Aua448: Macht Elke Heidenreich uns den Kevin Costner?

{TS-Kritik}

 

Jeder versaut sich das Weihnachtsfest so gut er kann. Die einen treffen mit der Familie zusammen und das war’s dann auch mit der Besinnlichkeit. Wer dieses fette Näpfchen erfolgreich umschlappt, schaut sich am ersten Weihnachtsfeiertag zuerst Tiere suchen ein Zuhause und danach Der mit dem Wolf tanzt an. Dann ist sogar die Nacht gelaufen!

 

Gedopter Glühwein in der TseZ-Redaktion?

Welche Droge wer in den Glühwein der Tiere-suchen-ein-Zuhause-Redaktion geschüttet hat, konnte Doggennetz nicht recherchieren. Aber der seit langem erste Versuch eines (tierschutz-)kritischen Ansatzes muss schon als tollkühn bewertet werden: Elke Heidenreich zum Statement zu bitten.

Deren Bekenntnis, für die Beziehung zu den eigenen Tieren das Verb „lieben“ in Frage zu stellen, übertrifft im Provokationspotenzial für den Dutzi-dutzi-Tierschutz à la Claudia Ludwig sogar noch Doggennetz! Dann sei Frau Heidenreich nur zu wünschen, dass sie ihren Bedarf an Katzen nicht aus dem Pool von Tierschützern zu befriedigen trachte, welch in dieser Sendung auftreten dürfen. Mit so Verdikten wie dem von der dusseligen und sentimentalen Tierliebe wird sie bei denen kaum eine Chance haben und müsste höchstens den Promifaktor als Gegengewicht in die Bewerbungsschale schmeißen.

 

Misanthropie als gemeinsamer Nenner

Wie kommt’s? Was Heidenreich an „wahrer“ TierLIEBE zu wenig aufweist, macht sie spielend wett durch ihre Misanthropie. Dies dürfte dann auch wieder der gemeinsame Nenner zwischen den beiden ungleichen Frauen sein. Der „grundböse“ Mensch, das grundsätzlich nicht böse Tier, der Monster-Mensch – das läuft den Nullachtfünfzehn-Tierschutz-Ideologen doch rein wie Sojamilch!

 

Vergewaltigung vor laufender Kamera

Nun ist Heidenreich eher der Katzenmensch. Und produktionstechnisch wurde das Interview vermutlich getrennt von der Hardcore-Porno-Szene dieser Tiere-suchen-ein-Zuhause-Sendung aufgezeichnet. Und ob die bekannte Autorin die Körpersprache von Hunden lesen kann, weiß man nicht. Wenn nicht, hätte sie noch einen gemeinsamen Nenner mit der Moderatorin.

Denn was Letzt(genannt)e dem Rüden Ennis vor laufender Kamera antut, macht Hundefreunde schreien auf dem Sofa neben dem Tannenbaum. Wie kynologisch ungebildet muss man sein, um diese Szene reaktionsfrei ertragen zu können? Warum dürfen Moderatorinnen Tiere vor die Kamera zerren, die noch nie etwas von Beschwichtigungssignalen und dem Maximum an stumm ausdrückbarer Angst vor Berührung durch den Menschen gehört und gesehen haben. Doch das durch jedes einzelne Polarhundehaar, durch Augen, Ohren, Maul und die gesamte Körperhaltung schreiend ausgedrückte Flehen Bitte fass mich nicht an! findet vor einer sich vor allem selbst produzierenden Claudia Ludwig kein Erbarmen.

Im Vermittlungstext des Hundes auf der TseZ-Seite heißt es:

              

Er lässt es inzwischen brav über sich ergehen, dass man ihm sein Geschirr anzieht und ihn anleint, aber er legt (noch) keine Wert auf menschliche Berührungen. Wenn man ihn bedrängt, würde er auch schnappendas wollen die Tierschützer nicht verschweigen. 
(Tiere suchen ein Zuhause, Sendung vom 25.12.2011, Vermittlungstext Hund Ennis von Nothilfe Polarhunde Nord e. V.; Hervorhebung d. Red.)

              


Die Tierschützer vielleicht nicht, aber Claudia Ludwig, die diese Vergewaltigung und Klimax der Respektlosigkeit vor dem Tier damit rechtfertigt, dem Zuschauer gezeigt haben zu wollen, dass Ennis eben nicht beißt. Zumindest nicht so eine Vorzeige-Kynologin wie Claudia Ludwig!

Ansonsten ist dieser Redaktion von Herzen zu wünschen, dass es mal einen richtig fetten Beißvorfall mit einem durch diese Sendung vermittelten Hund gibt, bei dessen juristischer Aufarbeitung der Staatsanwalt dann sanft die Verantwortungsfrage an diese Tiervermittlungssendung des Öffentlich-Rechtlichen stellt!

