Aua14: Schutzbund Deutschtier – Rettet die Intransparenz! Folge 1: TSV Tuttlingen – schlecht recherchiert

{TS-Satire}  

Der Vormittag in der Bundesgeschäftsstelle des Dachverbandes Schutzbund Deutschtier ist spät dran. Bisher geschäftstüchtig ist nur die Alt-Praktikantin Fr. Hilfreich. Stereotyp zählt sie Geldbündel und verbrennt die Geschäfts- und Kassenberichte der angeschlossenen Tierschutzvereine; im Moment mit Priorität derer im Süden.

Gerade schließt sie das Fenster, um dem intransparenten Rauch jeden Fluchtweg zu versperren. Da betritt ihre Vorgesetzte Fr. Edel das Büro.
„Moin!“
„Moin!“

Kritisch blickt Edel auf die in der Ecke bergeweise gehäuften Geldbündel, im Rauch gut versteckt,  und stochert inspektorisch in der mittig im Raum stehenden alten Badewanne, angefüllt mit einer meterdicken Schicht Berichteasche. Sie tut so, als hätte sie den Herr-Lehrer-ich-weiß-was-Eifer in den Gesichtszügen ihrer Altpraktikantin noch nicht bemerkt.

„Nachher kommt der Ein-Euro-Jobber und füllt den Rauch in Flaschen ab“, instruiert sie ruppig die Subalterne. „Sehen Sie zu, dass die Flaschen dann zügig in den Postversand an die Tierheime gehen! Wir müssen die Aktion Nebelkerze vorwärtstreiben!“

Hilfreich nickt mit dem Kopp.

Und der Chef kommt heute auch später. Wir haben ja die Demo ‚Rettet die Tierheime!’ vor dem Bundesrat in Berlin. Da machen wir jetzt Druck. Dann gibt es mehr Geld – Steuergelder!“ Edel verströmt Entschlossenheit.
Hilfreich pampt zurück: „Noch mehr?“ Dieser subversive Halbsatz trägt ihr einen bösen Blick der Chefin ein.

„Es gibt schon wieder einen schlimmen Artikel!“, versucht Fr. Hilfreich den Lapsus auszubügeln und gleichzeitig von den eher öden Pflichten abzulenken.
„Ach, ja?“, Fr. Edel will nicht so recht ans Brot. „Wo denn?“
„Ha, wieder bei diesen Spenden-Weight-Watchers!“
„Bei wo?“
„Diesen Spenden-Weight-Watchers, diesen Enthüllungsjournalisten, die gucken, dass das Gewicht der Tierschutzgelder, welche Tierschutzvereins-Funktionäre an den satzungsgemäßen Zwecken vorbeileiten, nicht zu groß wird.“

Jetzt hat sie sie. Edel wird rege:
„Um Himmels Willen! Das ist ja schrecklich. Geben Sie mir rasch den Link!“
Fr. Hilfreich geht an ihren Alt-PC und gibt ihr rasch den Link: http://www.charitywatch.de/index.asp?id=1309 .

Edel liest. Edel liest lang. Edel wird ganz bang.
„Der arme Herr Gut! Der wird sich wieder furchtbar aufregen!“

Beide lehnen sich auf ihren Bürostühlen zurück. Jetzt werden sie zum Team.
„Ich hab’ da eine Idee!“

Stunden später.

Der Oberindianer der Bundesgeschäftsstelle des Dachverbandes Schutzbund Deutschtier, Frohgemut Gut, betritt leichtfüßig den Raum.

„Guten Tag, die Damen!“

Die beiden Devoten grüßen breit lächelnd zurück. Die Demo war wohl ein Erfolg.

