Aua747

Aua747: Kitsch in Klumpen in der BR-Abendschau: Promiauftrieb auf dem Sonnenhof

 

{ein ironischer Kommentar}

 

Der Kitsch trieft in Klumpen. Das Klischee wird schwelgend schmerzfrei bedient. Die gute Tat feiert sich einmal wieder selbst und drum herum ballt sich die Münchner Prominenz. Promigesichter drängeln sich vor Kameras und das im Arm strampelnde Hundeglück wird zwangsbeschmust.

Es ist Promiauftrieb anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Tierheims Sonnenhof im bayrischen Rottenbuch. Sonnenhof: „Eine einzigartige Begegnungsstätte für Mensch und Tier“, so die Selbstbeschreibung, wobei diese Einzigartigkeit nicht weiter erklärt wird. Natürlich hat diese Stätte „Herz und Seele“ in Gestalt der „Unternehmerin und Tierfreundin Renate Thyssen-Henne“. Die war einst oder ist noch „vom Schicksal der spanischen Straßenhunde tief betroffen“ (alle Zitate von der Website Sonnenhof).

Betroffen?

 

„Einzigartiger“ Schmus und vermenschlichender Schmalz

Dann reifte er, der (einzigartige?) Plan, eine „Zufluchtsstätte“ (also schlicht: ein Tierheim) …. Szeneinsider kennen den Schmus. Am langen Ende kommt raus, was immer rauskommt: „ein einzigartiges Projekt für Mensch und Tier“ (alle Zitate von der Website Sonnenhof).

Dahinter stehen die Organisationen Aktion Tier (!!!; vgl. auch Aua384), SOS Projects e. V. und die Stiftung Menschen für Tiere (siehe hier).

Und die Abendschau des Bayerischen Fernsehens berichtet über den Anlass und Auftrieb mit dem unsäglichen Intro: „Wo sich Leid in Liebe verwandelt“  hier.

(Auf das schmalztriefende „Wo sich Leid in Liebe verwandelt“ sollte satirisch später noch einmal zurückgerutscht werden.)  

Auf welchem Level bei Jubiläum und Fernsehauftritt Tierschutz-Folklore betrieben wird, verrät die Sprache von Renate Thyssen-Henne am Hundezwinger. Dort wedelt eine „Mami“ mit ihren „Babys“, die schrecklich „süß“ …. Nee!

Und wer gleich wieder gar nicht fehlen darf: Nina Ruge (vgl. auch Aua411).

Aua747   

Bildzitat Screenshot von: https://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/schwaben-und-altbayern-aktuell/sonnenhof-10-jahre-100.html
Skandal im Sonnenhof: Trotz glänzender existenzieller Situation ist Renate Thyssen-Henne – glaubt man den Verlautbarungen auf der Website des Tierheims Sonnenhof – selbst vom Schicksal eines spanischen Straßenhundes „betroffen“! Aber es kommt noch schlimmer: Auf dem Promi-Tierschutz-Vorzeigeprojekt in Bayern werden „Mamis“ mit ihren „Babys“, beide „süß“, in Zwingern gehalten!!! Eine Stellungnahme von Amnesty International zu diesen skandalösen Menschenrechtsverletzungen lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor! Das Intro des BR-Abendschau-Textes „Wo sich Leid in Liebe verwandelt“ klingt angesichts solcher Zustände doch etwas zynisch?


Gescheiterte Flucht weg von der Hofberichterstattung: 0 Zahlen!

Am Ende des Abendschau-Beitrags versucht der Autor noch einmal schlapp den Wechsel von der Hofberichterstattung zum Journalismus und fragt nach Zahlen. Pfui Teufel! Aus dem Off heißt es dazu dann aber schon: „Mit Zahlen hält man sich aber vornehm zurück“. Und mit beeindruckender Mimik gibt die Tochter von Renate Thyssen-Henne, Dr. Gabriele Inaara Begum Aga Khan, den O-Ton dazu: „Also über Geld brauchen wir jetzt nicht im Einzelnen zu reden  […].“

Ja, ja!

 

Der über Zahlen redet

Bevor sich Doggennetz.de wieder auf dem Minenfeld presserechtlicher Zensur verspielt, machen wir es uns bequem und zitieren ganz einfach aus dem zum „Sonnenhof“ gehörigen Kapitel in Stefan Loipfingers Die Spendenmafia:

              

Die Verwirrspiele mit dem Sonnenhof

Mit dem Verein SOS Projects für Mensch und Tier sind ebenfalls prominente und zum Teil steinreiche Mitbürger verbunden. Der 2002 gegründete und von Renate Thyssen-Henne geführte Verein hat sich das Motto »Menschen helfen Tieren, Tiere helfen Menschen« auserkoren. Hauptprojekt ist der »Sonnenhof« in Oberbayern, wo nach Vereinsangaben zeitweise etwa 45 Hunde leben. Die Tiere würden auch zu Therapiezwecken eingesetzt, um langzeitkranken und traumatisierten Kindern sowie älteren und einsamen Menschen zu helfen. »Prominente unterstützen SOS« ist werbend auf der Homepage zu lesen: »Ob Fernsehstar Carolin Reiber, Rockstar Peter Maffay, Volksmusikstar Hansi Hinterseer oder Michael Aufhauser – Tierschützer und Gründer des bekannten ›Gut Aiderbichl‹ –, sie und viele andere sind unsere prominenten Helfer, Begleiter und liebe Unterstützer.« In der Liste der Vereinspromoter fehlt auch nicht die Tochter der Vereinsvorsitzenden Renate Thyssen-Henne, Dr. Gabriele Inaara Begum Aga Khan. Im Vereinsbeirat sind zum Beispiel Ernst Theodor Henne und der Opernsänger Thomas Hampson vertreten.

