Aua338: Kritischer Leserbrief an die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht
{TS-Kritik}
Der Welttierschutztag ist immer gern wieder Anlass, die bekannten Säue durchs Dorf zu treiben. Argumentativ verharren die üblichen Verdächtigen und jene, die sich schon aus schieren Fundraising-Gründen termingerecht verlautbaren MÜSSEN, in immer den alten Geleisen. Mag die eigene Glaubwürdigkeit sowie die Glaubwürdigkeit des Tierschutzes insgesamt schon längst über die Wupper aktueller Tierschutzpraxis und einschlägiger Skandalfälle hinweg getrieben sein, die Statements und Forderungen sind die nämlichen wie vor wie vielen Jahren?
Ob es ein Deutscher Tierschutzbund ist, der den Leipziger Zoo kritisieren will (war nur noch satirisch zu behandeln in Aua241 und Aua244), derweil in den Tierheimen unter seinem Dach der wilde Bär tobt und so verheerende Zustände herrschen, dass Amtstierärzte gezwungen sind, diese zu schließen (Aua95, Aua226, Aua233) – tollkühn hebt man den moralischen Zeigefinger!
Oder ob es hier die schon allein durch den Namen Ehrfurcht heischende Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht ist, die mit geölter Peitsche – und von der Sache her außerdem noch zurecht – auf die Nutztiertransporteure einschlägt: Wie glaubwürdig ist das angesichts der grausamen Zustände bei den Transporten, die Tierschützer selbst und unter dem Etikett „Auslandstierschutz“ durchführen?
Wie kann die DJGT Glaubwürdigkeit für sich einfordern, wenn sie in einer Stellungnahme vom 30. Juni 2011 zum Thema Gewerbsmäßigkeit bzw. staatlicher Kontrolle zu den massenhaften Hundehändler-e.V.s jenen die argumentative Stange hält, welche von just den Gesetzen und Vorschriften freigestellt werden wollen, die zum Schutze der Tiere erlassen wurden?
Dieses Glaubwürdigkeitsproblem ist Gegenstand meines Kommentars zu dem Artikel Welttierschutztag – Neue Hoffnung auf eine Ende endloser Tiertransporte von Dr. Christoph Maisack und Alice Fertig der DJGT auf LegalTribune online.
Wie glaubwürdig ist die Position der DJGT? Kein Ethiker, kein Humanist kann das Eintreten für die bislang fehlenden zeitlichen Beförderungsgrenzen bei Tiertransporten ernsthaft tadeln. Allerdings irritiert das ambivalente Auftreten der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht bei diesem Thema erheblich. Auch in dem vorliegenden Artikel wird die Problematik ausschließlich an so genannten Nutztiertransporten illustriert. Das zunehmend an Relevanz gewinnende Problem der von Tierschützern selbst durchgeführten Transporte von Hunden und Katzen quer durch ganz Europa unter dem Etikett „Auslandstierschutz“ findet mit keiner Silbe Erwähnung. Dabei nehmen diese Transporte bei geschätzten jährlichen Einfuhrzahlen von 250.000 bis 400.000 Hunden einen beträchtlichen Teil der Tiertransporte insgesamt ein. Beförderungszeiten von 30 und mehr Stunden sind dort nicht die Ausnahme, sondern die auf Tierschützer-Homepages fröhlich selbst verlautbare Regel. Und Vorfälle wie Karlsruhe am 22.06.2011 mit amtlich festgestellten neun toten Hunden und Katzen sowie viele weitere Transportskandale mit Todesfolge in tierschützerischer Verantwortung belegen eindrücklich den Stellenwert des Problems. Dass dieses – genau wie im Nutztierbereich – nur durch regelmäßige und verschärfte Kontrollen der zuständigen Behörden gelöst werden kann, liegt auf der Hand. Und genau das versuchte eine große deutsche Tierschutzorganisation durch eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht Schleswig zu verhindern. Diese nämlich begehrte die gerichtliche Feststellung, dass die Tierschützer selbst nicht den tierseuchen- und tierschutzrechtlichen Bestimmungen unterworfen sein sollen. Im Kontext dieser Bemühungen, für den Tierschutz selbst eine Freistellung von diesen zum Schutz der Tiere erlassenen Vorschriften zu erhalten, gibt es eine Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft. Unter dem Titel „Bedarf die gemeinnützige Hilfe für ausländische Hunde durch inländische Tierschutzorganisationen mehr staatlicher Kontrolle?“ kommt diese Stellungnahme unter dem argumentativen Rückgriff auf eine generell unterstellte Gemeinnützigkeit, auf die durch nichts belegte, lediglich behauptete „gute Tat“ sowie durch Sanktionierung des juristisch fragwürdigen Eigentumsvorbehalt in den so genannten Tierabgabeverträgen zu der Feststellung, dass kein Bedarf an vermehrter staatlicher Kontrolle bestehe. Diese Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft zu einem verschwiegenen Teilbereich der Tiertransportproblematik passt in keiner Weise zu der kämpferischen Position des vorliegenden Artikels. Und die Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft zu diesem verschwiegenen Teilbereich der Tiertransportproblematik mit hoher Relevanz wurde durch das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig (AZ.: 1 A 31/10) in seiner juristischen Argumentation vollständig widerlegt. Allerdings kratzt die zitierte Stellungnahme und die darin verwendete Argumentation nach Meinung der Unterzeichneten erheblich an der Glaubwürdigkeit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht. Karin Burger
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