Gut kommt spät, dafür aber gleich zur Sache:
„Ist der Burka-Erlass an die Tierheime schon raus?“
„Jawoll, Chef!“, rückmeldet stolz Fr. Edel. „Ein Rundschreiben an alle angeschlossenen Vereine und Tierheime, ja nie nix irgendwas zu verraten. Keine Maße, weder von Innen- noch von Außenzwingern, keine Zahlen, kein Nichts und kein Garnichts! Komplette Kommunikationssperre! Schicht im Schacht und Gitter nicht nur vor den Augen, sondern auch vor der Fresse!“

„Maulkörbe gehören eh zur Ausrüstung eines gut ausgestatteten Tierheims“, witzelt die Altpraktikantin im Bemühen, auch einen Brosamen der Aufmerksamkeit ihres Chefs zu erhaschen. Der aber zieht nur genervt die Augenbrauen hoch.

„Was ist mit Konstanz und Radolfzell?“
Fr. Edel zückt ihren Notizblock und verliest: „Telekom meldet Vollzug. Komplett offline, die beiden. Nicht mehr zu erreichen. Weder per Telefon noch per Post noch per E-Mail. Tarnnetz über den Tierheimen. Die beiden Vorsitzenden haben unsere angebotene Autosuggestion Wenn ich die Augen ganz fest zukneife, können uns die Interviewer gar nicht mehr sehen perfekt internalisiert! Die sind quasi in Sicherheit!“
Gut nickt zufrieden mit dem Kopf.

„Wir haben aber leider ein neues Problem!“, schiebt Fr. Edel schweren Herzens erste Schatten über den strahlenden Spätnachmittag.
„Es gibt schon wieder einen Artikel. Noch viel schlimmer! Leider.“
Hr. Gut fordert den Link.
Fr. Edel gibt ihm den Link: http://www.charitywatch.de/index.asp?id=1309 .

Hr. Gut liest. Hr. Gut wird ganz schlecht.
„Regen Sie sich nicht auf, Chef!“ Fr. Edel wird hektisch.
„Man muss doch auch das Gute daran sehen!“, versucht es Fr. Hilfreich über die Positives-Denken-Schiene.
„Das Gute?“, quiekt Gut, „was für ein Gutes denn?“

Nur leicht aus defensiver Position entgegnet Hilfreich: „Wir haben doch in unserer Rettet-die-Tierheime-Postille geschrieben, dass knapp 50 Prozent der Tierheime kurz vor der Insolvenz stehen. Na ja, aber mit den neuen Infos könnte man doch vorschlagen: Alle Tierheime überführen ihre 6-stelligen Vereinsvermögen, die sie in hochriskante Anlagegeschäfte wie Schiffscontainer, Schweinehälfte, für Tierschutzbelange nicht genutzte Immobilien und so angelegt haben, in die liquide Masse zurück!. Dann ist das Geld wieder da, wo es hingehört, die Vereine gehen nicht pleite und die Kommunen müssen die zusätzlichen Steuerbelastungen nicht an die Bürger weiterreichen!“

Edel und Gut werden bleich.
„Sie sind auch liquide Masse!“, zischt Edel in blitzartiger Empörungsallianz mit Chefe.
Ungewöhnlich schnell dämmert es Hilfreich, dass dies gar keine gute Einlassung war!

Verschwörerische Blicke zwischen Edel und Gut. Edel nickt sacht mit dem Kopf. Hr. Gut zieht eine Schublade auf und nimmt einen Arbeitsvertrag heraus.
„Tut mir leid, liebe Fr. Hilfreich, das wäre Ihre Chance gewesen!“
Mit hämischem Grinsen zerreißt er den Vertrag: „Nach 17,5 Jahren Praktikantenzeit wollten wir Ihnen eigentlich jetzt Ihren ersten auf drei Monate befristeten Arbeitsvertrag geben. Aber wie ich gerade sehe, haben Sie die Philosophie des Hauses immer noch nicht verstanden!“ Ironisch bedauernd schüttelt er den Kopf.