 

Socke vs. Ennis: gradueller, aber kein struktureller Unterschied

Kaum hatte man sich von dieser Horrorszene weit jenseits von jedem Kettensägen-Massaker erholt, stand medial die nächste an: Die Wolf-Socke-Abknall-Szene aus Der mit dem Wolf tanzt! Vorteil bei dieser nur: Da weiß man inzwischen, wann sie kommt, und kann rechtzeitig wegzappen. Das geht bei Tiere suchen ein Zuhause eben nicht.

Ansonsten ist der Unterschied nicht strukturell, lediglich graduell. Hier wie dort agiert der Mensch ohne einen Hauch von Respekt vor der Kreatur und seinen Befindlichkeiten. Dem abgeknallten Wolf und dem zwangsgestreichelten Ennis ist es vermutlich herzlich egal, ob die Täter aus purer Lust an der Grausamkeit oder aus fehlgeleitetem Tierschützer-Ehrgeiz und Darstellungstollwut agieren.

 

Die Mission lebt

Bei den furchtbaren Szenen im letzten Western will man sich ständig damit trösten, dass der Schaden für die amerikanischen Ur-Einwohner final angerichtet ist. Tempi passati?

Von wegen! Mit etwas Autoren-Aufwand ließe sich das beeindruckende Film-Epos nahezu nahtlos auf die Tierschützer-Mission übersetzen. Die gemeinsame Basis läge dann in der Teilmenge des Heidenreich-Diktums von mangelndem Respekt:  vor fremder Kultur, der Kreatur, dem Anderen.

Allerdings wird die 50-Prozent-Ethik der zitierten Katzenfreundin nicht ganz reichen, denn wie schon die Moralphilosophen sungen: Ethik ist unteilbar. Und Respekt vor dem Tiere zu fordern, den Menschen jedoch zum Monster abzustempeln, addiert sich unter dem Strich zur Null-Moral und schicken Attitüde, mit der man zwar zu einem Auftritt in Tiere suchen ein Zuhause kommt, nicht jedoch dem eigenen Anspruch genügt „Unsere Zeit ist begrenzt und in dieser Zeit sollte man möglichst wenig dummes Zeug anrichten“ (Quelle).

Das hat ja nun nicht geklappt! Trotz der gegebenen Mühe.

Rollte die Frontier-Bewegung mit ihrem überlegen geglaubten Wertesystem der Weiße-Mann-Zivilisation gnadenlos über die Ureinwohner hinweg und hinterließ eine blutbrodelnde Schneise der Verwüstung, walzt heute deutscher Tierschutz ohne Respekt vor der Kreatur, fremder Kultur und anderen Nationen quer durch Süd- und Osteuropa. Das Sendungsbewusstsein ist das nämliche; der Schaden auch. Vor zweihundert Jahren dezimierte man ein Nomadenvolk so lange und so gnadenlos, bis man die Reste derer in befestigte Häuser einweisen konnte, eine Existenzform, mit der die Indianer immer noch nicht zurechtkommen.

Analog dazu darf kein Straßenhund mehr sein autonomes und fern von Menschen, Leckerli und Wurmkuren selbstbestimmtes Leben führen, wird stattdessen von der Straße weggefangen und – Beispiel Smeura – in klitzekleine Fuchskäfige gesperrt, wo er so gut wie nie mehr herauskommt.

John Dunbar alias Kevin  Costner soll von den Soldaten unter Waffengewalt in die weiße Zivilisation zurückgebracht werden, obwohl er das erkennbar nicht will. Da geht es ihm wie Ennis. Der will auch nicht! Aber danach fragen weder Soldaten noch sendungsverbissene und auf Sendung befindliche Moderatorinnen!

Dass das Schicksal dabei auch  noch Farbironie beweist, tröstet nur den Bescheidenen: Hier Rothaut versus weißer Mann, dort Rothaar gegen weißen Hund!

Der tierschutzrelevanteste Spielfilm aller Zeiten, 1991 für zwölf Oscars nominiert, mit sieben ausgezeichnet, dazu jede Menge weitere Filmpreise vorweisend, hat (in Deutschland) auch nichts geändert. Dessen Botschaft blieb bestenfalls im historischen Bezug hängen.

Nach wie vor wüten deutsche Tierschützer auf ihrer Mission ohne Rücksicht auf Verluste. Und das kleine Zeitfenster des Grauens für den in Spanien erhängten Galgo wissen sie allemal durch die Hölle der Rettung zu übertrumpfen, die sich in den schlimmeren Fällen über Jahre hinweg ziehen kann. Das bescheidene Instrumentarium des weißen Mannes in Amerika, bestehend aus Kanonen, Gewehren und Messern, haben Tierschützer schon lange aufgerüstet. Angefangen mit tierquälerischen bis tödlichen Tiertransporten, das Folterkellerequipment moderner Veterinärmedizin mit unglaublichen Operationen und Manipulationen an der atmenden Materie, dazwischen unprofessionelles Handling mit den bekannten katastrophalen Folgen, verantwortungslose Vermittlungen an ungeeignete Halter, sofern man den Pflegeplatz überhaupt überlebt …

Und so weiter und so fort, wie ein großer Teil von fast 450 Auas hinreichend dokumentiert!

Frohe Weihnachten!