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Aua791: Gnadenhof Lehnitz: 200 Tiere und ein Rehkitz im Hunderudel

 

{TS-Kritik}

[29.10.2012]

 

Der Gnadenhof Lehnitz war schon häufiger Thema auf Doggennetz.deAua251 berichtete eher in der unterhaltsamen Rubrik über das melodramatische Einbetonieren eines Rollwagens am Hundegrab. Marla Elan griff in Aua275 mit der zutreffenden Überschrift Tierschützer ohne Erbarmen für Tiere die auf der Website des Gnadenhof Lehnitz berichteten Leidensgeschichten schwer gehandicapter Hunde kommentierend und damit enthüllend auf. Dieser oder jener Spendenaufruf der dortigen Tierschützer ist nur noch satirisch zu behandeln – Beispiel in Aua344. Dass dieser „Gnadenhof“ ausgerechnet in den Reihen äußerst kritisch zu betrachtender Tierschutz-Newcomer Unterstützung findet, dokumentiert Aua474.

Zum Zusammenhang zwischen derlei „Tierschutz-Einrichtungen“ und Tierschutz-Horrortransporten fand Michael Marx von Pfotenkrieger.de in Aua553 klare Worte. Der Durchmarsch eines Parvovirose-Seuchenzugs durch diese Gnadenhof-Tierhaltung   kristallierte satirisch in Aua555.

Im Kontext all dieser Berichte und deren Recherchen kam es auch zu regelmäßigen Kontakten mit dem zuständigen Veterinäramt Oberhavel, das demzufolge über die vorliegende Kritik ebenso lange unterrichtet ist.

 

aua791GnadenhofLehnitzReh60  
Bildzitat Screenshot aus Brandenburg aktuell.

Was ist mit Tierfreunden geschehen, welche die Haltung eines Rehkitzes innerhalb eines Hunderudels mit „Tierschutz“ etikettieren?

 

Beunruhigender aktueller Besuchsbericht

Anfang des Monats Oktober wurde dieser Redaktion ein aktueller Besuchsbericht über den  Gnadenhof Lehnitz vorgelegt. Er wird nachstehend in voller Länge abgedruckt. Aus naheliegenden Gründen möchte der dieser Redaktion bekannte Autor des Textes nicht genannt werden.

Doggennetz.de nahm diesen Bericht zum Anlass, sowohl das zuständige Veterinäramt Oberhavel wie auch die Betreiberin des Gnadenhofes, Sunny Schulz, um eine Stellungnahme zu bitten. Beide haben geantwortet. Ihre Stellungnahmen finden sich dem Bericht nachfolgend und nach Kritikpunkten sortiert.

              

Besuchsbericht Gnadenhof Lehnitz
am 1. Oktober 2012

Bei meinem Besuch am 1. Oktober 2012 hatte ich den Eindruck, die Spenden werden gerne genommen. Ansonsten wurde ich aber sehr schnell abserviert und konnte mich nur etwa 10 Minuten auf dem Gnadenhof Lehnitz aufhalten.

Das Reh läuft in einem Hunderudel mit, welches aus 9 Hunden besteht. 2 Hunde sind gehandicapt und haben nur drei Beine. Einer dieser behinderten Hunde hängt in einem total verdreckten Rollwagen. Er trägt Windeln, eine Babyhose und Hundeschuhe. Alles ist total verdreckt. Und nicht nur das Zubehör, auch die Hunde sind so stark verdreckt, wie ich das von meinen Hunden nur kenne, wenn sie bei nassem Wetter und aufgeweichten Böden draußen waren.

Vermittlungsbereitschaft: Bis auf den Pflegehund werden keine Hunde oder anderen Tiere an neue Besitzer abgegeben.

Besonders dramatisch ist die Situation bei den Vögeln und Kleintieren: Die Voliere ist komplett überbevölkert. Es sind viel zu viele Vögel auf viel zu wenig Raum. In der Innen-Voliere saßen etwa 50 Wellensittiche und andere Vögel. Aber es werden auch Vögel (Wellensittiche und Nymphensittiche) in einer Voliere draußen gehalten. Dort waren bestimmt auch noch mal 60 Tiere drin. Diese Zahlen jedoch können nur vorsichtige Schätzungen sein.