Das tut Fr. Edel jetzt doch etwas leid, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie überhaupt keinen Bock hat, die Geschäfts- und Kassenberichte künftig selbst zu verbrennen.
„Vielleicht sollten wir ihr die Sache noch einmal erklären?“, schlägt sie deshalb vor.
„Okay“, gibt sich Gut gutwillig. „Wir machen das im Pingpong. Ich fange an!“
Edel nickt mit dem Kopp.
„Tierschutzverein Friedrichshafen?“, startet Hr. Gut mit künstlich überhöhter Frageintonation zum Satzende.
„Schwarzes Schaf!“, antwortet Edel wie aus der Pistole geschossen.
„Tierschutzverein Koblenz?“
„Schwarzes Schaf!“
„Tierschutzverein Ravensburg?“
„Schlecht recherchiert!“
„Tierschutzverein Stockach?“
„Da ist das Schaf so klein, dass die Farbe keine Rolle spielt.“
„Tierschutzverein Tuttlingen?“
„Schwarzes Schaf!“

Leicht angesäuert schauen Edel und Gut mit pädagogischer Strenge auf die Verbockte hernieder. Der kann man die enorme Denkanstrengung deutlich ansehen.
„Schwarze Schafe?“, sichert die noch einmal ab.
„Schwarze Schafe!“, bestätigen die Vorgesetzten das Resümee.
„Und wo sind dann die weißen Schafe?“ Diese Abschlussfrage kostet Hilfreich den letzten Courage-Rest.
„Da, wo die Schnüffler noch nicht waren und jetzt auch nicht mehr hinkommen!“, erklärt Gut mit sichtbarer Befriedigung.

„Jetzt sind wir ganz vom Thema abgekommen!“, bemerkt Fr. Edel.
„Welches Thema?“ Gut ist noch nicht ganz wieder im Hier und Jetzt.
„Tuttlingen.“
„Was für ein Tuttlingen?“ Die Umstellung von Sieg auf Niederlage macht Probleme.
„Ich gebe Ihnen mal den Link: http://www.charitywatch.de/index.asp?id=1309 .“

Gut liest, erinnert sich gut: das Grauen!

„Aber wir haben schon etwas dagegen gemacht!“
Gut ist sich nicht sicher, warum er schon ahnt, dass auch dieses nichts Gutes bedeuten wird.
„Sie haben etwas gemacht?“ Der Altindianerbass seiner Stimme kippt zum Satzende etwas schrill weg.
„Ja!“, verkündet Fr. Edel im Brustton finalen Sekretärinnen-Stolzes, dem Übel die Spitze gekappt zu haben.
„Dieses Mal nämlich haben die nämlich wirklich schlecht recherchiert. Im Fall Ravensburg konnten wir das ja nur so unbewiesen in den Raum zentrieren.“

„Ich habe den Link zu unserem Gegenschlag im Fall Ravensburg gar nicht mehr?“, unterbricht Hilfreich, die sich von der intimen Kommunikation zwischen Chef und Chefsekretärin ausgeschlossen fühlt.
„Herr zur Socke!“, schnauzt sie ihre Vorgesetzte entnervt an, „hier ist der Link!“
Und sie gibt ihr den Link: https://www.schwaebische.de/lokales/ravensburg/ravensburg-stadtnachrichten_artikel,-Hundehoelle-Ein-Online-Portal-schwaerzt-das-Tierheim-an-_arid,4160113.html?et_cid=2&et_lid=2.

Diese ärgerliche Unterbrechung wie Hundekot vom Schuh streifend, wendet sich Fr. Edel wieder Hr. Gut zu:

