Inzucht und Lebenserwartung

In den einschlägigen Doggenforen wird natürlich auch immer wieder das Thema Magendrehung diskutiert. So geschehen auch auf der www.great-dane.org. In diesem Zusammenhang hatte ich schon einmal auf den Beitrag im neuen DDC-Almanach von S. Goldschmitt „Wissenswertes über die Bedeutung des Inzuchtkoeffizienten und seine Berechnung“ hingewiesen.

Aus thematischem Anlaß (Diskussion im Thread „Gesundheitscheck vor Deckakt“) sei hier noch einmal auf die im genannten Beitrag erwähnte neuere Untersuchung in Kanada mit dem Titel „Longevity of the Standard Poodle“ verwiesen. Diese Studie belege sehr anschaulich, welche Auswirkungen die Inzucht auf die Lebenserwartung der Hunde habe. Dabei wurden die Hunde nach ihrem Inzuchtskoeffizienten in 4 Gruppen eingeteilt:
Gruppe 1: IK bis 6,25%
Gruppe 2: IK 6,25 – 12,05 %
Gruppe 3: IK von 12,5 – 25 %
Gruppe 4: IK über 25 %

Wichtig dabei ist: hier wurde der IK über 10 Generationen ermittelt!!!!!!!! Zur Erinnerung: in der deutschen Hundezucht allgemein wie auch im DDC berechnet man ihn nur über 4 Generationen, was natürlich die bei weitem niedrigeren Ergebnisse liefert; würden wir bei der DD auf 10 Generationen rechnen… meine Güte!

Das Ergebnis der Untersuchung bestätigt Dr. Friedmar Krautwursts Aussagen und auch meine Behauptung aus dem genannten anderen Thread: Hunde mit einem IK bis 6,25 % hatten generell eine signifikant höhere Lebenserwartung. Sie lebten sogar im Durchschnitt 4 Jahre länger als Hunde aus der Gruppe 4!!!

Auch die Todesursachen belegen die Erkenntnis, daß es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Inzucht und Vitalität bzw. Lebensdauer der Hunde gibt. In Gruppe 1 war die häufigste Todesursache schlicht das hohe Alter (42,7 %). Schon in Gruppe 2 taucht Krebs als häufigste Ursache auf; hier hatten nur 9,1 % der Hunde die Chance, aufgrund ihres hohen Alters zu sterben.

Es gibt also gar keinen Zweifel und wird durch sämtliche Erkenntnisse der Genetik sowie durch solche Studien belegt: die hohe Inzucht hat zur Folge, daß den Hunden eine geringere Lebenserwartung beschert ist.

Ergo: INZUCHT IST PER SE SCHLECHT!!! … wenn einem dann an Vitalität und adäquater Lebenserwartung der Hunde gelegen ist!

Die Genetik weiß es; der DDC publiziert es – wann geschieht etwas???

Goldschmitt hebt im gleichen Beitrag hervor, daß durch die Hauptversammlung des DDC aus 1995 als erster Schritt in die richtige Richtung ein IK mit einer Obergrenze von 12,5 % festgelegt wurde.

Man fragt sich nur, wie es denn dann möglich ist, daß in den Wurfmeldungen des uDD 06/2003 gleich zwei Hunde zu finden sind, deren IK dramatisch weit über dieser Obergrenze liegen. Eine Hündin weist einen AVK von 73,3 und einen relativen IK von 17,49 % aus; ein Rüde gar einen AVK von 66,67 % und einen relativen IK von 19,42 %. Dieser Rüde hat inzwischen schon (mindestens, weil das Ahnentafel-Archiv auf der www.great-dane.org noch nicht vollständig) 50 Nachkommen zeugen dürfen und wird im hohen Alter von 7 Jahren mit diesen verheerenden Inzuchtsdaten weiter zur Zucht eingesetzt.

Ist das aus der Rubrik „Wasser predigen, Wein trinken“ oder wie soll man derlei Paradoxien verstehen???

[Dieser Beitrag wurde von mir unter dem Threadtitel „Inzucht und Lebenserwartung“ am 21.07.2003 ins Forum der www.great-dane.org gestellt und dort diskutiert.]