Aua1153: DN-Briefing für die Medientermine im November: Das schwerkriminelle Potenzial des Tierschutzes

 

{TS-Kritik}

 

Wenn alle Medien ihre Ankündigungen einhalten, dann ist in den nächsten Wochen Einiges an Fernseh- und Printmedien-Berichterstattung über den Tierschutz geboten.

Los geht es angeblich am kommenden Montag mit einer Reportage auf SAT1 über den Spendenmissbrauch bei Tierschutzvereinen. Diese Reportage hat eine sehr lange Geschichte, zu der auch die DN-Redaktion einige Anmerkungen zu machen hat. Leider findet zumindest diese Redaktion bis dato keine offizielle Ankündigung des Beitrags. Und da dieser schon seit Juli zur Ausstrahlung ansteht, jedoch immer wieder verschoben wurde und jetzt ganz offensichtlich auch noch vom Privatfernsehen ausgestrahlt wird statt ursprünglich vom ZDF, bleibt erst einmal abzuwarten, ob es überhaupt zur avisierten Sendung kommt.

Auf jeden Fall hat diese TV-Produktion schon im Vorfeld und seit dem Frühjahr 2013 für derart viel Ärger gesorgt wie keine andere dieser Redaktion bekannte Reportage über den Tierschutz. Wichtige und für die Dokumentation relevante Gesprächspartner verabschiedeten sich zu einem frühen Zeitpunkt oder verweigerten die Mitarbeit grundsätzlich, weil sie mit dem Vorgehen der Filmmacher nicht einverstanden waren. Der Bund deutscher Tierfreunde veröffentlichte im Sommer zwei offene Briefe an das Fernsehteam (hier und hier).

 

Ausnahmsweise: 1. Person Singular

Auch DN war früh von den Filmemachern angesprochen worden, die sich großzügig an der Zeit und den Dokumenten dieser Redaktion bedienten. Die Bitte um ein Interview lehnte ich, Karin Burger, zunächst kategorisch ab. Meine Domain ist das Schreiben; im Fernsehen fühle ich mich nicht wohl. Völlig untypisch ließ ich mich schließlich aber doch überreden – unter der vertraglich vereinbarten Voraussetzung, dass ich bildlich nicht zu erkennen sein werde und alle Aufnahmen gepixelt werden.

Der Drehtermin im April 2013 war nach meiner Meinung vollkommen chaotisch. Entgegen einer früher gemachten Zusage des Drehteams wurde mir dann auch keine Gelegenheit mehr gegeben, die aufgenommenen Szenen noch einmal anzusehen, um anschließend entscheiden zu können, welche ich unter dem Aspekt von möglichen Rechtsfolgen freigebe und welche nicht.

Der ursprünglich für die ZDF-Sendung ZOOM produzierte Beitrag sollte im Juli 2013 ausgestrahlt werden und wurde es nicht. Danach hörte zumindest ich nichts mehr.

Ohne Kenntnis der Tatsache, dass der Beitrag wohl inzwischen definitiv nicht beim ZDF zur Ausstrahlung kommen wird und deshalb an das Privatfernsehen abgegeben wurde, habe ich am 31. Oktober 2013 zunächst per Mail an die Redakteurin, am 2. November 2013 dann auch noch schriftlich per Einschreiben Rückschein an den Chefredakteur von ZDF Zoom mein Einverständnis zur Ausstrahlung der von mir gemachten Aufnahmen widerrufen.

Als ich danach erfuhr, dass die Reportage jetzt im Privatfernsehen ausgestrahlt werden soll, war ich erst recht froh über diese Entscheidung.

 

Alles beginnt beim Deutschen Tierhilfswerk

Alle Medienrecherchen zum Thema Spendenmissbrauch beginnen immer wieder beim bisher größten Skandal des Tierschutzes: Deutsches Tierhilfswerk (DTHW), Wolfgang U. Wer die Rätsel der Spenden- und Tierschutzszene von heute lösen möchte, muss dort und bei den damals schon involvierten Personen beginnen, die heute noch die Strippen ziehen.

