Aua1275P: Ralf Hewelcke (10): Ein minimalistischer Kontrollbericht des Veterinäramts Oberhavel und ein Schockbild

 

{TS-Kritik}  [im DNPA erschienen: 18.03.14; online verfügbar ab: 01.05.14]

 

Dem Berg an Vorwürfen und Belegen gegen die Tierhaltung des Ralf Hewelcke in Kremmen (Brandenburg) liegen bisher kaum Stellungnahmen der Verantwortlichen vor. Schon dem Fernsehteam von rbb klartext hatten sowohl Ralf Hewelcke wie auch das zuständige Veterinäramt Landkreis Oberhavel Kommentare vor laufender Kamera versagt.

Ein offener Brief der DN-Redaktion an den Landrat des Kreises Oberhavel, der jetzt 14 Tage zurückliegt, ist bisher ebenfalls unbeantwortet geblieben (Aua1260). Nur telefonisch wurde der DN-Redaktion eine Stellungnahme ohne Terminangabe avisiert.

Eine Presseanfrage der DN-Redaktion an das Veterinäramt vom vergangenen Freitag wurde mit dem Zwischenbescheid beantwortet, dass eine Presseauskunft vor dem 21. März 2014 nicht möglich sei. In diesem Zwischenbescheid ist auch von einem Termin mit der IHK Potsdam die Rede, von dem sich die Verantwortlichen nach Auskunft des Pressesprechers weitere Erkenntnisse versprechen, die zu einer Aufklärung der Vorwürfe beitragen könnten.

 

Diktion Pressesprecher: „ohne größere Beanstandungen“

In dem Zwischenbescheid ist auch von einer Kontrolle des Veterinäramts (VA) in der Hundepension Sirius am 13. Februar 2014 die Rede, welche „ohne größere Beanstandungen“ verlaufen sei.

Nachdem DN von unbekannt das Original dieses Kontrollberichts zugeschickt worden ist, bekommt man nach Auffassung dieser Redaktion eine Idee davon, warum trotz der vielen Zeugenaussagen und gegen Hewelcke sprechenden Dokumente eine Kontrolle des VA Oberhavel „ohne größere Beanstandungen“ endet.

Der „Bericht“ der kontrollierenden Amtstierärztin vom 27. Februar 2014 über die Kontrolle der Tierpension Sirius am 13. Februar 2014 sieht nach Meinung dieser Redaktion aus wie eine bessere Tankquittung (siehe Anhang!). Handschriftlich notiert er, dass sich alle Tiere in gesäuberten Zwingern und Anlagen befanden und dass eine Quarantäne vorhanden sei.

Erstaunlich! Die Sachkunde dieser Redaktion fußte bisher auf der Annahme, dass die Existenz einer Quarantäne Voraussetzung (!) für die Betriebserlaubnis einer tierheimähnlichen Einrichtung sei und deshalb als Bestandteil eines Kontrollberichts nicht weiter erwähnt wird. Dass es aber tatsächlich eine Quarantäne in der Hundepension Sirius gibt, scheint die kontrollierende Amtstierärztin so zu beeindrucken, dass sie diesen Punkt in ihrem „Kontrollbericht“ aufführt.

Des Weiteren kann sie keine Ektoparasiten feststellen (stichprobenartig). Und es werde (sogar?) Futter vorrätig gehalten.

Eine weitere Eintragung am Ende des „Berichts“ ist für diese Redaktion nicht verständlich und hat eventuell mit dem Sika-Wild zu tun („SW“). Von den acht Tieren ist möglicherweise eines an Altersschwäche gestorben.

 

Was der Kontrollbericht nicht angibt

Zugegeben: Diese Redaktion hat schon viel gesehen; aber so einen „Kontrollbericht“ eines Amtstierarztes noch nie! Dagegen kennt man analoge Dokumente, die zum Beispiel folgende Auskünfte erteilen:

– Angabe nicht nur des Datums, sondern auch des Zeitpunkts der Kontrolle. Der nämlich kann wichtig für die Bewertung bestimmter Beobachtungen sein. Bei einer unangemeldeten Kontrolle morgens um 8.00 Uhr sind die Zwinger selbstverständlich noch nicht gereinigt. Bei einer Kontrolle um 12.00 Uhr jedoch sollten sie das sein. Und so weiter und so fort.

– Angabe der Anzahl und der Namen der angetroffenen Mitarbeiter.

– Überprüfung der Bestandsliste

– Überprüfung der Impfpässe

– Stichprobenartige Begutachtung einzelner Tiere mit Beschreibung von deren Verhalten, Ernährungs- und Pflegezustand zuzüglich Überprüfung des dazugehörigen Impfausweises sowie der Chipnummer.

– Angabe des Beginns und des Endes der durchgeführten Kontrolle seitens des Amtstierarztes.

– Abschließender Bewertung, ob der Betrieb mängelfrei ist oder ob und was beanstandet wurde, ob Auflagen gemacht und bis wann diese zu erfüllen sind etc.

Als Beispiel verweist die DN-Redaktion auf diesen veröffentlichten Kontrollbericht eines Veterinärs, auch wenn es bei dem Beispiel und der Kontrolle um einen ganz speziellen Hund ging.

Ob und welche Angaben in einem Kontrollbericht eines Amtstierarztes vorhanden sein müssen und ob es dazu überhaupt Vorschriften gibt, entzieht sich der Kenntnis dieser Redaktion.

