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Aua458: Tierversuche in der Futtermittelindustrie: Ein historischer Text und ein aktuelles Bild

 

{TS-Kritik}

[05.01.2012]

Diese Redaktion hatte schon in Aua379 die weitere Ausrichtung von DN hin auf die hinter all dem Tierschmutz stehenden Strukturen skizziert. Je tiefer Recherchierende jedoch in diese Materie vorstoßen, desto schwieriger wird die Quellenlage, die im Bereich wissenschaftlicher Publikationen häufig nur  über privilegierten Zugang möglich ist.

Nachdem schon der Begriff Random Source Dogs eingeführt und – wie an der DN-Seitenstatistik und an der Artikelrezeption in diversen Foren erkennbar – damit die Leser erfolgreich für das Thema sensibilisiert wurden,  erinnen wir nachstehend noch einmal an einen Text aus dem Jahr 2001 zum Thema Tierversuche in der Futtermittelindustrie, der aktuell noch auf der Website eines Schweizer Futtermittelherstellers und in verschiedenen Foren (hier und hier) verfügbar ist.

Der Text nennt Konzernnamen, die aktuell im Sponsoring großer Tierschutzorganisationen dominieren.

Der Text stammt aus einer Dokumentation von Dr. Milly Schär-Manzoli, die in ORIZZONTI 2001, Nr. 89 veröffentlicht wurde. Verantwortlich im Sinne des Presserechts ist die Antivivisektion e. V. Tierversuchsgegner Rhein-Ruhr.  Immer wieder wurde dieser Text dann auch in einschlägigen Foren eingestellt und diskutiert, wie hier im Polar-Chat oder 2008 im Forum Zooplus.

DN greift den  Text nicht um seiner selbst willen erneut auf. Es scheint wenig Sinn zu haben, den chronischen Galileo zu mimen und immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Erde keine Scheibe sei bzw. die Wohlstandstiere mit im Tierversuch getesteten Futtermitteln vollgestopft werden.

Diese Redaktion thematisiert den Text aufgrund der Verbindungen der Futtermittelkonzerne zu großen und mit größtem ethischen Getöse auftretenden Tierschutzorganisationen wie etwa dem Deutschen  Tierschutzbund e. V.

 

Alzheimer der Tierfreunde oder weil es so bequemer ist?

Es ist kaum nachvollziehbar, wie schon die wenigen, jedoch reichlich verstörenden Informationen des Orizzonti-Artikels nach kurzer Zeit wieder aus dem Bewusstsein von Tierschützern und Tierfreunden verschwinden können und es keinerlei Reaktionen hervorruft, wenn eine der größten deutschen Tierschutzorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund e. V. permanent im Kontext mit Sponsoring durch Fressnapf und Mars Petcare auftritt.

Das Thema soll in den nächsten Wochen und Monaten vertieft werden. Weitere Quellenangaben werden folgen.

Dies alles unter dem Vorbehalt: So lange Doggennetz zur Dokumentation und Veröffentlichung  in der Lage ist. Denn was anderen Kritikern der Futtermittelindustrie – genannt sei das Beispiel Klaus Dieter Kammerer – widerfahren ist, scheint den größeren Teil der Tierfreunde auch nicht weiter aufzuregen. DN begreift diese spastische Amnesie angeblicher Tierschützer und Tierfreunde als zynischen Ausdruck der szeneeigenen Doppelmoral.

 

Frisch ins qualvolle Thema

Viele Tierfreunde erinnern sich noch an den Skandal zum Tierfutterhersteller IAMS, der 2001 mit seinen Experimenten an Hunden in die Schlagzeilen geriet.  Auch der Orizzonte-Text weist darauf hin, dass den beschriebenen Versuchen kaum ein (wissenschaftlicher) Sinn zuzuweisen sei.

Die an sich schon eher kursorische Beschreibung der Versuche der zur Colgate-Palmolive-Gruppe gehörenden Firma Hill’s Pet Nutrition an Hunde und Katzen sind in dem Text nur schwer erträglich zu lesen.

Für unsere momentane Themenzentrierung interessant ist der Orizzonte-Text dort, wo er über die Firma Mars Pedigree ausführt: Diese  führte (Tempus?)  im englischen Center Waltham Tierversuche durch. Für das Jahr 1996 sei Mars Pedigree in rund 70 Forschungsprojekte verwickelt gewesen, die in über 30 Universitäten in fünf Ländern durchgeführt worden seien, behauptet der Text.