Der Empfangsbereich des Gnadenhofes war völlig verdreckt mit Einstreu, Hundeurin und Hasenkot.

Die Voliere von den 3 Kongos war ok und auch papageiengerecht eingerichtet. Sie ist aber viel zu klein. Im Raum wabert extremer Geruch; wie im Zoo.

Ich konnte einen Blick durchs Fenster bzw. das Fester in Tür in das Gehege der Waschbären und Stinktiere werfen. Von den Tieren habe ich keines gesehen. Auch dieses Gehege war stark verdreckt. Aufgeweichtes Hundefutter dümpelte in der braunen Wasserbrühe. Der Boden ist auch hier verschmutzt,  die Klettermöglichkeiten sind verdreckt und kaputt.

Die Betreiber des Gnadenhofes sind sehr misstrauisch und begegnen Besuchern (und Spendern!) nicht gerade freundlich. Auf meine Frage, ob man mir alles zeigen könne, erhielt ich die Antwort: „Keine Zeit.“ Ich stand also etwa 10 bis 15 Minuten hilflos herum, kraulte die Hunde und führte Selbstgespräche.

Erst als ich die mitgebrachten Spenden erwähnte,  war auf einmal alle Aufmerksamkeit bei mir. Man notierte sich meine Adresse und  Telefonnummer. Dann wurde ich entlassen.

(Bericht eines Besuchs einer Tierfreundin auf dem Gnadenhof Lehnitz am 1. Oktober 2012; Name der Autorin ist dieser Redaktion bekannt)

              

 

„Unzulänglichkeiten und Mängel liegen ohne Frage vor“

Bevor auf die einzelnen Kritikpunkte eingegangen wird, sei die resümierende Bewertung des Veterinäramts Oberhavel zitiert:

              

Insgesamt ist einzuschätzen, dass * wie auch bei vorherigen angekündigten und unangekündigten regelmäßigen Kontrollen * keine gravierenden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt wurden, die zu einem Entzug der §-11-Erlaubnis führen müssten.

Unzulänglichkeiten und Mängel liegen ohne Frage vor. Der Besitzerin Frau Schulz wurden entsprechende Auflagen zur sofortigen Verbesserung der Hygiene und zur Optimierung der Tierhaltung erteilt. Diese werden in kurzen Abständen durch das Veterinäramt kontrolliert. 

(Veterinäramt Oberhavel in der Presseantwort vom 19.10.2012 an die Doggennetz.de-Redaktion)

              

Die Betreiberin des Gnadenhofes, Sandra (genannt: Sunny) Schulz, selbst nimmt zu den Hygienemissständen wie folgt Stellung:

              

Unsere Hunde und der Großteil der Katzen sind inkontinent und aus diesem Grund auch bei uns abgegeben worden. Die ehemaligen Besitzer kamen mit den hygienischen Anforderungen der Tiere nicht klar. Mit Urin und Kot in den Wohnungen können die Meisten nicht klarkommen. Der Hof ist darauf ausgerichtet und deshalb mit Fliesen und PVC ausgestattet.

Wenn unsere Hunde tagsüber keine Windeln tragen machen sie natürlich auch ihr Geschäft wo sie gerade sind. So passiert es selbstverständlich immer wieder, dass Kot und Urin im Weg liegen. Wenn es von uns gesehen wird, wird es auch entfernt. Auch in einem Zoo steht der Pfleger nicht hinter dem Tier um sofort den Dreck wegzumachen.

Wir haben keinen Empfangsbereich, es ist sicher der geflieste Arbeitsbereich damit gemeint. Dort liegt öfters Einstreu von den angrenzenden Volieren, welches von den Tieren herausgescharrt wird und Kot vom Reh, nicht von Kaninchen. Auch er kotet wo er geht und steht und wir versuchen sicher nicht ein Reh stubenrein zu bekommen. Es ist nun mal so, dass er überall hinmacht wo er sich aufhält. Wir kommen damit zurecht, wenn er kotet wurde es einfach mit Schaufel und Handfeger weggemacht. Auch dieser Arbeitsbereich wird selbstverständlich jeden Tag gereinigt.

