Aua39: Tierschutzskandal Dörrieloh / Gnadenhof Momo: Hunde des Vereins Animals Hope

{TS-/DS-Kritik} 

In einer vergleichsweise spektakulären Aktion hatte das Veterinäramt des Landkreises Diepholz am 11. November 2010 die als „Gnadenhof Momo“ bekannte und in Tierschutzkreisen seit langem kritisch diskutierte Tierhaltung der Eheleute B. ausgehoben. Dabei wurden rund 100 Hunde beschlagnahmt. (vgl. auch Aua 29
sowie meinen Artikel auf CharityWatch.de).

Seit der Beschlagnahmung wuchert eine endlose Diskussion in den verschiedensten Hunde- und Tierschutzforen. Und es gibt tatsächlich „Tierfreunde“, die an den bisher schon bekannten Fakten rütteln und versuchen, das Tierleid in dieser Haltung zu relativieren. Aber dass selbst tote und verletzte Tiere sogenannte Tierfreunde nicht nachdenklich machen, erlebt man auch auf anderen Kriegsschauplätzen der Tierschlamisten.

Im Fall Gnadenhof Momo und Animals Hope wird insbesondere versucht, die Verflechtung zwischen den beiden Institutionen zu bestreiten. Die Vorsitzende selbst, Corinna Peters, distanzierte sich in einem nur kurzfristig auf der Vereinswebsite zu lesenden Gästebucheintrag von Barbara B.

Eine aktuelle Pressemitteilung (14.12.2010) des Verwaltungsgerichts Hannover macht allen Dementi und Spekulationen ein Ende:

 

Die Hunde habe man für Animals Hope gehalten!

Die für diesen Diskussionspunkt entscheidende Passage der Pressemitteilung besagt: „Wegen der Vielzahl der vorgefundenen Hunde und der Äußerung der Antragstellerin, die Hunde für den Verein „Animals Hope“ zu halten, untersagte der Landkreis der Antragstellerin in einer weiteren Verfügung, die Hunde für andere in einem Tierheim zu halten“ (Pressemitteilung „Haltung von mehr als 100 Hunden unter tierschutzwidrigen Bedingungen“ des Verwaltungsgerichts Hannover vom 14.12.2010; Hervorhebung: K. B.).

Einschränkend jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass hier zunächst nur von „der Äußerung der Antragstellerin“ die Rede ist.

 

Chronologie der behördlichen Maßnahmen

In der Diskussion unter den Tierschützern immer wieder thematisiert wird auch die offensichtlich schwer nachzuvollziehende Regelung des Verwaltungsrechts, dass während eines Mediationsverfahrens eine sogenannte Friedenspflicht herrscht. Die verschiedenen, vor dem Verwaltungsgericht Hannover anhängigen Verfahren gegen Barbara B. befanden sich aber bis zu dem auch in den Zeitungsberichten erwähnten „grünen Licht“ im Status der Mediation. Während dieser können keine Maßnahmen vollzogen werden. Eine Beschlagnahmung in diesem Zeitraum war allein deshalb nicht möglich. Erst nachdem das Verwaltungsgericht die Mediation einstellte, konnte die Veterinärbehörde tätig werden. Das allein ist der Grund für die Verzögerung der Beschlagnahmung.

Die Pressemitteilung vom 14.12.2010 listet auch noch einmal die lange Chronologie behördlicher Interventionen beim Gnadenhof Momo auf: Schon zu einem früheren Zeitpunkt gab es ein Verbot des Landkreis Diepholz, weitere Hunde aufzunehmen. Darüber hinaus wurde „die sofortige Reinigung im Innen- und Außenbereich“ (ibid.) angeordnet. Dann gab es eine erneute Kontrolle, bei der die Behörde „eine Steigerung der Hundezahl auf 32 bei weiterhin für tierschutzwirdrig gehaltenen Verhältnissen“ (ibid.) feststellte. Schon damals erging die Auflage an die Betreiber, den Bestand auf maximal 10 Hunde zu reduzieren. Auch das eigentlich selbstverständliche Bestandsbuch musste behördlicherseits angemahnt werden. Für zwei namentlich benannte Tiere wurde eine getrennte Haltung zu deren Schutz angeordnet.

Zur Beschlagnahmung: „Bei einer weiteren Kontrolle fand der Landkreis nun 103 Hunde vor. Die Haltungsbedingungen hatten sich nicht verbessert. Der Landkreis nahm der Antragstellerin daraufhin bis auf 6 alle weiteren Hunde weg. Sie wurden auf Tierheime und Pflegestellen verteilt, ein Hund musste eingeschläfert werden“ (ibid.).

 

Juristische Gegenwehr der Betreiber

Wie die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover informiert, wurden von der 11. Kammer des Gerichts alle vier Eilanträge der Hundehalterin abgewiesen. Mit Klagen und Eilanträgen hatte sie sich gegen die Verfügungen gewehrt. Interessant dabei ist ihre Begründung: „Die Haltungsbedingungen seien nicht zu beanstanden“ (ibid.).

 

Dreck, Schmutz, Kot, Dunkelheit, Nässe, gefährlicher Sperrmüll

Die Pressemitteilung listet die Haltungsbedingungen jedoch anders: „Nach den durch Photodokumentationen festgestellten Haltungsbedingungen – ein verdreckter, überfüllter Raum im Haus, dunkle verschmutzte Zwinger im Stall ohne Trinkwasser, eine Hündin mit Welpen in einem lichtlosen Raum ohne geeignete Liegefläche, verkotete Freiflächen mit gefährlichem Sperrmüll und nur einer nutzbaren Hundehütte – zeigten nach Auffassung der Kammer, dass der Landkreis die angefochtenen Anordnungen zu Recht getroffen habe“ (ibid.).

Dieser Fall wird sowohl die Gerichte wie die Tierschützer noch weiterhin beschäftigen. Die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts bezieht sich zunächst nur auf die Entscheidung zu den vier Eilanträgen. Wirklich interessant werden dann die Hauptverfahren.

Juristisch weniger relevant, für die Tierschutz-Szene jedoch spielentscheidend ist nach wie vor die Frage, woher all diese Hunde kommen? Rechnet man die Bestände des Gnadenhof Momo und von Animals Hope zusammen, kommt man auf rund 250 Tiere. Nach Informationen des zuständigen Veterinäramtes befanden sich z. B. eine Reihe von Nackthunden im beschlagnahmten Bestand. Auch die exakte Anzahl und Herkunft der aus dem Ausland stammenden Hunde wird hoffentlich in den Hauptverfahren geklärt.

Für die weitere Diskussion in der Tierschutzszene sei auf eine wichtige, bisher allerdings nur mündliche erhaltene Information der beteiligten Behörden verwiesen: Die Verantwortlichen hier gegen NICHT von einem Fall von Animal Hoarding aus. Die Ermittlungen richten sich auf den Verdacht des Hundehandels.

Dieser Verdacht atmet Plausibilität, denkt man an die Nackthunde. Exemplare dieser Qualzucht gehören üblicherweise nicht zu den Hunden, derer sich Halter aus Überdruss in Tierheimen und auf „Gnadenhöfen“ entledigen.

Doggennetz wird weiter über diesen Fall berichten.

Aktualisierung vom 20. Oktober 2011:

Der von Karin Burger im Auftrag von CharityWatch.de recherchierte und dort auch publizierte Fall „Gnadenhof“ Momo hat auch Eingang in das Buch Spendenmafia von Stefan Loipfinger gefunden (dort in der Erstauflage ab Seite 49).