Die klingenden Namen kommen geballt daher. Geht es hingegen um die konkrete Verwendung der Spenden, gibt sich der Verein auskunftsknapp. Trotzdem werden leichtgläubige Tierfreunde geködert: »Jeder Euro zählt«. Wichtige Projekte müssten weiterentwickelt werden, dazu gehöre vor allem der Ausbau der Begegnungsstätte Sonnenhof für Mensch und Tier. Insbesondere ginge es um Besuche förderungswürdiger Kinder und traumatisierter Jugendlicher – Opfer von sexueller und häuslicher Gewalt.

Das hört sich edelmütig an. Doch was bedeutet das für den Spender? Wie viel Geld kommt dem Tierschutz zugute? Was kosten die Resozialisierungsprojekte? Welche Beträge fließen in den Aus- und Umbau des Sonnenhofs? Wichtig wäre zudem zu erfahren, wem der Sonnenhof eigentlich gehört, der da mit Spendengeldern ausgebaut wurde. Laut einer Vereinsbroschüre wurde das Anwesen 2002 von SOS Projects erworben. Doch in der Bilanz des Vereins, das trug ein Insider CharityWatch.de zu, taucht die Immobilie nicht auf.

Auf Nachfrage ließ der Verein über eine Hamburger Promikanzlei mitteilen, der Sonnenhof sei von einem Animal Protection Irrevocable Trust gekauft worden, der diesen wiederum über eine zu hundert Prozent gehaltene US-amerikanische Shelter LLC erwarb. »Sinnvolle Diskretion« und die Trennung der Immobilie vom Vermögen der Vereinsgründer seien Ursache für dieses komplizierte Konstrukt. Diskretion, wo doch Renate Thyssen-Henne und ihre Tochter Dr. Gabriele Inaara Begum Aga Khan mit dem Sonnenhof permanent in der Presse auftreten? Und um die Immobilie sauber vom Vermögen der Vereinsgründer zu trennen, wäre es am einfachsten gewesen, sie direkt auf den Verein zu übertragen.

All das ist schwer zu verstehen, aber mittlerweile angeblich kein Problem mehr. Denn ein weiterer Rechtsanwalt teilte Ende 2009 mit: »Aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten 100-prozentigen Übertragung des Eigentums an der Shelter LLC auf den Verein ist dieser heute, wie seit längerer Zeit beabsichtigt, wirtschaftlicher Eigentümer der Immobilie, auf der der Sonnenhof betrieben wird.« Im Klartext: Die Aussage, dass das Anwesen 2002 vom Verein erworben wurde, war falsch. Und selbst nach der Übertragung gehörte dem Verein eine amerikanische Gesellschaft und nicht die Immobilie direkt. Ob damit auch Kredite übertragen wurden und was vorher auf der Ebene dieser internationalen Konstruktion passierte, wollten die Vereinsanwälte nicht mitteilen.

Nachdem die Hamburger Promikanzlei keine Erfolge verbuchen konnte, wurde von den Vereinsverantwortlichen Anfang 2011 eine weitere Kapazität in Sachen Presserecht hinzugezogen. Der Universitätsprofessor schuf noch weitere Verwirrung durch die Aussage, der Sonnenhof gehöre nun der Stiftung Gut Aiderbichl Deutschland, mit der SOS Projects seit Ende 2009 kooperiert.

Diskussionsstoff liefern zudem Werbeaussagen des Vereins in einer Broschüre: »Alle Spenden sind steuerlich voll abzugsfähig und kommen – ohne Abzug für Verwaltungskosten oder Spesen – ausschließlich den bedürftigen Menschen und Tieren zugute.« Ein Insider bestätigte allerdings, es würden sehr wohl Ausgaben für die Verwaltung anfallen. Ein klärender Blick in die Jahresabschlüsse wurde von SOS Projects verwehrt. Stattdessen teilte der erste von Renate Thyssen-Henne beauftragte Rechtsanwalt mit, Fragen an ihn zu richten »und keine Dritten damit zu behelligen«. Mit den Dritten waren wohl die Vereinsverantwortlichen gemeint, die später besagten Universitätsprofessor mandatierten. Der erste Anwalt entkräfteteden Vorwurf der Verwaltungs- und Werbekosten mit dem Hinweis, sie wären durch Spenden der Gründer familie in Höhe von 520 000 Euro in den Jahren 2008 bis 2010 getragen worden. Wenn das stimmt, warum wird dann eine Einsicht in die Einnahmen und Ausgaben des Vereins verweigert? Stattdessen kommt es zur Mandatierung exklusiver Anwälte, die seitenweise Drohungen aussprechen und sich nicht scheuten, einen für jeden unabhängigen Journalisten an eine Beleidigung grenzenden Vorschlag zu machen: »Wir sind bereit, Ihren Text zu lesen und – soweit möglich – zu bestätigen, dass unser Mandant keine Einwände erhebt.« Texte zur Freigabeverschicken – wo bleibt denn da das Recht auf Meinungsfreiheit?

(Stefan Loipfinger: Die Spendenmafia  – Schmutzige Geschäfte mit unserem Mitleid, S. 106-108)