Die Windelhosen tragen die Hunde meistens nur nachts, wenn sie sie auch tagsüber rund um die Uhr tragen bekommen sie wunde Stellen im Beckenbereich der Windeln und das vermeiden wir.

Der Boden des Hofes, welcher direkt am Wasser liegt, ist häufig feucht und sehr weich! Die Hunde rasen durch die Gegend schmeißen sich hin, wo sie wollen und werden, genau wie der Rollstuhl und die Hundeschuhe, die über den Boden schleifen, dreckig! Selbst jeder Besucherhund wird nicht mehr sauber den Hof verlassen. Die Rollihunde werden jeden Abend gebadet! Wer saubere Hunde erwartet sollte sich ein Steiftier kaufen. Hier können die Tiere sich frei bewegen und leben!!!

Bei den Waschbären und Stinktieren ist definitiv alles sauber, denn die Stinktiere haben draußen im Außengehege eine Kotecke und die Waschbären benutzen im Innengehege ein Katzenklo. Die Klettermöglichkeiten sind nicht verdreckt, sie sind höchstens sandig, es ist leider unvermeidlich daß bei den Klettermöglichkeiten das helle Holz dunkel wird, da die Waschbären sich nicht vorher die Pfoten waschen wenn sie im Sandberg buddeln und danach auf die Zweite Etage klettern.

Sie erwähnten es lag aufgeweichtes Hundefutter in einer braun verdreckten Lache. Die Waschbären haben im Gehege ein Teich (mit Filter und Pumpe) bei dem mehrmals wöchentlich das Wasser gewechselt wird. Waschbären lieben Wasser und nehmen alles was sie in die Finger bekommen mit in den Teich. Wenn dann mal Futter oder sonstiges Spielzeug im Teich zum erkunden liegt nehmen sie es selber, nachdem sie es ein paar mal im Wasser mit den Händen drehen und „waschen“, wieder heraus oder es landet im Filter oder wir entfernen es mit dem Kescher. Braun ist das Wasser nur wenn wir den Teich neu befüllen und der Sand unten aufgewühlt ist was sich aber nach einem halben Tag wieder legt. Beim unangemeldeten Besuch des Vetamtes war auch der Teich sauber und ohne Spielzeug oder Futter.

(Sandra Schulz, Gnadenhof Lehnitz, in einer Presseantwort vom 23.10.2012 zu den im Besuchsbericht erhobenen Vorwürfen; Hervorhebung d. Red.)  

              

Dass die Hunde inkontinent sind, erhellt aus deren Handicap; sie sind überwiegt gelähmt und bewegen sich im Rollwagen.

Warum ein „Großteil der Katzen“ inkontinent sind, wird aus der länglichen Stellungnahme nicht klar.

Zu welchem Hygienezuständen inkontinente Hunde plus inkontinente Katzen plus ein vor sich hinköttelndes Reh führen MÜSSEN, liegt und fließt nicht auf der Hand, aber über den Boden.

Dass schon allein deshalb eine drastische Bestandsbegrenzung erforderlich ist, kann man auf der Hand liegen lassen.

 

Bestandsgröße? Abhängig von der Quelle!

Bei aller Kritik ist hier lobend anzumerken, dass die Gnadenhof-Betreiberin zu den gestellten Fragen umfänglich Auskunft erteilt und sich damit im Umgang mit der Presse souveräner zeigt als eine Akademikerzusammenrottung wie Ärzte gegen Tieversuche (vgl. Aua788).

Dass sie die Presseauskunft noch mit allerlei „persönlichen Anmerkungen“ ergänzt, ist menschlich und steht ihr angesichts der herben  Kritik auf Doggennetz.de zu!

Auf die Frage nach dem aktuellen Tierbestand antwortet die Betreiberin wie folgt:

              

Wir haben 6 Hunde, davon sind 4 Hunde meine eigenen, 2 Hunde gehören meiner Mitbetreiberin Dana G.

