Aua1151P: Zoosadismus: Erhöhte Chance zum Nachweis des Missbrauchs und zur Täteridentifizierung

 

{TS-Kritik}

 

Seit Tagen recherchiert die DN-Redaktion zu dem etwas verkantetem Missbrauchsfall in Berlin: Dort war am 23. Oktober 2013 die Hündin Kessie, die ihre Besitzerin Magdalena H. beim Einkaufen vor einem Supermarkt angebunden hatte (!), entführt worden.

Am nächsten Morgen fanden Passanten die Hündin angebunden an einem Zaun mit Verletzungen im Anal- und Scheidenbereich.

Die in der Folge veranlassten tierärztlichen Untersuchungen schlossen Eigenverletzungen sowie die Einwirkungen durch andere Hunde aus. Das führte dann zu dem Schluss: sexueller Missbrauch. Sowohl die BILD– wie die Berliner Zeitung berichteten über den Fall.

Die Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e. V. hat für Hinweise, die zur Ergreifung des oder der Täter führen, eine Belohnung von 1.000 Euro ausgesetzt.

Und auch die Zoophilen-Vereinigung ZETA, die sich nach eigenen Angaben die Aufklärung von Zoosadismus-Fällen zur Aufgabe gemacht hat, setzte eine Belohnung in Höhe von 500 Euro aus.

 

Das Problem des Nachweises

Ein generelles Problem bei der Aufklärung und Ahndung von Fällen sexuellen Missbrauchs von Tieren ist die Nachweisfrage. Darüber referiert in zwei interessanten YouTube-Videos Professor Dr. Hanno Würbel, Fachbereich Tierschutz und Ethologie der Universität Gießen (hier und hier).

Auch im Berlin-Fall konnte der Missbrauch nur als Rückschluss und unter Ausschluss anderer plausibler Verletzungsquellen festgestellt werden. Das ist in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend und wenig hilfreich für eine mögliche Täteridenfizierung.

Das brachte diese Redaktion auf die Frage, warum man beim sexuellen Missbrauch von Tieren nicht ähnlich verfährt wie bei der Vergewaltigung von Menschen (Frauen, Kinder, Männer): durch einen Abstrich potenzielle Täter-DNA festzustellen.

 

Prinzipiell ist der Nachweis möglich

Als Ansprechpartner für diese Frage wählte die DN-Redaktion einen der bekanntesten Anbieter für veterinärmedizinische Labordiagnostik: Laboklin.

Die Diplom-Biologin Bärbel Gunreben beantwortete die DN-Frage nach der grundsätzlichen Machbarkeit solcher Untersuchungen positiv: „Prinzipiell ist das möglich.“

Allerdings sei eine solche Untersuchung an mehrere Voraussetzungen gebunden, unter anderem muss das Untersuchungsmaterial möglichst „frisch“ sein. Ein Zeitfenster wie im Berlin-Fall, wo die Hündin quasi innerhalb von 24 Stunden nach dem potenziellen Missbrauch wieder auftauchte, wäre da eine Chance. Mit einer Probenentnahme auf einem trockenen Tupfer könne man eine sogenannte Polymerase Kettenreaktion (PKR) durchführen. Das ist ein Untersuchungsverfahren, mit dem auch genetische Fingerabdrücke erstellt und überprüft werden können. Im Veterinärmedizinischen Bereich wäre das dann die Tierarten-Differenzierung. Das gesuchte „Tier“ wäre in dem Fall: der Mensch.

Im Nachweisfall müssten dann weitere Untersuchungen durch ein Humanlabor erfolgen, da der Tätigkeitsbereich der veterinärmedizinischen Diagnostik mit der Bestimmung der „Tierart“ zu Ende ist.

Solche Untersuchungen wären aber immerhin eine Chance! Zwar entfällt jede Nachweismöglichkeit dann, wenn der Täter ein Kondom benutzt. Aber mit einer solchen Untersuchung hätten die Ermittlungsbehörden natürlich weitergehende Täteridentifizierungsmöglichkeiten bei Verdächtigen. Ließe sich etwa ein kleiner Kreis von dringend Tatverdächtigen ermitteln, könnte aus diesem heraus ein Täter per DNA-Test überführt werden.

Außerdem wäre der sexuelle Missbrauch des Tieres dann gerichtsfest belegt.

Warum diese Möglichkeit in den „einschlägigen Kreisen“ nicht wenigstens diskutiert, warum darüber bisher nirgends informiert wird und warum sie in geeigneten Fällen wie dem der Berliner Hündin Kessie nicht zur Anwendung kommt, dafür hat diese Redaktion eine Reihe von naheliegenden, aber nicht zu belegenden Hypothesen!

Es ist nicht auszuschließen, dass bestimmten Kreisen an der klärenden Überprüfung solcher Verdachtsfälle gar nicht gelegen ist.