Der – historische, da elf Jahre alte – Text führt zu einem der Hauptsponsoren des Deutschen Tierschutzbundes e. V. weiter aus:

              

Im Waltham-Zentrum der Mars wurde unter anderen Experimenten auch folgende ausgeführt: Endoskopie (in den After eingeführte Rohre zur Kontrolle des Grimmdarms), Kontrolle der Bauchwinde mit Einführen von Instrumenten in den Magen, Isolierung von Hunden und Katzen , Vorenthalten der Nahrung bei Hunden, invasive Zahnuntersuchungen, die eine Anästhesie verlangen, usw. Im Verlaufe eines Experimentes, zur Kontrolle des Wasserstands im Grimmdarm, wurden 6 „sensibel“ und 6 als „robust“ bezeichnete Hunde verwendet. Alle erhielten eine Diät, die bei Hunden Durchfall verursacht, dann wurden an ihnen Klistiere vorgenommen, wobei von Hand flexible Rohre in ihren After eingeführt wurden.

Und ebenfalls das Waltham-Zentrum der Mars ist es, das einen Forscher der Universität Bristol (GB) finanzierte, damit er Katzen in einen 30x45x30 cm großen Plastikbehälter isoliere, während maximal 6 Stunden. Keine der Katzen hielt diese Behandlung aus, sie erstickten alle.

(Dr. Milly Schär-Manzoli: Tierversuche in der Futtermittelindustrie; ORIZZONTI, 2001, Nr. 89; hier zitiert von der Website der Firma San Health in der Schweiz, weil dort als pdf verfügbar.)

              

Dr. Milly Schär-Manzoli resümiert anschließend,  dass kein einziges dieser Experimente an Tieren notwendig sei:

              

Das Durchführen der oben beschriebenen Versuche unter dem Vorwand, gute Nahrung für Hunde und Katzen herzustellen, ist voller Wahnsinn. Dies schon daher, weil in Käfige eingesperrte und auf verschiedene Arten gequälte Hunde und Katzen, denen chirurgisch eingeführte Rohre im Magen stecken, nicht reagieren können, wie dies ihre glücklicheren Gefährten tun würden, die in Familien leben, wo sie geliebt und respektiert werden. Der Metabolismus ist verschieden, wie auch die Reaktion auf jeglichen Test und auf Substanzen unterschiedlich ist. Das ist eine alte Geschichte, die bereits im Verlauf der Jahre auch von Veterinären und Zoologie-Experten bestätigt wurde. Doch wer Tierversuche ausführen möchte, ignoriert solches. Die Interessen, die von den Firmen verfolgt werden, sind ausschließlich kommerzieller Natur. Der internationale Markt für Haustiernahrung (an dessen Spitze für Hunde und Katzen), wird auf 25 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt. Die Konkurrenz und die Wettbewerbsfähigkeit sind enorm.

(ibid.) 

              

Zum Ende des Textes werden die Konzerne und Hersteller benannt, welche die in dem Artikel beschriebenen Versuche an Hunde und Katzen ausgeführt haben, sowie die von ihnen hergestellten Produkte:

              

Procter & Gamble: IAMS, Eukanuba

Mars: Pedigree, Cesar, Whiskas, Sheba, Kitekat, Pal, Chappie, Bounce

Nestlé: Friskies, Friskies Petcare, Bonio, Wunalot, Soillers, Felix, Arthur’s Choosy, Alpo, Mighty Dog

Colgate-Palmolive: Hill’s Science Diet, Prescription Diet

Ralston-Purina: Purina, Edward Baker  

(ibid.)

              

Und wer vertreibt alle diese Produkte? Fressnapf!

Und wie hängen Fressnapf und der Deutsche Tierschutzbund zusammen?

Fressnapf „unterstützt“ (!!!) den Deutschen Tierschutzbund e. V. seit 15 Jahren mit Sach- und Geldspenden im Gesamtwert von 500.000 Euro jährlich (Quelle)!

 

Ungebrochene Aktualität

Konsequenzenverweigerer mögen vortragen, dass obiger Text immerhin über zehn Jahre alt sei.

Stimmt. So what?

Wenden wir den Blick auf aktuellere Publikationen. Da wäre etwa die Website iamsgrausam.de von PeTA.

Dort findet sich eine Liste mit Stand Mai 2008. Da der Screenshot die Lesbarkeit der aufgeführten Firmen nicht gewährleistet, ziteren wir ausführlich:

              

Folgende Firmen führen nach eigenen Angaben Tierversuche oder Ernährungsstudien an Tieren auf firmeneigenen Gelände oder in Vertragslabor durch: 

Colgate-Palmolive: Hill’s Pet Nutrition

Mars Petcare: z. B. Whiskas, Pedigree, Royal Canin, Sheba, Cesar, Kitekat, Frolic, Chappi, Trill

Procter & Gamble: Iams/Eukanuba

GESUNA: Gehört zu Nestlé Purina“ Marken sind z. B. Tix, Ko-Kra, Romeo, Schnucki, Chico, Premium, Rufus, Tropic