Wir haben 2 Waschbären und 2 Stinktiere

Wir haben 6 Katzen, davon sind ebenfalls 2 Katzen von Dana G.

Wir hatten bis zu dem besagten Besuch 60 Vögel in unserer Obhut, davon 20 Wellensittiche, 3 Papageien, 4 Ziegensittiche, und Nymphensittiche.

Sie lebten in einer 60 qm Außenvoliere die zu einer 10 qm Innenvoliere führt, sie können die Außen- und Innenvoliere nutzen wie sie wollen, da ein großes Flugloch zu der Innenvoliere führt. Von Überfüllung bei 70 qm (!) kann keine Rede sein!

Bis dahin lebten auch noch Kaninchen und Meerschweinchen in der selbigen Voliere. Die Vögel und Kaninchen haben seit etwa 1 Woche separate Volieren, die Hälfte der Vögel mussten zu einem anderen Hof abgegeben werden, da der Platz von 70 qm durch den Umbau / Teilung der Voliere nicht mehr ausreichte. Diese Auflage haben wir sofort erfüllt.

(Presseantwort Sandra Schulz wie oben; Hervorhebg.d. Red.)

              

Der Bestand hinsichtlich Hunde und Katzen ist nicht groß. Problematisch wird es bei den Vögeln und den Wildtieren.

Besonders hervorzuheben ist auch, dass der Gnadenhof Lehnitz die vom Veterinäramt gemachten Auflagen sofort erfüllt hat, was im Übrigen die Fachbehörde bestätigt.

 

Vögel

Die Fachbehörde hatte zu der Vogelunterbringung erklärt:

              

Auch die Haltung der meisten Vögel in einem gemeinsamen Außengehege mit Kaninchen wurde bemängelt (Greifvogeleffekt). Frau Schulz erhielt die Auflage, bis Ende November eine räumliche Trennung zu schaffen. Die entsprechende Zusage zur Umsetzung dieser Auflage liegt von Frau Schulz vor. Eine Kontrolle ist vorgesehen. 

(Veterinäramt Oberhavel in der Presseantwort v. 19.10.2012)  

              

Sicherlich lobenswert ist die sofortige Umsetzung der Auflagen des Veterinäramts durch die Gnadenhof-Betreiberin. Dennoch wirft es lange Schatten auf deren Sachkunde, dass es überhaupt erst der Belehrung über so grundsätzliche Fragen bedarf.

Der Gnadenhof Lehnitz wird von anderen Tierschützern und Vereinen, sogar von zuckersüßer Prominenz, unterstützt. Einzelne Vereine wie etwa die Tierhilfe KowaNeu berichten auf ihren Webseiten von Besuchen des Gnadenhofes.

Denen fallen dann solche gravierende Haltungsmissstände nicht auf?

 

Ein Rehkitz im Hunderudel

Was macht ein Rehkitz in einem Hunderudel? Das hat sich auch das Veterinäramt gefragt:

              

Insbesondere wurde die Unterbringung eines Rehkitzes beanstandet. Das am Auge verletzte Tier war von Spaziergängern gefunden und nach Ablehnung durch eine Tierklinik * so die Aussage von Frau Schulz * zum Hof in Lehnitz gebracht worden.

Das Reh wird in Kürze an einen Wildpark im Land Brandenburg abgegeben. Es wurde und wird auf rehtypisches Verhalten trainiert. Dazu wurden z. B. fressbare Bäume angeschafft und gepflanzt. Das Tier hat die Möglichkeit, sich aus dem Hunderudel zurückzuziehen, davon macht es auch Gebrauch. 

(Veterinäramt Oberhavel wie oben; Hervorhebung d. Red.)  

              

Tatsächlich wohl – und so bekräftigt es auch die Presseantwort von Sunny Schulz – ist das Reh inzwischen in einen Wildpark abgegeben worden.

