luiluikl1

Aua605: Verwaltungsgericht Lüneburg urteilt contra Gewerbsmäßigkeit

{TS-Kritik}

 

Ob Tierimporte durch Tierschutzorganisationen verwaltungsrechtlich als gewerbsmäßiges Handeln zu bewerten sind oder nicht, diese Frage beschäftigt seit Jahren die Gerichte und die Tierschützer. Etwas verkürzt lässt sich die Problematik auf den Titel Gewerbsmäßigkeit ja oder nein verkürzen.

Bisher zwei Beschlüsse und ein Urteil bestätigen den gewerbsmäßigen Charakter: Der Beschluss  des Finanzgerichts Baden-Württemberg (Aua308); das nicht rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig (Aua312; die Klage liegt derzeit dem OVG Schleswig zur Entscheidung vor – vgl. Aua375) und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz (Aua322).

Pro Gewerbsmäßigkeit hat sich das Bundesland Nordrhein-Westfalen entschieden. Dort müssen alle tierimportierenden Tierschutzorganisationen die entsprechenden Genehmigungen beantragen und die notwendigen Meldungen (TRACES) absetzen (vgl. Aua377).

luiluikl1 

Was Tierschützer so unter „Rettung“ verstehen:
Die Katze LuiLui musste nach den Willen von „Tierschützern“
mit offenem Bauch über 9.000 Kilometer aus Thailand
über mehrere Tage per Flugzeug anreisen,
nur um dann aufgrund tierseuchenrechtlicher Bestimmungen
am Flughafen Düsseldorf beschlagnahmt und euthanasiert zu werden!
Zeichnung: Erri Emra.

 

Jede Seite bietet Gutachter auf

Für beide Seiten – pro und contra Gewerbsmäßigkeit – werden Gutachten aufgeboten. Das bekannteste Pro-Gewerbsmäßigkeit-Gutachten stammt von dem Verwaltungsjuristen Dierk Thümmel und wurde auf Doggennetz.de veröffentlicht (Aua40).

Die Gegenposition wird unter anderem vertreten von der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht  (DJGT) (vgl. Aua252). Die DJGT war es dann auch, welche das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig kritisierte; besprochen in Aua366 und zur satirischen Klärung geführt in Aua370.

Dann gibt es noch ein weiteres, jedoch relativ irrelevantes Gutachten pro Gewerbsmäßigkeit, das von den Experten deshalb nicht weiter gewürdigt wird, weil es auf die wichtige Argumentation des VG Schleswig gar nicht eingeht.

aua185galgamora  

Was Tierschützer so unter „Rettung“ verstehen: Die aus Spanien stammende
Galga Mora (
Aua185) etwa ist auf dem Transport durch Tierschützer
auf qualvollste Art mit erheblichen prämortalen Leiden (vgl. Aua200) erstickt.
Wer GEGEN den Status der Gewerbsmäßigkeit ist, der ist auch dagegen,
dass die Transportfahrzeuge genehmigt und die einzelnen Transporte
den Behörden zur allfälligen Kontrolle gemeldet werden müssen.
Bild: spanische Tierschützer

ITV Grenzenlos jubelt über Urteil des VG Lüneburg

Bisher nur als „Vorabmeldung“ über Zergportal verfügbar, ist eine Pressemitteilung zum Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg.

In einer Feststellungsklage hat der Internationale Tierschutzverein Grenzenlos e. V. (ITV Grenzenlos) gegen das Veterinäramt Landkreis Soltau-Fallingbostel obsiegt. Obwohl die juristische Diskussion über die Argumentation der gewinnerzielenden Absicht eigentlich längst  hinaus ist, ist der Pressemitteilung des ITV Grenzenlos (bisher nur verfügbar als Link über Zergportal) zu entnehmen, dass der Rechtsanwalt des Antragstellers (ITV) genau in diese Richtung vor Gericht argumentiert habe.

Die Pressemitteilung ist bezeichnenderweise überschrieben: „Die Rettung von Tieren aus dem Ausland ist Tierschutz und kein Handel!“.

Der ITV Grenzenlos kündigt an, dass die schriftliche Begründung (des Urteils) „wegen ihrer überregionalen Bedeutung“ dort noch veröffentlicht werden soll.

aua553trapoexrumnienexmarx1 

Bildzitat Screenshot von: https://www.pfotenkrieger.de/index.php?id=225 am 14.03.2012. (vgl. Aua553)
Was Tierschützer so unter „Rettung“ verstehen: Deutsche Tierschützer haben kein Problem mit solchen auf den ersten  Blick hochgradig vorschrifts- und tierschutzwidrigen Transporten über 16 Stunden hinweg und mehr! Die Rechte der Tiere jucken sie nicht. Solche Qualtransporte von Tierschützern lassen sich NUR dann wirkungsvoll unterbinden, wenn Tierimporte durch Tierschutzorganisataionen den Status der Gewerbsmäßigkeit mit allen davon abhängigen Genehmigungen und Meldungen erhalten! Jeder, der sich GEGEN die Gewerbsmäßigkeit ausspricht, nimmt damit auch solche tierquälerischen Transporte in Kauf!


„Rettung“ ist extrem relativ …

Beide Aussagen des Vereins sind zu relativieren. Wenn es eine Website im Netz gibt, die ausreichend und rückstandslos dokumentiert, dass die Einfuhr von Tieren aus dem Ausland durch Tierschutzorganisationen in viel zu vielen Fällen mit „Rettung“ nichts zu tun hat, dann ist das Doggennetz.de!

Was Tierschützer so alles unter „Rettung“ verstehen, das hat am eindrücklichsten die Gastautorin Marla Elan in Aua275 Tierschützer ohne Erbarmen dargestellt.

Auch wissenschaftliche Positionen, und dazu gehört nicht nur die des Deutschen Tierschutzbundes zum Thema (vgl. Aua591), belegen längst, dass das Herausnehmen von Individuen aus den Straßenhundebeständen und deren zwangsweise Deportation weder das Problem lösen noch den betroffenen Hunden automatisch zum Vorteil gereichen.

Überdies steht es jetzt zumindest auf Urteilsebene höchstens 1:1: das (nicht rechtskräftige) Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig (zzgl. der Beschlüsse des Finanzgerichts Baden-Württemberg und des Verwaltungsgerichts Koblenz) contra das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg.

Zum guten Schluss: Die Aussage, dass „die Rettung von Tieren aus dem Ausland Tierschutz“ sei und kein Handel, lässt sich allenfalls unter Rückgriff auf das aktuelle Urteil in verwaltungsrechtlicher Hinsicht rechtfertigen. Unbeeinträchtigt davon bleibt die das Gesamtpaket bewertende und damit auch zuvorderst moralische Aspekte beinhaltende Meinung vieler Tierschutzkritiker und auch dieser Redaktion, dass die angebliche Rettung von Tieren in viel zu vielen Fällen nichts anderes als (Hunde)Handel ist!

aua382meloniksatireorigohne 

Bildzitat Screenshot vom Video der Sendung Menschen, Tiere &  Doktoren vom 17.10.2011 https://www.voxnow.de/menschen-tiere-doktoren/geschwollene-pfote-bei-kater-repo.php?film_id=49724&player=1&season=0
Was Tierschützer so unter „Rettung“ verstehen: Der Hund Melonik wurde mit offener Amputationswunde von Tierschützer auf einem 17 Stunden währenden Landtransport von Polen nach Deutschland gebracht (vgl. Aua382)! Wenn Tierimporte gewerbsmäßig wären, müssten bei ordnungsgemäßer Abwicklung diese Fuhren von einem Veterinär im Ausland genehmigt werden. Tiere in diesem Zustand sind aber gar nicht transportfähig. Fälle wie Melonik ließen sich nur dann ausschließen, wenn die Tierimporte der viel zu häufig grob fahrlässig laienhaft agierenden Tierschützer gewerbsmäßig werden!

Nur Gewerbsmäßigkeit schützt die Tiere

Aus tierschutzkritischer Sicht ist die Kategorisierung als gewerbsmäßiges Handeln der einzige Schutz für die Tiere, wie auf Doggennetz.de explizit in Aua499 begründet wurde.

Verschiedene tierschutzkritische Positionen (führend hier die Organisation SOS abandoned Pets) geben starke Indizien dahingehend, dass zumindest ein Teil der eingeführten Tiere im Tierversuch enden (vgl. dazu  Aua353, Aua379, Aua417).

Ganz aktuell sind verzweifelte Meldungen einer Auslandstierschützerin, die zu wissen angibt, dass rumänische Hunde in Labors, für Hundekämpfe nach Holland und an Sodomisten geliefert würden. Seriöse Belege dafür kann sie nicht vorbringen beziehungsweise fürchtet sie um ihre eigene Sicherheit.

Solche Verläufe werden schwer bis gar nicht publikations- und strafverfolgungsfähig zu beweisen sein, weil diese Aktivitäten weit hinein in den Bereich der organisierten Kriminalität reichen. Journalisten mit entsprechender Rückendeckung und auch den finanziellen Mitteln, diese Hinweise zu recherchieren, stehen nicht zur Verfügung.

Und schon diejenigen Kritiker, die ohne Fallbeispiele dieses Thema nachhaltig bearbeiten, Hintergründe veröffentlichen, dubiose Verbindungen dokumentieren, pointierte Fragen stellen, werden von einer Welle übelster Drohungen und Verleumdungen niedergewalzt (nur als aktuellstes Beispiel Aua603).

Das mediale Interesse an diesem Thema ist gleich null.

aua245gelhmtfront 

Was Tierschützer so unter „Rettung“ von Auslandshunden verstehen: Diese bedauernswerte und inzwischen tote Kreatur, der gelähmte Hund Umut, wurde von Tierschützern aus dem Ausland nach Deutschland verschleppt und dort auf einen unqualifizierten Pflegeplatz gesetzt, wo er im Keller buchstäblich verschimmelt ist (vgl. dazu Aua245).
Zeichnung: Erri Emra


Doch eines ist gewiss und müsste eigentlich ureigenstes tierschützerisches Interesse sein: NUR WENN den Einfuhren verwaltungsrechtlich der Charakter gewerbsmäßigen Handelns  zugewiesen wird, NUR DANN besteht überhaupt eine Chance, diesen Verdacht oder diese Gefahr für die Tiere auszuschließen. Was von den Contra-Gewerbsmäßigkeit-Vertretern nämlich geflissentlich nicht hervorgehoben wird: Verbunden mit dem Charakter der Gewerbsmäßigkeit und der Unterstellung unter die Vorschriften der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung ist die Aufzeichnungspflicht über den Verbleib der nach Deutschland gebrachten Tiere. Und erst in diesem Fall etwa können die zuständigen Behörden (i. e. Veterinärämter) von den Tierschutzorganisationen den Nachweis über den Verbleib der Tiere fordern!

 

Eine Krähe lässt der anderen den Spendenacker

Deshalb ist es ein weiteres bedenkenswertes Phänomen, warum nicht alle die Tierschutzorganisationen, die sich gegen Tierversuche einsetzen, vehement dafür eintreten, den Tiereinfuhren durch Tierschutzorganisationen den Status der Gewerbsmäßigkeit zu verschaffen. Deren Schweigen fällt eventuell in den Bereich der Krähensolidarität. Das ist mehr als Indiz, denn von einer großen internationalen Tierschutzorganisation liegt dieser Redaktion die mehrfach mündlich geäußerte Bestätigung vor, man gehe nicht gegen andere Tierschutzorganisationen vor.

ALLES beziehungsweise der letzte mögliche Schutz der Tiere hängt jetzt vom Oberverwaltungsgericht Schleswig ab!

Aktualisierung vom 07.05.2012

Inzwischen gibt es schon das nächste Urteil – dieses Mal wieder PRO Gewerbsmäßigkeit. Es fiel beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen – vgl. Aua627!