Aua1073P: Totgebissenes Kind in Rumänien: Tierschutz erntet die Früchte seiner Arbeit

 

{TS-Satire}

 [im DNPA erschienen: 08.09.13; online verfügbar ab: 10.10.13]

 

Nur in einer schlechteren Welt wäre Anfang September 2013 ein vier Jahre altes Kind in Rumänien von streunenden Hunden totgebissen worden, woraufhin das ganze Land in einen regelrechten Blutrausch an Straßenhunden verfallen wäre.

Aber weil es dem deutschen Auslandstierschutz bei seiner strukturellen Aufbauarbeit in der durch und durch korrupten Republik eben nicht um sinnentleerte Tierschlepperei, den dicken Reibach daraus zuzüglich den vielfältigen Selbstdarstellungsmöglichkeiten für sich selbst feierende Gutmenschen geht, konnte die absehbare (!) Katastrophe erfolgreich verhindert werden.

 

Von Kinderleichen in Deutschland gelernt

Schließlich war man in Deutschland selbst und im Nachgang zum Tod des kleinen Volkan in Hamburg im Jahr 2000 durch eine bittere Lehre gegangen. Hundehaltung in der BRD zerfällt in die Zeit vor und nach diesem traumatischen Ereignis.

Und wenn schon die als tierlieb verleumdete deutsche Gesellschaft und Politik auf ein (1) totes Kind derart durchgreifend reagiert, so erkannte der Auslandstierschutz bereits vor 13 Jahren, dann werde wohl die Reaktion auf ein von Hunden zerfleischtes Kind in einem Land wie Rumänien um Klassen bestialischer ausfallen. Mörderischer. Bluttriefender. Radikaler.

Eben weil diese Katastrophe für jeden debilen Hampelpampel absehbar war, hat der deutsche und zentraleuropäische Auslandstierschutz beizeiten die Weichen gestellt, um genau das zu verhindern. Dafür wurde ein eigenes Aktionspaket geschnürt, das die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen dieses Landes schrittweise und schmerzfrei auf eine akzeptable Ethik im Umgang mit dem Straßenhundeproblem umgestaltete.

An vorderster Stelle dabei standen kommunikative Konzepte mit den rumänischen Ureinwohnern, die dem Gegenüber nicht den Eindruck vermitteln, dass deutschen Tierschützern die Menschen in Rumänien scheißegal sind, solange den Hunden dort nichts passiert. Nur so gelang es, zwischen der rumänischen Bevölkerung und dem zentraleuropäischen Tierschutz eine solide Vertrauensbasis zu schaffen, die Volkan-Katastrophen für Rumänien und deren mediale und politische Folgeerscheinungen verhindern konnte.

 

Den Profis abgeguckt

Bei seiner streng auf Professionalität und Nachhaltigkeit ausgerichteten Tierschutzarbeit in Rumänien orientierten sich die Auslandstierschützer – und die sind Laien in wirklich allen in Frage kommenden Handlungsbereichen (!!!) – bei den Profis: den humanitären Entwicklungshilfeorganisationen. Von dort erst lernten sie, dass verschissene „Hilfsgütertransporte“, wie sie nur in einer schlechteren Welt unter großer Aufmerksamkeit der Medien von einer Tamara Raab durchgeführt worden wären, pointiert kontraproduktiv sind. Sie schwächen die Wirtschaft vor Ort und hängen den rumänischen Tierschutz an den ewigen Hilfsgüter-Tropf von deutschen Organisationen. Die Profis aus der humanitären Nachbarbranche brachten den planlos herumfuhrwerkenden Tierschützern bei, dass man erst dann die Menschen vor Ort für „Ethik“ im Umgang mit der Kreatur begeistern kann, wenn diese – wie in den westlichen Wohlstandsländern auch – wirtschaftlich daran partizipieren. Deshalb band man rumänische Futtermittelproduzenten von Anfang in den Aufbau tierschutzgerechter Strukturen mit ein, indem man ihnen durch permanente Aufträge Verdienstmöglichkeiten bot (vgl. auch Aua914).

Auch gelang es dem modernen und nachhaltigen Tierschutz, den Einsatz deutscher Tierärztepools in Rumänien zu unterbinden und so die rumänische Tierärzteschaft von Anfang an für einen Tierschutz zentraleuropäischen Zuschnitts zu begeistern … und sie nicht durch unfaire Konkurrenz restlos dagegen aufzubringen.