Befremdlich wirkt die Veterinäramt-Auskunft in der Textpasssage „rehtypisches Verhalten antrainiert“, was Experten für Unsinn halten. Auch zum Ursprung der Augenverletzung des Kitzes gibt es abweichende Informationen, nach denen diese Verletzung überhaupt erst auf dem Gnadenhof passiert sein soll. Das wird von der Betreiberin jedoch nicht bestätigt.

Zur Rehproblematik nachstehend die Stellungnahme von Sunny Schulz ungekürzt:

              

Mit Tierschutz hat es nichts zu tun, dass die Mutter des Rehkitzes von Menschenhand getötet wurde und somit das Reh zu uns kam. Es ist auf einem Auge blind, kann nicht mehr ausgewildert werden und es wurde auch gleich an die Zukunft des Rehkitzes nachgedacht, ein Platz im Wildpark in Frankfurt war für ihn sicher.

Er wurde artgerecht ernährt, bekam alle 2 Stunden seine Flasche. Es wurden auf dem Grundstück Bäume gepflanzt mit Bäumen und Sträucher die artgerecht für ihn sind und die er auch im Wildpark wieder findet. Er musste zur Entwöhnung seine Blätter alleine finden und abfressen, anfangs schnitten wir ihm noch Zweige ab.

Er ist im Alter von 6 Monaten in den Wildpark gezogen, wir haben ihn persönlich dort hin gebracht. Ja, wenn die Hunde auf dem Hof draußen waren dann sind das Reh und die Hunde zusammen gewesen, das ist richtig. Auch im Wildpark sind Hunde erlaubt und der Kontakt zu Hunden gegeben! Da er nicht wieder ausgewildert werden konnte ist eine natürliche Scheu vor Hund und Mensch nicht unbedingt notwendig gewesen. Auch dort im Wildpark dürfen die Rehe das gesamte Gelände nutzen und Kontakt zu Mensch und Hund haben sowie zu anderen Tieren. Somit ist das Gewöhnen an andere Tiere im Vorfeld nicht schlecht gewesen.

Wir haben ein Tier artgerecht aufgezogen und auf sein Leben im Wildpark (mit Kontakt zu Mensch und Hund) vorbereitet. Dies ist Tierschutz!

(Sandra Schultz, Gnadenhof Lehnitz, Presseantwort wie oben)  

              

Allerdings bleibt die Wildtierproblematik auf dem Gnadenhof Lehnitz bestehen. Die Fachbehörde sichert sich vorerst durch Belehrung ab:

              

Frau Schulz wurde sowohl Ende März 2012 (im Beisein eines Mitarbeiters der unteren Jagdbehörde) als auch am 11.10.2012 über die Problematik im Zusammenhang mit der Aneignung und Haltung von Wild bzw. wildlebenden Tieren belehrt. Sie ist bemüht, die auf dem Gelände befindlichen
Wildtiere weiterzuvermitteln (Frischlinge bereits im Frühjahr 2012, Anzahl Waschbären von 10 auf 3 gesenkt, Rehkitz in Kürze).

Im Übrigen wird der Landkreis, nachdem er vor einigen Jahren einen Flyer zum Thema *Wildtiere im menschlichen Lebensraum * Wenn Waschbär, Fuchs & Co in die Stadt kommen“ aufgelegt hat, demnächst einen weiteren Flyer zum Thema *Umgang mit herrenlosen Wildtieren“ herausbringen.

(Veterinäramt Oberhavel wie oben)  

              

So schräge Presseauskunftsanteile wie die publizistischen Absichten des Landkreises zum Thema „Wildtiere im menschlichen Lebensraum“ haben mehr Aussagekraft, als der oberflächliche Betrachter eventuell vermutet. Denn was hat dieser Hinweis mit dem aktuellen Zuständen auf dem Gnadenhof Lehnitz zu tun?


Tendenzen zum Animal Hoarding wurden festgestellt

In der Doggennetz.de-Presseanfrage an das Veterinäramt Oberhavel war auch danach gefragt worden, ob aufgrund der Anzahl der gehaltenen Tiere zuzüglich der persönlichen Voraussetzungen der Betreiberin, über die sie im Internet recht offen schreibt, von Animal Hoarding gesprochen werden könne.

