Aua596: PETA deckt skandalösen Veterinäramtsfilz auf
{TS-Kritik}
Viele Tierschützer kennen ihn, den nahezu stereotypen „Bescheid“ von Veterinärämtern nach Anzeige gravierender Missstände: „Alles in Ordnung“, „Tierhaltung wird regelmäßig von uns kontrolliert“.
Sie heißen Karlsruhe, Altenkirchen, Euskirchen …
Auch Doggennetz.de hatte schon verschiedentlich explizite Fragezeichen zum Amtsverständnis einzelner Veterinärbehörden gesetzt. Bei dem Tierschützer-Transport-Skandal im Zuständigkeitsbereich des Veterinäramts Karlsruhe letztes Jahr im Juni war nicht mehr nachvollziehbar, warum der zuständige Veterinär den Transport hat bis Österreich weiterfahren lassen. Auch das hartnäckige Schweigen der Behörde auf Presseanfrage hin wirkte angesichts des Ausmaßes dieses Skandals – immerhin wurden „behördlicherseits“ neun tote Tiere sichergestellt – nicht mehr nachvollziehbar. Vergleich dazu Aua194.
Die „Eigenartigkeiten“ im Tierschutzverständnis mancher Veterinärbehörden lässt sich oft erst dann dokumentieren, wenn durch Presseanfragen & Co. intensiver nachgehakt wird. Wie sich das Veterinäramt Altenkirchen von einem der Verletzung einschlägiger Transportvorschriften beschuldigten Tierschutzverein mit der Vorlage von einem Bild, das dieser selbst angefertigt hat, „beruhigen“ ließ, darüber berichtete Aua378.
Auch über den hartnäckigen, wichtigen, dennoch äußerst frustrierenden Widerstand des Tierschutzvereins Kall gegenüber dem hartnäckig inaktiven Veterinäramt Euskirchen hatte Doggennetz.de berichtet (vgl. Aua493).
Dem aktuellen Skandal regional nähert sich der Doggennetz.de-Leser, wenn er noch einmal den Bericht über das Tierheim Ravensburg rezipiert (vgl. Aua9 und mein CW-Artikel). Bis heute nicht geklärt im Falle Ravensburg ist, wie das zuständige Veterinäramt im Tierheim Ravensburg den Bau von Hundeinnenzwingern genehmigen konnte, die in ihrem Maß deutlich unter den Mindestanforderungen der Tierschutz-Hundeverordnung liegen: unter fünf Quadratmetern!
Dass sich die Journalisten der Schwäbischen Zeitung in ihrem damaligen Protest- und Solidaritätsartikel mit dem örtlichen Tierschutzverein die Story vom blauen Gaul aufbinden ließen, die Hunde hätten jederzeit Zutritt zum Außenzwinger, mithin die Verantwortlichen die Quadratmeter dieser einfach dazurechnen, ist erklärlich. Aber dieses Schönrechnen wird schon durch die Verordnung selbst ausgeschlossen.
Tolles Personal beim Veterinäramt Ravensburg
Durch hartnäckige und sehr erfolgreiche Recherchen von PETA gewinnt gerade dieser Fall jetzt eine neue Perspektive! Im Zusammenhang mit den skandalösen Zuständen bei einem VDH-Schäferhundzüchter in Tettnang, gegen welche die Tierrechtsorganisation mit schlagkräftigen juristischen Mitteln vorgeht, kommen Details über das Personal von Veterinärämtern ans Tageslicht, die viele Phänomene erklärlicher machen.
Zum Einstieg ins Thema empfiehlt diese Redaktion das anschauliche PETA–Video von der VDH-Zuchtstätte „Von den Schwarzen Seeperlen“.
Die besondere Pikanterie an diesem Fall liegt in der Tatsache, dass die für diese Zustände verantwortliche „Züchterin“ zeitgleich Amtstierärztin beim Veterinäramt Ravensburg ist. Daraus resultiert übrigens auch die Verwirrung bezüglich der beiden involvierten Veterinärämter, wie sie in einem Artikel der Schwäbischen Zeitung zitiert wird.
