Aua90: Uwe Stierand / Zwinger vom Evaschacht bei Frank Weber in HundKatzeMaus – ein Kommentar
{TS-/DS-Kritik}
Die geplante Hundeversteigerung der Zwingergemeinschaft vom Evaschacht fand am 30. Januar 2011 in Steuden, Halle-Saalekreis, statt bzw. mangels Kauf-Interessenten fand sie nicht statt.
Über dieses empörende Event wurde im Internet ausführlich berichtet. Christoph Jung hatte im Petwatch.blog zeitnah die Abläufe dokumentiert. Doggennetz nahm das Thema in Aua59, Aua64, Aua65, Aua67 und Aua68 auf. CharityWatch.de berichtete über Auswüchse im Spendenbereich.
Am Samstag, den 12. März 2011, also sechs Wochen post festum, berichtete nun auch die Tiersendung HundKatzeMaus, Vox, über den Vorgang. Der BMT-Tierheimleiter und Vox-Moderator Frank Weber bearbeitete das Problem in seiner ganz eigenen Weise.
Diese ganz eigene Weise verdient eine ausführliche Kommentierung:
Ein Veterinäramt als traurige Gestalt
Zweifellos ein Verdienst Frank Webers ist sein Bemühen, von der zuständigen Amtstierärztin am 30. Januar vor Ort ein Interview bekommen zu wollen. Was sich dabei die Veterinäre, die namentlich nicht genannt wurden, geleistet haben, ist beschämend: Sie weichen den Fragen Webers aus, ergreifen vor der Kamera die Flucht und verstecken sich unter dem Kofferraumdeckel ihres Autos sowie hinter einer Pressemitteilung, die sich nur auf die formaljuristischen Auflagen zur Veranstaltung selbst bezog.
Wenn sich das Vorgehen einer Behörde offensichtlich nicht erklären lässt, dann stimmt etwas nicht mit dem Vorgehen dieser Behörde. Reaktionen von Verantwortlichen wie die hier von der Kamera dokumentierte der Amtstierärztin sind der Grund für das neue Phänomen des Wutbürgers. Von Steuergeldern besoldete Beamte entziehen sich den mehr als berechtigten Fragen der Bürger.
Andererseits: Die Gerüchteküche will wissen, dass von Ministerium Druck auf den Landkreis dahingehend ausgeübt worden sei, im Falle des Zwingers vom Evaschacht auf gar keinen Fall radikal zu intervenieren, um keinen Präzedenzfall zu schaffen!
Was den Zuschauern nämlich nicht deutlich rübergebracht wurde: Die Haltungsbedingungen im Hundezwinger vom Evaschacht sind kein skandalöser Ausnahmefall, sondern eher Strukturmerkmal im Tierbereich nicht nur dieses östlichen Bundeslandes. Tierschützende Kenner der Region verweisen auf einen Hundehändler in kaum zehn Kilometer Entfernung, dessen vierpfotige Opfer wohl nur von den Haltungsbedingungen in Steuden träumen können.
Wenn die Behörden Evaschacht dichtmachen, dann müssen sie ganz viele andere, nach Experten mit Ortskenntnis noch viel furchtbarere Hundehaltungen der Region ausheben.
Warum aber geht Frank Weber auf diese tierschutzrelevanten Hintergründe nicht ein, die weit über diesen publicityträchtigen Einzelfall hinausgehen?
Tierschutzwidrig? Wo denn?
In seinen Kommentaren bei der Besichtigung der Zwingeranlagen, besonders aber der Kameradokumentation der erkennbar verschüchterten und ängstlichen Hunde konstatiert Weber, die Haltung hier sei eindeutig „tierschutzwidrig“.
Wer den Begriff „tierschutzwidrig“ verwendet, meint damit im Allgemeinen „nicht den Vorschriften des Tierschutzgesetzes (und seiner nachgeordneten Verfügungen) entsprechend“.
Das mag zwar mit den Zuschaueremotionen konform gehen; mit der Gesetzeslage eher nicht. In den sechs Wochen seit der Auktion habe ich noch mit keinem Experten gesprochen, der mir hätte sagen können, wo denn im Falle Stierand/Evaschacht der formaljuristische Hebel anzusetzen wäre.
Der eigentliche Skandal liegt doch darin, dass die bestehenden Vorschriften solche Haltungen zulassen.