Nestlé Purina Petcare Deutschland GmbH: Felix, Matzinger, Bonzo, Pro Plan, Goumet, Beneful

Saturn Petfood GmbH: Animonda, Hikari, Kaytee, Saturn, AS Schlecker (zum Teil)), beliefern auch Discounter

(PeTA: iamsgrausam.de, Liste Mai 2008)

              

Zwar wird von Mars inzwischen die Aussage kolportiert, für Tierfutter und Schokoriegel keine Tierversuche mehr durchzuführen, aber PeTA weist in einer schriftlichen Auskunft 2010 an eine Tierschützerin darauf hin, dass Mars diese Aussage der Tierrechtsorganisation gegenüber nicht schriftlich herausgibt. Zudem führe Mars auf anderen Gebieten (z. B. Mars Fishcare) weiterhin Tierversuche durch (Quelle).

Dr. Edmund Haferbeck, PeTA, bestätigt aktuell in einem Telefongespräch mit dieser Redaktion, dass bis heute keine entsprechenden schriftlichen Zusicherungen von Mars vorliegen.

Ein weiterer interessanter Artikel zum Thema findet sich bei Ärzte gegen Tierversuche e. V. Dort erweitert die Tierärztin Astrid Reinke in Tierversuche für Tierfutter die Problematik auch auf andere Tierarten.

 

Mit Hilfe der Tierschützer: Auslandsmärkte sichern!

Nur mit vier Sätzen sei das Interesse der Konzerne übrigens auch am Auslandstierschutz erwähnt: Denn im Windschatten der mit lauten Getöse im Ausland einfallenden deutschen Tierschützer rücken die Futtermittelkonzerne nach. Man bedenke allein die immer wieder erwähnten Futtermittelspenden! Damit werden ausländische Tierheime und Tierfreunde mit Multiplikatorfunktion schon auf die „richtigen“ Marken konditioniert. So sichern sich die großen Konzerne ausländische Märkte und verhindern dort erfolgreich das Entstehen und Gedeihen inländischer Futtermittelunternehmen.

 

Keine Feier ohne Meier!

Der Anlass-Text dieses Artikels ist alt. Die Liste von PeTA ist wesentlich neuer. Noch einmal zur Erinnerung der Wortlaut dieser Liste: „Folgende Firmen führen nach eigenen Angaben Tierversuche oder Ernährungsstudien an Tieren auf firmeneigenen Gelände oder in Vertragslabors durch“ und dann u. a. der Name Mars Petcare.

So krönen wir diesen Artikel, der mit einem alten Text begann, sich über eine neuere Liste aktualisierte nun mit einem brandaktuellen Bild, das den nominellen Ehrenpräsidenten, de facto aber offensichtlich immer noch dominierenden Wolfgang Apel vom Deutschen Tierschutzbund (Träger des Bundesverdienstkreuzes wie auch Paul-Heinz Wesjohann, der Chef von Wiesenhof)  im trauten Beisammensein mit den Mars-Petcare-Funktionären zeigt:

aua458tierversuchefutterapelmars50  

Bildzitat Screenshot von: https://www.vet-magazin.de/firmennews-deutschland/industrie-grosshandel/mars-petcare-deutschland/Mars-eroeffnet-Konferenz-Zentrum.html am 05.01.2012
Meldung am 16.12.2011 mit Bild im Vet-Magazin.de zur Eröffnung des Konferenz-Zentrums vom Mars Petcare. Was auf einer solchen Veranstaltung Wolfgang Apel vom Deutschen Tierschutzbund e. V. zu suchen hat, fragen Doggennetz-Leser jetzt bitte nicht im Ernst? Sehr schön auch die Pharma-Werbung links: Virbac und Bayer!

 

Vollendete Vernetzung: Frank Weber, hundkatzemaus

Doch Apel muss den Schwarzen Peter der Doppelmoral nicht allein schleppen. Tief involviert sind längst alle weiteren Bereiche mit Multiplikatorfunktion – zuvorderst das Fernsehen: hundkatzemaus, „präsentiert von Whiskas“. Das ist kein Geheimnis und wird bei der Sendung so oft wiederholt, dass es der regelmäßige Zuschauer schon gar nicht mehr wahrnimmt.

In hundkatzemaus will uns dann Frank Weber als „Tierschutzexperte“ die Welt erklären?

Dass inzwischen auch der Deutsche Tierschutzbund in dieser Tierfreunde-Verdummungsseife auftritt, überrascht wenig. Nicht aus den Augen zu verlieren: Auch der bmt Bund gegen Missbrauch der Tiere tritt regelmäßig in einer Fernsehsendung auf, die von Whiskas i. e. Mars Petcare präsentiert wird, einem Futtermittelhersteller, der gemäß PeTA „nach eigenen Angaben Tierversuche oder Ernährungsstudien an Tieren […]“ durchführt.