 

Selbstdarstellungsschlümpfe im rumänischen Fernsehen

Nicht taperten die großen Selbstdarstellungsbären des Tierschutzes beim Thema Auslandstierschutz durchs deutsche Fernsehen wie etwa ein Frank Weber bei Vox hundkatzemaus oder ein Ralf Seeger ebendort oder eine Tamara Raab beim SAT1-Frühstücksfernsehen! Das hätte ja geheißen, Wasser in den Rhein zu schütten, Tomaten auf die Insel Reichenau zu fahren und Eulen nach Athen zu tragen!

Derlei Schwachsinn ist nicht das Geschäft modernen deutschen Auslandstierschutzes.

Deshalb – und begünstigt durch ein ohnehin korruptes System – war es für den zentraleuropäischen Tierschutz professionellen Zuschnitts überhaupt kein Problem, die rumänischen Medien früh in den Aufbau tierschutzgerechter Strukturen mit einzubinden. Dabei konzentrierte man sich zunächst auf ganz einfache Projekte: Die Familie Sowiesoiescu erhielt ein liebevolles Fernsehporträt für ihre moralische Großtat, einen Hund aus einem rumänischen Tierheim übernommen zu haben. Das lud die Anschaffungsalternative, Hunde aus dem Tierheim zu adoptieren, enorm mit Sozialprestige auf und weckte sofort den Ehrgeiz der Familien Mülleriescu, Meieriescu und Schneideriescu. Wer will nicht ins Fernsehen? Selbst ins rumänische.

In den Lokalzeitungen fanden sich ständig – initiiert von deutschen Tierschützern – kleine Porträts von rumänischen Tierfreunden mit adoptierten Tierheimhunden, jubelnde Erfahrungsberichte zu den unbestreitbaren Vorteilen, den eigenen Hund kastrieren zu lassen, sowie wöchentlich putzige Porträts der Tierheimhunde in der Nähe.

Besonders Furore machte auch ein Vorzeigeprojekt von Tamara Raab im rumänischen Fernsehen. Für den Umbau des Tierheims Campulung karrte sie nicht etwa gelangweilte deutsche Wohlstandsweiber nach Rumänien, damit die dort ihre Abenteuerlust stillen und aufgrund mangelnder handwerklicher Fähigkeiten wenig effektiv den Schutt von links nach rechts und wieder zurück räumen (Aua1067P). Nein: Sie ermöglichte es, Handwerkern und Arbeitslosen in der Region für – gemessen an rumänischen Verhältnissen – nahezu fürstliche Löhne bei diesem Projekt zumindest vorübergehend Arbeit zu finden. Das wiederum weckte deren Interesse und auch Verständnis für Tierschutz schlechthin. Sie erzählten von dem Projekt in ihren sozialen Umfeldern, berichteten vom diesem ganz anderen Umgang mit Straßenhunden der Deutschen, lobten die Verdienstmöglichkeiten und machten so das Tierschutzprojekt bekannt und sympathisch.

Das waren die ersten Schritte auf dem erfolgreichen Weg, die Bevölkerung an solche Projekte zu binden und ihnen das Verständnis für modernen Tierschutz nahezubringen.

Parallel dazu bauten die deutschen Tierschutzorganisationen ihre Partnervereine vor Ort auf. Sie informierten sie über Vereinsstrukturen, Mitgliedergewinnung und – pflege und all die anderen Themen modernen Tierschutzes.

Weil deutsche Tier- und Hundefreunde schon früh und klar artikuliert hatten, dass sie planlos agierende Tierretter in Rumänien ohne einen dortigen Partnerverein überhaupt nicht akzeptieren und deshalb auch nicht mit Spenden unterstützen werden, sortierten sich schon vor mehr als zehn Jahren alle deutschen Tierschützer und Tierschutzvereine ohne solche Korrespondenzpartner aus den Massen der in Rumänien agierenden deutschen Wohltäter aus.

