Aua717: Reaktionen auf den BKA-Brief Aua697: Beschluss des Landgerichts Köln

{TS-Kritik}

 

Aktualisierung vom 2. Oktober 2013:

Klarer Fehler der DN-Redaktion: Dieser Artikel war im laufenden Verfahren zu Aua697 (siehe Aktualisierung vom 02.10.2013 dort) veröffentlicht worden. Das sollte ein Verfügungsbeklagter tunlichst unterlassen, was Karin Burger leider zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt war. Erst auf Hinweis des DN-Rechtsanwaltes und immer noch im laufenden Verfahren war dieser Artikel dann offline gestellt worden.

Nachdem DN in den Rechtsverfahren zu Aua697 2013 gewonnen hat bzw. beide einstweilige Verfügungen zurückgezogen wurden, wird auch dieser Artikel wieder online gestellt!

 

Eine Tierschutzorganisation hat beim Landgericht Köln gegen den Doggennetz.de-Artikel Aua697 Offener Brief an den BKA-Chef Jörg Ziercke und Innenminister Dr. Hans-Peter Friedrich Antrag auf einstweilige Verfügung auf Unterlassung  einiger öffentlicher Äußerungen gestellt.

Der Antrag wurde vom Landgericht Köln mit der Festsetzung eines Termins zur mündlichen Verhandlung sowie einem drei Seiten umfassenden Beschluss beantwortet.

Nachfolgend Zitate aus dem Beschluss des Landgericht Kölns Az.: 28 O 275/12.

Die Hervorhebungen im Text wurden von der Doggennetz.de-Redaktion vorgenommen ebenso wie die Einfügung von Absätzen zur besseren Lesbarkeit:

              

[…]

3.

Die antragstellende Partei wird auf Folgendes hingewiesen:

a) Der Antrag zu 1) ist nach derzeitiger Auffassung der Kammer sowohl in der Fassung der Antragsschrift als auch in der Fassung des Schriftsatzes vom 02.07.2012 unbegründet.

Der Antragsteller wendet sich gegen einen Eindruck. Bei der Beurteilung von „zwischen den Zeilen“ zum Ausdruck gebrachten Aussagen ist zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich „verdeckten“ Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht beziehungsweise sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt.

Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die „verdeckte“ Aussage einer „offenen“ Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm „offen“ mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. BGH NJW 2006, 601, 603).

Soweit vermeintliche Eindrücke streitgegenständlich sind, ist Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch daher stets, dass eine bestimmte Aussage aus dem Text für den Leser als Eindruck unabweislich folgt. Bei verdeckten Aussagen ist ein Unterlassungsanspruch mithin nicht schon dann begründet, wenn sich aus den im Text enthaltenen Aussagen mehrere Schlüsse ergeben und ein solcher Schluss in einer nicht fernliegenden Auslegungsvariante das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen würde.

Für die Anwendung der so genannten Stolpe-Rechtsprechung (BVerfG NJW 2006, 207, 209 – ,,lM-Sekretär“ Stolpe) ist nur bei Aussagen Raum, die vom maßgeblichen Publikum überhaupt als eine geschlossene, aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung wahrgenommen wird (BVerfG NJW 2010,3501, 3502 – Genmilch). Dies ist jedoch bei zwischen den Zeilen zum Ausdruck kommenden Aussagen nicht anzunehmen, wenn sich die Aussage für den Leser nicht unabweislich aufdrängt (LG Köln, Urt. v. 30.11.2011,28 O 654t11, Rz. 28-zit. nach Juris; LG Hamburg, Urt. v.01’10’2010′ 2Og4 O 3/10, BeckRS 2011,21810).

Nach Auffassung der Kammer drängt sich in der angegriffenen Berichterstattung nicht unabweisbar auf, dass es einen „nachweisbaren unmittelbaren Zusammenhang“ des Antragstellers mit dem „Rechtsextremismus“ oder eine „Gewaltbereitschaft“ des Antragstellers gebe, bzw. über dessen Verteiler E-Mails mit „Heil“ unterzeichnet würden. Der Antragsteller wird lediglich mit einer von ihm unstreitig getätigten Aussage zitiert, die die Antragsgegnerin als „Auslandshetze“ bewertet. Dies geschieht im Zusammenhang mit einer allgemeinen Darstellung, dass die Tierschutzszene gewaltbereit sei und im Zusammenhang mit Rechtsextremismus stehe. Dass dies ausdrücklich auch für den Antragsteller gelte, ergibt sich demgegenüber nicht unabweislich.

Aber selbst wenn man davon ausginge, dass sich dem Leser der Bezug zum Antragsteller unabweislich aufdrängt, würde es sich gleichwohl nicht um eine verdeckte Tatsachenbehauptung handeln sondern allein um eine im Grundsatz zulässige Meinungsäußerung der Antragstellerin. [gemeint hier vermutlich: „Antragsgegnerin“ – DN-Red.]  Dies ergibt sich bereits daraus, dass die vom Antragsteller formulierten Eindrücke ohne fassbaren Kern sind. Dies zeigt, dass die Aussage substanzlos ist und folglich keine dem Beweis zugänglichen Umstände beinhaltet.

Die Antragsgegnerin bringt vielmehr ihre Meinung zum Ausdruck, dass die Tierschutzszene gewaltbereit sei und rechtsextreme Tendenzen aufweise, wofür sie sich einerseits auf die Aussage des Antragstellers stützt und andererseits auf den Umstand, dass sie E-Mail empfangen hat, die mit „Heil“ unterzeichnet waren.

Da die Aussage damit auch im Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung erfolgt, ist sie nach Auffassung der Kammer auch nicht als Schmähkritik zu werten.

 

b) Auch der Antrag zu 2) ist nach der derzeitigen Auffassung der Kammer unbegründet. Diesbezüglich bestehen bereits Bedenken an dem Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Denn da der Bezug zu dem Antragsteller durch die Verlinkung des Artikels Aua [Artikel-Nummer zum Schutz der Anonymität des Antragstellers entfernt – DN-Red.]  hergestellt wird, der die streitigen Aussagen bereits im Kern enthält, kommt es darauf an, wann der Antragsteller hiervon Kenntnis erlangt hat.

Hierzu fehlt bislang eine Glaubhaftmachung.

Daneben bestehen insoweit aber auch hinsichtlich des Verfügungsanspruchs die unter a) bereits dargelegten Bedenken.

[Hier wurde eine Passage aus Gründen der notwendigen Anonymisierung entfernt – die DN-Red.]

Steht ein solcher Verdacht aber im Raum, stellt es ein zulässige Meinungsäußerung dar, dass insoweit eine Verbindung des Antragstellers zur organisierten Kriminalität bestehe. Die Antragsgegnerin spricht im Übrigen auch lediglich von Verbindungen, so dass der Eindruck, es gäbe einen „unmittelbaren Zusammenhang“, ohnehin von der vermeintlichen Verletzungshandlung nicht gedeckt ist.