Aua395: DIE WELLE oder: Tierschützer wieder auf Menschenjagd

{TS-Kritik}

 

Beängstigend, welche Energien frei werden, wenn die Empörung von Tierfreunden über eine grausame Tat nur entsprechend gebündelt und dirigiert wird. Allerdings ist wichtig, dass sich diese grausame Tat auf Hund oder Katze bezieht. Ein Feldversuch von rechts letzte Woche über den Tierschutzverteiler, bei dem es aber „nur“ um Schweine ging, hat gezeigt, dass der bestialische Tod von Nutztieren bei weitem nicht die gewünschten Reaktionen erzielt wie die behauptete, besser noch durch Video belegte Hinrichtung von Hundelen oder Katzelen.

Hundehasser erhängt Welpe

Derzeit ist die Jagd in Solingen eröffnet. Ein offensichtlicher Hundehasser hatte eine Frau auf dem Spaziergang mit ihrem 13 Wochen alten Welpen „Bella“ brutal überfallen und ihr den Hund entrissen. Dieser wurde am nächsten Tag an einem Baum erhängt gefunden. Zur Vorgeschichte die Bild.de-Berichterstattung hier.

Eine schreckliche Tat, ohne Zweifel. Die Frage ist nur, wie Tierfreunde auf so etwas reagieren.

Sie reagieren so: Bild.de Eine ganze Stadt jagt den Killer von Bella

In traulicher GEMEINSCHAFT (!!!) von Bildzeitung, dem Verein ProWal (???), PETA und einigen Privatleuten ist inzwischen eine Prämie von über 3.000 Euro für Hinweise auf den Täter zusammengekommen.

Die Jagd-Sponsoren-Gemeinschaft:

Pro Wal: 1.700 Euro

PETA: 500 Euro

Christian Haertle, Unternehmer: 1.000 Euro

 

Nur die Betroffene erinnert an den Rechtsstaat

Auf Bild.de wurde ein Phantombild des Täters veröffentlicht mit der bemerkenswerten Bildunterschrift: „Dieser Fettklops ist der Hunde-Henker!“

Der Aktionismus ist jedoch selbst durch das bemerkenswerte Statement der Hundebesitzerin nicht mehr zu stoppen. Nach Bild.de habe sie vor Lynchjustiz gewarnt und auf rechtsstaatliche Prinzipien verwiesen: „Die Suche nach dem Täter sollte man der Polizei überlassen.“ (Bild.de).

Hut ab vor dieser Frau. Sie ist diejenige, die zuvorderst von dieser furchtbaren Tat betroffen ist – und sie ist im Abgleich mit der Tierschutzszene die einzige, die einen klaren Verstand bewahrt.

Ihr Appell verhallt. Denn wie Bild.de berichtet, hängten Tierfreunde in Solingen jetzt überall selbst gemachte Fahndungsplakate auf. ProWal lasse 10.000 Flyer drucken, heißt es weiter.

Was eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG), die sich den Schutz der Meeresumwelt und von Meeressäugern auf die Fahnen geschrieben hat wie ProWal, mit der Ergreifung eines Hundehassers zu tun hat, bleibt auch beim Stöbern auf der ProWal-Website unklar. Auf jeden Fall aber wäre eine Werbeanzeige in der Bildzeitung wesentlich teurer gewesen als die kostenlose Namensnennung jetzt dank der durch Spenden zusammengekommenen Ergreifungsprämie für einen offensichtlich psychisch kranken Menschen, der Hunde erhängt.

 

Brandgefährliche Gruppendynamik

By the way: Gestern Abend wurde im Fernsehen (Pro7) mal wieder Die Welle ausgestrahlt. Schade, dass bestimmte Tierschützer für solche wichtigen Filme keine Zeit haben, wenn sie „Fettklopse“ jagen und sich gegenseitig mit „Findet den Mistkerl“ heiß machen.

Es gibt ein wunderschönes Bild von einem tierschützenden Fettklops in führender Funktion einer großen Orga auf einer offiziellen Veranstaltung zur Verleihung eines Tierschutzpreises vor kurzem. Leider traut sich die DN-Redaktion nicht, den dazugehörigen Screenshot hier einzustellen, um darauf aufmerksam zu machen, wie schnell man selbst Opfer solcher Stigmatisierungen werden kann …