Aua1222P: Menschen- contra Tierschutz in Rumänien (19): Das DJGT-Rechtsgutachten und die Ohrfeige der EU

 

{TS-Kritik}  [im DNPA erschienen: 15.01.14; online verfügbar ab: 27.02.14]

 

Es berührt das Herz, mit welchem Eifer, welcher Ernsthaftigkeit die Jungs und Mädels der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) ihren Elfenbeinturm bewirtschaften. Hätte das 21. Jahrhundert nicht schon einige Juristen mit ausgewiesenem Humor hervorgebracht, man würde glauben, der Tunnelblick sei berufsbedingt.

Der Output der DJGT war früher schon Anlass für ausschweifende Heiterkeit auf Doggennetz.de (vgl. Aua370), als die Hüter des Tierschutzrechts ihre fachlichen Anmerkungen zum Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (vgl. Aua312 ) zum Thema Gewerbsmäßigkeit der Verbringungen von Auslandstieren nach Deutschland durch Tierschutzorganisationen abgesondert hatten. Da war schon die (nicht juristische) Prämisse falsch: Für Auslandshunde sei es ein Segen, von Tierschützern nach Deutschland verbracht zu werden.

Die Pleite für die DJGT hätte umfassender nicht ausfallen können, als sie in dem genannten Verfahren dann das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein formuliert hat (vgl. Aua831).

Satirisch gesehen, ließe sich durchaus die Behauptung aufstellen, dass sich aus den veröffentlichten Rechtspositionen der DJGT das Handeln der Politik vorhersagen lässt. Dies scheint in der Mehrzahl der Fälle antagonistisch zu den Empfehlungen der DJGT zu sein, wie nicht nur das Beispiel Gewerbsmäßigkeit der Tierschlepper zeigt, wurden diese doch mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes grundsätzlich als gewerbsmäßig und damit erlaubnispflichtig deklariert.

 

Die ganze fachliche Wucht eines ehemaligen Amtsrichters

Erster Vorsitzender der akademische Elitetruppe ist Dr. Christoph Maisack, der derzeit als stellvertretender Tierschutzbeauftragter in Baden-Württemberg tiefe publizistische Schneisen in den Blätterwald schlägt. So wirft die Google-Suche auf „Landestierschutzbeauftragter Baden-Württemberg Maisack“ neben Veröffentlichungen der DJGT selbst und der einiger Tierschutzverbände erst auf Seite 2 eine Pressemeldung des Südkuriers vom 9. Juli 2013 aus, in der sich der Jurist kompromisslos für die Schwäne im Wehra-Delta verwendet.

Und glauben Sie mir: Wir haben in Baden-Württemberg keine dringenderen Tierschutzprobleme (vgl. Artikelserie Fundtierverwaltung Landkreis Sigmaringen, Linkliste in Aua867).

Unvergessen auch ist das Beben im Blätterwald, als Maisack in der Legal Tribune (aber: hallo!) zur Beschlagnahmung des Äffchens von Justin Bieber die tierschutzrechtliche Keule auspackte.

Bisher hat sich noch kein Karikaturist an die monumentale Aufgabe getraut, grafisch darzustellen, wie die hochbezahlten Spitzenanwälte der Tierausbeutungsindustrie vor dem ehemaligen Richter am Amtsgericht Bad Säckingen (wer lacht?) und seinen Mitstreitern zittern.

 

Unverzagt: Rechtsgutachten Rumänien!

Wenn nicht die Schlaubären der DJGT, wer dann – muss es wissen: In welchem mannigfaltigen Rechtsgefüge sich die derzeit ablaufenden Hundefänge und -tötungen in Rumänien bewegen? Lesen Sie hier!

Soll DN seine Leser erst in die ausführliche Lektüre des 16 Seiten umfassenden DGJT-Rechtsgutachten jagen oder gleich verraten, dass sich die EU darauf ein Ei backt? Sogar vorzeitig!

 

© Norbert Enyeque / pixelio.de

 

Also mehr als fünf Druckzeilen seien der mühevollen DJGT-Arbeit doch gewidmet und durch einige Zitate gewürdigt, mit denen die Tierschutzrechtexperten der EU ihren Job zuweisen:

 

              

Die EU-Kommission hat u. a. die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass nicht mit Fördergeldern aus dem EU-Haushalt Praktiken im Umgang mit Tieren (mit)finanziert werden, die dem (u. a. In Art. 13 AEUV zum Ausdruck kommenden) gemeinsamen europäischen Verständnis der Mensch-Tier-Beziehung zuwiderlaufen. Rumänien ist Nutznießer zahlreicher europäischer Förderprogramme, insbesondere im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds; es ist davon auszugehen, dass daraus auch Zahlungen an die dortigen Tierheime erfolgen, die in der oben beschriebenen Weise mit den eingefangenen Tieren verfahren. Die EU-Kommission darf den Steuerzahlern der Union nicht länger zumuten, dass mit ihren Geldern in Rumänien (unmittelbar oder mittelbar) Maßnahmen finanziert werden, die Tieren in unverhältnismäßigem Maß Schmerzen und Leiden zufügen und die damit gegen zentrale Werte der Unionsrechte verstoßen.

(Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. zum Umgang mit Straßenhunden in Rumänien).

  

              

Balsam auf die DN-Redaktionsseele sind dabei so Wendungen wie „es ist davon auszugehen, dass daraus auch Zahlungen an die dortigen Tierheime erfolgen“! Die DJGT mit ihren sicherlich anderen Recherche-Möglichkeiten (als die DN-Redaktion) weiß das also auch nicht zuverlässig und in validen Zahlen!

