Aua184: Auslandstierschützer über den Auslandstierschutz 1: Gastkommentar von Wolfgang Stephanow

{TS-Kritik}

 

In der Tierschützerszene ist er bekannt. Vor allem aber: Wolfgang Stephanow weiß, wovon er spricht und schreibt. Er ist selbst Auslandstierschützer und derzeit Vorsitzender der beiden Vereine Tierschutzprojekt Ungarn e. V. und Projects for Animals and Nature e. V.

Den schrecklichen Tierschützer-Spanien-Transport von Galgos.at und A.S.P.A. friends Germany e. V.  hat Stephanow kommentiert.

Die Redaktion freut sich sehr, dass der renommierte Auslandstierschützer Doggennetz  erlaubt, seinen Kommentar nachstehend ungekürzt abzudrucken:

              

Kommentar zum Thema:  
25 (fünfundzwanzig)  tote Tiere aus Spanien bei einem Transport nach Deutschland


Nun ist eine Dimension erreicht,  die man nicht mehr geheim halten oder unter den Tisch kehren kann. Die Polizei ermittelt und das Veterinäramt wurde eingeschaltet. 25 Tiere mussten sterben,  weil ein Verein, in diesem Falle A.S.P.A. Friends Germany e.V., mal eben ein paar Tiere „retten“ wollte.

Auf der HP des Vereins steht ganz oben „Tierschutz soll Spaß machen“. Ist es Spaß,  Tiere leiden und sterben zu lassen, oder ist es Spaß,  Verantwortung an andere abzugeben und sich selber als Gutmensch darzustellen, da man ja nur noch versuchen konnte, die restlichen, noch lebenden Tiere zu retten? Fünfundsiebzig Euro pro Tier wurden an eine Partnerorganisation bezahlt, die die Hunde und Katzen aus Spanien mitbringt.  So dass diese entlang der Autobahn, wie es auch viele andere Organisationen machen, die Hunde und Katzen an neue Besitzer abgeben. Natürlich nur gegen die sogenannte Schutzgebühr. Ein gutes Geschäft, für 75 Euro pro Tier kommt es aus dem Ausland (nach Möglichkeit Welpen, denn die bringen mehr) um dann gemütlich auf dem Sofa hinterher die Schutzgebühr, die die Transportkosten bei weitem übersteigt, in Empfang zu nehmen.

Aber wir haben ja keine Schuld, wir waren nur der „Besteller“. Von Verantwortung keine Rede. Im Laufe der letzten 20 Jahre hörte ich oft von so genannten Tierschützern: „Wir retten Hunde aus dem Ausland.“ Und wenn bei diesen Aktionen der Hund oder auch zwei oder drei in eine viel zu kleine Box gepfercht wurde, kam immer die Aussage – „da muss er durch, danach kann er dann auf dem Sofa schlafen“.

Tierschutz?

Wir regen uns auf, wenn sogenannte Nutztiere lebend kreuz und quer durch ganz Europa transportiert werden. Wir unterschreiben Petitionen wie z.B. „8 hours“ und essen gemütlich unser Steak, obwohl wir nicht wissen, ob dieses Tier nicht während des Transportes umgekommen ist.

Doch der zu rettende Hund (oder die Katze) hält schon die 15 Stunden Transport durch. Ich möchte nicht wissen, wie viel Hunde und Katzen, die nicht überlebt haben, von so genannten Tierschützern während der Fahrt entlang der Autobahnen verscharrt wurden. Immer wieder lese ich von Fahrketten,  die gesucht werden.

Nach einem Transport von vielleicht über 15 Stunden, muss der Hund oder die Katze zig-mal umsteigen, um letztendlich zu seinem neuen Besitzer zu kommen.

Ist das Tierschutz?  Ob diese Menschen wissen, was sie diesem Tier antun? Das einige Tage zuvor noch frei auf der Straße lebte. Aber nein: Tierschutz Deutschland rettet. Und was für psychische Qualen mussten die neuen Besitzer der Tiere des Transportes aus Spanien erleiden, als sie die toten Tiere gesehen haben (so zumindest auf der HP geschildert). Über das Leiden der Tiere während der Fahrt wird nicht geschrieben. Sind diese, die die Tiere in diesem Zustand gesehen haben, nicht mit schuldig, denn sie haben diese Tiere bestellt, ohne zu fragen, wie das Tier zu ihnen kommt. Und der zuständige Verein hat seine Verantwortung leichtfertig abgegeben.

Tierschutz ist heute ein Wort in Deutschland, das sehr leichtfertig ausgesprochen wird. Doch was bedeutet es, doch nicht etwa den Schutz des Tieres? Deutsche Tierschutzvereine und Organisationen prügeln und diffamieren sich untereinander, wer welche Tiere aus dem Tierheim im Ausland retten und nicht zuletzt vermitteln darf. Und immer wieder lese ich, wir wollen im Land XY den Menschen den Tierschutzgedanken näher bringen. Hartz 4- Empfänger und selbstdarstellende Weltverbesserer, die nie im Land des Geschehens waren und ihren Tierschutz über ihren PC in ihrer Wohnung leben, maßen sich an, die Bevölkerung anderer Länder auf den „richtigen Kurs“ zu bringen. Aber Hauptsache,  die Kosten sind gedeckt und es bleiben noch ein paar Euro übrig.

Annähernd 500.000 Hunde kommen jedes Jahr nach Tierschutzdeutschland, in Lkw oder Kofferräumen sogenannter Retter. Doch wie viele kommen wirklich an? Was ist mit den Traces-Meldungen, die für jedes Tier im grenzüberschreitenden Verkehr nötig sind? Zweitrangig, denn die Kontrollen sind sehr dürftig, wie wir es im aktuellen Fall sehen. Warum wurde dieser Transport nicht schon früher gestoppt, da es doch Zeugenaussagen gibt, die schon vorher bei Übernahme der Tiere die Missstände bemerkten?

Meiner Meinung nach ufert der Tierschutz in Deutschland schon seit Jahren aus. Wieder mussten wir, erst durch diesen grausamen Vorfall, erkennen, was manchen Leuten Tierschutz bedeutet. Die Fahrerin des Transportes, als 1. Vorsitzende eines Tierschutzvereins, hätte handeln können und müssen. Aber scheinbar waren ihr die 75 Euro pro Tier wichtiger als ein paar tote Tiere im Laderaum ihres Transporters. Aber auch Organisationen oder Privatpersonen, die mittlerweile nur Tierschutz betreiben, um damit Geld zu verdienen (Übergabestellen entlang der Autobahn,  Hauptsache der Hund kommt lebend an), machen den echten Tierschutz in Deutschland zur Farce.  Das Veterinäre und Polizei empfindlich reagieren, ist nur noch verständlich.

Ich selber arbeite seit über 20 Jahren für die Tiere – und ich hoffe – zum Wohl der Tiere. Ich verfüge über den Sachkundenachweis nach §11 und habe eine Transportgenehmigung für den gewerblichen Transport von Tieren auch über 8 Stunden. Außerdem verfügt unser Verein über einen klimatisierten, und  vom Amtsveterinär abgenommenen, Transporter  für Tiertransporte. Doch mittlerweile schäme ich mich, mich Tierschützer zu nennen, da  dieser Begriff immer mehr in Verruf gerät.

Wolfgang Stephanow
1. Vorsitzender  „Tierschutzprojekt Ungarn e.V.“
1. Vorsitzender  „Projects for Animals and Nature e.V.“