Dazu antwortet die Fachbehörde wie folgt:

              

Was Ihren Verdacht auf Animal Hoarding angeht, ist zu sagen, dass gewisse Tendenzen festgestellt wurden.

Dennoch sprechen auch etliche Anzeichen gegen echtes Animal Hoarding (s. Checkliste des Deutschen
Tierschutzbundes). Beispielhaft seien genannt: Frau Schulz ist bereit, Tiere abzugeben und tut das auch (s. Waschbären, Rehkitz, Frischlinge). Bislang ist sie immer allen Auflagen des Veterinäramtes nachgekommen.

Sie hat eine größere Anzahl von Helfern, die ihr in der täglichen Arbeit zur Seite stehen. Beim jüngsten (unangekündigten) Besuch waren mindestens sechs Helfer vor Ort. Auf ihrer Internetstartseite weist sie sehr auffällig darauf hin, dass keine Kaninchen, Meerschweinchen etc. und auch keine Vermittlungstiere mehr aufgenommen werden können. Sie weist regelmäßig Tierarzt-, Medikamenten- und Ausstattungsrechnungen
nach.  

(Veterinäramt Oberhavel wie oben; Hervorhebung d. Red.) 

              

In der Abwägung des Pro und Contra zu diesem Phänomen überwiegen in der Einschätzung der Fachbehörde derzeit die Contra-Punkte (vgl. dazu auch Aua741 und die dort verlinkte Dissertation zum Thema Animal Hoarding).

Allerdings: Was dem vom Veterinäramt zitierten Hinweis auf der Internetstartseite zum Aufnahmestopp anbelangt, ist dem entgegenzuhalten: Es kommt darauf an, wo man auf der Website des Gnadenhofs guckt.

Hier so:

 Aua791GnadenhofLehnitzStartseite60 
Bildzitat Screenshot von: https://www.notkleintiere.de/
Auf die Zwischentöne kommt es an, denn keinesfalls geht es hier um einen generellen Aufnahmestopp für einen Gnadenhof, der gemäß Fernsehberichterstattung schon 200 Tiere bei sich beherberge. Hier wird nur hinsichtlich der Arten begrenzt: Hunde, katzen, Nager und Vögel! Für die Aufnahme von Wildtieren ist das nicht ganz so sicher, wie der nächste Screenshot zeigt!


Andernorts nämlich wirbt der Gnadenhof Lehnitz weiterhin mit der Aufnahme von allen möglichen Wildtieren:

Aua791GnadenhofLehnitzAufnahme60  

Bildzitat Screenshot von https://www.notkleintiere.de/ (Rubrik „Wildtiere und Wildtier-Rettung“)
Hier wird ganz offen mit der Aufnahme von Wildtieren geworben – Veterinäramtsbelehrung hin oder her!

 

rbb Brandenburg aktuell: 200 Tiere

Obiges liest sich alles sehr überzeugend, profund und seriös. Immer auf den ersten Blick: Der erste Blick auf die Website bestätigt die Veterinäramtsangabe. Doch ein weiteres Stöbern bringt dann sehr schnell das uneingeschränkte Aufnahmeangebot für Wildtiere hervor.

Der Doggennetz.de-Redaktion gegenüber hatte die Gnadenhof-Betreiberin den aktuellen Tierbestand wie oben zitiert angegeben. Nur: In einem aktuellen Fernsehbeitrag in Brandenburg aktuellvom 8. Oktober 2012, also ganz aktuell,  ist von 200 Tieren die Rede!

Selbstbild: „Ein echter Schutzengel für Tiere“

Brandenburg aktuell  verbrät – wie von Doggennetz.de für die Medien immer wieder kritisiert – im Kontext mit Sunny Schulz sämtliche Tierretter-Mythen, die herrenlos herumstehen: Schon in der Anmoderation geht es los:  „… schon als Kind ….“, „ein echter Schutzengel für Tiere“.

