umwege“ der ETN möglicherweise gemeint haben könnte, der kann sich ja vertrauensvoll an die im obigen Informationsdokument des Auswärtigen Amts genannten Kontaktadressen wenden. Die sind bestimmt begeistert!

Die DN-Redaktion sieht auch nur deshalb von einer Presseanfrage an das Auswärtige Amt zu den Genehmigungen für den ETN-Weizen und andere Hilfsleistungen dieses Spitzensvereins für die Ost-Ukraine in den letzten Monaten ab, weil sie sich nicht restlos blamieren möchte!

Und – ganz wichtig: Spätestens bei Minsk III muss der ETN mit an den Verhandlungstisch!