Aktueller Aufhänger für die Medien ist die Inhaftierung von Sigurd Tenbieg (vgl. Aua1054, Aua1090).

Um die vielen Newbies iim Tierschutz auf das Thema einzustimmen und die für das Verständnis kommender Medienberichterstattung notwendigen Backgroundinfos zu geben, wird nachstehend ausführlich aus Stefan Loipfingers Buch Die Spendenmafia zum DTHW und zu Tenbieg zitiert.

Hinweis: Der Umfang der Zitate in diesem Artikel geht weit über das üblicherweise legitime Maß hinaus. Die DN-Redaktion hat sich für dieses längliche Zitieren ausdrücklich die Genehmigung der Rechteinhaber des Textes geben lassen.

 

DIE SPENDENMAFIA zum DTHW

Nachfolgende Textzitate aus Die Spendenmafia geben den Sachstand zum Redaktionsschluss im August 2011 wieder. Besonders bei den genannten Vereinskonstellationen hat sich in der Zwischenzeit wieder einiges geändert. Das beeinträchtigt aber den grundsätzlichen Informationsgehalt des Buchzitats nicht:

 

              

4000 Infostände – doch die Fressnäpfe für Katz und Hund bleiben leer

Begabte Bluffer sind auch die Verantwortlichen beim Verein Aktion Tier – Menschen für Tiere. Viel hat sich meines Erachtens nicht geändert bei dem Verein, seit er vor zehn Jahren unter dem Namen Deutsches Tierhilfswerk DTHW im Zentrum des wohl größten Spendenskandals Deutschlands stand. Damals verurteilte das Landgericht München den Vereinsboss U. wegen Veruntreuung von Vereinsgeldern in Höhe von 30 Millionen Euro zu zwölf Jahren Haft. 2006 kam er nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe auf Bewährung frei. Doppeltes Pech für ihn: In der Zwischenzeit hatte sich ein anderer als Pokerface versucht. Sein eigener Anwalt B. nutzte die Haftzeit von U., um sich an dessen unlauterem Vermögen zu bereichern. Rund 3,4 Millionen Euro schaffte er beiseite. Er kassierte für den Komplizen-Coup sechseinhalb Jahre Haft.

Diese gerichtlich protokollierten Fakten aus der Tierschutzszene böten genügend Stoff für einen Krimi mit abendfüllendem Format – Sex, Drogen und Blut inklusive. Für die Tiere aber ist es eiDesaster: Weniger als zehn Prozent der Gelder flossen in den aktiven Tierschutz. Der größere Teil wurde in Luxusautos, Bordelle in Thailand und eine Edelyacht investiert.

Als oberstes Betriebsgeheimnis gelten bei vielen Spendenorganisationen die Kosten für die Mitgliederwerbung, so auch bei Aktion Tier. Verträge zwischen dem Verein und den Firmen zweier Hintermänner zeigen jedoch, dass jährlich 4000 »Öffentlichkeitsaktionen « in ganz Deutschland organisiert worden waren. Jede Aktion mit durchschnittlich vier Mitarbeitern. Kostenpunkt für den Verein: sechs Millionen Euro im Jahr. Damit war schon die Hälfte des Geldes verbraucht, das rund 200 000 Menschen auf die Konten des Vereins überweisen. Kassiert haben den Betrag die beiden Hintermänner. Frank Kroll und Michael Reichhardt mit ihren Firmen Service94 und Concept. Reichhardt gilt als Liebhaber schöner Autos und gönnt sich einen sündhaft teuren Fuhrpark. In seiner »Garage« stehen Ferrari, BMW und andere Luxusmarken – wie ein Insider zu berichten weiß.