 

Einrichtung zentraler Meldestelle für aggressive Hunderudel

Den eigentlichen Durchbruch beim Aufbau profunden Vertrauens der rumänischen Bevölkerung in den Tierschutz jedoch brachte die Zentrale Meldestelle für aggressive Hundegruppen. Dabei konnte der europäische Tierschutz erfolgreich auf die Zusammenarbeit mit Carmen Arsene, Vorsitzende des rumänischen Tierschutzbundes, zurückgreifen, die sich in der besseren Welt eben nicht für jedes Schwachsinnsprojekt (Aua1067P) vor den deutschen Spendenkarren oder gar noch den des Europäischen Tier- und Naturschutz e. V. (ETN) spannen lässt.

Unter einer landesweit gültigen Telefonnummer können rumänische Bürger bei dieser Anlaufstelle das Auftreten und Übergriffe als besonders aggressiv wahrgenommener Hundegruppe an die Tierschützer melden. Die rücken dann aus, dokumentieren das Problem, analysieren und unterbreiten den betroffenen Bürgern entsprechende Lösungsvorschläge, die natürlich weit über das völlig unzutreffend als Allheilmittel behauptete Kastrieren hinausreichen. Solche marodierenden Hundegruppen werden eingefangen, kastriert, ggf. umgesetzt und/oder für die einzelnen Tiere solcher Gruppen nach individuellen Lösungen gesucht.

Nicht in jedem Fall lag diese Lösung nur im Interesse der Hunde.

Was jedoch diese Maßnahme an Vertrauen in der rumänischen Bevölkerung schaffen konnte, sollte später einmal die völlige Eskalation und ein Massaker wie nach dem Tod des kleinen rumänischen Jungen Ionut im September 2013 verhindern. Denn neben dem rein praktischen Wert dieses Angebots entfaltete die psychologische Botschaft ihre volle Wirkung: Tierschützer nehmen die berechtigten Ängste der rumänischen Bevölkerung ernst und reden sie nicht klein, ziehen sie ins Lächerliche oder ignorieren sie vollständig.

 

Auch den Spendern nur die Wahrheit

Zum modernen, effektiven und ehrlichen Tierschutz in Rumänien gehörte es selbstverständlich auch, dass man nicht erst ab ca. 2012 damit begann, über die mafiösen Strukturen der Hundefänger und rumänischen Tierheimbetreiber (vgl. Aua833, Aua834) sowie die katastrophalen Zustände in von Rumänen geführten Tierheimen zu berichten (Aua903).

Nicht erst NACH der Katastrophe 2013 leistet sich eine Orga wie TASSO den unfassbaren Offenbarungseid, in einem sogenannten Musterbrief der Regierung und den Behörden wie folgt zu drohen:

              

Please, be advised that if the killing of dogs starts, we will show to the entire world the reality of the dog camps, we will notify worldwide about the financial interests behind the business of killing dogs, we will withdraw any support that we have given so far to your country, we will boycott Romanian products and tourism, as no one will want to associate with a corrupt, cruel and immoral country.  

(„Musterbrief“ anhängend zum TASSO Newsletter „Beispiellose Jagd auf Rumäniens Straßenhunde“ ohne Datum; Hervorhebg. d. DN-Red.)   

              

Denn das wäre ja verlogener, intransparenter und manipulativer Tierschutz der übelsten Sorte. Selbstverständlich hatten sowohl TASSO wie andere große Tierschutzorgas schon lange zuvor „the entire world“ die grausame Realität der Hundelager belegt, „the financial interests behind the business of killing dogs“ umfassend dokumentiert und veröffentlicht.

Denn nur so war es ja auch gelungen, im synergetischen Effekt mit der erfolgreichen Vertrauensarbeit und dem Aufbau von Strukturen vor Ort die Ionut-Katastrophe zu verhindern.

Dass diese schonungslose und frühe Aufklärung auch Abträge bei den Spendeneinnahmen verursachen würden, nahm der seriöse Tierschutz für das hehre Ziel selbstverständlich in Kauf. Denn wenn man deutschen Tierfreunden und Spendern ehrlich mitteilt, dass das Straßenhundeelend in Rumänien zu einem Großteil dadurch aufrechterhalten wird, dass die Hundefängermafia selbst für den Nachwuchs sorgt, man also gegen die schiere Kriminalität anspendet, ankastriert und andeportiert, kühlt diese bittere Realität die Geberfreude erheblich ab. Das ist eben doch ein anderer Schnack als deutsche Ausländerfeindlichkeit zu bedienen und die rumänische Bevölkerung, also eine Ethnie im östlichen Lebensraum, insgesamt als bodenlos barbarisch darzustellen.