Der Fernsehbeitrag gibt einen tiefen Einblick in das Selbstbild der Betreiberin, gestützt durch Äußerungen wie „Tiere sind die besseren Menschen“.

Welche Aussagekraft solche Darstellungen und solche Äußerungen haben, darauf nimmt die neu erschienene Dissertation über Animal Hoarding detailliert Bezug (vgl. Aua741).

Besonders aufschlussreich jedoch ist die in dem Fernsehbeitrag genannte Zahl der auf dem Gnadenhof gehaltenen Tiere: Mehrfach ist von 200 Tieren die Rede!

Wie verträgt sich das mit obigen Auskünften? Wie verträgt sich das mit der Stellungnahme des Veterinäramts Oberhavel? 

Gar nicht?

 

Problematisch: die Unterstützer!

Die Tierschutz-Skandale der jüngeren Vergangenheit – Zarenhof und Gnadenhof M. – haben gezeigt, wo das Hauptproblem dieser Gnadenhöfe und Tierschützer-Massentierhaltungen  liegt. Und es liegt dort schon lange, bevor es zu den finalen Katastrophenzuständen kommt, mit denen es der Zarenhof und Gnadenhof M. schließlich in die Medien schafften. Es sind die vielen Unterstützer, die entweder nicht sachkundig oder wissentlich die gravierenden Missstände schon in den Frühstadien „übersehen“.

Von einem Fernsehsender wie rbb ist nichts anderes als dieser Kitsch- und Knutsche-Schmus zu erwarten, der sämtliche Klischees der angeblichen Tierliebe über den Bildschirm treibt, die gängig sind.

Übel wird es bei den Tierschutzorganisationen, die mit derlei Haltungen kooperieren oder gar noch offen zur Unterstützung aufrufen.

Sandra Schulz benennt als Partner selbst:

Aua791GnadenhofLehnitzRehkitz60   
Bildzitat Screenshot von: https://www.notkleintiere.de/

 

Beispiel: die Experten von KowaNeu

Die Tierhilfe KowaNeu e. V. veröffentlicht auf ihrer Website einen Besuchsbericht auf dem Gnadenhof Lehnitz vom April 2012. Von den „Unzulänglichkeiten und Mängel(n)“, welches das Veterinäramt im ktober 2012 festgestellt hat, kommt in dem Jubelbericht nichts vor. Dass die Anzahl der dort gehorteten Tiere eventuell ein Indiz für Animal Hoarding sein könnte, findet auch keine Erwähnung. Stattdessen ist der Bericht eine einzige Werbung für den Gnadenhof und endet so:

               Es ist wirklich bewundernswert, wie Sanny es mit ihrem Team schafft, so vielen unterschiedlichen Tieren ein tolles zu Hause zu geben.
Wir freuen uns, sie durch unserer Spende etwas unterstützen zu können!Es ist wirklich bewundernswert, wie Sanny es mit ihrem Team schafft, so vielen unterschiedlichen Tieren ein tolles zu Hause zu geben.
Wir freuen uns, sie durch unserer Spende etwas unterstützen zu können!

(Tierhilfe KowaNeu e. V., Besuchsbericht Gnadenhof Lehnitz; Hervorhebung d. Red.)  

              

Doggennetz.de hat die Tierhilfe KowaNeu, die seit kurzem als eingetragener Verein firmiert, um eine Stellungnahme zu dieser unkritischen Werbung gebeten. Die Tierschützer dieses Vereins haben überhaupt kein Problem damit, wenn ein Veterinäramt, das in der Regel weit hinter rein tierschützerischen Ansprüchen an eine Tierhaltung zurückbleibt, Mängel feststellt:

              

Bei einem unangekündigten Besuch des Veterinäramtes seien zwar Mängel festgestellt worden, diese seien aber nicht so massiv, wie von Ihnen dargestellt.

Die anschließend vom Veterinäramt erteilten Auflagen wurden seitens Frau Schulz ( mit der wir uns selbstverständlich ebenfalls in Verbindung gesetzt haben) bereits zum Großteil umgesetzt.

