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Aua124: Tim Mälzer – Die Sau sagt Danke!

{TS-/DS-Kritik}

So schräg diese Welt: Tierschützer, die Tieren (systematisch) Leid zufügen; Köche, welche mit einem ethischen Profil daherkommen, das manche Tierschützer zu beschämen geeignet ist; sie wären denn der Scham fähig.

Die ARD kümmert sich einmal wieder um die fressende Nation. Die dreiteilige Doku Deutschland isst …  mit Fernsehkochstar Tim Mälzer  hatte ihren Start am vergangenen Montag und wird sich am 9. und 16.05.2011 fortsetzen.

aua124hhnchenFür den Tierschutz relevant war der erste Teil mit der Frage „Immer Fleisch?“.

Bisher war mit der kochende Tim nicht aus dem eher lästigen Heer der allüberall herumkochenden Küchenmeister aufgefallen. Was er jedoch in „Immer Fleisch?“ für den Tierschutz leistete, war schlichtweg revolutionär. Und diese Leistung wurde erbracht, ohne sich explizit auf den Tierschutz zu beziehen. Ohne sich Namhafte zur Seite zu stellen. Ohne im Nebeneffekt für die Orga X Spenden zu akquirieren (von denen dann wieder kein Mensch erfährt, wo sie verbleiben).
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Mälzer  begab sich in Ställe, Forschungslabors, auf Biobauernhöfe und in den Supermarkt. Nicht griff er auf üppig verfügbare grausige Dokumentationen des Tierleids in der konventionellen Landwirtschaft zurück. Die für diese Doku gedrehten Bilder schienen mit Bedacht und mit Erfolg ausgewählt: Das Leid (z. B. der säugenden Muttersau im Ständer) war gut erkennbar, ohne die Durchschnittsfamilie inklusive dem noch zu später Stunde Fernsehen konsumierenden Schulkind das Würgen zu lehren, sie gezielt zu traumatisieren. Kluge Fragen vom  Koch, die Antworten auf diese von den einschlägigen Experten mit sichtbarer Nachdenklichkeit aufgenommen wurden.

Ehrlichkeit, die überzeugt: Dass man im Allgemeinen und Koch wie Metzger im Speziellen rein geschmacklich das Biofleisch nicht immer sicher von der Supermarkt- oder Discounter-Ware unterscheiden kann.

Das Trotzdem kommt danach nicht trotzig, sondern speist sich aus den zuvor gezeigten Bildern und dem von Mälzer auch explizit so benanntem Leid der Tiere!

Und es greift ethisch weit über dieses hinaus, wenn mein ganz neuer Freund Tim die Synergien der massenhaften Fleischproduktion zu Umwelt und Welthunger aufzeigt.

aua124besteckDer Konsument bleibt erstaunt zurück: Nicht muss ich die SS zwischen Messer und Gabel patrouillieren sehen, meine Hand vorsichtig über den Stacheldraht heben und meinen Teller zeit- und ortversetzt als grausige Stätte des Holocausts erleben, nein, es gibt unaufgeregtere, tiefwurzelndere, gesamtheitlichere Argumente dafür, ganz einfach hie und da auf ein Stück Fleisch zu verzichten.

Tim Mälzer revolutionierte das Thema! So bescheiden muss man es benennen. Nicht wird der Zuschauer mit der moralischen Keule flachgeprügelt, seine träge Schuld blutbesudelt über den Bildschirm gezerrt, nein, eine handwerklich saubere Dokumentation macht der lieben Gesellschaft ein ganz freundliches Angebot: Esst, wenn ihr unserer Argumentation folgen könnt und mögt, vielleicht etwas weniger Fleisch! Ab und  zu.

DAS wirkt!

Dass das wirkt, kann man übrigens im Gästebuch von meinem jetzt so sehr geschätzten Tim nachlesen.

Eine der chronischen Doggennetz-Vorwürfe an den Tierschutz: Mit euren Methoden versemmelt ihr euch jede gesellschaftliche Akzeptanz. Im Gegenteil: Die soziale Aufnahmebereitschaft für Tierschutzthemen sinkt. Die Gründe dafür sind Gegenstand von bisher 123 Doggennetz-Auas.

Guckst du, Koche! Soo macht man das! Da kann man lernen, wie man Ethik und Konsumentenverhalten gesellschaftlich akzeptabel miteinander verbindet.

Maua124kochkussal sehen, was die Szene dieses Jahr noch alles zu bieten hat. Aber derweil kommt mir der Tim schon mal auf die Vorschlagsliste Tierschützer des Jahres 2011 !

Die Sau sagt Danke!