Für die Zuchtstätte selbst sei das Veterinäramt Bodenseekreis verantwortlich. Doch die Ehefrau und gemäß den bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg von PETA vorgelegten Beweisen verantwortliche Züchterin selbst ist als Amtstierärztin beim Veterinäramt Ravensburg angestellt. Das sollten sich Tierfreunde und Tierschützer vor Augen halten, wenn sie obiges Video ansehen!
Darüber hinaus liegen PETA Informationen vor, dass die kritisierte Zuchtstätte gar nie genehmigt worden sei.
Bildzitat Screenshot von: https://www.peta.de/web/vdhbodensee.4444.html |
Vorwurf der Lügen und Strafverteitelung durch das Veterinäramt
In einer aktuellen weiteren Dienstaufsichtsbeschwerde von PETA an die Staatsanwaltschaft Ravensburg gegen das Züchterehepaar bringt Dr. Edmund Haferbeck, Wissenschaftlicher Berater von PETA, die Sachverhalte ungeschminkt auf den Punkt. Das für die Zuchtstätte zuständige Amt (i. e. Veterinäramt Bodenseekreis) habe die Öffentlichkeit wiederholt belogen. Deren Aussagen stellten „krasse Lügen“ dar. Das Amt habe sich „strafvereitelnd verhalten“. In der kritisierten VDH-Zuchtstätte (!!!) habe über Jahre hinweg „systematische Qualzucht“ stattgefunden, was „in strafrechtlich relevanter Weise […] durch die zuständigen staatlichen Organe“ protegiert worden sei. Zu der beschuldigten Amtstierärztin heißt es wörtlich:
Als besonders verwerflich ist dies für die Amtsveterinärin [Name von der Red. entfernt] herauszustellen, die sich im asozialen Umfeld ihres Mann voll in die Tierquälereien, die Profit abwarfen, hat einbinden lassen. (Zitat aus der weiteren Dienstaufsichtsbeschwerde von PETA an die Staatsanwaltschaft Ravensburg v. 10.04.2012; Hervorhebung d. Red.).
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Auch Polizeihundestaffel involviert
Doch das, was PETA an Filz und Skandalen für die Veterinärämter Ravensburg und Bodenseekreis aufdeckt, greift noch weiter. Auch die Polizeihundestaffel ist involviert. Diese nämlich sei, so die PETA-Anzeige, mit den Ermittlungen gegen die Züchter beauftragt worden, obwohl diese Staffel Hunde von genau diesem Züchter bezogen haben soll. Überdies sei der Züchter selbst Mitglied der Staffel gewesen.
Wegnahme der Hunde aus mittäterschaftlichen Gründen nicht erfolgt
Dass den „Züchtern“ (VDH!!! & Amtstierärztin!!!) die Hunde bisher nicht weggenommen worden seien, habe, so der Antrag von PETA weiter, „mittäterschaftliche Gründe“.
Würde ein vergleichbarer Skandal auf politischer Ebene öffentlich werden, gäbe es eine Empörungs-, Statement- und Talkshow-Welle beachtlichen Ausmaßes. Da es sich im vorliegenden Fall „nur“ um Tierschutz handelt, besteht die berechtigte Sorge, dass sich dieses widerliche Filzknäuel zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung zwischen den energisch betriebenen Strafverfolgungsmaßnahmen von PETA und der halblustigen Berichterstattung einer Schwäbischen Zeitung verkullert.
Doggennetz.de-Wunsch
Wenn die Staatsanwaltschaft Ravensburg doch jetzt schon Betrieb aufgenommen hat, könnte sie dann nicht auch noch einmal die Hundezwinger des Tierheims Ravensburg angucken, nachmessen und von den verantwortlichen Veterinären einer Erklärung dafür verlangen, warum den Hunden dort Innenzwinger von unter fünf Quadratmetern zugemutet werden?
Bildzitat Screenshot von: https://www.peta.de/web/vdhbodensee.4444.html |