Musterbeispiel züchterischen Verantwortungsbewußtseins

Hundezucht ist ungleich Hundezucht. Was wäre gegen eine Rassehundezucht einzuwenden, deren Hobbyzüchter ohne ethische Verluste (z. B. Welpentöten) einen gesunden Hund mit einer akzeptablen Lebenserwartung hervorbringen, der in ausreichender Anzahl für die Haltung dieses Hundes geeignete Welpenkäufer findet. Gar nichts! Ein privates Engagement, das privat bleibt und allenfalls einer rein theoretischen, moralophilosophischen Diskussion zur Verfügung steht.

Das ist ganz anders bei der Deutschen Dogge, deren Zucht unter unbekannter Anzahl ethischer Verluste in einer regelrechten Massenproduktion (1800 Welpen pro Jahr; doppelt so viele wie bei den Dalamatinern und noch vor dem Golden Retriever!!!) einen viel zu häufig kranken und früh vergreisenden Hund mit einer völlig inakzeptablen Lebenserwartung von derzeit ca. 6 Jahren hervorbringt. Nebenbei werden mit Exemplaren dieser Rasse die Tierheime quer durch ganz Deutschland bevölkert. Um diesen abgeschobenen Nachlaß der Doggenzucht einigermaßen zu betreuen, bedarf es allein fünf verschiedener Doggenschutz-Organisationen in der Bundesrepublik, die alle gut zu tun haben – ein Alarmzeichen höchster Dringlichkeit! Ich kenne keine andere Hunderasse, für die es soo viele Notorgas gibt. Nebenbei werden dann unter dem Label „Hobbyzucht“ Ruhm und Gewinne privatisiert, der „Überschuß“ jedoch sozialisiert, denn die finanziellen und sonstigen Lasten für all diese Notorgas und Doggen in Tierheimen trägt die Allgemeinheit (Finanzierung aus Spendengeldern; Steuergelder für den Betrieb von Tierheimen).

Um den Stellenwert der Doggenzucht und der hier verantwortlichen Verbände korrekt beurteilen zu können, bedarf es auch immer wieder des Vergleichs mit anderen Rassehundezuchtverbänden. Bisher fällt dieser Vergleich einseitig nachteilig für die verantwortlichen Verbände in der Doggenzucht aus: anderswo findet Zuchtlenkung statt; bei anderen Rassen sind wesentlich schärfere Bedingungen für eine Zuchtzulassung zu erfüllen; andere Rassen untersuchen auf mehr Krankheiten; andere Rassen führen Datenbanken für Erbkrankheiten, andere Rassezuchtverbände führen Nachzuchtuntersuchungen durch, wieder andere unterhalten zentrale Welpenvermittlungsstellen und und und. Es ist jeder Hundefreund herzlich eingeladen, mir einen Rassehundezuchtverband zu benennen, der noch weniger tut als der DDC!

Beim Vergleich mit dem Zuchtgeschehen bei anderen Hunderasse bietet sich für die Deutsche Dogge insbesondere der Irish Wolfhound (IW) an – diese beiden Rassen weisen eine Menge Gemeinsamkeiten auf!
Entsprechend sind auch die Probleme in ungefähr dieselben: Aufzuchtprobleme, kurze Lebenserwartung, viele Erb-Krankheiten etc.

Bei der ständigen Recherche nach weiterem Info- und Datenmaterial fiel die Website einer ehemaligen IW-Züchterin auf, deren dort abgedruckte Statements den inzwischen schon stark gefrusteten Zuchtkritiker das Optimum an Hochachtung abverlangt. So bietet sich das unerwartete Bild einer tief verneigten Karin Burger, die vor einer Züchterin mit allen Gesten des Respekts ihren Hut zieht:

Unter Rückgriff und mit Beleg der gleichfalls hohen Zahl toter (Jung)Hunde (wenngleich diese IWs immerhin noch etwas „weiter“ im Leben gekommen sind als bei uns viele Doggen; vgl. Artikelserie hier „Jung – krank- tot: Krümel-Memorial“) mit Nennung der klassischen Krankheiten (wie bei der DD auch zuvorderst Herzkrankheiten) kommt hier ein Züchter zu dem sensationellen Bekenntnis: „(…), doch das, was z. Z. mit dieser Rasse passiert, kann ich persönlich nicht mehr verantworten, der Rasse und auch den zukünftigen Welpenkäufern gegenüber.“ Der Rasse UND den Welpenkäufern gegenüber!!! Denn die darf man bei allem dem nicht vergessen.

Der Parallelen sind Legion, denn die Züchterin erinnert sich: „Als ich vor 21 Jahren meinen ersten IW kaufte, hieß es, die Wölfe haben eine Lebenserwartung von ca. 8 Jahren. Das kam mir damals schon sehr kurz vor (…).“ 8 Jahre als statistische mittlere Lebenserwartung, nicht als sensationeller Einzelfall – davon träumen Doggenhalter!!!

Auf telefonische Rückfrage nach den zuchtlenkenden Maßnahmen, die nach ihrer Erfahrung der momentanen Tendenz (Krankheiten, Letalistätsrate) am effektivsten entgegenwirken könne, antwortet die Züchterin: „Abwendung vom Gigantismus!“ Sie wünscht sich „einen IW, der noch aussieht wie ein Windhund, die Geschmeidigkeit eines Lauf- und Bewegungshundes hat und in der Lage ist, auch heute noch mit zur Jagd zu gehen.“ Also: ein gesunder, leistungsfähiger Hund! Das sind derzeit weder IW noch Deutsche Dogge!

Quintessenz und konsequenter Ausdruck eines Höchstgrades an züchterischem Verantwortungsbewußtsein sind für diese überzeugende Hundefreundin dann: „Wir stellen das Züchten der Irish-Wolfhounds für die nächsten Jahre ein, und warten ab, in welche Richtung sich die Wolfhoundzucht entwickelt.“

Meine Hochachtung und mein Dank dafür, daß es so etwas auch noch gibt!

Selbst lesen? www.vom-tollhaus.de, dort in der Rubrik „IW“