Was ist nun der Bluff dabei? Offiziell wurde nur etwas mehr als eine Million Euro als Ausgabe für Mitgliederwerbung deklariert. Knapp 60 Prozent vom ersten Jahresbeitrag betrugen die Provisionen für die freien Mitarbeiter. Eher bescheiden, wie Eingeweihte erklären. In Wirklichkeit jedoch wurde die Arbeit der Verkäufer quasi doppelt bezahlt. Denn Abrechnungen der Firma Service94, die dem Verein als Nachweis für geleistete »Öffentlichkeitsaktionen« vorgelegt wurden, lassen viele Namensparallelen mit den Mitgliederwerbern erkennen. Das heißt, an den angeblich nur für satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Informationsständen standen Leute, die der Verein zusätzlich für Mitgliederwerbung bezahlte. In der Praxis wurden also Passanten über die Notwendigkeit von Tierschutzmaßnahmen aufgeklärt, um ihnen anschließend eine Mitgliedschaft bei Aktion Tier anzubieten. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Frank Kroll kassierte Millionen für die Öffentlichkeitsarbeit seiner Mitarbeiter, obwohl der Verein diesen bereits hohe Provisionen für die Mitgliederwerbung bezahlt hatte.

Es liegt auf der Hand, dass bei solchen Methoden beschämend wenig Geld für die Tiere übrig bleibt. Gerade einmal 20 Prozent flossen 2007 in den aktiven Tierschutz. So präsentierte es der Wirtschaftsprüfer des Vereins in der jährlichen Delegiertensitzung einem ausgewählten Publikum. Für Mitglieder und Öffentlichkeit hingegen griff der »vereinstreue« Finanzspezialist tief in den Zahlen-Schminktopf. Er rechnete vor, die Verwaltungs- und Werbekosten lägen bei 19 Prozent der Einnahmen. Eine grundlegend andere Aussage als gegenüber den vereinstreuen Delegierten, die zum Teil Nutznießer des Systems sind.

Dass so wenig Geld für die Tiere übrig blieb, lag darüber hinaus auch an großzügigen Zahlungen gegenüber treuen Mitstreitern. Zum Beispiel gönnte sich Rechtsanwältin Dr. Evelyn Menges monatliche Pauschalhonorare von fast 8000 Euro. Der »ehrenamtliche« Vorstandsvorsitzende Holger Knieling bekam 6600 Euro pro Monat – als Aufwandsentschädigung. Zusätzlich kassierte er als Unternehmensberater der Aktion Tier Verlagsgesellschaft 100 Euro pro Stunde. Das galt selbst dann, wenn er sich als Geschäftsführer selbst beriet. Wie praktisch! Warum das niemanden stört, könnte damit zusammenhängen, dass Holger Knieling und Michael Reichhardt im Jahr 1991, damals noch Studenten, die Firma Karo GmbH gründeten. Zu der Automatenaufstellerfirma stieß später Frank Kroll hinzu. Über das Treiben des »Tierschützertrios« brachte der Spiegel Ende 2009 einen Bericht mit der aussagekräftigen Headline: »Geschäfte mit Dackelblick«.

(‚Stefan Loipfinger: Die Spendenmafia – Schmutzige Geschäfte mit unserem Mitleid. S. 132fff; Hevorhebg. d. DN-Red.)

 

              

 

DIE SPENDENMAFIA zu Tenbieg

 

              

Beim Verein Südeuropäische Tierhilfe ist Sigurd Tenbieg Präsident, zusammen mit dem knapp 28 Jahre jüngeren Sajid Tenbieg. Erklärtes Ziel ist die Linderung von Tierleid in südlichen Ländern Europas. Großzügige Geldgeber sind unter anderem der Tierschutzförderverein, der Bund deutscher Tierfreunde und Aktion Tier – Menschen für Tiere (vormals DTHW Deutsches Tierhilfswerk). Seit 2007 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Sigurd Tenbieg wegen des Verdachts auf Spendenbetrug. Genaueres wollte sie nicht bekanntgeben, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Sigurd Tenbieg selbst war zu einer Stellungnahme nicht bereit. Der Tiernothilfe in Europa e. V., der vormals Tierschutz Costa Blanca e. V. hieß, sitzt ebenfalls in Kleve, der Präsident heißt Sigurd Tenbieg. Vizepräsidentin: die knapp 30 Jahre jüngere Melanie Tenbieg. Tierheim-Tierhilfe, ein weiterer Verein, der von Sigurd Tenbieg zusammen mit Sajid Tenbieg geführt wird, nannte sich 1986 bei ihrer Gründung Tierheim Kleve e. V. Zwei Jahre später wurde sie durch Unterstützung des DTHW Deutschen Tierhilfswerks vor dem finanziellen Aus bewahrt.