Von der bekannt kontraproduktiven Maßnahme, das gesamte Spektrum sogenannter Tierfreunde von hirnlos bis faschistoid übers Internet durch die Listung rumänischer Mailadressen zu Shitstorms gegen Behörden und Institutionen aufzustacheln, hatte der seriöse Tierschutz zu diesem Zeitpunkt auch schon lange Abstand genommen.

 

Der Tierschutz ganz nah bei der Gesellschaft

Durch die frühe Professionalisierung und Ehrlichkeit des deutschen Auslandstierschutzes konnte man schließlich auch vermeiden, nach einem erfolgreich verhinderten tödlichen Beißvorfall in Rumänien derlei kopfschüttelnde Kommentare wie den der tonangebenden Deutschen Presseagentur lesen zu müssen:

              

Absurde Tierschutz-Diskussion

Tierschützer – auch aus dem Ausland – heizen die Diskussion zusätzlich an. Die Tierschutzorganisationen „Vier Pfoten“ plädiert etwa dafür, die Tiere massenweise zu kastrieren und danach wieder freizulassen. Der Verein beruft sich dabei auf eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Tatsächlich empfiehlt die WHO Massenkastrationen, schreibt aber auch, dass eine „Einschränkung der Bewegungsfreiheit“ dieser Tiere geboten sei. Keine Rede also davon, die Tiere frei herumlaufen zu lassen.

Rumäniens Verfassungsgericht hat 2012 ein Gesetz gekippt, das das Einschläfern der Straßenhunde erlaubt hätte. Derzeit dürfen die Tiere nur dann getötet werden, wenn sie nachweislich aggressiv oder unheilbar krank sind. Wie kann der Staat so den in der Verfassung garantierten Schutz des Lebens gewährleisten, fragt die Mutter des getöteten Jungen Ionut auf ihrer Facebook-Seite.

Vier der Hunde, die den Vierjährigen getötet haben, waren bei den Behörden registriert, kastriert und geimpft worden. Einer von ihnen war zeitweise in der Obhut des rumänischen Tierschutzvereins Caleidoscop, die ihn aber wieder freigelassen hatte. Dieser Hund hatte nach der Attacke auf Ionut Blut an der Schnauze – ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

(Sächsische Zeitung nach dpa am 07.09.2013: „Sie haben mein Kind gefressen“; Hervorhebg. d. DN-Red.)  

              

Denn ein vernichtenderes Urteil als „absurd“, welches die Gesellschaft dem nur in der schlechteren Welt zum Fremdkörper avancierten Tierschutz ausstellt, ist kaum denkbar.

In der besseren Welt, in der es um Tierschutz, nicht um Knete und Selbstdarstellung geht, lassen Tierschützer solche wichtigen Ergänzungen aus WHO-Empfehlungen natürlich nicht unter den Tisch fallen.

In der besseren Welt, in der deutsche Tierfreunde und Spender nicht seit Jahrzehnten mit faustdicken Lügen über die Situation in Rumänien (und andernorts) abgezockt werden, wiegt ein verfassungsmäßig garantierter Schutz des Lebens von Menschen gleich viel wie der der Tiere!

In der besseren Welt wurden alternative Auslandstierschutzkonzepte schon längt breit diskutiert und wo immer möglich in die Realität umgesetzt (vgl. Aua914, Aua923).

In der besseren Welt hätte es vielleicht auch einen Fall Ionut gegeben. Aber man hätte seine Folgen besser abfedern können.

Doch in einer schlechteren Welt, deren moralische Verkommenheit jenseits der Sprachgewalt dieser Redaktion liegt, werden die großen Tierschutzorganisationen mit den Folgen ihres restlos verfehlten Auslandstierschutzes post der rumänischen Kinderleiche erneut richtig Stimmung, Wirbel und Kasse machen, das Vertrauen der rumänischen Bevölkerung in guten Tierschutz restlos erschüttern, damit Schäden für die nächsten 20 Jahre sicherstellen und bei all dem kein einziges Hundeleben retten!

So war es.

So bleibt es.

So wird es auch noch in 20 Jahren sein!