„Aber dieses Mal haben wir sie am Beutel!“
„Am Beutel?“, Hr. Guts Echo soll Zweifel zum Ausdruck bringen.
„Ja!“, jubelt Fr. Edel. „Ganz schlimmer Fehler. Haben die glatt übersehen! Kommt gar nicht vor im Artikel. Sie wissen doch, diese Tierschutzstiftung Marga Ihl!“
Triumphierend grinsend nickt sie ihm schon mal Zustimmung vor. Gut überlegt gut.
„Ja, ja, da war was. Lassen Sie mich überlegen: Der einzige Stiftungsrat dieser Tierschutzstiftung Marga Ihl ist doch identisch mit dem früheren Vorsitzenden vom Tierschutzverein Tuttlingen?“
Fr. Edel unterdrückt ihren Witwenimpuls, diesen wunderbaren Mann für diese wunderbare mentale Leistung zu umarmen. Kommt nicht alle Tage vor. Die Leistung.
„Ja genau“, jubelt sie ihm entgegen.
„Und da soll es doch vielleicht eventuell möglicherweise eine ominöse Überweisung aus dem Vereinsvermögen des Tierschutzvereins Tuttlingen an die Tierschutzstiftung Marga Ihl gegeben haben!“, hilft sie ihm aufs Pferd.
„94.000 Euro waren das oder hätten das sein können?“, schlägt Gut mit Fahrt aufnehmender Erinnerung vor.
„Oder 96.000 oder 3 Euro mehr oder weniger – scheiß der Hund drauf! Auf jeden Fall ein ganz ordentlicher Betrag, den der erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Tuttlingen an den Stiftungsrat der Tierschutzstiftung Marga Ihl in Personalunion möglicherweisevielleichtkonjunktivisch überwiesen haben könntesoll. Und das beweist: Die Spenden-Watchers haben schlecht recherchiert, denn dieser Klops kommt in der Sündenliste vom Tierschutzverein Tuttlingen gar nicht vor!“

Gerade will sich Guts Solarplexus aufgrund dieser positiven Nachricht etwas entspannen, da bricht die Nacht über seinem Gemüt herein, als Fr. Edel ihm verkündet:
„Wir haben dazu schon eine Pressemitteilung herausgegeben.“
„Sie haben dazu was?“, Gut versucht sich mit seinem Entsetzen auf die Mimik seiner Sekretärin zu konzentrieren und den Endsieg-Jubeltaumel der Altpraktikantin in der Neustart-Schleife nicht wahrzunehmen.

„Eine Pressemitteilung bundesweit! Damit sind diese geschäftsschädigenden Spendenverläufe-Kartografen endgültig diskreditiert. Dass dieser Hammer im Artikel nicht drin ist, beweist doch, dass die schlampig recherchiert haben! Und das soll die Welt wissen. Jetzt sind sie erledigt. Tot! Die liest keiner mehr!“

Hr. Gut wird so schlecht, dass er die Sanitäranlagen aufsuchen muss.

Fr. Hilfreich und Fr. Edel zeigen sich bei seiner Rückkehr nun gemeinschaftlich verunsichert. Hr. Gut hat sich gut überlegt, diesen Fauxpas nicht weiter zu kommentieren. Stattdessen wählt er den tierschutztypischen Aktionismus:
„Geben Sie mir mal die Liste mit unseren IM bei den lokalen Zeitungen!“

Hektisch blättert Fr. Edel in einem sehr sehr dicken Ordner. „Hier!“, reicht sie ihm mit zitternder Hand die Liste mit den Namen williger Schreiberlinge in Lokalredaktionen, die gegen welche Leistungen auch immer bereit sind, alle presserechtlichen Grundsätze und Kriterien ausgewogenen Journalismus’ zu verletzen.

„Das hat doch letztes Mal auch funktioniert“, murmelt Gut verzweifelt.

 

Wie diese spannende Geschichte wohl weitergeht?

Das wissen nur die Autoren in Bonn! Wenn die sich entschieden haben, können Sie es hier zuerst lesen!

 

 ********** Ende Satire-Gelände **********

 

Aktualisierung vom 20. Oktober 2011:

Von den von Karin Burger im Auftrag von CharityWatch.de recherchierten und dort publizierten Fälle des Tierschutzvereins Ravensburg-Weingarten e. V. sowie des Tierschutzvereins Tuttlingen-Spaichingen und Umgebung e. V.  hat letztgenannter Eingang in das Buch Spendenmafia von Stefan Loipfinger gefunden
(in der Erstauflage dort auf S. 62 und 63).