Aua1413: Rüsselsheimer Polizei erschießt 2 Hunde (4): Die Vermarktung der toten Hunde hat begonnen

 

{der satirische Kommentar}

[03.10.2014]

[Aktualisierung vom 05.10.14 – siehe Ende vom Text]

 

Die ausufernde Diskussion zum Abschuss zweier Hunde in Rüsselsheim durch die Polizei verläuft umgekehrt proportional zur Menge und Qualität an verfügbaren Fakten über den eigentlichen Vorfall und seine Protagonisten. Das war und ist sehr hilfreich, denn umso weniger der Tierfreund weiß, desto engagierter kann er sich zum Vorgang äußern (vgl. auch Aua1408, Aua1410, Aua1412P).

Auch über die beiden Tierhalter wusste man bisher eher wenig, von einem Schrei- und Drohposting eines der Halter gegen die Polizei unmittelbar nach dem Vorfall im Internet abgesehen. Das konnte der Wohlmeinende noch dem tiefen Trauma zuschreiben. PTBS und so.

Deshalb ist es besonders erfreulich, dass die beiden Halter jetzt die Maske fallen lassen und mutig die Vermarktung ihrer abgeschossenen „Babys“ in Angriff nehmen. Dazu haben sie tapfer Trauer, Pietät und Trauma abgeschüttelt und innert weniger Tage eine Webseite ins Netz gestellt: www.kimbo-und-tays.de.

 

Blutrot, Rosen, Kitsch und Kinder

Dies ist keine Webseite wie jede andere, denn sie kann denken. Leider kommt auch sie dabei nicht über Plattitüden hinaus: „Der Gedanke dieser Internetseite ist folgender: <Das World Wide Web vergisst nie.>“

Es ist gut, dass die Webseite denken kann, denn die Webseitenbetreiber können nicht schreiben. So gleicht das Wunder das Erwartete harmonisch aus!

Im Übrigen schwelgt der Internetauftritt grafisch in Blutrot und Rosen, quillt über von Kitsch und Rechtschreibfehlern und quält den Besucher durch weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund; eine webdesignerische Todsünde! Emotionalisierende Gestaltungselemente wie Kinder sind dabei unverzichtbar.

 

Bildzitat Screenshot der Wie-man-tote-Hunde-zu-Geld-macht-Webseite mit allen wichtigen Gestaltungselementen: Rosen, Rot, Kinder, Kerzen … und vor allem: Aufkleber und T-Shirts!

 

Wir kommen nicht zur Ruhe, aber gern zu Geld

Die Rubrik „Blog“ enthält noch keine Einträge. Bisher prangt dort nur der erschütternde Hinweis: „Es tut Weh – Wir kommen nicht zur Ruhe!“ (Quelle). Aber dafür wird der Besucher ja schon auf der Startseite um Verständnis gebeten.

Außerdem: First things first!

First things: „Aufkleber und T-Shirts“ sowie „Finanzielle Hilfe“.

 

Bildzitat Screenshot der Vermarktungsseite für tote Hunde: „Aufkleber und T-Shirts“ rangiert weit oben in der Navigation. Aber nicht nur die direkte Kommerzialisierung der Hunde ist möglich, in einer weiteren Rubrik soll zu einem späteren Zeitpunkt ein neues Spendenkonto genannt werden. „Neu“ deshalb, damit die vielen Einkünfte, die bisher mit dem Hype erzielt werden konnten, noch getrennt werden können. Denn angeblich – Belege oder Nachweise dazu gibt es nicht – wurde das bisher eingangene Geld, akquiriert mit Hilfe durchdrehender Tierschützer, für die Demo verwendet. Und das weiß ja jeder: So eine Demo kostet einen Haufen Asche!

