Das Warnwort „Gnadenhof“

Tierschutz ist nicht einfach! Diese Aussage hat Plattitüden-Charakter von galoppierender Beliebigkeit, denn jeder Tierschützer und jeder, der sich für einen hält (danke, Erwin, für: „Viele fühlen sich berufen. Wenige sind erwählt!“), wird diese Plattheit nach eigener Empirie gedanklich ausgestalten. Meistens günstig für den eigenen Heiligenschein.

Woran Tierschutz insgesamt krankt, ist der kleinen Gruppe kritischer Insider seit Äonen bekannt. Für die Selbstkritiker unumstritten, für alle anderen leidet er genau daran nicht: an Professionalität, an Rationalität, an emotionaler Kontrolle, an Weitblick, an Demut! Und nicht an letzter Stelle: an Skepsis!

Als ehrenamtliches, behördlicher Kontrolle nur partiell unterstelltes Engagement mit explosionsartigem Zulauf über die letzten Jahre entbehrt Tierschutz als gesellschaftliche Bewegung dramatisch der konstruktiven (Selbst)Kritik. Derlei eigenreflektorische Selbstbegrenzungen und/oder periodisch-kritisches Handlungsscreening lasse der oft von blindem Aktionismus geprägte Tierschutz-Alltag nicht zu, heißt es gern (ohne den Teil „blinder Aktionismus“).

Manchmal wäre es dann doch besser!

Anlass heute: Auf einer Doggen-Schützer-Seite finde ich den mir höchstes Unbehagen verursachenden Hinweis, die Dogge Sowieso sei auf einem GNADENHOF untergebracht.

Au weia!

Vielleicht und hoffentlich ist es einer der guten (Gnadenhöfe)? Aber die hier undifferenzierte Adresse „Gnadenhof“ knüpft an einen Mythos an. Und sie unterschlägt dem mit Internas nicht weiter vertrautem Leser, dass das Wort Gnadenhof für gar nichts garantiert und so ziemlich alles offen lässt.

Denn für den erfahrenen, für den der Bewegung und ihren Ausläufern kritisch gegenüberstehenden Tierschützer gibt es Warn- und Signalworte. Ein Warnwort mit hoher Priorität ist der Begriff „Gnadenhof“. Spätestens, aber nicht zuletzt seit dem Skandel Christiane Rohn und deren „Gnadenhof“-Projekt Argenhof. In diese viel zu grusige Grube, deren Innerstes reichlich mit Tierleid und Tierqual in den unterschiedlichsten Schattierungen gefüllt ist, will ich gar nicht hineingreifen. Das haben Andere schon sehr fundiert, umfassend dokumentiert und belegt getan. Wer sich in diese Materie, die für JEDEN Tierschützer nicht unmittelbar an der Oberfläche zu erkennende Lehren beinhaltet, einarbeiten möchte, dem sei als Ausgangsbasis dieser Link empfohlen: https://www.info-argenhof.de/html/resume.html. Von dort aus kann und mag er sich weitläufig über viele andere Internetseiten zum Thema belesen und lernen.

Tierschützer haben diese Frau und dieses Projekt groß gemacht; und die Verantwortung für dieses kapitale Desaster verbleibt auch bei allen Tierschützern und „Tierfreunden“, die hier ihre wie auch immer gut gemeinten Beiträge geleistet haben.

Selbst ein intimer Feind von den platten Zitaten, die auf viel zu vielen Tierschützer-Seiten unreflektiert wiedergekäut werden, hebe ich einen Spruch heraus und recycle ihn zum xten Male, weil er nach meiner persönlichen Auffassung einer der wenigen ist, die tatsächlich Wahrheit berühren:

Das Gegenteil von gut gemeint ist gut gemacht!

Ja, ja, die Gutmenschen – eine ganz besondere Plage dieser Menschheit; und ein anderes, eigenes, spezielles Thema.

Als Rechercheergebnis zum aktuellen Anlass erreicht mich noch folgender Link, über dessen Lektüre man dann auf weitere Verbindungen stößt: https://wkhk.foren-city.de/topic,23502,-gnadenhof-momo.html.

In einem Forum für Tierschützer der Rasse Dogge wurde vor einiger Zeit einmal das Stichwort „Gnadenhof“ in die Runde geworfen und nachgefragt, welche Assoziationen der Begriff hervorrufe. Die Resonanz war überwiegend „positiv“ – im Sinne der szenetypischen Blauäugigkeit, um nicht das herbe Wort der Dummheit zu bemühen (das ich jetzt glücklichweise doch noch untergebracht habe). Die meisten Poster, größtenteils „aktive“ Tierschützer!, sahen keine Veranlassung, nach diesem Signalwort innezuhalten, nachzufragen, skeptisch zu sein, wohin zu fahren, nachzugucken, nachzurechnen – NACHZUDENKEN!