 

Zerstörtes Vertrauen aus dem Tierschutzfall Liebenwalde

Einzelne Betroffene und Geschädigte des mutmaßlichen Tierschutzskandals in Kremmen wird der anhängende „Kontrollbericht“ des VA Oberhavel in Empörungswallung bringen. Auch die früheren Mitarbeiter von Ralf Hewelcke können nach wie vor nicht verstehen, warum die zuständige Fachbehörde bisher und nach all den vorliegenden Beschwerden nicht eingreift.

Und die Tierschützer in der Region erinnern sich mit Unbehagen an den Tierschutzfall Liebenwalde, eine spektakuläre Animal-Hoarder-Haltung. Auch für Liebenwalde war/ist das VA Oberhavel zuständig. Die Tiere dort, soweit noch am Leben, wurden nach einer längeren Vorgeschichte schlussendlich im Jahr 2006 beschlagnahmt.

Über den Fall, dessen Hintergründe (Animal Hoarding) und die Beschlagnahmung berichtete unter anderem ausführlich das Hundemagazin Wuff.

In dem Wuff-Artikel ist auch von dem zuständigen VA Oberhavel (wenn auch ohne Namensnennung) die Rede:

              

Kritik am Amtstierarzt

Der Fall Liebenwalde wurde vom zuständigen Amtsveterinär Ralf Schönherr allerdings nicht gemeldet – kein Wunder, es besteht für Animal Hoarding auch keine Meldepflicht, weder in Deutschland noch in Österreich. Dass die Tiere krank und verletzt seien, konnte der Tierarzt nicht feststellen. Die Hunde seien nicht vernachlässigt, berichtete er einer Regionalzeitung im Februar 2006. Und nur zwei Tage vor der Zwangsräumung der „Tierhölle“ durch die Behörden sei der Amtstierarzt vor Ort gewesen und habe 98 Tiere gezählt. Offensichtlich war er von der Tierhorterin getäuscht worden. Wie die Frau 133 Hunde vor dem Veterinär verstecken konnte, bleibt unklar. Und so steht der Vorwurf, sich auf dem Grundstück nicht ordentlich umgesehen zu haben, im Raum. Und wenn nach Angaben der Behörden und Tierärzte fast alle Hunde in einem sehr schlechten Gesundheitszustand gewesen seien – 9 Tiere mussten sogar sofort eingeschläfert werden –, stellt sich die Frage, wie der Amtstierarzt drei Monate vorher die Hunde als „nicht vernachlässigt“ bezeichnen konnte. Allerdings – auch das ist typisch bei Animal Hoarding: Amtstierärzte scheinen das Problem häufig nicht zu sehen – oder sich nicht darum zu kümmern.

(Hundemagazin Wuff, 07/2006: Nicht Tierliebe, sondern Krankheit; Hervorhebg. d. DN-Red.)

              

 

Ralf Hewelcke unter den Rettern

Die ganz besondere Pointe des Tierschutzskandals Liebenwalde ist, dass Ralf Hewelcke seinerzeit zu den „Rettern“ gehörte. Lesen Sie seinen Bericht dazu hier.

 

Ein Bild sagt mehr als 1000 Tankquittungen

Die DN-Redaktion wird hier nicht darüber spekulieren, ob sich die Vorwürfe an den Amtstierarzt im Fall Liebenwalde auf den aktuellen Fall in Kremmen übertragen lassen. Die Zuständigkeit des nämlichen VA beruhigt diese Redaktion jedoch nicht gerade.

Fakt ist: Der sogenannte Kontrollbericht vom 13.02.2014 ist – nach Meinung dieser Redaktion – die blanke Farce und sieht nicht nur formal wie eine bessere Tankquittung aus. Wiche das Berichtsdatum (27.02.14) nicht vom Besuchsdatum (13.02.14) ab, ließe sich zugunsten des VA Oberhavel noch vermuten, dass es sich bei diesem „Kontrollbericht“ um erste handschriftliche Notizen als Grundlage für einen späteren ordentlichen Bericht handelt. Aber eben: iss nech.

Statt irgendwelcher Spekulationen zu der Arbeitsweise und den Motiven des VA Oberhavel veröffentlicht DN nachstehend das Bild der Boxerhündin Shira, die einen Aufenthalt in der am 13. Februar 2014 „kontrollierten“ Hundepension Sirius im Sommer 2013 nicht überlebt hat. Zwar konnten ihre Besitzer sie noch lebend abholen, aber die todkranke Hündin von dort aus nur noch in die nächste Tierarztpraxis bringen. Drei Tage später musste sie aufgrund einer während ihres Pensionsaufenthaltes erfolgten Infektion mit multiresistenten Keimen eingeschläfert werden.

Ach so: Von diesen multiresistenten Keimen wurde das VA Oberhavel auch informiert. Die Erwähnung einer Probenentnahme kann diese Redaktion im „Kontrollbericht“ vom 13.02.14 nicht finden.

 

Die Boxerhündin Shira (†) hatte sich während eines Aufenthalts im Sommer 2013 in der Tierpension Sirius von Ralf Hewelcke mit multiresistenten Keimen infiziert und eine Phlegnome entwickelt. Ihre Besitzer brachten sie sofort nach der Abholung zu ihrem Tierarzt. Nach drei Tagen Behandlung musste die Hündin eingeschläfert werden. Das Bild zeigt den Hund im toten Zustand.

Foto: m. n. g. w. zu Aua1275P

 

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Außerhalb der Serie auch: Aua1262 /

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Vom Landkreis Oberhavel verweigerte Stellungnahme: Pav7
Vom zuständigen Verbraucherschutzministerium Brandenburg verweigerte Stellungnahme:
Pav8