 

Für sagenhafte 12 Euro sind dort „in Kürze“ Aufkleber zu erwerben, über die bisher noch nichts verraten wird und die auch nicht abgebildet sind. Klingt vielversprechend:

              

Hier habt Ihr in Kürze die Möglichkeit einen Aufkleber für Auto etc. zu bestellen um die Besitzer Osman und Dado zu unterstützen. Bitte schreiben Sie bei Ihrer Bestellung dazu, in welcher Farbe Sie den Aufkleber gerne geliefert bekommen möchten. Es können sämtliche Farben bestellt werden. Die Größe des Aufklebers liegt bei ca. 32,6cm x 8,6cm.

(Webseite kimbo-und-tayse.de; „Aufkleber Kimbo und Tays„)  

              

 

Im Sinne der Verkehrssicherheit sind solche Aufkleber sicherlich ein Meilenstein, denn zu Kraftfahrzeugen, deren Führer ihre Lobotomie dergestalt von außen gut sichtbar dokumentieren, empfiehlt sich der dreifache Sicherheitsabstand.

Auch auf die T-Shirts muss der tränenschniefende „Tierfreund“ noch warten. Bisher sind keine Abbildungen verfügbar.

Und die Rubrik „Finanzielle Hilfe“ darbt ebenfalls noch etwas:

              

Bald wird hier das aktuelle Bankkonto für die beiden Hunde bekannt gegeben.

Mit diesem Konto könnt Ihr die Besitzer Osman und David bei den Kosten bezügl. Anwalt, Gericht etc. unterstützend mitwirken.

(Webseite Kimbo-und-Tays, Rubrik „Finanzielle Hilfe„)

               

 

„Unterstützend mitwirken“ – wer träumte nicht davon?

Aber es ist ja nicht so, dass nicht bisher auch schon Geld geflossen wäre. Über den Verbleib informieren die beiden tief trauernden und deshalb ihre „Babys“ skrupellos vermarktenden Hundehalter wie folgt:

              

Da viele Anfragen kommen… – Die Hunde Kimbo & Tays sind bereits bestattet worden. Sie mögen nun in Frieden ruhen. Desweiteren haben die Besitzer Osman und David schon rechtliche Schritte eingeleitet, es haben sich auch schon einige Augenzeugen gemeldet die Aussagen werden.

Es wird demnächst ein neues Spendenkonto geben, eigens für die Unterstützung der beiden Besitzer, bei Anwaltskosten, Gerichtskosten usw. – Das letzte Spendenkonto welches bekannt war, war ausschließlich für die Kosten der Demonstration angedacht.

Auf dieser Seite halten wir euch auf dem laufenden.

(ibid.; Rubrik „News„; Hervorhebg. d. DN-Red.)

  

              

Na ja, mit dem „in Frieden ruhen“ wollen wir es nun mal nicht übertreiben. Wenn die beiden rosa Pudel jetzt für Aufkleber, T-Shirts und Spendenakquise herhalten müssen, könnte die böswollende Restwelt das als Störung der Totenruhe diskriminieren.

Oder doch nur pur als geldgeile Geschmacklosigkeit?

 

Wo sind Abmahnanwälte, wenn man sie mal braucht?

Die weitere Entwicklung dieser Homepage verdient liebevolle Beobachtung. Zwar werden jetzt schon Aufkleber mit Preis angeboten, eine Steuernummer jedoch findet der Interessierte ebenso wenig wie eine Umsatzsteuer-ID, die AGB oder Verbraucherschutzhinweise.

Kommt bestimmt alles noch!

Obwohl: Das Impressum wäre vermutlich jetzt schon anwaltlich kostenpflichtig abmahnfähig. Dort firmiert wieder die Dame, welche auch die Demo am vergangenen Sonntag veranstaltet hatte: Jennifer McDevin. Schamvoll verschweigt sie auf der Tote-Hunde-Merchandising-Site eine Postadresse sowie notwendige weitere Angaben.

Aber von Marketing versteht sie etwas, denn immerhin betreibt die große Hundefreundin eine Marketingagentur mit dem phantasiesprühenden Namen M & M Marketing:

 

Bildzitat Screenshot der Marketingagentur M & M Marketing, Rüsselsheim, Jenny McDevin: Das Konterfei der Geschäftsinhaberin wurde nicht nur zum Schutz von Persönlichkeitsrechten unkenntlich gemacht … ACHTUNG: Erst einatmen, dann klicken!

