Aua11: MDR-Seife Folge 1 – Quarantäne


{TS-Kritik}


Wie in Aua10 angekündigt, greifen wir nachstehend einzelne Aussagen und Szenen aus der ersten Folge der MDR Doku-Soap „Leben für 4 Pfoten“ heraus und kommentieren diese.

MDR Doku-Soap TH Oelzschau Teil 1 / 16.09.2010 /
diskussionswürdige Szene 1:

Szeneort TH Oelzschau:  Die Tierpflegerin Jessica hatte morgens einen Karton mit ausgesetzten Katzen vor dem Tierheim gefunden. Jetzt sieht man Elvira Henkel in einem Quarantäneraum vor dem Käfig der jungen Katzen. Sie schimpft  über die Menschen, welche diese Katzen ausgesetzt haben und bringt ihre Wut zum Ausdruck.


Unser Kommentar:

Die veterinärbehördlichen Anforderungen an Quarantänestationen in Tierheimen sind enorm. Man fragt sich, warum professionelle Tierschutzvereine hohe Kosten auf sich nehmen, um genehmigungsfähige Anlagen zu bauen, wenn es offensichtlich auch so gehen kann, wie es die MDR-Seife hier zeigt.

Warum eine professionelle Quarantänestation und die entsprechende Quarantäneunterbringung für Neuzugänge aus unkontrollierten Beständen absolut notwendig ist, beschreibt auch die 15 Jahre alte (!) Tierheimordnung des Deutschen Tierschutzbundes:

              

IV. Tierpflege
2. Medizinische Versorgung

Neu aufgenommene Tiere sollten nach Möglichkeit sofort nach ihrer Einlieferung in Abhängigkeit von ihrer Herkunft entweder in einen Quarantänebereich oder in eine zur Eingewöhnung geeignete Ruhezone verbracht werden. Dies ist deshalb besonders wichtig, weil die Eingewöhnungsphase mit erheblichem Stress für das Tier verbunden ist und daher die Gefahr des massenhaften Ausscheidens von Krankheitserregern gegeben ist.
(https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/mediendatenbank_free/TH-Ordnung.pdf, Hervorhebung: K. B.)
  

              

Eben weil diese Tiere massenhaft Krankheitserreger ausscheiden können, gibt es auch ganz detaillierte Vorschriften dazu, wie die Keimübertragung durch die Luft minimiert werden muss und welche baulichen Anforderungen deshalb an die Käfige bzw. Räume zu stellen sind.

Im Fortgang der Szene sieht man eine schwarz-weiße Jungkatze an einer Art Baugitter, das an Holzlatten befestigt ist, heraufklettern. Weder diese Gitter noch die Latten lassen sich vorschriftsmäßig desinfizieren. Dabei muss alles und jedes, was in so einem Quarantänezimmer steht und eingebaut ist, desinfizierbar sein.

Darüber hinaus müssen alle Personen, welche die Quarantäne betreten, spezielle Schutzkleidung tragen.

Hochverboten in einer Quarantänestation ist das Anfassen verschiedener Tiere hintereinander, ohne sich vorher die Hände zu desinfizieren oder andere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die MDR-Seife zeigt aber, wie Fr. Henkel die am Gitter hochkletternde Jungkatze am Bauch krault, nachdem sie dem Katzenneuzugang vom Morgen gerade erst das Futter hingestellt  hat. So ein Handling hat mit Quarantäne nichts zu tun!

Auch von der vorgeschriebenen Schutzkleidung ist weit und breit nichts zu sehen. Das Kamerateam möge doch bitte nacherklären, ob alle Mitglieder desselben sowie Fr. Henkel beim Verlassen der Quarantänestation ihre Kleidung inklusive Schuhe komplett gewechselt haben?

Was ein Kamerateam in der Quarantänestation eines Tierheims zu suchen hat und welche Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen in diesem Kontext ergriffen wurden, all das sind Fragen, die sich stellen.


Fazit:

Entweder die gezeigte Quarantänestation des Tierheim Oelzschau ist gar keine Quarantänestation. Oder die gezeigte Quarantänestation des Tierheims Oelzschau hat keine veterinärbehördliche Genehmigung. Wie aber kann das Tierheim Oelzschau dann überhaupt eine Betriebsgenehmigung haben, wenn keine den hohen veterinärbehördlichen Anforderungen entsprechende Quarantäneeinrichtung besteht?

Kennen die Mitarbeiter des Tierheim Oelzschau die einschlägigen Quarantänebestimmungen? Wenn ja – warum wenden sie diese nicht an?




Aktualisierung vom 12.01.2011:

Bitte lesen Sie hierzu auch meinen Artikel Ein Tierschutzverein als Familienunternehmen auf CharityWatch.de.