Hier reisen Weber und Kamerateam bis nach Halle. Den weiten Weg hätte sie sich sparen können. Tierschützer überall in der Bundesrepublik können ihnen Adressen vor Ort benennen, wo Händler, Vermehrer und auch viele offizielle Züchter namhafter Verbände unter ähnlichen oder noch schlimmeren Bedingungen Hunde halten und züchten, ohne dass die Behörden eingreifen.
Für die Doggenszene erneut benannt seit der spektakuläre Altfall Bohling.
Frank Weber weiß da mehr? Wunderbar! Vermutlich hat er zum Wohle dieser Hunde einen kompetenten Verwaltungsjuristen konsultiert, der eine Lücke im abwehrenden Wust einschlägiger Gesetze und Verordnungen findet, das zuständige Veterinäramt damit konfrontiert und bei Inaktivität die übergeordneten Behörden wie etwa das Landwirtschaftsministerium informiert sowie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde Druck auf die Amtstierärztin ausübt?
Der also den Teil der mühsamen, wenig kamera-attraktiven Tierschutzarbeit macht, der vielleicht zum Erfolg führt?
Hat er das?
In der gestrigen Sendung war davon nicht die Rede.
Dafür hat Frank Weber sich lautstark entrüstet, empört, Stimmung gemacht. Dafür verwendete er safttriefende Kraftausdrücke wie „Ich bin schweinewütend“ und „stinksauer“. Er hat das betrieben, was Günther Bloch in einem Beitrag für die Tiervermittlungssendung „Tiere suchen ein Zuhause“ als konsequenzlose Entrüstung geißelt. (Sehen Sie das Video hier! Der Beitrag ist für die TseZ-Sendung vom 06.03.11 ausgewiesen, wurde da aber nicht ausgestrahlt.)
Danke, Herr Bloch, für dieses prominente Verdikt.
Allein: Wenn Webers Entrüstung im Steuden-Fall in einer Hinsicht „konsequenzlos“ bleibt, dann hat Uwe Stierand noch richtig Glück gehabt. Dazu unten mehr!
Lauter offene Fragen
Was sagt eigentlich der Landrat zu diesen Vorgängen, die seit Wochen den gesamten Kreis in Verruf bringen?
Wie sieht das Statement des Ministeriums aus?
Welche Personen stecken hinter dieser ominösen „Züchtergemeinschaft vom Evaschacht“? Tierschützer ohne Kamerateam kennen das Phänomen, wenn Tierquäler, Vermehrer, „Züchter“, Händler etc. ihren Gewerbebetrieb nach entsprechenden behördlichen Verbotsanordnungen einfach auf die Schwester, den Cousin, den Neffen oder anderer Familienmitglieder überschreiben und damit das gesamte formaljuristische Prozedere von vorne losgeht.
Wie kann es sein, dass ein Hartz-IV-Bezieher (Uwe Stierand gibt das in Foreneinträgen ganz offen zu) die Behörden so an der Nase herumführt?
Wie stellt sich die hier zuständige ARGE zu dem Fall?
Gehört die „Züchtergemeinschaft vom Evaschacht“ womöglich zu einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft (Begriff aus dem Sozialgesetzbuch) und die Einkünfte aus dem Hundeverkauf, den geldwerten Vorteil der vielen Futterspenden etc. wären den Einkünften dieser Bedarfsgemeinschaft hinzuzurechnen?
Findet sich der zitierte formaljuristische Hebel für das Veterinäramt vielleicht genau hier – im Status der Bedürftigkeit nach Sozialgesetzbuch, als Arbeitslosengeld-II-Bezieher, der gemäß eigenen Bekundungen im Internet schon häufiger in den vergangenen Monaten nicht wusste, wovon er die Hunde ernähren soll?
Warum werden die vielen anderen fleißigen Tierschutzorganisationen, die sich in diesem Fall schon engagiert haben, nicht erwähnt?
Über die Aktiven des Tierschutzvereins Halle konnte man, da anwesend, schlecht hinweggehen. Aber die Ehrenamtlichen der Laborbeagle-Hilfe e. V. etwa, die viele verschiedene Kommunikationsstränge genutzt, Angebote an Stierand gemacht, schon vorsorglich Unterbringungsmöglichkeiten zumindest für die Beagle organisiert hatten, die kommen nicht zur Erwähnung? Und da gibt es noch andere – bis hin zu einem Tierheim in Nordrhein-Westfalen, das gleichfalls Unterbringungsmöglichkeiten für die Hunde, so man sie denn endlich aus dem Steuden-Loch herausbekäme, angeboten haben.
Sie werden für ihr Engagement dann leider auch keine Spenden kriegen. Denn im Fernsehen war nur die Empörung von Frank Weber zu sehen.
