Aua725: Deutscher Tierschutzbund: Tierschützer sollen für Altkleiderunternehmen werben

{TS-Kritik}

 

Die viel zu große Nähe des WWF zur Industrie ist Kernaussage des derzeit brisantesten Buches in dieser Themensparte: Wilfried Huismanns Schwarzbuch WWF.
Die viel zu große Nähe des Deutschen Tierschutzbundes (DTB) zur Industrie war nicht nur einer der letzten großen Artikel auf CharityWatch.de, sondern ist durchlaufendes Thema auch auf Doggennetz.de (Artikelliste am Ende vom Text). Gerade erst verstörte das Werben des DTB für den neuen Kooperationspartner LIDL, der Discounter mit dem „berühmten“ Sozialprofil (vgl. Aua657). Und schon verkündet der DTB-Präsident Thomas Schröder eine neue „Kooperation“ mit der Industrie: mit dem Altkleiderunternehmen AKL GmbH!

 

Tested bei Tessi Lödermann

Unter den aktuellen Pressemitteilungen auf der Website des Dachverbandes findet sich (bisher) noch kein Hinweis auf diesen neuen Industriepartner. Denke nicht, Schelm!

Dafür schlägt der Tierschutzbund schon einmal die Konkurrenz aus dem Feld mit Hinweisen auf jene schwarzen Schafe dieser gut beleumdeten Zunft, die widerrechtlich mit den Namen des DTB um Kleiderspenden bitten (hier).

Das – Werben mit dem berühmten Namen – darf künftig vermutlich nur noch das Altkleiderunternehmen AKL GmbH. So zumindest kündet es ein Rundbrief des Dachverbandes „an die Tierschutzvereine und Tierheime im Deutschen Tierschutzbund e. V.“ vom 23. Juli 2012 an.

Darin fängt der Präsident, von dem wir nach wie vor nicht wissen, ob er nun ehren- oder hauptamtlich tätig ist (vgl. Aua517), erst einmal mögliche „Voruteile“ gegen die Branche – Altkleidersammlung – auf. Der TSV Garmisch-Patenkirchen habe seit mehreren Jahren eine „vertrauensvolle und für beide Seiten vorteilhafte Kooperation“ mit AKL. Diese Fruchtbarkeit teilte deren erste Vorsitzende, Tessi Lödermann, nun vertrauensvoll dem Dachverband mit.

Tierschützer als Container-Standort-Sucher

Und DTB-Präsident Thomas Schröder instruiert nun die ihm angeschlossenen Vereine, wie sie sich ebenfalls in den – natürlich fruchtbaren – Dienst der Branche stellen können. Sie sollen nämlich „das Unternehmen [i. E. AKL ] […] bei der Suche nach geeigneten Stellplätzen für Altkleiderbehälter auf öffentlichen oder privaten Plätzen in der Region unterstützen“ (Zitat aus dem Rundbrief des DTB an die Tierschutzvereine vom 23.07.2012). Die DTB-Mitgliedsvereine avancieren solcherart zu „Türöffner für Gespräche mit dem Besitzer des Grundstückes“ (ibid.). Damit jedoch nicht genug: „Um die Container dann zu einem auch für Sie finanziellen Erfolg werden zu lassen ist es sicher ratsam, dass Sie als Verein bei der Bewerbung der Idee helfen“ (ibid.).

Im Allgemeinen sind Tierschutzvereinsvorstände ehrenamtlich tätig. Und in dieser Tätigkeit haben sie in aller Regel alle Hände voll damit zu tun, Tierschutz zu machen und Spenden zu akquirieren. Diesen Aufgabenfeld wird jetzt erweitert, wenn Tierschützer durch die Lande geschickt werden, um für Altkleider-Container zu werben.

Garant für die Seriosität der Kooperation ist neben dem TSV Tessi Lödermann, sorry: Garmisch-Patenkirchen, „die enge Abstimmung der Vertragsgestaltung mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)“. Das ist jener angebliche Garant für Transparenz, der überhaupt kein Problem damit hat, wenn seine Mitgliedsvereine eben nicht transparent sind (vgl. Aua517) und zum Beispiel der Öffentlichkeit nicht verraten, wie viele Spenden sie von der Industrie – Beispiel Mars Petcare – bekommen, ob der Präsident ehren- oder hauptamtlich tätig ist und noch ein paar 22 andere offene Fragen mehr!