 

Das Unternehmen existiere seit 2007. Marketingfirmen werben üblicherweise auf ihrem Homepages mit Referenzen, also den Logos und/oder Berichten zufriedener Kunden. Mit solchen Dingen jedoch muss sich M & M Marketing nicht belasten. Dafür gibt das Impressum endlich eine ladefähige Postadresse her! Aber komischerweise wieder keine Steuernummer …???

Es ist so beruhigend, dass sich diese Akteure wirklich bei jeder Kleinigkeit an Recht und Gesetz und geltende Vorschriften halten! Das erst lässt tiefes Vertrauen in deren Deutung der Vorfälle am 23. September auf dem Friedensplatz strömen!

Derweil unterhält das Gästebuch mit aktuell schon 145 Einträgen gar trefflich und gibt ein erschütterndes Bild davon ab, womit sich Tierfreunde in deutschsprachigen Landen mental so beschäftigen. Da wird gedichtet und geweint, „Botschaften aus dem Himmel“ werden vernommen und die berühmte Regenbogenbrücke ohne Rücksicht auf die Infrastrukturprobleme im Land rauf- und runter gedüst. Die beiden Hunde, von denen kaum jemand etwas weiß, avancieren zu „Seelenhunden“. Hysterie und Kitsch in jeder Form und Größe. Vor allem aber: Kampfansagen! Wogegen oder wofür bleibt zumeist unklar. Iss eh wurscht.

 

Bildzitat Screenshot wie oben: Die Jungs und Mädels aus Rüsselsheim lassen echt nichts aus: das „Kerzenbuch„!

 

 

DIE Chance auf Gerechtigkeit!

Bedauerlicherweise verlautbaren die Gästebuchschreiber nichts über ihre Kaufbereitschaft für Aufkleber und T-Shirts, dem mutmaßlich einzigen Anliegen dieser Wir-vermakten-den-Tod-unserer-Hunde-Seite.

Bisher ist auch nicht bekannt, ob der Polizist, der den beiden so tief trauernden Hundehaltern diese offensichtlich sprudelnde Einkommensquelle ermöglicht hat, mit Tantiemen an den Einnahmen beteiligt wird.

DAS wäre dann einmal ein sauberes Stück Gerechtigkeit!

***

 

Aktualisierung vom 05.10.14:

Es sind DN-Leser, welche diese Redaktion höchstlich amüsiert darauf aufmerksam machen, dass die Webseite von M & M Marketing der Geschäftsinhaberin Jenny McDevin aus dem Netz verschwunden ist …. kurz nach Erscheinen dieses Artikels.

Die Redaktion hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, wie sie durch pure Berichterstattung auf im Netz befindliche Webseiten einwirkt (Aua1185P). Es ist immer wieder ein Quell heller Freude, wie sich nach der DN-Kritik die Impressi wandeln oder sonstige Veränderungen an den kritisierten Internetpräsenzen vorgenommen werden. Dass eine Seite ganz verschwindet, das ist allerdings neu.

Doch der Zauberstab der DN-Redaktion bewirkt noch viel mehr – zum Beispiel ein plötzlich vollständiges Impressum der Tote-Hunde-Versilberungsseite. Auf einmal gibt es dort eine ladefähige Postadresse der verantwortlichen Herausgeberin mit Telefon- und Telefaxnummer sowie eine Steuernummer!

Zum Schießen:

 

Bildzitat Screenshot der Tote-Hunde-Versilberungsseite Impressum, das nach Erscheinen des DN-Artikel offensichtlich noch einmal streng überarbeitet wurde ….Alle rot umrandeten, aber zum Schutz von Persönlichkeitsrechten unkenntlich gemachten Angaben wurden erst nach Veröffentlichung dieses Artikels hinzugefügt. 

 

 

Weitere Artikel dieser Serie:

Aua1408 / Aua1410 / Aua1412P / Aua1413 /