Exkulpation!“, schallt es über die Elfenbeinkorridore zwischen DJGT und DN!

Tierfreunde, Tierschützer und andere Leidende unter den unsäglichen Vorgängen in Rumänien können sich allerdings den ganzen Schlonz sparen. Er weckt nur Hoffnungen, welche die EU schon zerschlagen hat. Lediglich dem Aufbau der Pointe dient noch ein Zitat aus dem DJGT-Rechtsgutachten-Kapitel „Europarechtliche Verpflichtungen der Kommission“:

 

              

Auch wenn die EU dem HTÜ nicht beigetreten ist und auch noch keine eigenen Regelungen zum Umgang mit Heimtieren erlassen hat, ergibt sich gleichwohl aus Art. 13 AEUV, der den Tieren einen intrinsischen Wert zuschreibt, und den von der EU ratifizierten internationalen Übereinkommen zum Tierschutz eine Europäische Wert- und Kulturordnung zum Umgang mit Tieren, zu deren zentralen Inhalte es gehört, dass Tieren nicht in unverhältnismäßiger Weise Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden dürfen. Über die Einhaltung dieser Werte- und Kulturordnung wacht die EU-Kommission.

[…] Damit steht zu befürchten, dass es ein Teil der Gelder, aus denen jetzt die Fangprämien bezahlt und die Tierheime unterhalten werden, aus EU-Mitteln bestritten wird. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der EU-Kommission, den Haushaltsplan der Union auszuführen und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten di ihnen zur Verfügung gestellten Gelder zweckentsprechend und im Einklang mit den Werten der Union verwenden.“

(ibid.; Hervorhebg. d. DN-Red.)

  

              

Über diese herrlich steil aufgebaute Rampe schickt DN jetzt seine Leser in die EU-Reaktion:

 

      © Lupo / pixelio.de

 

EU: „Geht uns nix an! „

Das Rechtsgutachten der DJGT datiert vom 8. Januar 2014. Es ist ein bekanntes Phänomen, dass die Kommunikation zwischen akademischen Elfenbeintürmen und dem Rest der Welt gelegentlich zu wünschen übrig lässt. Denn schon am 23. November 2013 hatte die EU Tierfreunden, Tierschützern und Tierschutzrechtlern den Stinkefinger hingehalten. Im „Official Journal of the European Union“ verkündete diese:

 

              

The welfare and management of stray animal populations is not governed by EU rules and remains under the sole responsibility of the Member States. In particular, Article 13 of the Treaty on the Functioning of the European Union, which requires full regard for the welfare requirements of animals when formulating and implementing some EU policies, does not provide a legal base permitting all animal welfare issues to be addressed.

(Official Journal of the European Union, 23.11.2013)

  

              

Will heißen (DN-Woodhacker-Translation): Das Wohlergehen und Management der Straßenhundepopulationen wird nicht von EU-Vorschriften geregelt und bleibt in der ausschließlichen Verantwortung der Mitgliederstaaten. Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, der [laber-laber], bietet keine Rechtsgrundlage, die EU mit allen möglichen Tierschutzproblemen zu belästigen.

Anschließend bekräftigt die EU noch einmal ihre Unterstützung der Welttiergesundheitsorganisation. Das war das letzte Leckerchen, dann fällt die Klappe:

 

              

7. The Commission will continue to pursue the work mentioned above, to which it attaches great importance, but will close the complaints as the grievances fall outside the scope of EU law.

ibid.)

              

In der bekannt respektlos-flapsigen-DN-Diktion heißt das: Tierschützer, nervt uns nicht weiter mit euren Beschwerden über die Vorgänge in Rumänien. Wir schließen diese Akte weil die Beschwerden nicht in den Anwendungsbereich des EU-Rechts fallen!

Jetzt kann sich jeder selbst aussuchen, ob sich die EU nicht an geltendes Recht hält oder ob die DJGT mit ihren juristischen Positionen so derart daneben liegt, dass die EU diese mit Missachtung straft. (Oder der Donnerhall der DJGT noch gar nicht bis nach Brüssel gedrungen ist …)

Ehrlich? Nichts für PETA, aber statt solcher L’art-pour-l’art-Produkte wie das DJGT-Rechtsgutachten zu Rumänien sind dieser Redaktion organisierte Zusammenrottungen unter dem Label Tierschutz/Tierrecht lieber, die gleich Klage einreichen!

Übrigens war die Reaktion der EU völlig vorhersagbar, was DN dazu verleitete, sie deshalb vorherzusagen (vgl. Aua1086). All die großen Orgas, die monatelang Tierfreunde dazu ermunterten, einzelne EU-Abgeordnete mit entsprechenden Beschwerden und Briefen zu bombardieren, hätten das auch wissen können.

Aber es geht ja Spenden sammelnden Orgas auch nicht darum, Erfolge zu erzielen, sondern – DN-Meinung – Aktionismus zu beweisen.

Es übersteigt die juristischen Kenntnisse dieser Redaktion, ob und wie es möglich ist, die EU-Kommission zu verklagen. Aber wenn die DJGT über das L’art pour l’art hinauskommen wollen würde, könnte sie dann nicht solches tun? Mit DEM Rechtsgutachten dürfte das doch quasi ein Klacks …?

Nicht?

 

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