 

Sensationelle Effizienz

Die Versprechungen des DTB an seine Mitgliedsvereine sind extrem hoch – so hoch, dass normale Wirtschaftsunternehmen damit schon nicht mehr konkurrieren können. Der DTB verkündet den erfolgreichen Altkleider-Container-Standort-Sucher-Tierschützern folgende Gewinnquote:

              

Geplant ist, dass der Großteil der Einnahmen (75 %) direkt an Sie als Mitgliedsverein gehen wird. Zudem gehen 20 % der Einnahmen an den Feuerwehrfond des Deutschen Tierschutzbundes, aus dem Tierschutzprojekte bezuschusst werden, weitere 5 % an Ihren jeweiligen Landesverband, gedacht als Unterstützung für Tierschutzprojekte auf der Landesebene.

(Rundbrief des Deutschen Tierschutzbundes an die Tierschutzvereine vom 23.07.2012: Kooperation mit Altkleiderunternehmen AKL GmbH; Hervorhebung d. Red.)  

              


EINNAHMEN – nicht: Gewinn!

Vielleicht hat es dieser oder jener schon im Kopf ausgerechnet, sonst hier noch einmal synoptisch (und für unsere  Fingerzähler von Facebook in  Zahlen): 75 + 20 + 5 = 100! Das würde bedeuten: 100 % der EINNAHMEN (nicht: Gewinn) gehen an/ in den Tierschutz!

Dolle Sache! Da kann man nicht meckern. Es bleibt dann nur zu fragen, woraus das Unternehmen AKL seinen Gewinn erwirtschaften und vor allem seine Unkosten (Container, Bereitstellung, Betreuung, Leerung, Transport etc.) bestreiten will?

Oder es bleibt zu fragen, wie glaubwürdig diese Ankündigung des DTB ist?

Im Normalfall wäre eine solche Frage an den DTB zu richten, der aber, das wissen wir ja nun schon (vgl. Aua517 und hier), kritische Fragen (von Doggennetz.de oder früher CharityWatch.de) nicht beantwortet.


Die Altkleider-Lüge

Um noch einmal auf die auch von Thomas Schröder angesprochenen  „vielen Vorurteile“ gegen die Altkleider-Branche zu sprechen zu kommen, sei auf Stefan Loipfingers Buch Die Spendenmafia verwiesen. Dort kann man seitenweise zur Branche im Kontext mit gemeinnützigen Vereinen lesen. Hier eine Leseprobe:

              

Containerweise Schweigen – Nachrichtensperre im Altkleiderkrieg

Mafi aähnliche Züge und knallharte Revierkämpfe kennzeichnen das Geschäftsumfeld der Altkleidersammlungen, denn der Krieg um geschenkte Kleidungsstücke ist hoch lukrativ. Dass die Textilindustrie in den Entwicklungsländern durch zu Dumpingpreisen angebotene Altkleidung aus den Industrieländern zugrunde geht, ist ebenso unbedeutend wie die Ausbeutung der häufig als Subunternehmer tätigen Immigranten, die meist für einen Hungerlohn Altkleider an den Haustüren abholen.

Völlig skrupellos sind viele Altkleidersammler in Bezug auf Anreize für Kleiderspender. Gerne wird behauptet, die Sammlung sei für einen guten Zweck. Meist prangt der Name eines wohlklingenden Vereins in dicken Lettern auf den Informationszetteln in den Waschkörben. Gezielt wird der Eindruck erweckt, die getragene Kleidung von Leuten, die im Überfluss leben, komme denjenigen zugute, die sich nicht auf der Sonnenseite des Lebens befinden.

Weit gefehlt. Selbst mit den Brosamen für die Ärmsten der Armen werden noch dunkle Geschäfte gemacht.

(Stefan Loipfinger: Die Spendenmafia: Schmutzige Geschäfts mit unserem Mitleid, 2011, Seite 85)

              

Mit den Markierungen „mafiaähnliche Züge und knallharte Revierkämpfe“ sind wir natürlich schon wieder mitten drin in der Tierschutzszene… 

Aber wer mit einem Kooperationspartner Lidl kuschelt, der findet sicherlich auch eine Ethikprothese für den moralischen Mangel, dass das Altkleidergeschäft für die Entwicklungsländer den Ruin bedeute, wie Experten behaupten: Vom „knallharten Geschäft“ , von „Profiteuren“ und von „Betrug“ ist deshalb auch in diesem informativen Artikel auf DritteWelt.de die Rede:  Die Altkleider-Lüge. 

Weitere DN-Artikel zum DTB:

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Satiren:
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