Auch beim Bund deutsche Tierfreunde e. V. ist Sigurd Tenbieg als Vorstand aktiv. Davon profi tieren die Tenbieg-Vereine Südeuropäische Tierhilfe und Tierheim-Tierhilfe. Beide erhalten großzügige Unterstützungen vom BdT Bund deutscher Tierfreunde. Animal Friends International e. V. (AFI) ist beim Bund deutscher Tierfreunde als Berechtigter im Falle einer Vereinsaufl ösung eingetragen. Laut Impressum der Vereinshomepage heißen, wie beim BdT, die Vorstände Martina Klein und Sigurd Tenbieg. Und auch der in Kleve ansässige Verein Natur- und Tierhilfe wird von Sigurd Tenbieg geführt, zusammen mit Maria Neuhaus. Ebenfalls zum Tenbieg-Vereinsimperium gehört das Albert-Schweitzer-Tierheim ohne Gitter. Laut eigenen Angaben beherbergt es im Schnitt 20 Katzen und 250 bis 300 Hunde.

Wem noch nicht schwindelig ist – das Tenbiegsche Spendenkarussell dreht sich noch weiter: Ganz besonders undurchsichtig zeigt sich der Verband Tierfreunde Rumänien. Die Tenbieg-Vereine Tierschutzförderverein, Südeuropäische Tierhilfe und Tierheim-

Tierhilfe gründeten zusammen mit Christina Faust den rumänischen Verein Asociatia Prietenii Animalelor-Romania, eingetragen im Registergericht in Bukarest. Mit der Kontrolle der Mittelverwendung war angeblich die Tierheim-Tierhilfe betraut. In Bukarest wird ein Großtierheim für 1000 Hunde unterhalten, finanziert vom Deutschen Tierhilfswerk.

Nach außen hin, und erst recht in Sachen Eigen-PR, liefert das Vereinsflechtwerk ein recht harmonisches Konzert. Natürlich haben alle nur die besten Absichten. Die Kooperationen geschehen selbstverständlich ganz im Sinne von Spendern und Tieren. Intern gilt hingegen das alte Spiel »Linke Tasche, rechte Tasche«. Das Muster dahinter: Ein Verein, bei dem Tenbieg im Vorstand sitzt, gewährt Mittel für einen anderen Verein mit Tenbieg im Vorstand. Wohl kaum zum Schaden seiner Familie, um nicht zu sagen seines Clans. Denn bei einigen Vereinen sitzen neben Sigurd noch weitere Familienangehörige im Vorstand. Und auch außerhalb der Familie zeigt sich Tenbieg sehr loyal gegenüber alten Freunden, selbst wenn diese längst ihre Glaubwürdigkeit im Tierschutz verloren haben.

(ibid.)

 

              

 

Das schwerkriminelle Potenzial in einer WDR-Dokumentation

Der DN-Redaktion selbst erst kürzlich bekannt wurde diese alte, aber hoch aufschlussreiche Dokumentation des WDR über Wolfgang U. und seine Umtriebe in Thailand. Wie die Erläuterungen auf YouTube angeben, handelt es sich dabei um einen alten VHS-Mitschnitt. Entsprechend schlecht ist die Bildqualität. Leider ist auch nicht bekannt, aus welchem Jahr die Dokumentation stammt. Wer das schwerkriminelle Potenzial des Tierschutzes einigermaßen realistisch abschätzen möchte, dem sie diese Doku warm ans Herz gelegt.

Am treffendsten ist der Schlusssatz:

 

„Zahlreiche Weggefährten [Wolfgang. U.s] aus besserer Zeit gründeten mittlerweile gemeinnützige Vereine – im Tierschutz natürlich.“

 

Wenn die Ankündigungen diverser Medien korrekt sind, wird es in den nächsten Wochen genau um diese Weggefährten gehen!