Aua233: Behördlich geschlossenes Tierheim: In Hassfurt steppt der Rechtfertigungsbär

{TS-Kritik}

 

Erster Akt: Der Amtstierarzt schließt das Tierheim Hassfurt (vgl. Aua226).
 

Zweiter Akt: wie immer

Die Tierheim-Skandale der Republik folgen einem festen Muster. Erst machen die Verantwortlichen einschließlich des dazugehörigen Dachverbandes jahrelang nichts. Wenn die Amtstierärzte die seit Jahren bestehenden Missstände dann überhaupt nicht mehr übersehen können und tätig werden, weisen die Verantwortlichen die Vorwürfe zurück. Das tun sie in jedem Fall, ob Velbert (vgl. Aua95), Regen (vgl. Aua135) oder aktuell Hassfurt (vgl. auch Aua226).

Meistens kommt dabei heraus, dass der Amtstierarzt bzw. das Veterinäramt irgendwie selbst schuld sein. Besonders skurril war das im Fall Velbert (vgl. Aua95 mit allen Aktualisierungen!). Zwar deckt sich das in keiner Weise mit der Alltagserfahrung der Front-Tierschützer quer durch die Republik, die wenigsten derer ihren Veterinärämtern nicht einmal milde Formen des Übereifers vorwerfen können, aber es hört sich gut an und greift eine grundsätzliche Bereitschaft des gerade populären Wutbürgers auf.

Und vor allem: Es hat überhaupt nichts mit übernommener Verantwortung zu tun.

 

Deutscher Tierschutzbund mit göttlichem Timing

ACHTUNG: Der Deutsche Tierschutzbund (DTSB) lernt dazu. Und er beweist ein Gott begnadetes Timing: Gemäß aktueller Pressemeldungen habe der DTSB den Tierschutzverein Hassfurt Stadt und Land e. V. kurz vor knapp noch schnell aus dem Verband ausgeschlossen. Das war so  knapp, dass es offensichtlich nicht einmal dazu gereicht hat, den Verein aus der Datenbank auf der Website des DTSB zu nehmen, wo er heute – also aktuell am 24. Juni 2011 – immer noch geführt wird.

Da der DTSB nicht mit aller Presse spricht und seine eigene Datenbank nicht pflegt, darf er sich nicht auch nicht beklagen, wenn ihm in den ersten Meldungen zu diesem Fall der Tierschutzverein Hassfurt Stadt und Land e. V. noch zugeschlagen wird. Der kurzfristige Ausschluss mag formaljuristisch ein gewiefter Zug sein; moralisch entlastet er nach Meinung von Doggennetz nicht!

Wenig wahrscheinlich allerdings ist, dass die gemäß Zeitungsberichterstattung im Tierheim stattgefundene Tierquälerei, zu der jetzt auch die Polizei ermittele, nur in den wenigen Wochen zwischen dem Ausschluss aus dem DTSB und der Schließung des Tierheims Hassfurt stattgefunden hat. 17 konkrete Fälle stehen da zur Untersuchung an.

Man bedenke!

Zu diesem strukturell bedeutenden Punkt sei auch noch einmal auf den Passus „CW-Meinung“ in meiner Charity-Watch.de-Kurzmeldung zu Hassfurt. verwiesen.

Wir wissen von den verheerenden Missständen in Velbert (wenn aktuell auch als Status quo ante), einem Tierheim unter dem Dach des DTSB, weil der Amtstierarzt eingeschritten ist.

Wir wissen von den verheerenden Missständen in Hassfurt, einem Tierheim, das bis wenige Wochen vor der behördlichen Intervention zu den Mitgliedsvereinen des DTSB gehörte, weil der Amtstierarzt eingeschritten ist.

Wir wissen wenig bis nichts über die Zustände in den restlichen Tierheimen dieses Dachverbandes. Ein geplanter bundesweiter Tierheim-Check wurde von exakt diesem Verband unterbunden.

Denke, Schelm!

 

Und was ist mit den Geldern?

Im zweiten Akt dieser regulär und bundesweit aufgeführten Dramen nehmen sich die Vorstände natürlich zuerst einmal einen Anwalt. Wer den dann wohl bezahlt?