(Tierhilfe KowaNeu e. V., Kirsten S., in der Presseantwort vom 23.10.2012 an die DN-Redaktion)

              

So einfach ist das für die Tierschützer der Tierhilfe KowaNeu e. V. 

Ihnen ist zum Beispiel nicht aufgefallen, dass die gemeinsame Haltung von Vögeln und Kaninchen in einer Voliere nicht artgerecht sein kann. Und überhaupt haben die Tierschützer von KowaNeu die Zustände auf dem Gnadenhof Lehnitz ganz anders wahrgenommen, als sie der Besuchsbericht schildert.

Und so kommen diese Experten zu der Einschätzung:

               Für uns gibt es also keinen Anlass, die Tiere des Gnadenhofes nicht zu unterstützen, bzw. diesen als nicht unterstützenswert darzustellen!

(ibid.)  

              

 

aua125katzehngt

Doggennetz.de-Senf:

Das zum Diktum aufgestiegene Doggennetz.de-Label „Warnwort Gnadenhof“  (vgl. auch hier) warnt bisher auch nur diejenigen, die ohnehin schon eine kritische Haltung einnehmen.

Merke auf: ERST aufgrund einer Presseanfrage von Doggennetz.de findet eine weitere unangemeldete Begehung des Gnadenhof Lehnitz durch das zuständige Veterinäramt statt, obwohl die Behörde in der Vergangenheit von dieser Redaktion mehrfach auf die Problematik dort hingewiesen worden war. Aufgrund der Presseanfrage von Doggennetz.de kommt es dann im Zusammenhang mit dabei festgestellten Mängeln zu Auflagen. Ob die Vogel-Kaninchen-Haltung bei den von der Behörde angegebenen anderen unangemeldeten Kontrollen noch nicht bestanden wurde oder warum diese erst jetzt bemängelt wird, steht dahin.

Bei der vorliegenden Einschätzung des Veterinäramts Oberhavel darf man auch nicht ganz aus den Augen verlieren, dass es für einen Landkreis im Osten ein erhebliches finanzielles und logistisches Problem darstellen dürfte, vermutlich 200 Tiere beschlagnahmen und unterbringen zu müssen.

Andere Tierschützer, welche diese Haltung zuvor besichtigt hatten, finden alles wunderbar und „unterstützenswert“. Dass hinter dem Gnadenhof Lehnitz noch nicht einmal ein Verein steht, von dem man dann die Offenlegung und Verwendung der Spendengelder erfragen könnte, scheint sie auch nicht zu stören.

Merke auf: Auf der Startseite der Internetpräsenz wird unscharf ein Aufnahmestopp verkündet. Auf anderen Seiten derselben Präsenz wird ganz offen für die Aufnahme auch von Wildtieren geworben.

Merke auf: Die Betreiberin Sandra Schulz gibt in einer schriftlich vorliegenden Presseauskunft den auf dem Gnadenhof Lehnitz gehaltenen Tierbestand mit relativ geringen Zahlen zu Hunde und Katzen an. Vögel und Wildtiere werden nicht genau beziffert. Aber in einem nur wenige Wochen zuvor ausgestrahlten Fernsehbericht ist von 200 Tieren die Rede! 200 Tiere in der Obhut einer Betreuerin, die sowohl im Internet wie im Fernsehen ganz offen von ihren psychischen Problemen berichtet – vgl. dazu Haltungsprofil Animal Hoarder. Ansagen wie „Tiere sind die besseren Menschen“ tun ein Übriges.

Merke auf: Andere Tierschützer wie die Experten von KowaNeu e. V. haben kein Problem mit Kollegen, die ein Rehkitz im Hunderudel halten, nach Einschätzung der Fachbehörde „Tendenzen“ zum Animal Hoarding zeigen, Auflagen erhalten u. v. a. m.

Doggennetz.de hat über diese Tierhaltung berichtet und die einschlägigen Stellungnahmen berücksichtigt. Der Fall geht zurück an den Tierschutz. Und nach Meinung dieser Redaktion sollten die Tierschützer und Behörden diese Tierhaltung ganz besonders intensiv im Auge behalten!