Aua118: Empfehlenswerte Artikel im aktuellen bmt-Magazin 1/2011
{TS-/DS-Kritik}
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Das Recht der Tiere vom Bund gegen Missbrauch der Tiere (bmt) hat es in sich. Da sprengen gleich mehrere Artikel derart aus dem üblichen Muster dieser Sparte heraus, dass explizit auf sie verwiesen werden muss:
Dr. Udo Gansloßer und Sophie Strodtbeck:
Wie stressanfällig sind Hunde?
Um zu illustrieren, dass es in diesem hochinformativen Artikel nicht um die gängigen Stress-Klischees, sondern um wissenschaftlich fundierte Aussagen geht, welche der stereotypen Melodramatik mancher Tierschützer die Luft rauslässt, hier ein charakteristisches Zitat:
So sind schon wiederholt Hunde oder andere Tiere, die nach jahrelanger unzureichender Haltung plötzlich in eine Familie mit sehr viel Zuneigung und positivem sozialen Umfeld gebracht wurden, innerhalb weniger Tage an akuten Stresskrankheiten gestorben. |
Beide Autoren verlieren dann über den ganzen Artikel hinweg nicht die Perspektive des Tierschützers aus den Augen. So warnen sie auch davor, den Begriff Stress vorschnell bei der Bewertung tierschutzrelevanter Haltungen zu verwenden.
Um ein wissenschaftlich angemessenes Verständnis des Phänomens zu erreichen, liefert der Beitrag zunächst einmal eine handhabbare Definition. Begeisternd die im Anschluss daran eingeführte Unterscheidung in der Rubrik „Wohlbefinden“ zwischen „Notwendigkeit“ und „Gelegenheit“. Das Leiden bei Tieren knüpft sich in diesem Konzept dann an die nicht oder nur eingeschränkt vorhandene Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen, zu denen übrigens auch der Sozialkontakt gehört. Nicht weniger interessant sind die Merkmale, die nicht dazu gehören!
Für viele neu dürfte auch die Bewertung von Verhaltensstereotypien sein. Diese dokumentieren, so Gansloßer und Strodtbeck, zum einen nicht zwangsläufig „Leiden“. Zum anderen können sie physiologisch gesünder sein als ein Verhaltensrepertoire, das ohne diese Stressableitung auskommen muss. Das hat auch Folgen für die kynopädagogische Reaktion auf und „Behandlung“ von solchen Stereotypien!
Der Zoologe und die Tierärztin verjüngen dann die fundierte Argumentation in den Appell, Stress nicht als Krankheit zu begreifen, das schlecht beleumdete Phänomen nicht zu verteufeln, sondern ein angemessenes Management zu entwickeln.
Empfehlung: Pflichtlektüre!
Dr. Jutta Ziegler:
Hunde würden länger leben, wenn …
Hier beutelt mich mein schlechtes Gewissen, denn dieses sensationelle, soo lang erwartete, absolut grundlegende Buch für Tierschützer liegt schon seit Wochen auf meinem Schreibtisch und harrt der „Besprechung“.
Das rund 170 Seiten umfassende Paperback rast unter seinem Kurztitel Schwarzbuch Tierarzt schon als Bestseller durch die Szene. Der Untertitel „Totgeimpft – Fehlernährt – Medikamentenvergiftet“ gibt an, wohin die Reise geht.
Der bmt druckt im aktuellen Magazin ein ausführliches Interview mit der österreichischen Autorin ab. Darin werden die Kernaussagen des Schwarzbuches zusammengefasst, die Verheerungen von industrieller Fertignahrung expliziert, BARFen angesprochen und die Motivation zu diesem mutigen Buchschritt erfragt. Fast euphemistisch wird diese als empirisch gestützte Erkenntnis der „Entwicklung des Kleintierpraktikers in die falsche Richtung“ zusammengefasst.
Das ist mir zu lieblich, deshalb noch einmal die entscheidenden Untertitel:
* totgeimpft |
Empfehlung: Pflichtlektüre mit Bibel-Status!
Doggennetz bemüht sich, seine Besprechungsschuld dieser Bibel baldmöglichst zu tilgen!
Derweil sei auch auf die Buchbesprechung bei von Christoph Jung verwiesen:
Das absolute Highlight des bmt-Magazins kommt ganz am Schluss:
Claudia Bioly:
Tiervermittlung über Internet, Zeitung & Co.
– Mehr Fluch als Segen
Da beweist schon der Artikelvorspann den entnervten Praktiker, wenn von den allmorgendlichen 100 E-Mails im bmt-Tierheim „Wau-Mau-Insel“, Kassel, berichtet wird: E-Mails, mehrheitlich über Massen-Tierschutzverteiler eingehend, in denen die Absender „gleichzeitig Wale vor Grönland, Tiger in Malaysia, Hunde aus den unterschiedlichsten Hundehöllen in Frankreich, der Türkei, Polen oder Katzen aus Malta und Italien retten“ wollen.
Im weiteren Verlauf wird dann insbesondere der Teil des Tierschutzes und der Tiervermittlung kritisiert, zu Recht, der sich im Internet abspielt und dort üble Blüten treibt. Die skizzierten Fallbeispiele sprechen eine klare Sprache.
Dieser Beitrag im bmt-Magazin thematisiert einen Teilaspekt des Phänomens, wie es in Aua1 Virtueller und Grauzonen-Tierschutz ausgefaltet wurde.
Da sich nun aber ohnehin schon ein paar Doggennetz-Leser verwundert die Augen reiben, ob die Redaktion am Karfreitag zu viele Dioxin-Eier gegessen habe oder ob sich dieser Beitrag schlicht auf eine Art Instant-Altersmilde zurückführen lässt, finden wir ganz rasch wieder zu unserem charakteristischen Doggennetz-Ton zurück:
Damit wir alle den Glauben an die bestehenden und beständigen Defizite im Tierschutz nicht verlieren, ist der Redaktion des RdT-Magazins just in diesem Artikel ein übler Fehler unterlaufen. Steht dort doch tatsächlich zu lesen:
Insbesondere die Tiere, die bereits krank den Besitzer wechseln, werden schnell wieder abgestoßen. Diese Einbahnstraße muss über kurz oder lang zu einem langen Rückstau führen und stellt die Tierheime vor große Probleme, da sie gar nicht so viel Tiere aufnehmen können, wie täglich abgegeben werden. |
Tierheime, die gar nicht so viel Tiere aufnehmen können, wie täglich abgegeben werden! Und DAS steht zu lesen: ausgerechnet im Magazin des bmt, einer Tierschutzorganisation, die systematisch und in großem Umfang Hunde aus dem Ausland nach Deutschland einführt?
Für diese Art der Logik ein passendes Attribut zu finden, ist Doggennetz bis jetzt noch nicht gelungen. Mal sehen, was die Ostereier so hergeben!
Erri Emra ist da schon ein wenig weiter: