Definitives Verdikt über Schutzhundausbildung

Ein neues altes Unwesen greift in den trüberen Winkeln der Doggenszene Raum: die Schutzhundausbildung. Wir schreiben das Jahr 2005. Dessen ungeachtet rotten sich die schon von Heiko Gebhardt und Gert Haucke so treffend charakterisierten „unerfreuliche(n) Zeitgenossen, die selbst im Leben zu kurz gekommen sind und Sehnsucht nach einem starken Hund haben“ („Die Sache mit dem Hund, 1988, S. 119) derzeit wohl überwiegend im bayrischen Raum und (Ausrufezeichen) in den Nebus zusammen, um Deutsche Doggen mannscharf zu machen.


Propaganda über Internet-Doggen-Foren

Sie tun das nicht einmal heimlich. Wer vor den brackig-trüben Wassern einschlägiger Diskussionsforen nicht zurückschreckt, kann dort es dort nachlesen (z. B. www.doggenforum.de). Unter Heranziehung einer verblasenen und ethologisch nicht haltbaren Trieb-Ideologie wird für dieses Tun Propaganda gemacht. Die Deutsche Dogge als Druckkessel, in dem Hoch- und Wehrtrieb, Schutz- und Spieltrieb ein kompliziertes, aber rein mechanistisches Regelwerk bilden, das nur ein rechter Schutzhundler erfinden, erkennen und erklären kann …um dann Dampf abzulassen!

Bedauerlicherweise findet diese archaisch-exotische Bewegung über die besagten Foren ihren Zulauf an jungen unerfahrenen, überwiegend weiblichen (hallo: Emanzipation ist etwas anderes….) Doggenhalterinnen, deren theoretische und praktische Kenntnisse zum Thema Hundeausbildung bisher noch nicht einmal ausgereicht haben, eine Begleithundprüfung abzulegen oder doch mindestens die eigene Dogge leinenführig zu bekommen!


Mit Elektroschock zum Beißen zwingen

Begleitend zu dieser Vorwärts-in-die-Vergangenheit-Bewegung wird auch gleich noch ein Starkzwangmittel legitimiert: das Elektroreiz- bzw. Teletakt-Halsband. Dieses ohnehin immer schon heiß umstrittene „Instrument“ wird aber nicht etwa für Ausnahmefälle wie z. B. extreme Jagdigkeit diskutiert, sondern gleich grundsätzlich salonfähig gemacht. Eine besonders ehrgeizige junge Doggenhalterin bekennt in einem Posting ganz offen, dass sie damit auch ihre der Schutzhundausbildung unwillig gegenüberstehende Dogge auf Vordermann bringt. Tragödie pur: da zeigt sich der Hund intellektuell und moralisch seinem Halter weit überlegen und wird dann per Elektroschock auf dessen Niveau heruntergezwungen. Teletakt wird im Doggen-Internet offen und freundlich diskutiert. Vor einiger Zeit soll sogar einen Doggen-Workshop stattgefunden haben, wo für dieses Starkzwangmittel geworben und der gemeine Halter in seine Bedienung eingewiesen wurde.

Jegliche kritische Diskussion wird von den Meinungsführern und Webmastern autokratisch unterbunden und diskreditiert. Mit dem Killer-Argument, wer nicht selbst Schutzhundausbildung betreibe, könne sie nicht beurteilen, werden die wenigen kritischen Geister erschlagen, die Widerspruch wagen.


Schutzhundausbildung ist Anwendung von Gewalt

Um so erfreulicher, dass nun ausgerechnet von den wahren Protagonisten dieses Steinzeitsports das endgültige Verdikt gesprochen wird: von den Schäferhundlern selbst. Ausgerechnet dort findet derzeit eine Innovation statt, von der die Doggenzucht noch Äonen entfernt ist: eine Akzentverlagerung von der reinen Schönheits- zur Leistungszucht. Nachdem die berühmteste Hunderasse der Welt zum „Deutschen Schräghund“ mit den damit verbundenen massiven Gesundheitsschäden, Leiden und Schmerzen verkommen war, hat sich nun eine tierfreundliche Fraktion vom Verein für Deutsche Schäferhunde abgespalten und einen neuen Verein gegründet: Verein für Deutsche Schäferhunde alten Schlages (DSaS). Wer sich für die verschiedenen Stadien dieser Vereinsgründung interessiert, findet in der Zeitschrift Wuff – z. B. 4/2005 und 5/2005 – detaillierte Berichte.

Einhergehend mit dieser Vereinsgründung wird auch ein klares Votum zum Thema Schutzhundausbildung abgegeben. Wir zitieren aus der Presseaussendung des Vereins für Schäferhunde alten Schlages von 2004 (DSaS04). (Die Hervorhebungen stammen von uns:)

„Keine Schutzhundausbildung mehr
In Verruf gekommen ist der ehemalige von Haus aus recht friedliche Hütehund aber auch durch die ausgerechnet vom mitgliederstarken Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) geförderte Standardausbildung zum „Schutzhund“, ein Verwendungszweck, der nur Sinn macht für Polizei, Wachdienste u.ä. Zur Schutzhundausbildung gehört es, den Hund – oft unter Anwendung von Gewalt – zum Angriff auf Menschen abzurichten, was seinem Naturell widerspricht. Gerät ein solcher Hund an nicht fachkundige Halter, wie es gang und gäbe ist, kann das Tier zum unkalkulierbaren Risiko für Menschen und andere Tiere werden.“
(Quelle: Wuff, 05/2005, S. 39)

Hier sprechen also Schutzhundler die ungeschminkte Wahrheit über die Schutzhundausbildung – in genau den Wendungen, die Verhaltensforscher, viele „Abweichler“ und Tierfreunde schon immer benutzt haben: Gewalt – Angriff auf Menschen – unkalkulierbares Risiko. Der neue Schäferhundverein kommt ohne diese archaische, gewalttätige, dem Naturell der Hunde widersprechende, dem Zeitgeist ins Gesicht schlagende Ausbildung klar. Dieses widerliche Relikt deutschtümelnder Zeiten wird jetzt dann offensichtlich von Teilen der Doggenszene aufgenommen und gepflegt.
Der Niedergang der ehemals als „Apoll der Hunderassen“ besungenen Deutschen Dogge ist breiter und tiefer als bis dato angenommen.