Die aktuellen Zeitungsberichte im Fall Hassfurt kommen – ebenfalls wie immer – auch auf das Thema Verwendung der Spendengelder. Der Mainkurier berichtet, der Verein könne für drei zurückliegende Jahre nicht die vertraglich festgelegten Verwendungsnachweise für die Steuergelder zur Abgeltung der Fundtierverwaltung nachweisen.

Zum xten Male belegt also auch dieser Fall, dass es einen in seiner Kausalität unauflöslichen Zusammenhang zwischen Intransparenz und Unseriosität bzw. tierschützerischen Mängeln gibt.

Wie oft brauchen die Tierfreunde und Spender diesen Beleg zwischen den zwei untrennbar miteinander verknüpften Phänomenen noch?

 

Von der Gerontologie okkupierte Vorstandssessel

Ebenfalls zum xten Male zeigt sich in Hassfurt die immer gleiche Struktur, die von Doggennetz schon verschiedentlich (vgl. z. B. Aua135)  und in der unterhaltsamen Version auch in „Das unglaubliche Quiz des Tierschutzes“ (vgl. Aua120, dort Aufgabe 6) herausoperiert worden war: Funktionäre und Vorsitzende, die seit Äonen auf ihrem Vorstandssessel sitzen und mit diesen inzwischen eine feste und vor allem unlösbare organische Verbindung eingegangen sind.

Dabei machen sie alle es auch nur ihrem großen Vorsitzenden, dem DTSB-Präsidenten Wolfgang Apel, nach. Der bringt es in einigen seiner zahlreichen Vorstandsämter inzwischen schon auf 33 Jahre!

(Erwirbt man bei derlei persistierender Verweildauer auf ein und demselben Stuhl eigentlich Rentenansprüche?)

In Hassfurt steht der erste Vorsitzende seit 25 Jahren dem Verein vor.

Diese <Verbundenheit> mit dem Vorstandsamt ist auch das kardinale Problem im Landkreis Regen (vgl. Aua135).

Die stoische Verweildauer als erster Vorsitzender wird auch im Beispiel Ravensburg von vielen Beobachtern der Szene dort als das Grundproblem bewertet. (vgl. Aua9 und mein dazugehöriger CW-Artikel).

Nicht umsonst sind in vielen politischen Ämtern die Amtszeiten begrenzt. Und Ausdruck von gelebten demokratischen Prozessen sind derlei Penetranz und Persistenz auch nicht.

 
Die Alten ziehen weiter die Fäden

Selbst wenn in Hassfurt auf der für die nächste Woche anstehenden Jahreshauptversammlung angeblich ein neuer Kandidat für den gut bebrüteten Stuhl antreten soll, sollten die Mitglieder dort genau hinsehen, in welcher Verbindung dieser zum bisherigen Vorstand steht. Es wäre nicht der erste Fall, wo ein Altgedienter sich beizeiten eine willfährige Marionette auf den Schoß setzt, um aus dem Hintergrund weiter die Fäden zu ziehen.

Und nicht in jedem Fall bevormunden die vorherigen Machthaber den neuen Vorstand so frank und frei und auch gegenüber der Presse wie im Fall des Vereins Tiere in Not OHZ (vgl. Aua99 und mein dazugehöriger CW-Artikel). Dort begründete die „Tierschutzbeauftragte“ Marlene Ziebell auf das journalistische Ansinnen hin, direkt mit dem ersten Vorsitzenden sprechen zu wollen, die Verweigerung der Herausgabe von dessen Telefonnummer wörtlich wie folgt: „Außerdem müssen wir auch erst vorher mit ihm reden, bevor er mit der Presse redet, denn wir kennen ihn ja noch nicht so lange.“ (CharityWatch.de Ein steuerfinanziertes Tierheim ohne Betriebserlaubnis).

Fußnote

Ein ganz besonderer Gag ist es, dass sich auffallend viele von diesen Tierheimen und Tierschutzvereinen, deren Holzwürmer schon dingfest gemacht und erkennungsdienstlich behandelt worden sind, alle auf einer ganz bestimmten Internetsite versammeln und verlautbaren oder sich durch markant gesetzte Links auf ihren Websites zu dieser Diskreditierungssite aufklärender Journalistenarbeit versammeln.

Nutzen Sie sie als „Schwarze Liste“!  Das macht Sinn.


Denke, Schelm!