Warum wurde das ausführliche und kompetente Statement von Christoph Jung, dem Initiator des Dortmunder Appells, nicht gesendet? Während Frank Weber sich von den Haller Tierschützern in seiner konsequenzlosen Empörung als krönende Peinlichkeit beklatschen lässt, war der Zucht-Experte im Hintergrund zu sehen. Jung hatte in seiner vom VOX-Kamerateam auch aufgezeichneten Stellungnahme den Zuschauern genau erklärt, worin die eigentlichen Leiden und vor allem auch die lebenslang anhaltenden Schäden für die Welpen und Junghunde in dieser Hundefabrik liegen.
Muss Themen-Expertise bei HundKatzeMaus vor der ausufernden Selbstdarstellung Webers zurückstehen?
Menschenjagd eröffnet?
Wie gut kennt Frank Weber die Tierschützer und häufig genug emotional vollkommen überqualifizierten Tierfreunde wirklich?
Meiner Meinung nach ist es grob fahrlässig und unverantwortlich, bei so einem brisanten Thema dermaßen die Emotionen zu schüren. Schon vor dem verzichtbaren HundKatzeMaus-Beitrag waren einige Tierschützer kurz vor dem Durchdrehen. Ganz offen wurde über die Möglichkeit spekuliert, militante Tierschützer in die Anlage zu schicken. Aua68 beschreibt die Hysterie und deren Auswüchse in anderer Richtung.
Und es gibt viele dokumentierte Fälle, wo vermeintliche oder echte Tierquäler schon für weniger anonyme Anrufe bekommen, Schmähgraffity an ihrem Haus wiedergefunden und sogar Morddrohungen erhalten haben.
Die Zustände im Zwinger vom Evaschacht sind nicht schön. Aber sie sind weder außergewöhnlich (siehe oben) noch sind sie halb so schlimm wie andernorts in Deutschland oder gar im Ausland.
Jeder aufrechte Tier- und Hundefreund würde sich wünschen, dass man alle Hunde dort herausholen kann. Aber die Verhältnisse, insbesondere die politischen, sind nicht so.
Ändern kann man das nur auf dem legalen Weg. Auf dem mühsamen Weg. Auf dem langen Weg. Auf dem Weg, den solche Kameras, wie diese hier, eben nie zeigen!
Ihre Empörung, Frank Weber, ist billig.
Ihre Empörung ist – für die Hunde – konsequenzlos.
Aber am schlimmsten ist: Ihre Empörung ist brandgefährlich!
Nutzen?
Wem nun hat der mehrteilige Beitrag in der Tiersendung HundKatzeMaus genützt?
- Vorort-Zeugen am 30.01.11 behaupten, Uwe Stierand habe von Frank Weber Geld für ein Exklusiv-Interview erhalten. Dies schließen sie aus der Hör-Zeugenschaft von Stierands Aussage gegenüber den Verantwortlichen eines gleichfalls anwesenden Kamerateams vom Mitteldeutschen Rundfunk, dem Stierand ein Interview mit Hinweis auf die Exklusivrechte von Vox verweigert habe. Neueren Informationen gemäß handelte es sich dabei – und das soll in Nahaufnahmen auch im Beitrag zu sehen sein – lediglich um eine übliche Drehgenehmigung. Überdies habe Uwe Stierand dem MDR sehr wohl auch ein Interview gegeben. Ausgestrahlt wurde bisher über das Öffentlich-Rechtliche meines Wissens aber nichts in dieser Richtung.
-
Darüber hinaus gab der mehrteilige Fernseh-Beitrag vor allem Frank Weber breiten Raum zur Selbstdarstellung. Auf der Suche nach einer Spenderadresse könnten also empörte Tierfreunde auf die Idee kommen, sich an den Verein zu wenden, für den Frank Weber hier auftritt. Vielleicht kommt noch dem einen oder anderen Zuschauer der nur am Anfang zentral ins Bild tretende Tierschutzverein Halle in den Sinn. Im weiteren Verlauf der Dreharbeiten hatten die Haller Tierschützer nur noch die Funktion, Frank Webers konsequenzlose Empörung zu beklatschen.
Wem hilft der mehrteilige Beitrag der Tiersendung HundKatzeMaus NICHT?
-
Den Tierschützern, die sich seit Wochen darum bemühen, eine Lösung für diese Hunde zu finden.
-
Den Hunden!
-
Dem eigentlichen und strukturellen Problem, das hinter dem spektakulären Fall Uwe Stierand / Zwinger vom Evaschacht steht.